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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren und ein elektronisches Servicegerät zur Bewerkstelligung der Entlüftung des Bremssystems eines Kraftfahrzeuges, das einen elektromechanischen Bremskraftverstärker, radseitige und dabei durch eine temporär unter Druck gesetzte Bremsflüssigkeit betätigbare Radbremszylinder, Bremsleitungen zur Schaffung einer Fluidverbindung zwischen dem Bremskraftverstärker und den Radbremszylindern, Entlüftungsorgane zur Bewerkstelligung einer Fluidableitung im Bereich der Radbremszylinder sowie ein elektronisches Steuersystem zur Ansteuerung des elektromechanischen Bremskraftverstärkers umfasst.
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Zur Befüllung und Entlüftung von hydraulischen Kraftfahrzeug-Bremsanlagen sind in der Werkstattpraxis üblicherweise zwei Servicetechniker erforderlich. Hierbei betätigt einer der Techniker ein Bremspedal, um Bremsflüssigkeit aus einem Vorratsbehälter in den Bremskreis zu fördern. Sobald im Bremskreis aufgrund der Belastung des Bremspedals ein gewisser Druck herrscht, öffnet der andere Servicetechniker die Entlüftungsschrauben am jeweiligen Radbremszylinder und entlässt die gegebenenfalls eingeschlossene Luft. Die Entlüftungsschraube wird geschlossen, bevor der im Fahrzeug sitzende andere Techniker das Pedal wieder entlastet. Hinsichtlich der Pedalbetätigung sowie des Öffnens und Schließens der Entlüftungsschrauben stimmen sich die beiden Techniker üblicherweise durch Zuruf ab. Wichtig ist dabei insbesondere, dass die jeweilige Entlüftungsschraube festgezogen wird, bevor das Bremspedal wieder entlastet wird, da ansonsten unter Umständen Luft über die noch geöffnete Entlüftungsschraube angesaugt werden kann. Bei tiefer im Bremssystem eingeschlossener Luft, insbesondere Luft im Bereich des ESC-Blocks eines entsprechenden Fahrzeuges kann es erforderlich sein, zunächst relativ viel Bremsflüssigkeit über die Entlüftungsschrauben abzuleiten, bis die im System eingeschlossene Luft über die Entlüftungsschrauben entweicht. Auch wenn der Vorgang von geringem technischen Schwierigkeitsgrad ist, so ist dieser in der Praxis doch oft höchst zeitfordernd.
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Aus
EP 2 778 000 A1 sind ein System sowie ein Verfahren zum Untersuchen und gegebenenfalls erforderlichen Entlüften eines Fahrzeugbremssystems bekannt. Nach dem aus dieser Druckschrift bekannten Ansatz ist vorgesehen, einen elektromechanischen Bremskraftverstärker unter Nutzung des elektromechanischen Unterstützungsantriebs seines Kolbens derart zu betreiben, dass dessen Kolben mehrere Hübe vollführt, wobei etwaige im Bremssystem eingeschlossene Luft dann von einem Servicetechniker im radseitigen Bereich durch entsprechend synchrones Öffnen und Schließen der jeweiligen Entlüftungsschrauben abgeleitet werden kann. Die Entlüftung kann dann hierbei von einem einzigen Techniker bewerkstelligt werden.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Lösungen zu schaffen, durch welche sich bei der Entlüftung eines Fahrzeugbremssystems, das einen elektromechanisch betriebenen Bremskraftverstärker umfasst, eine gegenüber bisherigen Ansätzen verbesserte Abwicklung eines Entlüftungsvorgangs ergibt.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch Verfahren zur Bewerkstelligung der Entlüftung einer hydraulischen Bremsanlage eines Fahrzeuges, das einen elektromechanischen Bremskraftverstärker, Bremsleitungen, radseitige Bremszylinder, sowie radseitige Entlüftungsorgane umfasst, wobei in einem Aktivierungsschritt der elektromechanische Antrieb des Bremskraftverstärkers derart angesteuert wird, dass sich in den Bremsleitungen ein vorgegebener Solldruck aufbaut, bei Erreichen dieses Druckes ein Öffnungssignal zur Veranlassung einer Öffnung eines Entlüftungsorgans durch einen Anwender generiert wird, bei einer radseitigen Ableitung von Bremsflüssigkeit über das Entlüftungsorgan der Bremskraftverstärker derart betrieben wird, dass der vorgegebene Druck innerhalb eines vorgegebenen Bereiches gehalten wird, und dann, wenn in dem Bremskraftverstärker eine vorgegebene Kolbenstellung erreicht ist, ein Schließsignal generiert wird, das den Anwender veranlasst, das Entlüftungsorgan zu schließen.
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Dadurch wird es auf vorteilhafte Weise möglich, den Entlüftungsvorgang eines elektromechanischen Bremssystems unter Einhaltung eines automatisch eingeregelten und für das Fahrzeugmodell vorteilhaften Entlüftungsdruckes zu bewerkstelligen und zugleich darauf hinzuwirken, dass das Entlüftungsventil am jeweiligen Radbremszylinder geschlossen wird, bevor der Druck bei Erreichen einer Endstellung des Kolbens abfällt. In weiterhin vorteilhafter Weise wird es hierdurch möglich, durch weiteres Verlagern des Kolbens festzustellen, ob das Entlüftungsventil nach Ausgabe des Schließsignals geschlossen wurde. Dies wiederum erlaubt es, den Reversionsvorgang des Kolbens automatisiert zu veranlassen. Zudem wird es möglich, mit dem gegebenenfalls noch vorhandenen Resthub des Kolbens den aktuellen Entlüftungsgrad zu ermitteln und dem Techniker gegebenenfalls auf einem Diagnosegerät mitzuteilen oder den Entlüftungsvorgang zu protokollieren. Da die Entlüftung unter einem eingeregelten, vorzugsweise relativ hohen Solldruck erfolgt, ergibt sich eine vorteilhafte Kompression der gegebenenfalls eingeschlossenen Luft und eine Förderung derselben mit geringer Bläschengröße. Im Zuge einer bei der Kolbenrückführung auftretenden Druckentlastung kann dann etwaige noch in Spalten verbliebene Luft expandieren und dabei aus den Spalträumen austreten. Diese Luft kann dann im folgenden Förderhub vorteilhaft weiter zu den Entlüftungsorganen hin gefördert werden.
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Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt die unter Nutzung des elektromechanischen Antriebs des Bremskraftverstärkers bewerkstelligte Förderung der Bremsflüssigkeit auf einem Druckniveau von 10 und 30 bar, beispielsweise 20 bar. Dieses vorgegebene Druckniveau kann dann regelungstechnisch in einem Toleranzbereich von vorzugsweise etwa +/–3bar eingehalten werden. Fällt der Druck auf einen Wert unterhalb des Toleranzbereichs, kann ein beispielsweise akustisches Signal generiert werden, das dem Techniker anzeigt, dass die Entlüftungsschraube zu weit geöffnet wurde, um den Druck einzuhalten. Der Techniker kann dann die Entlüftungsschraube entsprechend zurückdrehen und den Austrittsquerschnitt reduzieren und damit den Strom der abfließenden Bremsflüssigkeit drosseln, so dass die weitere Ableitung wieder bei einem hohen gewünschten Solldruck erfolgt.
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Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens umfasst dieses einen Druckerfassungsschritt, der bewirkt, dass bei einem Anstieg des Druckes nach Ausgabe des Schließsignals eine automatische Reversierung des Kolbens des Bremskraftverstärkers erfolgt, wobei nach dieser Reversierung der Druck erneut auf den Solldruck erhöht und ein Öffnungssignal ausgegeben wird. Dadurch wird es wie oben bereits angegeben möglich, die Reversierung des Kolbens ohne weiteren Handlungsbedarf des Technikers mit einem korrekten Timing zu veranlassen.
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Nach Ausgabe des Schließsignals kann der Druckanstieg in Relation zum Kolbenweg erfasst und ausgewertet werden, wobei aus diesen Messwerten dann z.B. der aktuelle Entlüftungsgrad ermittelt werden kann. Der aktuelle Entlüftungsgrad kann weiterhin auch im Rahmen der Druckerhöhungsphase anhand des Verhältnisses des Kolbenweges zum Druckanstieg errechnete werden, bevor das Öffnungssignal ausgegeben wird und das Entlüftungsventil geöffnet wird.
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Das oben angegebene Verfahren wird vorzugsweise in Verbindung mit einem elektronischen Servicegerät abgewickelt in dessen Steuerung ein Programm hinterlegt ist, welches das erfindungsgemäße Entlüftungsverfahren unterstützt. Die Erfindung umfasst damit zudem auch ein entsprechendes elektronisches Servicegerät zur Unterstützung der Entlüftung eines Hydraulik-Kraftfahrzeugbremssystems, das einen elektromechanischen Bremskraftverstärker umfasst, der derart elektrisch ansteuerbar ist, dass dessen Kolben zu einem Förderhub veranlassbar ist, wobei das elektronische Servicegerät an das Kraftfahrzeugbremssystem zur Veranlassung einer Bewegung des Kolbens über dessen elektromechanischen Antrieb und zur Erfassung eines hinsichtlich des über den Kolben aufgebauten Leitungsdruckes ankoppelbar ist, wobei das Servicegerät eine Öffnungssignalgebereinrichtung umfasst oder ansteuert, um ein Öffnungssignal zu generieren, das einen Techniker zur Öffnung einer radseitigen Entlüftungsschraube veranlasst; das Servicegerät eine Schließsignalgebereinrichtung umfasst oder ansteuert, um ein Schließsignal zu generieren, das einen Techniker zur Schließung der radseitigen Entlüftungsschraube veranlasst; und das Servicegerät den Kolben derart ansteuert, dass während eines Förderhubes bei geöffneter Entlüftungsschraube in dem Bremssystem ein vorgegebener Druck herrscht.
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Das erfindungsgemäße Servicegerät kann in ein für weitere Serviceprozeduren geeignetes Servicegerät implementiert sein. Die Koppelung des Servicegerätes mit dem Bremssystem kann in vorteilhafter Weise bewerkstelligt werden, indem das Servicegerät mit einem Servicestecker versehen ist, der einen Anschluss an ein fahrzeugseitiges Bussystem ermöglicht. Es ist auch möglich, das Servicegerät so zu gestalten, dass dieses an einen elektrischen Kontakt des elektromechanischen Bremskraftverstärkers anschließbar ist. Die Druckerfassung kann unter Nutzung fahrzeugseitiger Druckerfassungseinrichtungen erfolgen. Die Druckerfassung kann alternativ zu der Nutzung bordseitiger Sensoren oder auch in Kombination mit einer Nutzung dieser bordseitigen Sensoren auch unter Auswertung des Leistungsbezugs, insbesondere des Motorstroms des Kolbenantriebs, erfolgen.
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Das elektronische Servicegerät kann so ausgebildet und konfiguriert sein, dass bei Abfall des Drucks infolge eines übermäßigen Öffnens der Entlüftungsschraube ein Signal ausgegeben wird, das dem Techniker eine Reduktion des Schraubenöffnungsgrads signalisiert.
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Das Servicegerät kann weiterhin derart ausgebildet und konfiguriert sein, dass über das Servicegerät der Hubzustand des Kolbens erkannt und in einer vorgegebenen, vor einer Endstellung liegenden Stellung das Schließsignal ausgegeben wird.
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Das elektronische Servicegerät kann als relativ kompaktes Gerät gestaltet sein, das beispielsweise als würfel- oder steckerartige Struktur ausgebildet ist, die als solche ohne weitere Verkabelungen an einen bordseitigen Diagnoseanschluss ansteckbar ist. Die Ansteuerung des elektromechanischen Antriebs des Bremskraftverstärkers kann dabei unter Nutzung des bordseitigen Stromnetzes erfolgen, so dass dann über das Servicegerät lediglich ein signaltechnischer Dialog mit der fahrzeugseitigen Steuerung oder ein Eingriff in die Ansteuerung des Bremskraftverstärkers erfolgt.
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Das Servicegerät kann die Pumpleistung des Antriebs des Förderkolbens erfassen und die thermische Belastung desselben modellieren. Hierdurch kann in vorteilhafter Weise vermieden werden, dass dann, wenn der Entlüftungsvorgang eine erhöhte Anzahl von Hüben erfordert, der Antrieb thermisch überbelastet wird.
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Der Entlüftungsdruck kann für unterschiedliche Phasen der Entlüftungsprozedur unterschiedlich hohe Pegel einnehmen. So kann die Entlüftung zunächst mit hohen Drücken abgewickelt werden, um ein Entweichen der eingeschlossenen Luft aus Spaltzonen zu erreichen. Nach weiterem Fortschritt der Entlüftung, insbesondere wenn zu erwarten ist, dass sich keine Luft mehr in einem ESC-Block befindet, kann die Abförderung der eingeschlossenen Luft bei niedrigeren Pegeln erfolgen.
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Das erfindungsgemäße Konzept ermöglicht einen strukturierten Kommunikationsablauf zwischen dem Antrieb des elektromechanischen Bremskraftverstärkers und dem Techniker über ein Diagnoseservicegerät, mit welchem ein spezielles Entlüftungsverfahren abgearbeitet wird. Das elektronische Servicegerät ermöglicht eine autonome Ansteuerung des elektromechanischen Kolbenantriebs und eine damit verbundene Druckregelung zur Einstellung eines optimalen Entlüftungsdruckes. Weiterhin ermöglicht das Servicegerät eine automatische Volumennachführung während des Befüllungs- und Entlüftungsvorgangs des Bremssystems.
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Durch die Erfassung der Kolbenposition wird es möglich, eine Schließung der Entlüftungsschrauben vor Erreichen der Kolbenendstellung zu veranlassen. Das erfindungsgemäße Konzept ermöglicht insbesondere bei Schließung der Entlüftungsschraube vor Erreichen der Kolbenendstellung einen automatischen Rücklauf des Förderkolbens in seine Ausgangsposition.
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Der Servicetechniker wird automatisch über die vorzunehmenden Betriebsschritte unterrichtet. Die erfindungsgemäße Druckregelung während des Entlüftungsvorgangs ermöglicht eine vorteilhafte Entlüftung des ESC-Systems (ESC: Electronic Stability Control). Das Servicegerät kann hierbei zudem in vorteilhafter Weise so gestaltet sein, dass dieses während der automatisierten Aktivierung des elektromechanischen Bremskraftverstärkers auch eine Ansteuerung des ESC-Systems vornimmt und dabei während einer Entlüftungsprozedur ausgewählte Systemabschnitte des ESC-Systems schließt und/oder öffnet und damit planvoll und effizient sukzessive entlüftet.
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Die Entlüftung des Bremssystems über den elektromechanischen Bremskraftverstärker kann durch eine Zusammenarbeit mit dem ESC-System automatisiert werden, indem das erfindungsgemäße Servicegerät den elektromechanische Bremskraftverstärker (eBKV) über die Busverbindung ansteuert und dabei auch das Öffnen und Schließen der entsprechenden Magnetventile des ESC-Systems veranlasst, um aus bestimmten Abschnitten des vom Bremsfluid erfassten Bremssystems Flüssigkeit abzufördern oder luftfreies Fluid in diese Bereiche zu verlagern.
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Ist der maximal mögliche Hub des Hauptbremszylinders erreicht, veranlasst das erfindungsgemäße Servicegerät das Schließen der Magnetventile und der elektromechanische Bremskraftverstärker holt beim Rücklauf des Kolbens des Hauptbremszylinders neue Flüssigkeit nach. Danach startet der Ablauf erneut, bis insbesondere das ESC-System entlüftet ist. Hierbei kann gegebenenfalls zumindest zunächst das Öffnen und Schließen der Entlüftungsschrauben entfallen, zumindest bis das ESC-System entlüftet ist. Dann kann das Leitungssystem weiter gespült werden, wobei dann hierzu die Entlüftungsschrauben in der vom Servicegerät vorgegebenen Weise geöffnet und geschlossen werden und entsprechend getaktet eine weitere Förderung durch Ansteuerung des Förderkolbens erfolgt.
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Erfindungsgemäß übt innerhalb eines elektromechanischen Bremskraftverstärkers ein Elektromotor eine Kraft auf den Kolben eines Hauptbremszylinders aus und generiert somit eine Bremsverstärkungskraft, die bei entsprechender Ansteuerung eine autonome Bremsbetätigung ermöglicht. Die Erfindung umfasst die Ansteuerung eines elektromechanischen Bremskraftverstärkers nach Maßgabe eines Steuerungsalgorithmus, der für die Befüllung oder Entlüftung der hydraulischen Bremsanlage eine autonome Bremsbetätigung durchführt und nach einem Kommunikationsprotokoll während dieses Ablaufs mit einem Diagnoseservicegerät kommuniziert. Die Bremsbetätigung wird in der Werkstatt durch den Techniker über ein Diagnoseservicegerät initiiert und dem Bremskraftverstärker vorzugsweise über den Fahrzeugbus (z.B. FlexRay) mitgeteilt. Der Bremskraftverstärker baut daraufhin einen vorgegebenen Bremsdruck von beispielsweise 20 bar auf und signalisiert dieses nach dem Erreichen über das Diagnosegerät dem Techniker. Dieser kann nun wiederum die Entlüftungsschraube öffnen und die Luft entweichen lassen. Während dieser Zeit muss der Steuerungsalgorithmus im Bremskraftverstärker das abfließende Volumen derart über eine Änderung der Druckstangenposition nachregeln, dass der vorgegebene Druck von beispielsweise 20 bar aufrecht erhalten wird. Zum Beenden des Zyklus kann entweder der Techniker nach Schließen der Entlüftungsschraube die Prozedur abbrechen oder der Bremskraftverstärker übermittelt kurz vor dem Erreichen der Endlage des Druckstangenwegs, dass keine weitere Volumennachführung mehr möglich ist und der Techniker die Schraube festziehen muss und gegebenenfalls den Vorgang erneut starten muss. Nach dem Beenden fährt der Bremskraftverstärker in die Ausgangsposition zurück, um ein erneutes Eintreten von Bremsflüssigkeit aus dem Vorratsbehälter zu ermöglichen. Der Vorgang kann beliebig oft wiederholt werden. Das erfindungsgemäße Lösungskonzept ermöglicht einen strukturierten Kommunikationsablauf zwischen Bremskraftverstärker und Techniker über ein Diagnoseservicegerät. Durch den erfindungsgemäßen Ansatz wird es möglich, eine autonome Bremsbetätigung mit Druckregelung zu veranlassen und dabei einen optimalen Entlüftungsdruck einzuhalten. Während des Befüllungs- und Entlüftungsvorganges erfolgt eine automatische Volumennachführung. Weiterhin erfolgt vorzugsweise eine automatische Kontrolle auf die Annäherung an die Kolbenendlage. Durch das erfindungsgemäße Konzept wird ein automatischer Rücklauf des Kolbens in die Ausgangsposition ermöglicht. Weiterhin erfolgt eine automatische Benachrichtigung des Technikers, wann eine entsprechende Schraube geöffnet werden soll oder wann diese zu schließen ist. Durch das erfindungsgemäße Konzept wird es auch möglich, das ESC-System automatisiert anzusteuern und dabei optimal zu entlüften. Die automatisierte Befüllung und Entlüftung funktioniert hierbei auch, wenn sich Luft im ESC/ABS-Block befindet. Die Entlüftung des Bremssystems über den elektromechanischen Bremskraftverstärker kann durch eine Zusammenarbeit mit dem ESC weiter automatisiert werden. Dazu kann der elektromechanische Bremskraftverstärker über die Busverbindung das Öffnen der entsprechenden Magnetventile des ESC-Systems veranlassen, und anschließend automatische Flüssigkeit in den Bremskreis schieben. Ist der maximal mögliche Hub des Hauptbremszylinders erreicht, veranlasst der elektromechanische Bremskraftverstärker das Schließen der Magnetventile und holt beim Rücklauf des Bremshauptzylinders neue Flüssigkeit nach. Danach startet der Ablauf erneut, bis das ESC-System entlüftet ist. Dadurch kann gegebenenfalls das abwechselnde Offnen und Schließen der Entlüftungsschrauben entfallen, bis die Leitung ausreichend gespült ist. Es bleibt dann maximal eine manuelle Nachentlüftung der Bremssättel erforderlich. Durch das erfindungsgemäße Konzept kann eine effiziente Bremsanlagenbefüllung und -entlüftung durch eine einzige Person erfolgen. Es herrscht ein dosierter und kontinuierlicher Bremsdruck während des Befüllungs- oder Entlüftungsvorgangs. Es ergibt sich eine Reduzierung der Schraubvorgänge an Entlüftungsschrauben bei erfindungsgemäß zumindest weitgehend automatisierter Entlüftung des ESC-Systems. Insgesamt ergibt sich ein Komfortgewinn durch automatisiert generierte und zum Ablauf passende Arbeitsanweisungen (z.B. Lösen, Festziehen der Schrauben).
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Durch das erfindungsgemäße Konzept wird eine Bremsanlagenbefüllung und Entlüftung durch einen einzelnen Techniker ermöglicht. Während des Befüllungs- und Entlüftungsvorgangs wird ein vorteilhafter Systemdruck eingeregelt. Aufgrund der effizienteren Entlüftung, insbesondere des ESC-Blocks, ergibt sich eine Reduzierung der Schraubvorgänge an den Entlüftungsschrauben. Zudem ergibt sich ein Komfortgewinn durch automatisierte Arbeitanweisungen (z.B. Lösen und Festziehen der Schrauben, gegebenenfalls Nachfüllen von Bremsflüssigkeit und eine automatisierte Dokumentation des Entlüftungsvorgangs und des erreichten Entlüftungszustands)
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Weitere Einzelheiten und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung in Verbindung mit der Zeichnung. Es zeigt:
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1 eine Schemadarstellung zur Veranschaulichung der Anbindung eines erfindungsgemäßen Diagnose- und Servicegerätes an ein Bremssystem eines Kraftfahrzeugs, das einen elektromechanischen Bremskraftverstärker umfasst, sowie zur Erläuterung der signaltechnischen Kommunikation mit dem Diagnose- und Servicegerät; und in
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2 eine Schemadarstellung zur Veranschaulichung und Erläuterung einer unter Einsatz eines erfindungsgemäßen Diagnose- und Servicegeräts abgewickelten Entlüftungssequenz.
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Die Darstellung nach 1 veranschaulicht die Anbindung eines erfindungsgemäßen elektronischen Servicegeräts 1 an das Hydraulik-Kraftfahrzeugbremssystem 2 eines Kraftfahrzeugs.
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Jenes Hydraulik-Kraftfahrzeugbremssystem 2 umfasst einen elektromechanischen Bremskraftverstärker 5, der derart elektrisch ansteuerbar ist, dass dessen Kolben 6 zu einem Förderhub veranlassbar ist. Das elektronische Servicegerät 1 ist derart mit dem Kraftfahrzeugbremssystem 2 operativ verbindbar, dass über das Servicegerät 1 eine Bewegung des Kolbens 6 über dessen elektromechanischen Antrieb 7 herbeiführbar ist. Weiterhin wird über fahrzeugseitige Druckmessorgane 8 der über den Kolben 6 aufgebaute Druck im Leitungssystem erfasst und dem Servicegerät signaltechnisch zur Verfügung gestellt. Das Hydraulik-Kraftfahrzeugbremssystem 2 umfasst ferner einen ESC-Block 13 zur elektronischen Stabilitätssteuerung. Dieser ESC-Block 13 befindet sich in einem Zwischenbereich zwischen dem elektromechanischen Bremskraftverstärker 5 und den Radbremszylindern 14.
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Die Ankoppelung des Servicegeräts 1 erfolgt beispielsweise an ein Bussystem 3 (z.B. Flex-Ray Bussystem) unter Nutzung des Signalstandards dieses Bussystems 3 sowie unter Nutzung von Informationen und Signalen, die über dieses Bussystem 3 zugänglich sind.
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Die Ansteuerung des Kraftfahrzeugbremssystems 2 zur Abarbeitung des erfindungsgemäßen Entlüftungsverfahrens kann dabei erfolgen, indem das Servicegerät 1 über einen Servicestecker 10 an das Bussystem 3 angekoppelt wird oder gegebenenfalls auch direkt mit einer zentralen Steuereinheit 4 des Kraftfahrzeuges verbunden wird. Im Wege der Anbindung des Servicegeräts 1 an die fahrzeugseitige Elektrik wird es dann möglich, über ein im Servicegerät 1 hinterlegtes erfindungsgemäßes Arbeitsprogramm eine Entlüftung des Hydraulik-Kraftfahrzeugbremssystems 2 vorzunehmen.
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Das Servicegerät 1 steuert eine Öffnungssignalgebereinrichtung 1a an, um ein z.B. optisches oder akustisches Öffnungssignal zu generieren, das einen Techniker zur Öffnung einer radseitigen Entlüftungsschraube 9 veranlasst. Das Servicegerät 1 steuert weiterhin eine Schließsignalgebereinrichtung 1b zur Generierung eines Schließsignals an, das einen Techniker zur Schließung der radseitigen Entlüftungsschraube 9 veranlasst. Unter Berücksichtigung der über die Druckmessorgane 8 generierten Signale steuert das Servicegerät 1 den Antrieb 7 des Kolbens 6 derart an, dass während eines Entlüftungsvorganges ein vorgegebener Druck von z.B. 20bar in den Druckleitungen des Bremssystems 2 herrscht.
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Das elektronische Servicegerät 1 ist weiterhin derart ausgelegt, dass bei Abfall des Drucks infolge eines übermäßigen Öffnens der Entlüftungsschraube 9 ein Signal ausgegeben wird, das dem Techniker signalisiert, eine Reduktion des Öffnungsgrades der aktuell geöffneten Entlüftungsschraube 9 vorzunehmen.
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Über das Servicegerät 1 wird weiterhin die Position des Kolbens 6 erkannt. In einer vorgegebenen, vor einer Endstellung liegenden Stellung wird über die Schließsignalausgabeeinrichtung 1b das Schließsignal ausgegeben, das den Techniker veranlasst, die Entlüftungsschraube 9 zu schließen. Das Servicegerät 1 greift hierbei auf die Signale einer Endlagenüberwachung 12 zurück, wobei die Endlage des Kolbens 6 hier beispielhaft über eine Erfassung der Aktivität, z.B. der Drehung einer Motorwelle des elektromechanischen Antriebs 7 ermittelt wird, indem die Motorwellendrehung Eingang in eine Wegberechnung 13 findet.
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Bei dem hier vereinfacht dargestellten Ausführungsbeispiel ist das Servicegerät 1 mit einem Servicestecker 10 versehen, der an einen Anschluss 11 des fahrzeugseitigen Bussystems 3 anschließbar ist. Es sind verschiedenste Ansätze möglich, um letztlich zu einer über das Servicegerät 1 veranlassten Ansteuerung des elektromechanischen Bremskraftverstärkers 5, zu einer Erfassung der Stellung des Kolbens 6, zu einer Erfassung des Systemdruckes und gegebenenfalls zu einer planvollen Ansteuerung des ESC-Blocks 13 zu gelangen. Bevorzugt wird das erfindungsgemäße Konzept umgesetzt, indem zwischen dem Servicegerät 1 und der elektronischen Steuerung 4 ein entsprechender Signaltransfer abgewickelt wird, wobei die elektronische Steuerung 4 hierzu eine Serviceroutine bereithalten kann, die dann die Abarbeitung der erfindungsgemäßen Entlüftungsprozedur zulässt oder unterstützt.
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Die Funktionsweise des erfindungsgemäßen Servicegeräts 1 und das damit bewerkstelligbare erfindungsgemäße Entlüftungsverfahren werden nachfolgend unter Bezugnahme auf 2 beschrieben.
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Zur Abwicklung des erfindungsgemäßen Entlüftungsverfahrens wird das entsprechende Fahrzeug zunächst auf eine Hebebühne gestellt und die Räder werden abgenommen. Anschließend wird das erfindungsgemäße Servicegerät über einen Diagnosestecker mit dem fahrzeugseitigen Bussystem gekoppelt. Der Füllstand der Bremsflüssigkeit wird überprüft, gegebenenfalls kann Bremsflüssigkeit bis zur Fassungsgrenze eingefüllt werden, so dass ein ausreichender Bremsflüssigkeitsvorrat sichergestellt ist. Dann wird das Servicegerät 1 aktiviert. Das Servicegerät 1 arbeitet zunächst autonom eine Entlüftungsroutine für den ESC-Block ab, wobei hierbei bestimmte Ventile im ESC-Block betätigt, insbesondere geöffnet oder geschlossen werden, oder in Zwischenstellungen gebracht werden. Synchron hierzu wird der elektromechanische Bremskraftverstärker angesteuert, so dass dessen Kolben unter Wirkung des elektromechanischen Hilfsantriebs eine Förderung der Bremsflüssigkeit durch den ESC-Block und den Aufbau gewünschter Druckpegel veranlasst. Nach Abschluss dieser Vorroutine übermittelt das Servicegerät ein akustisches Signal für den Begin der Hauptentlüftung. Dann steuert das Servicegerät den elektromechanischen Bremskraftverstärker derart an, dass im Bremssystem ein Solldruck von z.B. 10bar herrscht. Dann erfolgt die Ausgabe eines Öffnungssignals, das den Techniker anweist, eine radseitige Entlüftungsschraube zu öffnen. Möglichst unter Aufrechterhaltung des Solldruckes führt der Kolben des Bremskraftverstärkers Fluid nach. Bei Erreichen einer vorgegebenen Kolbenstellung generiert das Servicegerät ein Schließsignal, das den Techniker veranlasst, die Entlüftungsschraube zu schließen. Der Kolben wird noch weiter verlagert und anhand des sich nunmehr ergebenden Druckanstiegs erkennt das Servicegerät, dass das Entlüftungsventil geschlossen wurde. Nunmehr wird der Kolben zurückgefahren. Bei Erreichen der Ausgangsstellung des Kolbens aktiviert das Servicegerät wiederum den elektromechanischen Bremskraftverstärker, so dass dieser erneut einen im Servicegerät hinterlegten Solldruck aufbaut. Der Techniker erhält wiederum ein Freigabesignal um die Entlüftungsschraube des z.B. nächsten Radbremszylinders leicht zu lösen, um auch dort Fluid abzuleiten. Sobald der Kolben erneut eine vorgegebene Stellung nahe seiner Endstellung erreicht, wird wieder das Schließsignal ausgegeben, das den Techniker veranlasst die Entlüftungsschraube zu schließen. Dieser Zyklus wird zumindest für jeden Radbremszylinder einmal durchlaufen, vorzugsweise erfolgt jedoch die Entlüftung jedes zu einem Radbremszylinder führenden Leitungsabschnitts unter Abarbeitung von wenigstens drei Förderhüben des Kolbens des elektromechanischen Bremskraftverstärkers. Sobald anhand der Druckanstiegscharakteristik nach Schließen der Entlüftungsschrauben erkennbar ist, dass ein bestimmter Entlüftungsgrad erreicht ist, kann das Servicegerät die Abarbeitung einer Prüfungsroutine veranlassen, in deren Rahmen dann die Kompressibilität der im Hydrauliksystem befindlichen Medien ermittelt wird. Das Auswertungsergebnis kann protokolliert werden. Soweit die erfasste Kompressibilität noch auf eine unzureichende Entlüftung schließen lässt, werden über das Servicegerät weitere Entlüftungszyklen gefordert und veranlasst. Das Servicegerät kann hierbei über eine Anzeige oder auch auf akustischem Wege die Öffnung bestimmter Entlüftungsventile fordern, so dass dann, wenn z.B. im Zusammenspiel mit einer Ansteuerung des ESC Blocks erkannt wird, dass sich Luft in einem bestimmten Leitungsabschnitt befindet, die zur Entlüftung dieses Leitungsabschnitts vorgesehene Entlüftungsschraube betätigt wird.
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Anhand der im Rahmen des Entlüftungsverfahrens durch das Servicegerät ermittelten Kompressibilität kann dann über eine Prüfroutine in dem Servicegerät durch einen Prüfschritt festgestellt werden, ob der Entlüftungsvorgang als erfolgreich beendbar bezeichnet werden kann. Soweit dies der Fall ist, erhält der Techniker ein entsprechendes durch das Servicegerät generiertes Signal.
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Das erfindungsgemäße Entlüftungsverfahren kann auch durch ein gegebenenfalls vollständig im fahrzeugseitigen Steuergerät hinterlegtes Programm abgearbeitet werden, wobei hierbei auch bordseitige Ausgabeeinrichtungen, insbesondere bordseitige akustische Ausgabeeinrichtungen genutzt werden können. Die Aktivierung des Programms kann durch Eingabe eines Codes oder Ankoppelung eines elektronischen Schlüssels erfolgen.
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Das erfindungsgemäße Servicegerät kann weiterhin in vorteilhafter Weise so gestaltet sein, dass dieses das Volumen der abgeleiteten Bremsflüssigkeit zumindest näherungsweise ermittelt und den Techniker gegebenenfalls dazu veranlasst, eine Nachfüllung vorzunehmen, wenn die im Vorratsbehälter vorrätige Bremsflüssigkeit aufgebraucht sein könnte.
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Es ist möglich, über das Servicegerät auch eine automatische Nachfüllung der Bremsflüssigkeit in den Vorratsbehälter vorzunehmen, indem beispielsweise über eine durch das Servicegerät angesteuerte Pumpe oder Ventil, Bremsflüssigkeit nachgefördert werden kann. Es ist auch möglich in den Vorratsbehälter einen Nachfüllschlauch einzustecken, wobei der Nachfüllschlauch dann mit einem Anschlusskopf versehen sein kann, der anstelle des Standarddeckels auf den Vorratsbehälter aufgesetzt werden kann. Dieser Anschlusskopf kann über eine eigene Pegelmesseinrichtung verfügen, so dass sichergestellt ist, dass während eines Entlüftungsvorgangs stets ausreichend Fluid saugseitig am Bremskraftverstärker zur Verfügung steht.
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Es ist weiterhin möglich, den Entlüftungsvorgang unter temporärem Einsatz von elektrisch schaltbaren Radzylinder-Entlüftungsventilen abzuwickeln, wobei diese Entlüftungsventile dann über das Servicegerät elektrisch angesteuert werden. Hierdurch wird es möglich, den Befüllungs- und Entlüftungsvorgang vollautomatisiert abzuwickeln. Die elektrisch ansteuerbaren Entlüftungsventile werden dann nach Abschluss des Entlüftungsvorganges wieder gewechselt.
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Die Erfindung wurde vorstehend anhand eines Ausführungsbeispiels und weiterer Abwandlungen näher erläutert. Insbesondere können technische Einzelmerkmale, welche oben im Kontext weiterer Einzelmerkmale erläutert wurden, unabhängig von diesen sowie in Kombination mit weiteren Einzelmerkmalen verwirklicht werden, auch wenn dies nicht ausdrücklich beschrieben ist, solange dies technisch möglich ist. Die Erfindung ist daher ausdrücklich nicht auf die beschriebenen Ausführungsbeispiele und Abwandlungen beschränkt, welche dazu dienen, beispielhaft einen möglichen Weg zur Verwirklichung der Erfindung darzustellen, sondern umfasst alle durch die Patentansprüche definierten Ausgestaltungen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Servicegerät
- 1a
- Öffnungssignalgebereinrichtung
- 1b
- Schließsignalgebereinrichtung
- 2
- Hydraulik-Kraftfahrzeugbremssystem
- 3
- Bussystem
- 4
- Steuereinheit
- 5
- Bremskraftverstärker
- 6
- Kolben
- 7
- Antrieb
- 8
- Druckmessorgane
- 9
- Entlüftungsschraube
- 10
- Servicestecker
- 11
- Anschluss
- 12
- Endlagenüberwachung
- 13
- ESC-Block
- 14
- Radbremszylinder
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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