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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Identifizierung von unbekannten Transformationsprodukten einer Ausgangssubstanz (auch Metaboliten genannt) ohne Referenzstandards mittels Tandem-Massenspektrometrie (MS/MS), insbesondere gekoppelter Flüssigkeitschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS). Das erfindungsgemäße Verfahren kann in der organischen chemischen Analytik angewendet werden und findet insbesondere in der medizinischen und pharmazeutischen Analytik, in der Forensik sowie in der Doping-, Umwelt- und Lebensmittelanalytik Anwendung.
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Die qualitative Messung und Identifizierung von chemischen Verbindungen mit Tandem-Massenspektrometrie-Systemen (MS/MS) basiert auf Massenspektren. Zum Erhalt dieser charakteristischen Massenspektren muss die gesuchte Zielsubstanz als Reinsubstanz vorliegen. Im Tandem-Massenspektrometer wird das MS/MS Massenspektrum nach Fragmentierung aufgenommen, welches spezifisch für eine Verbindung ist. Dabei wird im ersten MS nur das Masse-zu-Ladungsverhältnis (m/z) der Zielsubstanz (Precursor) im positiven oder negativen Ionisationsmodus der Elektrosprayionisierung gefiltert und anschließend mit einer gegebenen Kollisionsenergie fragmentiert. Im zweiten MS werden die m/z der entstehenden und für diese Verbindung charakteristischen Produktionen, welche auch als Fragmente bezeichnet werden, gemessen. Dieses Fragmentspektrum bzw. Produktionenspektrum dient als Referenzspektrum.
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In einer Probe unbekannter Zusammensetzung und mit unbekannten Inhaltsstoffen aus den oben genannten Anwendungsbereichen wird das m/z der Zielverbindung im ersten MS und das Massenspektrum im zweiten MS gemessen. Zeigt dieses Massenspektrum Übereinstimmung mit dem zuvor gemessenen Referenzspektrum, gilt die Substanz als sicher identifiziert. Die Intensität der Fragmente ist dabei für die qualitative Bestimmung sekundär. Entscheidend sind die übereinstimmenden m/z der Fragmentionen im Spektrum.
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In der Praxis mit Triple-Quadropole Systemen wird üblicherweise ein Kriterium von zwei Fragmentübereinstimmungen bei gegebener Massengenauigkeit von etwa 0,7 Da zu Grunde gelegt. Das bedeutet, dass in der gängigen Praxis, der sogenannten Target-Analytik, eine Substanz als identifiziert gilt, wenn zwei zuvor festgelegte charakteristische Fragmente gefunden werden.
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Massenspektrometer, die die akkurate Masse bzw. das akkurate m/z messen können (z. B. LC-QToF Geräte), bieten zusätzliche Sicherheit. Durch die hohe Genauigkeit der Messung des m/z, welche nach derzeitigem Stand der Technik 1 bis 2 ppm beträgt, lassen sich die Übereinstimmung des gemessenen Massenspektrums bzw. der gewählten Fragmente mit dem Referenzspektrum mit sehr hoher Sicherheit bestimmen. Aus den sogenannten exakten (auch: akkuraten) Massen lässt sich die Elementzusammensetzung der Verbindung stark eingrenzen, da durch den natürlichen Massendefekt der Elemente bei kleinen Molekülen (ca. im Bereich < 1000 Da) nur noch wenige Kombinationen an Elementen diese exakte Masse ergeben. Datenbanken mit MS/MS Referenzmassenspektren stehen auch zum Teil kostenlos zur Verfügung.
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Allerdings können diese Referenzspektren nur für bekannte Substanzen aufgenommen werden, die als Reinsubstanz zu Verfügung stehen, beispielsweise käuflich erhältlich sind, selbst synthetisiert oder aus Mischungen mit hoher Reinheit isoliert wurden. Für bis dato unbekannte Substanzen stehen die MS/MS Referenzmassenspektren daher nicht zur Verfügung, was die eindeutige Identifizierung über Referenzspektren unbekannter Substanzen verhindert, bis diese als Reinstoff vorliegen und so das charakteristische MS/MS Massenspektrum aufgenommen werden kann.
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In letzter Zeit gab es dennoch Bemühungen, unbekannte Metaboliten ohne Referenzstandards durch Vergleich von Massenspektren mit vorhergesagten Massenverschiebungen mittels LC-QTOF zu identifizieren. Wie beispielsweise in M. Majewsky et al., Anal. Bioanal. Chem., 407 (19), 5707–5714, beschrieben, sollen unbekannte Metaboliten von Sulfonamid-Antibiotika identifiziert werden, indem potentielle Transformationsprodukte von Sulfonamid-Antibiotika auf Basis gängiger Transformations- oder Spaltungsreaktionen vorhergesagt werden. Obwohl die Precursormassen sehr genau bestimmt werden können, besteht ein Nachteil dieser Methodik darin, dass auch eine exakte Masse eines Precursors keinen eindeutigen Rückschluss bzw. keine eindeutige Zuordnung zulässt, falls Referenzspektren nicht existieren, da immer noch eine Vielzahl von möglichen Substanzen, auch komplett fremde Elementzusammensetzungen, eine entsprechende Masse aufweisen können.
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Auch
JP 2006-017570 A beschreibt eine vergleichbare Methode, bei der die Struktur eines unbekannten Metaboliten durch Vergleich von Massenspektren mit vorhergesagten Massenverschiebungen mittels Tandem-Massenspektrometrie bestimmt werden soll. In
WO 2013/181758 A1 wird ebenfalls ein Verfahren zur Identifizierung von kleinen Molekülverbindungen in Gemischen offenbart, bei welchem unter Verwendung einer Bibliothek von berechneten Strukturen und entsprechend berechneten Massenspektralfragmentierungsmuster bekannter und/oder hypothetischer Verbindungen die Massenspektren auf Übereinstimmung überprüft werden.
US 2015/0160231 A1 offenbart eine Identifizierungsmethode von Metaboliten ausgehend von gemessenen MS/MS-Daten, die mit einer Datenbank abgeglichen werden.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren bereitzustellen, welches eine zuverlässige Identifizierung von unbekannten Transformationsprodukten einer Ausgangssubstanz erlaubt, selbst wenn für diese Transformationsprodukte keine Referenzstandards existieren.
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Diese Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen gekennzeichneten Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung gelöst.
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Insbesondere stellt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Identifizierung von unbekannten Transformationsprodukten einer Ausgangssubstanz mittels Tandem-Massenspektrometrie (MS/MS) bereit, wobei keine Referenzstandards für die unbekannten Transformationsprodukte existieren, umfassend die folgenden Schritte:
- (i) das Bereitstellen eines tatsächlich gemessenen, akkuraten MS/MS Massenspektrums mit allen Produktionen der Ausgangssubstanz, um das Masse-zu-Ladungsverhältnis der Ausgangssubstanz m/zA und die Masse-zu-Ladungsverhältnisse der Produktionen der Ausgangssubstanz m/zPA zu erhalten;
- (ii) das Vorhersagen von Masse-zu-Ladungsverhältnissen der Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes durch a) addieren oder subtrahieren der Massenverschiebungen möglicher Transformationsreaktionen zu bzw. von allen Masse-zu-Ladungsverhältnissen der bekannten Produktionen der Ausgangssubstanz m/zPA und b) Berücksichtigung von Produktionen der Ausgangssubstanz ohne Massenveränderung, um einen Datensatz von vorhergesagten Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes zu erhalten;
- (iii) das experimentelle Erstellen eines akkuraten MS/MS Massenspektrums des unbekannten Transformationsproduktes, um das Masse-zu-Ladungsverhältnis des unbekannten Transformationsproduktes m/zT und die Masse-zu-Ladungsverhältnisse der Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes m/zPT zu erhalten; und
- (iv) das quantitative Vergleichen der vorhergesagten Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes sowie der bekannten Produktionen der Ausgangssubstanz m/zPA mit den Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes m/zPT auf Übereinstimmungen und Zählen derselbigen,
wobei 4 oder mehr Übereinstimmungen zwischen den vorhergesagten Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes einschließlich der bekannten Produktionen der Ausgangssubstanz m/zPA und den Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes m/zPT als Identifizierung gilt.
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Die vorliegende Erfindung basiert auf der Erkenntnis, dass durch Vergleich vorhergesagter Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes sowie der bekannten Produktionen der Ausgangssubstanz m/zPA mit den Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes m/zPT eine systematische und zuverlässigere Identifizierung unbekannter Transformationsprodukte erzielt werden kann. Erfindungsgemäß kann somit eine Identifizierung unbekannter Metaboliten, von welchen keine Referenzstandards bzw. MS/MS Referenzmassenspektren vorliegen, mit hoher Sicherheit erfolgen. In der vorliegenden Erfindung werden als Referenzstandards experimentell gemessene MS/MS Massenspektren von bekannten Reinsubstanzen verstanden.
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Es ist davon auszugehen, dass im Stand der Technik bislang kein systematischer Ansatz vorliegt, der die Produktionen im MS/MS zur Identifizierung unbekannter Transformationsprodukte bzw. Metaboliten durch quantitative Erfassung der Übereinstimmung von vorhergesagten und experimentellen MS/MS Spektren heranzieht. Insbesondere werden im Stand der Technik nur die Precursor zur Identifizierung unbekannter Metaboliten berücksichtigt. Der Grund hierfür ist möglicherweise, dass die theoretische Vorhersage der Produktionen per se kaum umsetzbar ist, da das Fragmentieren der chemischen Bindungen eines Moleküls sich als sehr komplex darstellt. Das wird möglicherweise auch als Hürde für die Vorhersage von Metaboliten angesehen. Die vorliegende Erfindung sagt auch nicht die Produktionen der Metabolit-Massenspektren per se voraus, sondern berechnet vorhergesagte Metabolit-Massenspektren auf Grundlage der experimentell bestimmten Massenspektren der Ausgangssubstanz, wodurch das charakteristische Fragmentierungsmuster der Ausgangssubstanz somit experimentell miteinbezogen wird. Dadurch bietet das erfindungsgemäße Verfahren deutlich mehr Sicherheit bei der Identifizierung von Metaboliten.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird vor dem Schritt (iii) des experimentellen Erstellens eines akkuraten MS/MS Massenspektrums des unbekannten Transformationsproduktes (Metaboliten) ein chromatographisches Trennverfahren durchgeführt, um das unbekannte Transformationsprodukt aus einer zu untersuchenden Probe zu isolieren. Das chromatographische Trennverfahren ist nicht besonders beschränkt und kann in Abhängigkeit von der zu untersuchenden Probe ausgewählt sein. Beispielsweise kann das MS/MS des unbekannten Transformationsproduktes mit einer Flüssigchromatographie, Gaschromatographie, Ionenaustauschchromatographie, superkritische Flüssigkeitschromatographie oder auch mit multidimensionalen Chromatographiemethoden der genannten Methoden gekoppelt sein.
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Vorzugsweise ist das chromatographische Trennverfahren aus der Gruppe, bestehend aus Flüssigkeitschromatographie und Gaschromatographie, ausgewählt. Insbesondere kann die zu untersuchende Probe mittels gekoppelter Flüssigkeitschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) untersucht werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst den Schritt des Berechnens des Masse-zu-Ladungsverhältnisses möglicher Transformationsprodukte m/zTP durch addieren oder subtrahieren von Massenverschiebungen möglicher Transformationsreaktionen zu bzw. von dem Masse-zu-Ladungsverhältnis der Ausgangssubstanz m/zA. Ausgehend vom Masse-zu-Ladungsverhältnis der Ausgangssubstanz m/zA können somit entsprechende Werte für m/zTP erhalten werden (auch vermutete Metabolit m/z genannt), die mit dem gemessenen Masse-zu-Ladungsverhältnis des unbekannten Metaboliten verglichen werden können. Dabei kann eine erste Einschränkung der möglichen Metaboliten erfolgen, wodurch die Effizienz des Identifizierungsverfahrens erhöht wird.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umfasst das erfindungsgemäße Identifizierungsverfahren einen weiteren Schritt des Speicherns der vorhergesagten Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes und der bekannten Produktionen der Ausgangssubstanz m/zPA in einer Datenbank. D. h. die vorhergesagten Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes (Fragmente) werden vorzugsweise unabhängig experimenteller Arbeiten in einer Datenbank gespeichert, die zum Abgleich mit gemessenen Daten herangezogen werden kann. Dementsprechend können vermutete Metaboliten vom Anwender gegen die Datenbank auf Übereinstimmung geprüft werden, was zusätzlich die Verlässlichkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens erhöht.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform beträgt die Molekülmasse der Ausgangssubstanz weniger als 1000 Da. Bei größeren Molekülen besteht die Möglichkeit, dass sich das Fragmentierungsverhalten des möglichen Metaboliten im Vergleich zur Ausgangsubstanz verändert, wodurch der Vergleich zu den Fragmenten der Ausgangsubstanz erschwert wird. Allerdings ist das erfindungsgemäße Identifizierungsverfahren nicht auf kleine Moleküle beschränkt und kann ebenso zur Identifizierung von Molekülen größer 1000 Da angewendet werden.
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Wie vorstehend beschrieben, werden erfindungsgemäß theoretische Fragmente (auch: vorhergesagte Produktionen) für den positiven und negativen Elektrospray-Ionisationsmodus für vermutete Metaboliten generiert, welche in einem weiteren Schritt mit den gemessenen Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes m/zPT auf die Anzahl der Übereinstimmungen überprüft werden.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung kann dies beispielsweise wie folgt durchgeführt werden. In einem ersten Schritt wird von der Ausgangssubstanz, deren Metaboliten aufgeklärt werden sollen, ein akkurates MS/MS Massenspektrum aufgenommen. Alternativ kann dieses auch aus einer bestehenden Datenbank bezogen werden. Die akkurate Masse und das m/z des Precursors (Vorläuferion) der Ausgangssubstanz sind durch die Elementzusammensetzung bekannt. Vorzugsweise wird ein akkurates MS/MS Massenspektrum der Ausgangssubstanz experimentell bestimmt, wodurch mögliche, den jeweiligen MS-Geräten anhaftende Merkmale ausgeschlossen werden können, die im Vergleichsschritt (iv) zu potentiellen Erschwernissen führen können. Vorteilhafterweise wird das akkurate MS/MS Massenspektrum der Ausgangssubstanz mit demselben Massenspektrometer aufgenommen, mit welchem das akkurate MS/MS Massenspektrum des unbekannten Transformationsproduktes gemessen wird.
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Zum Precursor der Ausgangssubstanz wird eine Massenverschiebung (mass shift) addiert bzw. subtrahiert. Diese mass shifts sind akkurate Massenunterschiede von molekularen Transformationsreaktionen, die zu möglichen Metaboliten der Ausgangssubstanz führen. Wird beispielsweise die Ausgangssubstanz hydroxiliert, d. h. ein Sauerstoffatom wird zur Gesamtelementzusammensetzung hinzugefügt, so beträgt der mass shift +15,99491 Da (exakte monoisotopische Molekülmasse des Sauerstoffs). Mit einem MS/MS Gerät, das die Masse nicht akkurat bestimmen kann, entspräche dies einem mass shift von 16 Da. Dieser mass shift wird folglich entsprechend der Messgenauigkeit des verwendeten MS/MS Spektrometers angewendet. Die Messgenauigkeit der verwendeten Massenspektrometer ist nicht besonders beschränkt. Um jedoch eine möglichst exakte Identifizierung zu ermöglichen, ist es vorteilhaft, wenn die Genauigkeit des Massenspektrometers < 5 ppm (parts per million) beträgt.
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Mit diesem Verfahren wird nun eine beliebig lange Liste möglicher Precursor durch Addition/Subtraktion der mass shifts vorher definierter typischer Transformationsreaktionen und der Ausgangsmolekülmasse erstellt. Diese mass shifts sind dem Fachmann bekannt. Diese Transformationsreaktionen unterscheiden sich für die verschiedenen Anwendungsfelder, beispielsweise Umwelt, Humanmedizin oder chemische Industrieanlagen. Ein Beispiel von 90 möglichen Transformationsreaktionen für ausgewählte Umwelt- und Humanmetaboliten ist im beigefügten Ausführungsbeispiel aufgezeigt, ohne auf diese beschränkt zu sein.
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In einer Probe, in welcher Metaboliten einer Ausgangssubstanz identifiziert werden sollen, werden von diesen so berechneten m/zTP, d. h. vermutete Metabolit m/z, MS/MS Massenspektren aufgenommen, sofern sie in der Probe vorhanden sind.
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Diese Massenverschiebung von der Ausgangssubstanz zum Metaboliten sollte nicht nur bei den Precursoren beobachtbar sein, sondern auch bei verschiedenen Produktionen im MS/MS Spektrum. Allerdings verschiebt sich nicht jedes Produktion um den mass shift der jeweiligen vermuteten Transformationsreaktion, da diese meistens nur an einem Teil des Moleküls stattfindet, der Rest aber unverändert bleibt. Da der Ort der Transformation in der Regel anfangs unbekannt ist, kann nicht vorausgesagt werden, an welchen Fragmenten der mass shift stattfindet. Daher wendet die Erfindung zum Auffinden der Produktionen folgende Screeningmethode an:
Alle gemessenen Fragmente des MS/MS Massenspektrums der Ausgangssubstanz werden jeweils um den angenommenen exakten mass shift der möglichen Liste der Transformationen addiert bzw. subtrahiert. Diese werden als vorhergesagte Fragmente bzw. als vorhergesagte Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes bezeichnet. Jedes der auf diese Weise vorhergesagten Fragmente wird mit allen im gemessenen MS/MS Massenspektrum des möglichen Metaboliten abgeglichen. Die Übereinstimmungen werden bei gegebener Massengenauigkeit gezählt.
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Da, wie oben erwähnt, sich nicht alle Fragmente verschieben, wird der Vorgang wiederholt, indem jedes der Fragmente der Ausgangssubstanz mit allen Fragmenten im gemessenen MS/MS Massenspektrum des möglichen Metaboliten abgeglichen wird. Die Übereinstimmungen werden bei gegebener Massengenauigkeit gezählt und stellen die Fragmente ohne Massenverschiebung dar. Eine Auswerteroutine vergleicht anschließend vorhergesagte und gemessene MS/MS Spektren, um die Anzahl der Übereinstimmung festzustellen. Gemäß der vorliegenden Erfindung ist die Auswerteroutine nicht besonders beschränkt und kann beispielsweise durch Software unterstützt erfolgen.
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Der Indikator für eine Identifizierung des Metaboliten ist die Anzahl der gefundenen Übereinstimmungen beider Suchvorgänge. Die Wahrscheinlichkeit, den gesuchten Metaboliten bei kleinen Molekülen mit einer Molekülmasse von weniger als 1000 Da zu identifizieren, ist ab 4 exakt übereinstimmenden Produktionen (bedeutet bei einer hohen Massengenauigkeit) sehr hoch. Erfindungsgemäß wird davon ausgegangen, dass eine Übereinstimmung bei Massengenauigkeiten von < 5 ppm (parts per million) vorliegt.
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Die vorstehend beschriebenen Verfahrensschritte sind schematisch auch in 1 dargestellt. Erfindungsgemäß gilt das unbekannte Transformationsprodukt als identifiziert, wenn 4 oder mehr Übereinstimmungen zwischen den vorhergesagten Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes einschließlich der bekannten Produktionen der Ausgangssubstanz m/zPA und den Produktionen des unbekannten Transformationsproduktes m/zPT vorliegen.
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Vorzugsweise können die vorhergesagten Fragmente unabhängig experimenteller Arbeiten in einer Datenbank gespeichert werden, die zum Abgleich mit gemessenen Daten herangezogen werden kann. Die vorhergesagten MS/MS Massenspektren für die Datenbank beinhalten nach dem oben beschriebenen Verfahren i) die durch Addition/Subtraktion der mass shifts vorhergesagten Produktionen sowie ii) die Produktionen der Ausgangssubstanz als mögliche Produktionen ohne Massenverschiebung. Vermutete Metaboliten können dann vom Anwender gegen die Datenbank auf Übereinstimmung geprüft werden.
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Wie vorstehend beschrieben werden erfindungsgemäß vorhergesagte MS/MS Massenspektren mit gemessenen MS/MS Spektren für vorher vom Anwender definierte vermutete Metaboliten verglichen. Im Vergleich zu den im Stand der Technik bekannten Ansätzen zur Identifizierung unbekannter Metaboliten über die Elementzusammensetzung der Precursor mit akkurater Massenspektrometrie, welche immer noch Raum für mehrere Substanzen lässt, zielt die vorgestellte Erfindung auf die systematische Identifizierung mittels vorhergesagter Produktionen ab. Bei einer hohen Anzahl von Übereinstimmungen bietet diese Methode deutlich mehr Sicherheit bei der Identifizierung im Vergleich zu bekannten Methoden, wenn keine Referenzsubstanzen vorhanden sind.
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Die vorliegende Erfindung wird anhand der 1 bis 3 und des folgenden, nicht einschränkenden Beispiels näher erläutert.
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1 zeigt eine schematische Zusammenfassung einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung,
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2 zeigt ein MS/MS Massenspektrum der im Ausführungsbeispiel verwendeten bekannten Ausgangsubstanz, und
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3 zeigt ein MS/MS Massenspektrum des vermuteten Metaboliten (Transformation: Acetylierung).
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Beispiel
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Als Ausführungsbeispiel sollen Metaboliten eines Medikaments mit der molekularen Masse M = 250,052444 Da gesucht werden. Im positiven Ionisationsmodus entsteht der Precursor dieses Medikaments mit dem Masse/Ladung-Vehältnis m/z = 251,060269037.
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Es wurden 90 mögliche Umweltreaktionen und deren mass shifts definiert. Damit werden die Precursor von 90 möglichen Metaboliten berechnet wie dies in Tabelle 1 zusammengestellt ist. Tabelle 1:
Transformationsreaktion | Elementänderung | mass shift | berechneter Precursor des Metaboliten |
Debenzylierung | -CH2C6H4 | –90,04695 | 161,01332 |
Reduktive Debromierung | -Br | –78,91833 | 172,14194 |
Trifluormethyl-Abspaltung | -CF3+H | –67,98738 | 183,07289 |
2 × reduktive Dechlorierung | -Cl2+2H | –67,92205 | 183,13822 |
Desulfonierung | -SO2 | –63,96189 | 187,09838 |
Oxidative Debromierung | -Br+OH | –61,9156 | 189,14467 |
Tert-butyl-Dealkylierung | -C4H8 | –56,0626 | 194,99767 |
Hydrolyse von Nitratester (Abspaltung der NO2 Gruppe) | -NO2+H | –44,98508 | 206,07519 |
Decarboxylierung | -COO | –43,98982 | 207,07045 |
Isopropyl-Dealkylierung | -C3H6 | –42,04695 | 209,01332 |
Tert-butyl zu Alkohol | -C4H8+O | –40,06769 | 210,99258 |
Propylketon zu Säure | -C4H8+O | –40,06768 | 210,99259 |
2 × reduktive Defluorierung | -F2+H2 | –35,98115 | 215,07912 |
Reduktive Dechlorierung | -Cl+H | –33,96103 | 217,09924 |
Hydroxymethylenabspaltung | -CH2O | –30,01056 | 221,04971 |
Nitroreduktion | -O2+H2 | –29,97417 | 221,0861 |
Propylether zu Säure | -C3H8+O | –28,06769 | 222,99258 |
Deethylierung | -C2H4 | –28,0313 | 223,02897 |
Decarboxylierung | -CO | –27,99491 | 223,06536 |
Ethylketon zu Säure | -C3H6+O | –26,05204 | 225,00823 |
Isopropyl zu Alkohol | -C3H6+O | –26,05204 | 225,00823 |
Alkoholdehydrierung | -H2O | –18,01056 | 233,04971 |
Dehydrierung von Oxime | -H2O | –18,01056 | 233,04971 |
Reduktive Defluorierung | -F+H | –17,99058 | 233,06969 |
Oxidative Dechlorierung | -Cl+OH | –17,96612 | 233,09415 |
Sulfoxid zu Thioether | -O | –15,99491 | 235,06536 |
Thioharnstoff zu Harnstoff | -S+O | –15,97716 | 235,08311 |
Deaminierung | -NH | –15,0109 | 236,04937 |
Ethylether zu Säure | -C2H6+O | –14,05204 | 237,00823 |
Demethylierung | -CH2 | –14,01565 | 237,04462 |
Tert-butyl zu Säure | -C3H8+2O | –12,07278 | 238,98749 |
Methylketon zu Säure | -C2H4+O | –12,03639 | 239,02388 |
Ethyl zu Alkohol | -C2H4+O | –12,03639 | 239,02388 |
2 sequentielle Desaturierungen | -H4 | –4,0313 | 247,02897 |
Hydroxylierung und Dehydrierung | -H2 | –2,01565 | 249,04462 |
primärer oder sekundärer Alkohol zu Aldehyd oder Keton | -H2 | –2,01565 | 249,04462 |
Desaturierung | -H2 | –2,01565 | 249,04462 |
1,4 Dihydro-Pyridin zu Pyridin | -H2 | –2,01565 | 249,04462 |
Oxidative Fluorierung | -F+OH | –1,99567 | 249,0646 |
Oxidative Deaminierung zu Keton | -H3N+O | –1,03163 | 250,02864 |
Demethylierung und Methylen zu Keton | -CH4+O | –0,0365 | 251,02377 |
2-Ethoxyl zu Säure | -CH4+O | –0,03639 | 251,02388 |
ipso-Hydroxylierung | +OH-NH2 | 0,98402 | 252,04429 |
Isopropyl zu Säure | -C2H6+O2 | 1,94287 | 253,00314 |
Demethylierung und Hydroxylierung | -CH2+O | 1,97926 | 253,03953 |
Keton zu Alkohol | +H2 | 2,01565 | 253,07592 |
Nitrosierung | +O-H2 | 13,97926 | 265,03953 |
Methylen zu Keton | -H2+O | 13,97926 | 265,03953 |
Hydroxylierung und Desaturierung | -H2+O | 13,97926 | 265,03953 |
Alken zu Epoxid | -H2+O | 13,97926 | 265,03953 |
(O, N, S) Methylierung | +CH2 | 14,01565 | 265,07592 |
Ethyl zu Carboxylsäure | -CH4+O2 | 15,95852 | 267,01879 |
Hydroxylierung | +O | 15,99491 | 267,05518 |
Sekundäres oder tertiäres Amin zu Hydroxylamin/N-oxid | +O | 15,99491 | 267,05518 |
Thioether zu Sulfoxid, Sulfoxid zu Sulfon | +O | 15,99491 | 267,05518 |
Aromatischer Ring zu Arenoxid | +O | 15,99491 | 267,05518 |
Ipso-Hydroxylierung, x-Dihydroxylierung | +O2H2-NH2 | 16,97893 | 268,0392 |
Demethylierung und 2 × Hydroxylierung | -CH2+O2 | 17,97417 | 269,03444 |
Hydratation, (interne) Hydrolyse | +OH2 | 18,01056 | 269,07083 |
Hydrolyse aromatischer Nitrile | +OH2 | 18,01056 | 269,07083 |
Formylierung | +CO | 27,99491 | 279,05518 |
Hydrolylierung und Ketonbildung | +O2-H2 | 29,97417 | 281,03444 |
Quinonbildung | +O2-H2 | 29,97417 | 281,03444 |
Demethylierung zu Carboxylsäure | +O2-H2 | 29,97417 | 281,03444 |
Nitrierung | +O2-H2 | 29,97418 | 281,03445 |
Hydroxylierung und Methylierung | +COH2 | 30,01056 | 281,07083 |
Dihydroxylierung | +O2 | 31,98982 | 283,05009 |
Thioether zu Sulfon | +O2 | 31,98982 | 283,05009 |
Alken zu Dihydrodiol | +O2H2 | 34,00547 | 285,06574 |
Acetylierung | +C2H2O | 42,01056 | 293,07083 |
3 × Hydroxylierung | +O3 | 47,98474 | 299,04501 |
Aromatisches Thiol zu Sulfonsäure | +O3 | 47,98474 | 299,04501 |
Glycin-Konjugation | +C2H3ON | 57,02146 | 308,08173 |
Acetylierung und Hydroxylierung | +C2H2O2 | 58,00548 | 309,06575 |
Sulfat-Konjugation | +SO3 | 79,95681 | 331,01708 |
Hydroxylierung und Sulfatierung | +SO4 | 95,95172 | 347,01199 |
Cystein-Konjugation | +C3H5ONS | 103,00918 | 354,06945 |
Taurin-Konjugation | +C2H5O2NS | 107,00409 | 358,06436 |
S-Cystein-Konjugation | +SH5C3O2N | 119,00409 | 370,06436 |
Decarboxylierung und Glucuronidierung | -CO+C6H8O6 | 148,03717 | 399,09744 |
N-Acetylcysteine-Konjugation | +SC5H7O3N | 161,01466 | 412,07493 |
Glycosidierung | +C6H10O5 | 162,0582 | 413,11847 |
Glucuronidierung | +C6H8O6 | 176,03208 | 427,09235 |
2 × Sulfat-Konjugation | +2(SO3) | 191,90345 | 442,96372 |
Hydroxylierung und Glucuronid | +C6H8O7 | 192,027 | 443,08727 |
GSH-Konjugation | +C10H15N3O6S | 289,07324 | 540,13351 |
Desaturierung und S-GSH-Konjugation | -H2+C10H15N3O6S | 303,0525 | 554,11277 |
S-GSH-Konjugation | +C10H15N3O6S | 305,06815 | 556,12842 |
Epoxidierung und S-GSH-Konjugation | +C10H15N307S | 321,06307 | 572,12334 |
2 × Glucuronid-Konjugation | +2(C6H8O6) | 325,06417 | 576,12444 |
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Anschließend wird das MS/MS Spektrum der Ausgangssubstanz (m/z = 251,060269037), welche im vorliegenden Fall käuflich als Reinsubstanz erhältlich ist, aufgenommen. Das erhaltene MS/MS Massenspektrum dieser Ausgangssubstanz ist in 2 dargestellt.
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Dafür wurde in LC-QTOF der Firma Agilent verwendet (LC-QTOF 6550 in Kombination mit einer 1290 Infinity HPLC). Eluenten waren Acetonitril und Reinstwasser. Als Testsubstanz wurde Sulfadiazine verwendet (CAS 68-35-9), gekauft bei Dr. Ehrentstorfer, Augsburg.
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Im nächsten Schritt wird ein Massenscan ohne Fragmentierung der zu untersuchenden Probe durchgeführt. Dann werden die vermuteten Metabolit m/z aus Tabelle 1, Spalte 4, mit den Ergebnissen des Massenscans der Probe auf Übereinstimmung bei gegebener Massengenauigkeit abgeglichen. Von den Übereinstimmungen werden anschließend MS/MS Spektren aufgenommen. Ein (!) Beispiel dafür ist in 3 dargestellt für den Precursor (m/z = 293,07083).
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Vorausgesetzt das Fragmentierungsverhalten des Metaboliten ändert sich nicht im Vergleich zur Ausgangssubstanz, so sollten sich die Massen bzw. m/z der einzelnen Produktionen entweder a) um den mass shift der Transformation verschoben haben oder b) gleich geblieben sein wie bei der Ausgangssubstanz, wenn die Transformation nicht an diesem Molekülteil stattgefunden hat. Daraus folgend werden die möglichen Produktionen nach folgenden zwei Schemata für alle definierten Reaktionen vorhergesagt. Das Beispiel der einen (!) ausgewählten Reaktion ist in Tabelle 2 dargestellt. Tabelle 2: Generelle Berechnung der vorhergesagten Produktionen und vorhergesagte Produktionen für den vermuteten acetylierten Metaboliten
Produktionen der Ausgangssubstanz | mass shift | vorhergesagte Produktionen des vermuteten Metaboliten |
65,0385
92,0497
94,0644
96,0554
108,0443
156,0111
158,0011
185,0817 | + 42,0106 (a) | 107,0491
134,0603
136,0750
138,0660
150,0549
198,0217
200,0117
227,0923 |
65,0385
92,0497
94,0644
96,0554
108,0443
156,0111
158,0011
185,0817 | + 0 (b) | 65,0385
92,0497
94,0644
96,0554
108,0443
156,0111
158,0011
185,0817 |
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Die in Spalte 3 vorhergesagten Produktionen werden in eine Datenbank gespeichert. Da es generell unbekannt ist, an welcher Stelle am Molekül die Transformation stattfindet, kann nicht gesagt werden, welche der Produktionen gleich bleiben und welche eine Massenverschiebung aufzeigen. Daher wird jedes der Produktionen der gemessenen MS/MS Spektren der vermuteten Metaboliten (wie eines dargestellt in 3) der Reihe nach mit jedem der vorhergesagten Produktionen (Tabelle 2, 3. Spalte) bei einer vom Anwender bestimmten Massengenauigkeit, die vom Gerät abhängt, abgeglichen. Jede Übereinstimmung wird gezählt und als Kriterium zur Identifizierung genutzt. Eine Übereinstimmung von mindestens 4 Produktionen ist ein eindeutiger Hinweis, dass es sich um den vermuteten Metaboliten handelt.
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Im vorliegenden Beispiel des vermuteten acetylierten Metaboliten ergaben sich folgende Übereinstimmungen: a) Prüfung gegen die Produktionen, die eine Massenverschiebung aufweisen bei einer Massengenauigkeit von m/z = 0.001 (die hochgestellten Zahlen zeigen die Übereinstimmungen)
Gemessen | Vorhergesagt | Treffer |
65,0384 | 107,0491 | |
93,0330 | 134,06031 | x |
96,0553 | 136,07502 | x |
108,0439 | 138,0660 | |
134,05991 | 150,05493 | x |
136,07542 | 198,02174 | x |
150,05413 | 200,0117 | |
156,0104 | 227,09235 | x |
158,0013 | | |
185,0817 | | |
198,02174 | | |
227,09205 | | |
293,0697 | | |
| Summe der Treffer: | 5 |
b) Prüfung gegen die Produktionen, die keine Massenverschiebung aufweisen bei einer Massengenauigkeit von in diesem Fall m/z = 0,001 (die hochgestellten Zahlen zeigen die Übereinstimmungen)
Gemessen | Vorhergesagt | Treffer |
65,03841 | 65,03851 | x |
93,0330 | 92,0497 | |
96,0553 | 94,0644 | |
108,04392 | 96,0554 | |
134,0599 | 108,04432 | x |
136,0754 | 156,01113 | x |
150,0541 | 158,00114 | x |
156,01043 | 185,08175 | x |
158,00134 | | |
185,08175 | | |
198,0217 | | |
227,0920 | | |
293,0697 | | |
| Summe der Treffer: | 5 |
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Insgesamt konnten 10 Übereinstimmungen zwischen vorhergesagten und gemessenen Produktionen gefunden werden, was de facto eine Identifizierung des Metaboliten ohne Referenzstandard darstellt.