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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Feingussteils aus einer Zinn-Wismut-Legierung und ein Feingussteil aus einer Zinn-Wismut-Legierung.
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Stand der Technik
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Eines der wesentlichen Qualitätsmerkmale von Feingussteilen stellt die Abbildungsgenauigkeit gegenüber der Urform dar. In diesen Belangen ist die Nutzung von Metallformen für den Guss den klassischen Sand- oder Keramikformen deutlich überlegen. Allerdings ist die Fertigung einer Metallform mit einem signifikanten Zeit- und Kostenaufwand verbunden, so dass deren Anwendung für den Guss von Einzelstücken oder Kleinserien nicht in Frage kommt. Die im sogenannten Prototyping verbreiteten Sand- und Keramikformen führen dagegen oftmals zu einer unzureichenden Abbildungsgenauigkeit der Gussteile, insbesondere hinsichtlich der Oberflächenqualität.
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Einen wachsenden Markt für Bauteile in Klein- oder Kleinstserien stellt der Schiffs- und Flugzeuginnenausbau dar. Neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der Brandschutztechnik haben in jüngerer Vergangenheit zu einer Verschärfung der Brandschutzordnungen im Schiffs- und Flugzeugbau geführt. Die strengeren Reglementierungen verlangen dabei unter anderem, brennbare Baustoffe wie Holz weitestgehend durch nichtbrennbare Werkstoffe zu ersetzen. Einen wesentlichen Anteil der betroffenen Baustoffe bilden hier insbesondere im Luxussegment die Holz- und Kunststoffapplikationen im Innenausbau, wie beispielsweise Zierleisten. Aus diesem Grund herrscht das Bestreben, einen adäquaten Werkstoff zur Substitution der brennbaren Baustoffe für Zier- und Funktionsobjekte im Schiffs- und Flugzeugbau zu finden. Eine Anwendung von Feingussteilen aus konventionellen Legierungen, welche in Sand- oder Keramikformen hergestellt worden sind, scheitert jedoch bisher an den hohen Anforderungen bezüglich Abbildungsgenauigkeit in diesem Segment. Eine Nutzung konventioneller Legierungen im Metallformguss kommt angesichts des nicht zu vertretenden Aufwands gegenüber den geringen Stückzahlen nicht in Betracht. Eine besondere Herausforderung stellt die Herstellung stabförmiger Feingussteile dar, die in konventionellen Gussverfahren üblicherweise am mangelnden Fließvermögen der Schmelze in der Gussform scheitert.
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Vor diesem Hintergrund offenbart
US 2012/0126458 A1 ein Verfahren zur Herstellung einer mikrostrukturierten flexiblen Form, die zur Herstellung von mikrostrukturierten Metallobjekten mittels Gussverfahren verwendet werden kann.
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Darstellung der Erfindung
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Feingussteil mit verbesserter Abbildungsgenauigkeit sowie ein Verfahren zur Herstellung eines Feingussteils mit verbesserter Abbildungsgenauigkeit zur Verfügung zu stellen.
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Diese Aufgabe wird durch das Herstellungsverfahren nach Anspruch 1, das Feingussteil mit den Merkmalen des Anspruchs 6 und die Verwendung der Zinn-Wismut-Legierung gemäß Anspruch 17 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und der folgenden Beschreibung.
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Gemäß dem Gegenstand der Erfindung wird ein Verfahren zur Herstellung eines Feingussteils bereitgestellt, welches die folgenden Verfahrensschritte aufweist:
- - Bereitstellen einer Gussform, die zumindest teilweise aus einem Polymer, vorzugsweise aus einem Silikonelastomer, besteht
- - optional Auftragen eines Trennmittels auf die Innenfläche der Gussform
- - Schmelzen einer Zinn-Wismut-Legierung
- - Überhitzen der Zinn-Wismut-Legierung auf eine Temperatur, die 50 bis 250 °C, bevorzugt 150 bis 250 °C, über dem Schmelzpunkt der Zinn-Wismut-Legierung liegt
- - Vorheizen der Polymergussform auf 50 bis 250 °C und
- - Abguss der Zinn-Wismut-Legierung in die vorgeheizte Polymergussform, wobei vor dem Abguss der Zinn-Wismut-Legierung in die vorgeheizte Polymergussform mindestens ein Strukturelement, bevorzugt aus einem artfremden Material, derart zumindest teilweise in der Polymer-Gussform angeordnet wird, dass es in das entstehende Feingussteil zumindest teilweise eingegossen wird.
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Aufgrund des niedrigen Schmelzpunktes der Zinn-Wismut-Legierung kann die Legierung in Polymerformen, beispielsweise aus Hochtemperatursilikon, vergossen werden. Durch die Verwendung einer Polymer-Gussform wird dabei aufgrund der glatten Oberflächenbeschaffenheit eine außerordentlich hohe Abbildungsqualität erreicht, entsprechend weist das derart hergestellte Feingussteil eine außerordentlich geringe Oberflächenrauheit auf. Zudem können bei der Verwendung eines elastischen Polymers, wie beispielsweise Silikonelastomer, auch leichte Hinterschneidungen am Feingussteil realisiert werden, da das Gussteil vollkommen unproblematisch entformt werden kann, ohne dass dabei die Gussform zerstört werden muss. Durch das Auftragen eines Trennmittels auf die Innenfläche der Gussform wird das Entformen erleichtert. Dementsprechend ergibt sich durch die Verwendung einer Polymer-Gussform eine außerordentliche Flexibilität bei der Formgestaltung des Feingussteils. Zudem resultieren aus dem Einsatz einer Polymer-Gussform für die Herstellung eines Feingussteils aus einer Zinn-Wismut-Legierung noch weitere besonders vorteilhafte synergistische Effekte. Zum einen wirkt sich die nahezu schwindungsfreie Erstarrung der Zinn-Wismut-Legierung positiv auf die Abbildungsgenauigkeit auf, so dass die Urform geometrisch nahezu perfekt reproduziert wird. Zum anderen führt die niedrige Viskosität der Legierung im Zusammenspiel mit der äußerst geringen Wärmeleitfähigkeit der Polymer-Gussform zu einer hohen Fließfähigkeit der Schmelze in der Gussform. Das Überhitzen der Zinn-Wismut-Legierung auf eine Temperatur, die 50 bis 250 °C, bevorzugt 150 bis 250 °C, über dem Schmelzpunkt der Zinn-Wismut-Legierung liegt und das Vorheizen der Polymer-Gussform auf 50 bis 250 °C haben ebenfalls einen positiven Einfluss auf das Formfüllungsvermögen und das Fließvermögen der Schmelze in der Polymer-Gussform.
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Mit Vorteil wird zur Herstellung der Gussform zunächst ein Urmodell, welches der Form des herzustellenden Feingussbauteils im Wesentlichen entspricht, bereitgestellt, indem das Polymer im fließfähigen Zustand auf das Urmodell appliziert wird. Alternativ kann auch das Urmodell in das Polymer im fließfähigen Zustand eingetaucht werden. Anschließend wird das erstarrte Polymer vom Urmodell abgelöst und zumindest teilweise als Gussform verwendet. Mittels dieser Technik kann unter geringem Aufwand eine Gussform für das gewünschte Feingussteil gefertigt werden. Das Urmodell kann beispielsweise durch 3D-Scan einer Vorlage oder auf Basis eines vorhandenen Datensatzes mittels 3D-Druck erzeugt werden. Alternativ kann das Urmodell beispielsweise auch durch konventionelle Techniken wie CNC-Fräsen oder manuelle Modellierung gefertigt werden. Das Urmodell kann ferner auch ein zu substituierendes Bauteil sein.
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Das Verfahren zur Herstellung eines Feingussteils ist insbesondere für die Herstellung von stab- oder leistenförmigen Feingussteilen wie Zierleisten geeignet. Dabei wird in besonders vorteilhafter Weise das hervorragende Formfüllungsvermögen und die verbesserte Fließfähigkeit genutzt, um Feingussteile mit einem Längen-zu-Querschnittverhältnis von mindestens 3 mm-1, bevorzugt mindestens 5 mm-1, besonders bevorzugt mindestens 10 mm-1 herzustellen. Das Längen-zu-Querschnittverhältnis bezieht sich hier jeweils auf die maximale Längenausdehnung des Feingussteils und die maximale Querschnittsfläche, gemessen orthogonal zur maximalen Längenausdehnung.
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Eine Zinn-Wismut-Legierung, die sich aufgrund der Viskosität, Oberflächenspannung und Schmelzpunkttemperatur in besonderer Weise für das Verfahren eignet, besteht aus 40 bis 65 Gew.-% Bi, optional bis zu 3 Gew.-% Cu, optional bis zu 3 Gew.-% Zn, optional bis zu 3 Gew.-% Sb, optional bis zu 3 Gew.-% Ga, optional bis zu 3 Gew.-% In sowie als Rest aus Sn und nicht zu vermeidenden Verunreinigungen .
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Die vorstehend genannte Legierung eignet sich besonders für stab- oder leistenförmige Feingussteile, insbesondere mit einem Längen-zu-Querschnittverhältnis von mindestens 3 mm-1, bevorzugt mindestens 5 mm-1, besonders bevorzugt mindestens 10 mm-1. Derartige Feingussteile können aufgrund ihres vorteilhaften Erscheinungsbildes zur Substitution von Bauteilen wie Zierleisten im Schiffs- und Flugzeugbau verwendet werden. Zudem kann im Bedarfsfall, ähnlich wie bei Thermoplasten, durch leichtes Erwärmen ein Verformen des Feingussteils erfolgen. Mehrere Feingussteile aus der Zinn-Wismut-Legierung können zudem durch Weichlöten sehr gut verbunden werden.
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Bevorzugt weist die Zinn-Wismut-Legierung eines oder mehrere der Legierungselemente Cu, Zn, Sb, Ga und In auf. Diese Legierungselemente bilden in Verbindung mit Zinn und Wismut niedrigschmelzende Legierungen mit niedriger Viskosität, die dementsprechend in Feingussteilen mit hervorragender Abbildungsgenauigkeit resultieren. Eine exzessive Zugabe der genannten Legierungselemente führt allerdings zu einer signifikanten Schmelzpunkterhöhung, so dass die Summe der genannten Legierungselemente 5 Gew.-% vorzugsweise nicht übersteigen sollte.
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Mit Vorteil besteht die Zinn-Wismut-Legierung aus 52 bis 54 Gew.-% Bi sowie als Rest Sn und nicht zu vermeidenden Verunreinigungen oder aus 56 bis 58 Gew.-% Bi sowie als Rest Sn und nicht zu vermeidende Verunreinigungen. Die beiden genannten Zinn-Wismut-Legierungen weisen äußerst geringe Schmelzpunkte auf, die zu einer besonders guten Eignung für das beanspruchte Feingussteil führen.
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Zudem weist das Feingussteil zumindest teilweise eingegossene Strukturelemente, bevorzugt aus einem artfremden Material wie beispielsweise Stahl, auf. Durch derartige Hybridgussteile lassen sich die herausragenden Abbildungseigenschaften der Zinn-Wismut-Legierung mit der strukturellen Festigkeit des eingegossenen Elementes vereinen.
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Unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten des artfremden Strukturelementmaterials und der Sn-Bi-Gussmatrix können unter Umständen zu einer verminderten Bindung zwischen Sn-Bi-Gussmatrix und dem Strukturelement führen. Mit Vorteil weisen die Strukturelemente daher eine Oberflächenbeschichtung zur Verbesserung der Anbindung an die umgebende Sn-Bi-Gussmatrix auf. Für diesen Zweck eigenen sich insbesondere metallische Beschichtungen wie beispielsweise die Verzinnung der Strukturelemente.
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Bevorzugt weist das Feingussteil eine gemittelte Rautiefe Rz von <5 µm, bevorzugt <3 µm, weiter bevorzugt <1 µm auf. Mit einer derartigen Rautiefe wird das Erscheinungsbild des Feingussteils positiv beeinflusst.
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Mit Vorteil weist das Feingussteil zumindest teilweise eine ein- oder mehrlagige Beschichtung auf. Durch die Beschichtung kann einerseits das dekorative Erscheinungsbild nahezu beliebig der gewünschten Anwendung des Feingussteils angepasst werden. Andererseits kann die Beschichtung auch funktionale Eigenschaften des Feingussteils optimieren, beispielsweise durch Verbesserung des Korrosionsschutzes.
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Besonders bevorzugt ist unmittelbar auf dem Feingussteil zumindest teilweise eine Kupfer- oder Silberbeschichtung aufgetragen. Eine derartige Schicht verbessert nachhaltig die Haftung der Gesamtbeschichtung auf dem Feingussteil.
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Unmittelbar auf der Kupfer- oder Silberschicht ist bevorzugt eine Nickelschicht vorgesehen. Diese erhöht insbesondere die Korrosionsbeständigkeit der Gesamtschicht.
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Mit Vorteil enthält oder besteht die äußerste Schicht aus Gold, Silber oder Kupfer. Die Beschichtung des Feingussteils mit den genannten Elementen als äußerste Schicht verleiht dem Feingussteil eine besonders ansprechende Optik.
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Bevorzugte Ausführungsform
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Weitere Merkmale und Möglichkeiten der Umsetzung der vorliegenden Erfindung sind aus der folgenden Beschreibung der bevorzugten Ausführungsform ersichtlich.
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Zur Herstellung der bevorzugten Ausführungsform werden zunächst zwei Komponenten eines additionsvernetzenden Hochtemperatursilikons vermischt und in ein Rahmengehäuse gefüllt. Ein zu substituierendes Zierobjekt aus Holz, welches die Urform darstellt, wird anschließend derart fixiert, dass es zumindest teilweise in das Hochtemperatursilikon eintaucht. Nach dem Abbinden des Silikons wird das Silikon von der Urform gelöst und zur Stabilisation in einen mit Sand gefüllten Kasten eingesetzt. Zwecks Entformen und Schaffung eines Gusseinfüllstutzens kann das Silikon nachbearbeitet werden. Je nach Form der Urform kann auch ein Auftrennen der Silikongussform notwendig sein. Die entstehende Silikongussform wird innen mit einem Trennmittel bestrichen und auf eine Temperatur zwischen 150°C bis 200°C aufgeheizt. Die gewünschte Legierungszusammensetzung wird über Zusammenstellung von Reinstoffen oder Vorlegierungen gemäß der vorab erfolgten Gattierungsrechnung erzielt, die nachfolgend in einem widerstandsbeheizten Ofen aufgeschmolzen werden. Die Legierungsschmelze wird auf eine Temperatur in einem Bereich von 100°C bis 150°C über dem Schmelzpunkt erhitzt und in die Gussform abgegossen. Nach dem Erstarren wird das Feingussteil aus der Silikonform gelöst und mit einem organischen Entfettungsmittel wie Aceton gereinigt. Anschließend wird das Feingussteil galvanisch beschichtet, bevorzugt wird dabei zunächst eine Haftvermittlerschicht wie beispielsweise Kupfer (alkalisch) oder Silber (cyanidisch) abgeschieden. Auf diese erste Schicht kann grundsätzlich jedes Metall galvanisch aufgebracht werden, bevorzugt wird jedoch zunächst eine Nickelschicht und als abschließende äußerste Schicht eine Goldschicht aufgebracht. Alternativ können statt der Galvanik auch Techniken wie Lackieren oder PVD/CVD zur Beschichtung des Feingussteils zum Einsatz kommen. Abschließend wird das Feingussteil auf Spiegelhochglanz poliert.