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Die Erfindung beschreibt eine Schutzausrüstung und eine Protektoreinrichtung hierzu zum Schutz der Halswirbelsäule. Derartige Schutzausrüstung findet insbesondere Anwendung im Motorradsport, bevorzugt hier im „off-road“ Bereich. Grundsätzlich sind derartige Schutzausrüstungen auch in anderem Umfeld, beispielhaft im Reitsport, oder auch bei nicht sportlichem Einsatz verwendbar.
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Fachüblich zum Schutz von Motorradfahrern, hier vor Verletzungen der Halswirbelsäule, sind verschiedenste Arten von Protektoren, die fachüblich gegen stumpfe Einwirkung schützen. Ebenfalls fachüblich sind halskrausenartige Schutzeinrichtungen.
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Beispielhaft aus der
US 5 371 905 A , aber in grundsätzlich vergleichbarer Weise auch aus der
US 2010/0 204 628 A und der
WO 2014/013 316 A1 ist eine Schutzausrüstung bekannt, bei der ein Verbindungselement fest mit einem Helm verbunden ist und dieses Verbindungselement über ein Dämpfungselement mit einer am Körper fixierte Abstützeinrichtung verbunden ist. Nachteilig an einer derartigen Schutzausrüstung ist einerseits, dass der Helm gegenüber einer fachüblichen Ausgestaltung zumindest modifiziert werden muss, oder sogar speziell ausgebildet sein muss und andererseits, dass eine derartige Schutzausrüstung dauerhaft und somit nicht nur im Bedarfsfall die genannte Verbindung aufweist, was zu einem massiv eingeschränkten Tragekomfort führt.
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In Kenntnis des Standes der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Schutzausrüstung und eine Protektoreinrichtung hierfür vorzustellen, wobei der Schutz der Halswirbelsäule vor längs in Richtung des Verlaufs der Wirbelsäule einwirkenden Kräften signifikant verbessert wird.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine Protektoreinrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch eine Schutzausrüstung gemäß Anspruch 11.
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Bevorzugte Ausführungsformen sind in den jeweiligen abhängigen Ansprüchen beschrieben.
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Die Erfindung beschreibt eine Protektoreinrichtung zum Schutz der Halswirbelsäule mit einer Kraftaufnahmeeinrichtung, einer Abstützeinrichtung und mit einer Dämpfungseinrichtung, wobei die Kraftaufnahmeeinrichtung ein Kraftaufnahmeelement aufweist, das dazu ausgebildet ist eine impulsartige Krafteinleitung durch einen Kontakt mit einem Schutzhelm aufzunehmen, wodurch eine Relativbewegung der Kraftaufnahmeeinrichtung gegenüber der Abstützeinrichtung längs der Wirbelsäule, also in der relevanten Hauptbewegungsrichtung, ausgelöst wird, wobei die Kraftaufnahmeeinrichtung mit der Abstützeinrichtung mittels einer Verbindungseinrichtung derart verbunden sind, dass die Relativbewegung mittels der Dämpfungseinrichtung verzögert wird.
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In besonders bevorzugter Weise weist die Protektoreinrichtung eine Führungseinrichtung aufweist, um die Relativbewegung ausschließlich, selbstverständlich im Rahmen der technischen Ausführbarkeit, entlang der Wirbelsäule zu erlauben. Hierzu kann die Führungseinrichtung als Kanal der Abstützeinrichtung ausgebildet sein in dem ein Abschnitt der Kraftaufnahmeeinrichtung angeordnet ist.
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Vorzugsweise besteht die Dämpfungseinrichtung aus einem energieabsorbierenden elastischen Material, einem Elastomer, insbesondere aus einem Schaumstoff oder einem Kautschuk. Hierbei soll unter dem Begriff Kautschuk nicht nur ein aus natürlichen Materialien hergestelltes, sondern auch ein künstlich hergestelltes kautschukartige Eigenschaften aufweisendes Material verstanden werden.
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Bevorzugt ist die Dämpfungseinrichtung integraler Bestandteil der Kraftaufnahmeeinrichtung oder der Abstützeinrichtung.
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Weiterhin kann es bevorzugt sein, wenn die Kraftaufnahmeeinrichtung mit der Abstützeinrichtung mittels einer nietartigen Verbindungseinrichtung, die vorzugsweise durch die Dämpfungseinrichtung hindurchreicht oder diese abstützt, verbunden ist.
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In einer vorteilhaften Variante sind die Kraftaufnahmeeinrichtung und / oder die Abstützeinrichtung segmentiert ausgebildet, um eine Flexion der Rückenwirbelsäule zu erlauben. In einer anderen vorteilhaften Variante ist die Kraftaufnahmeeinrichtung und / oder die Abstützeinrichtung derart flexibel ausgebildet, dass eine Flexion der Rückenwirbelsäule möglich ist.
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Es kann weiterhin vorteilhaft sein, wenn das Kraftaufnahmeelement der Kraftaufnahmeeinrichtung seitlich und vorzugsweise gedämpft beweglich ausgebildet ist. Für dies Beweglichkeit kann ein Scharnier vorgesehen sein.
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Insbesondere ist es vorteilhaft, wenn die Stärke des Verzögerns, also die Dämpfungswirkung, bei zunehmendem Weg der Relativbewegung linear oder überlinear, vorzugsweise exponentiell, zunimmt.
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Die Erfindung beschreibt weiterhin eine Schutzausrüstung mit einer oben genannten Protektoreinrichtung, wobei der Abstützeinrichtung eine Halteeinrichtung zugeordnet ist, die die Abstützeinrichtung an einem menschlichen Körper fixiert.
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In einer vorteilhaften Variante ist die Halteeinrichtung integraler Bestandteil der Abstützeinrichtung. Hierbei kann die Abstützeinrichtung rucksackartig ausgebildet sein, wobei dann die Halteeinrichtung aus einem Gurtsystem bestehen kann, das Gurte über die Schulter und / oder um die Taille aufweist. In einer anderen vorteilhaften Variante ist die Protektoreinrichtung in der Halteeinrichtung fixiert. Hierbei kann die Halteeinrichtung westen- oder jackenartig ausgebildet sein und die Protektoreinrichtung in einer taschenartigen Aufnahme der Halteeinrichtung angeordnet sein. Diese Ausgestaltung kann zusätzlich ein Gurtsystem aufweisen.
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Alle hier im Singular genannten Merkmale können selbstverständlich soweit technisch möglich und vorteilhaft, auch mehrfach vorhanden sein. Es versteht sich weiterhin, dass die verschiedenen Ausgestaltungen der Erfindung, gleich ob sie im Rahmen der Protektoreinrichtung oder der Schutzausrüstung genannt sind, einzeln oder in beliebigen Kombinationen realisiert sein können, um Verbesserungen zu erreichen. Insbesondere sind die vorstehend genannten und erläuterten sich nicht selbstverständlich ausschließenden Merkmale nicht nur in den angegebenen Kombinationen, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung einsetzbar, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Weitere Erläuterung der Erfindung, vorteilhafte Einzelheiten und Merkmale ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung der in den 1 bis 7 dargestellten Ausführungsbeispiele der Erfindung oder von Teilen hiervon. Dabei zeigen:
- 1: eine erfindungsgemäße Ausgestaltung einer Schutzausrüstung mit einer Protektoreinrichtung.
- 2: eine Ausgestaltung einer Abstützeinrichtung einer erfindungsgemäßen Protektoreinrichtung.
- 3 und 4: verschiedene Ausgestaltungen einer Kraftaufnahmeeinrichtung einer erfindungsgemäßen Protektoreinrichtung.
- 5: eine erfindungsgemäße Schutzausrüstung in Anwendung.
- 6 und 7: verschiedene Ausgestaltungen von Details einer erfindungsgemäßen Protektoreinrichtung.
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1 zeigt erfindungsgemäße Ausgestaltung einer Schutzausrüstung mit einer Protektoreinrichtung in Blickrichtung auf den Rücken eines Trägers dieser Schutzausrüstung. Von dem Träger ist nur jeweils ein Teil der Schulterpartie 70 wie auch ein Teil eines Schutzhelmes 1 dargestellt.
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Die Protektoreinrichtung weist bei dieser Ausgestaltung eine Kraftaufnahmeeinrichtung 2, eine Abstützeinrichtung 3 und eine Dämpfungseinrichtung 4 auf. Die Kraftaufnahmeeinrichtung 2 ist hier als Kunststoffformkörper ausgebildet und weist an ihrem dem Schutzhelm 1 zugewandten Endabschnitt ein Kraftaufnahmeelement 22 auf. Dieses Kraftaufnahmeelement 22, weist seinerseits eine Kraftaufnahmefläche 220 auf, die bei Verwendung der Schutzausrüstung und in Normalstellung der Halswirbelsäule 5 vorzugsweise minimal, vorteilhafterweise zwei bis drei Zentimeter, beabstandet von der Unterkante des Schutzhelms 1 angeordnet ist. Diese Dimensionierung ist allerdings abhängig von der Ausgestaltung der Dämpfungseinrichtung 4 und insbesondere von deren Dämpfungskennlinie. Die Kraftaufnahmefläche 220 dient der Einleitung der Kraft 10, übertragen über den Schutzhelm 1, die entsteht, wenn im Rahmen eines Unfalls die Halswirbelsäule überstreckt wird. Genau diese Kraft soll durch die Schutzausrüstung soweit möglich reduziert werden um die resultierende Verletzung zu mindern oder gänzlich zu verhindern.
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Hierzu ist die Kraftaufnahmeeinrichtung 2 mittels der Dämpfungseinrichtung 4, die im Weiteren näher beschrieben wird, mit der Abstützeinrichtung 3 derart verbunden, dass die Kraft aus der Überstreckung der Halswirbelsäule gedämpft wird, indem die Relativbewegung der Kraftaufnahmeeinrichtung gegenüber der Abstützeinrichtung verzögert wird. Diese Verzögerung der Relativbewegung erfolgt auf einem Weg von wenigen Zentimetern, vorzugsweise von 2 bis 8, insbesondere von 4 bis 6 Zentimetern.
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Die Abstützeinrichtung muss hierzu derart am menschlichen Körper fixiert sein, dass eine Relativbewegung der Abstützeinrichtung 3 zur Wirbelsäule 5, insbesondere im Bereich der Brustwirbel soweit technisch und physiologisch möglich verhindert ist.
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Hierzu sind der Abstützeinrichtung 3 Halteeinrichtungen zugeordnet, die die Schutzausrüstung am menschlichen Körper fixieren. Dargestellt ist im linken Teil der Abbildung ein Gurtsystem mit Gurten 62, 64, die zumindest über die Schulter 70 und um die Taille des menschlichen Körpers verlaufen. Hierdurch ergibt sich eine rucksackartige Ausgestaltung der Schutzausrüstung.
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Im rechten Teil der Abbildung ist eine Ausgestaltung der Abstützeinrichtung 3 dargestellt, die einen Halteabschnitt 34 aufweist der über die Schulter 70 des menschlichen Körpers hinüberreicht und somit eine einfache Abstützung auf der Schulter 70 ermöglicht. Auch diese Ausgestaltung wird unter rucksackartig subsumiert.
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Alternativ, allerdings nicht dargestellt, kann die Halteeinrichtung westen- oder jackenartig ausgebildet sein, wobei dann die Protektoreinrichtung in einer taschenartigen Aufnahme der Halteeinrichtung angeordnet ist. Hierbei ist dann die westen- oder jackenartig ausgebildete Halteeinrichtung entsprechend obiger Ausführung am menschlichen Körper fixiert.
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2 zeigt eine Ausgestaltung einer Abstützeinrichtung 3 einer erfindungsgemäßen Protektoreinrichtung in Blickrichtung auf den Rücken eines Träger, sowie eine Schnittansicht im Bereich A-A. Die Abstützeinrichtung 3 weist hier, wie zu 1 beschrieben, Halteabschnitte 34 zur Anordnung auf und Abstützung an der menschlichen Schulter auf.
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Zudem ist die Halteeinrichtung 3 in einzelne Segmente 36 unterteilt, die derart beweglich 360 miteinander verbunden sind, dass eine Beugung (Flexion) der Wirbelsäule, insbesondere im Bereich der Brustwirbel, möglich ist. Die Halteeinrichtung 3 ist hierzu ausgebildet aus einem fachüblichen, insbesondere im Rahmen des technisch machbaren starren, Kunststoffs. Alternativ, insbesondere wenn keine Segmentierung vorhanden ist, kann der Kunststoff eine Elastizität aufweisen, die ausreichend ist um eine gewünschte Beugung der Wirbelsäule zuzulassen.
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Weiterhin ist schematisch eine, hier kanalartig ausgebildete, Führungseinrichtung 32 dargestellt, in der ein zugeordneter Abschnitt der Kraftaufnahmeeinrichtung angeordnet ist. Durch eine derartige Führungseinrichtung 32 ist die Kraftaufnahmeeinrichtung in Längsrichtung der Wirbelsäule beweglich gegenüber der Abstützeinrichtung 3.
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3 und 4 zeigen verschiedene Ausgestaltungen einer Kraftaufnahmeeinrichtung 2 einer erfindungsgemäßen Protektoreinrichtung. Beide weisen hier einen Abschnitt 20 zur Anordnung in einer Führungseinrichtung 34 der Abstützeinrichtung 3 (vgl. 2) auf.
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Die Kraftaufnahmeeinrichtung 2 gemäß 3 weist ein elastisches Zwischenelement 24 auf, durch das das Kraftaufnahmeelement 22 seitlich gedämpft beweglich ist. Hierzu ist das Zwischenelement 24 vorzugsweise aus einem Elastomer ausgebildet. Eine derartige Ausgestaltung erlaubt eine freiere seitliche Neigung des Kopfes.
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Weiterhin dargestellt sind zwei bevorzugte Varianten der Anordnung des Dämpfungselements 4. Bei der Ausgestaltung gemäß 3 ist dieses fluchtend entlang der Wirbelsäule 5 (vgl. 1) angeordnet. Obwohl hier nur ein Dämpfungselement 4 dargestellt ist, können auch mehrere fluchtend zur Wirbelsäule angeordnet sein.
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Bei der Ausgestaltung gemäß 4 sind vier Dämpfungselemente 3 nebeneinander im Schulterbereich und senkrecht zur Wirbelsäule angeordnet.
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5 zeigt eine erfindungsgemäße Schutzausrüstung in der Anwendung. Schematisch dargestellt ist hierzu ein menschlicher Körper mit einem Schutzhelm 1. Die Abstützeinrichtung 3 liegt im Wesentlichen am Rücken 72, zumindest im Bereich der Brustwirbelsäule, an. Die Kraftaufnahmeeinrichtung 2 ist mit der Abstützeinrichtung 3 mittels einer Verbindungseinrichtung in Kombination mit einer Dämpfungseinrichtung 4 im Schulterbereich verbunden. Eine Führungseinrichtung ist hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht dargestellt. Die Grundposition des Kraftaufnahmeelements 22 ist hier ebenfalls dargestellt. Durch diese Anordnung der Komponenten ist eine Beugung (Flexion) und ebenfalls eine zumindest geringe, Überstreckung (Extension) der Wirbelsäule möglich, ohne dass Kraft auf die Kraftaufnahmeeinrichtung 22 einwirkt. Bei einer gefährlichen Überstreckung der Halswirbelsäule trifft der untere Rand des Schutzhelms 1 auf das Kraftaufnahmeelement 22 der Kraftaufnahmeeinrichtung 2, wodurch deren Relativbewegung zur Abstützeinrichtung 3 und damit zur Wirbelsäule 5 ausgelöst wird.
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Durch das Dämpfungselement 4 wird die Bewegung der Kraftaufnahmeeinrichtung 2 überlinear, das heißt mit bei ansteigender Dämpfungswirkung, verzögert. Hierdurch wird auch die Bewegung des Schutzhelms 1 und damit des darin angeordneten Kopfes verzögert, wodurch eine Verletzung der Halswirbelsäule gegenüber einer gleichartigen ungedämpften Bewegung verringert, im Idealfall, verhindert wird.
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6 und 7 zeigt verschiedene Ausgestaltungen von Details einer erfindungsgemäßen Protektoreinrichtung. Dargestellt sind bevorzugte Varianten der Kopplung zwischen Kraftaufnahmeeinrichtung 2 und Abstützeinrichtung 3 mittels verschieden ausgestalteter Dämpfungseinrichtungen 4.
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Gemäß der Darstellung nach 6 ist die Dämpfungseinrichtung 4 integraler Bestandteil der Kraftaufnahmeeinrichtung 2. Diese ist mittels einer nietartigen Verbindungseinrichtung 40 mit der Abstützeinrichtung 3 verbunden. Die Dämpfungseinrichtung 4 stützt sich hierbei auf dieser Verbindungseinrichtung 40 derart ab, dass bei einer Relativbewegung der Kraftaufnahmeeinrichtung 2 zur Abstützeinrichtung 3 die Dämpfungseinrichtung 4 verformt wird, wodurch die Relativbewegung verzögert wird.
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Die Dämpfungseinrichtung 4 ist hierbei aus einem Elastomer, vorzugsweise einem Silikonkautschuk, ausgebildet.
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Die Dämpfungseinrichtung 4 und die Kraftaufnahmeeinrichtung 3 können in grundsätzlich gleiche Weise zweistückig ausgebildet sein. Hierbei muss dann beispielhaft die Verbindungseinrichtung 40 dazu ausgebildet sein, die Dämpfungseinrichtung 4 in ihrer Position zu halten. Diese Ausgestaltung hat den Vorteil, dass durch verschieden Härtegrade des Elastomers die Dämpfungseigenschaften an den Verwender angepasst werden können.
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Gemäß der Darstellung nach 7 ist die Dämpfungseinrichtung 4 in einer Vertiefung der Kraftaufnahmeeinrichtung 2 mittels eines 2-Komponenten Spritzgießverfahrens, eingespritzt.
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In beiden Ausgestaltungen kann die Verbindungseinrichtung 40 auch teilweise durch eine Führungseinrichtung der Abstützeinrichtung ausgebildet sein.