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Die Erfindung betrifft eine wiederverwendbare Gussform (Dauergussform) zur Herstellung metallischer Gussbauteile, wobei die Gussform wenigstens einen Schieber zur Ausbildung eines Hinterschnitts in den herzustellenden Gussbauteilen aufweist.
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Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung eines metallischen Gussbauteils (Gießverfahren) und einen mittels Gießen hergestellten metallischen Planetenradträger für ein Planetengetriebe.
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Bevorzugt handelt es sich bei der betreffenden Gussform um eine Druckgussform für das Druckgießen oder um eine Kokille für das Kokillengießen.
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Beim Druckgießen wird flüssige Metallschmelze unter hohem Druck in eine Druckgussform gedrückt, wo sie dann zu einem Druckgussbauteil erstarrt. Das Druckgießen erfolgt auf einer Druckgießmaschine, in der die Druckgussform eingebaut ist. Kurze Zykluszeiten und die wiederverwendbare Druckgussform ermöglichen wirtschaftliche Produktionsbedingungen.
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Beim Kokillengießen wird flüssige Metallschmelze in eine als Kokille bezeichnete Dauergussform gegossen, wo sich diese infolge von Schwerkraftwirkung verteilt und zu einem Gussbauteil erstarrt. Das Kokillengießen ermöglicht bei (im Vergleich zum Druckguss) geringeren Form- bzw. Werkzeugkosten eine hohe Gießleistung.
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Sowohl beim Druckgießen als auch beim Kokillengießen können in den Gussbauteilen auszubildende Hinterschnitte (hierzu zählen gegebenenfalls auch einseitig offene Hohlräume), die ein Entformen des Gussbauteils unmöglich machen würden, mithilfe wenigstens eines zur Gussform gehörenden Schiebers erzeugt werden. Der Schieber wird vor dem Abgießen in die Kavität der Gussform ausgefahren und nach dem Erstarren der Metallschmelze wieder eingefahren bzw. zurückgezogen, bevor das Gussbauteil dann entformt wird.
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Typischerweise sind die mittels Schieber in einem Gussbauteil auszubildenden Hinterschnitte mit Ausziehschrägen (Formschrägen) gestaltet, um ein problemloses Herausziehen bzw. Zurückziehen der formgebenden Schieber zu ermöglichen. Diese Ausziehschrägen stehen teilweise im Widerspruch zu konstruktiven Bauteilvorgaben, weswegen die Gussbauteile gegebenenfalls spanend nachbearbeitet werden müssen oder von vornherein andere Herstellverfahren gewählt werden.
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Die Erfindung möchte hier Abhilfe schaffen.
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Dies gelingt mit einer erfindungsgemäßen Gussform entsprechend dem Patentanspruch 1. Mit nebengeordneten Patentansprüchen erstreckt sich die Erfindung ferner auf ein erfindungsgemäßes Verfahren (Gießverfahren) zur Herstellung eines metallischen Gussbauteils unter Verwendung der erfindungsgemäßen Gussform und auf einen metallischen Planetenradträger für ein Planetengetriebe, der mit der erfindungsgemäßen Gussform und/oder mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt ist. Bevorzugte Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich analog für alle Erfindungsgegenstände aus den abhängigen Patentansprüchen, der nachfolgenden Beschreibung und den Figuren.
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Die erfindungsgemäße Gussform zeichnet sich dadurch aus, dass der Schieber (d. h. wenigstens einer der Schieber) zweiteilig mit einem ersten Teilschieber und einem zweiten Teilschieber ausgebildet ist und die Teilschieber beim Zurückziehen bzw. Einfahren separat, d. h. getrennt voneinander, mit gegensätzlichen Schrägrichtungen bewegbar sind.
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Unter einer Schrägrichtung wird eine Bewegungsrichtung verstanden, die in Bezug auf eine Normalrichtung, in der ein herkömmlicher einteiliger Schieber bewegt würde, schräg ist, wobei bevorzugt nur wenige Winkelgrad (bspw. < 10°, bevorzugt < 5°) an Schrägstellung vorgesehen sind. Durch das schräge Zurückziehen wird ein einfaches Ablösen bzw. Herauslösen der Teilschieber aus dem im Gussbauteil erzeugten Hinterschnitt ermöglicht. Anstelle von Ausziehschrägen am bzw. im Gussbauteil werden die Teilschieber durch eine geeignete Kinematik (wie nachfolgend noch näher erläutert) schräg bewegt, so dass der Hinterschnitt am Gussbauteil frei von Ausziehschrägen ist. Die erfindungsgemäße Lösung ist bauraumneutral und führt auch zu keiner nennenswerten Erhöhung der Taktzeit.
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Bei der erfindungsgemäßen Gussform handelt es sich bevorzugt um eine Kokille und insbesondere um eine Druckgussform. Bei dem herzustellenden Gussbauteil handelt es sich vorzugsweise um ein Leichtmetall-Gussbauteil und insbesondere um ein Aluminium-Druckgussbauteil.
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Der erste Teilschieber und der zweite Teilschieber können mit korrespondierenden Schrägflächen ausgebildet sein, auf denen die beiden Teilschieber beim Zurückziehen bzw. Einfahren (und auch beim Ausfahren) aufeinander bzw. gegeneinander abgleiten können. Ferner können der erste Teilschieber und der zweite Teilschieber mittels einer an diesen Schrägflächen ausgebildeten Linearführung, insbesondere einer Schwalbenschwanzführung (Keilführung), verbunden sein.
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Bevorzugt weist die erfindungsgemäße Gussform separate Antriebe, insbesondere Hydraulikzylinder, für den ersten Teilschieber und den zweiten Teilschieber auf.
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Bevorzugt ist die erfindungsgemäße Gussform zur Herstellung von metallischen Planetenradträgern ausgebildet, die sich radial nach außen erstreckende Taschen (Planetenradtaschen) für die Planetenräder aufweisen, wobei die Taschen durch radial bewegbare und erfindungsgemäß zweiteilig ausgebildete Schieber erzeugt werden bzw. erzeugbar (ausbildbar) sind.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines Gussbauteils unter Verwendung einer erfindungsgemäßen Gussform weist zumindest die folgenden Schritte auf:
- – Schließen der Gussform und Ausfahren des (wenigstens einen) zweiteiligen Schiebers;
- – Füllen der Kavität mit Metallschmelze, wobei der Schieber umgossen wird;
- – Abwarten der Erstarrung (Abkühlphase);
- – Zurückziehen bzw. Einfahren des zweiteiligen Schiebers, wobei zunächst der erste Teilschieber zurückgezogen und dabei in einer Schrägrichtung aus dem erzeugten Hinterschnitt herausgelöst wird und dann erst der zweite Teilschieber zurückgezogen und dabei in einer (zur Schrägrichtung beim Zurückziehen des ersten Teilschiebers) gegensätzlichen Schrägrichtung aus dem erzeugten Hinterschnitt herausgelöst wird;
- – Öffnen der Gussform und Entnahme des Gussbauteils.
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Beim Ausfahren können die beiden Teilschieber des Schiebers gemeinsam verfahren bzw. bewegt werden, um Zeit einzusparen.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren handelt es sich bevorzugt um ein Druckgussverfahren, welches unter Verwendung einer erfindungsgemäß ausgebildeten Druckgussform ausgeführt wird.
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Der erfindungsgemäße Planetenradträger ist mit einer erfindungsgemäßen Gussform und/oder mit einem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt und weist mehrere sich radial nach außen erstreckende Taschen bzw. Planetenradtaschen für die Planetenräder auf, wobei diese Taschen (ohne spanende Nachbearbeitung bzw. nachbearbeitungsfrei) mit parallelen bzw. flächenparallelen Anlageflächen für die Planetenräder bzw. deren Anlaufscheiben ausgebildet sind. Bevorzugt ist der Planetenradträger aus einer Aluminiumlegierung gebildet. Insbesondere handelt es sich um ein Druckgussteil bzw. Druckgussbauteil, vorzugsweise aus einer Aluminium-Druckgusslegierung.
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Die Erfindung wird nachfolgend beispielhaft und in nicht einschränkender Weise mit Bezug auf die Figuren näher erläutert. Die in den Figuren gezeigten und/oder nachfolgend erläuterten Merkmale können, auch losgelöst von konkreten Merkmalskombinationen, allgemeine Merkmale der Erfindung sein und die Erfindung weiterbilden.
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1 zeigt einen durch Druckgießen hergestellten Planetenradträger für ein Planetengetriebe.
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2 zeigt einen Schieber für die Ausbildung einer Planetenradtasche am Planetenradträger der 1 beim Druckgießen.
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3 veranschaulicht das Zurückziehen des Schiebers aus 2 nach dem Druckgießen.
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1a zeigt in einer perspektivischen Ansicht einen Planetenradträger 100 für ein Planetengetriebe, wobei es sich um ein Druckgussbauteil aus einer Aluminium-Druckgusslegierung handelt. Der Planetenradträger 100 weist beispielhaft vier Planetenradtaschen 110 auf, in denen die Planetenräder angeordnet und durch Zapfen befestigt werden. Die Planetenräder werden mittels beidseitig angeordneter Anlaufscheiben zu den axialen Innenflächen 111 und 112 der Taschen 110 beabstandet. Um einen flächigen Anlagekontakt zwischen den Anlaufscheiben und den axialen Innenflächen 111 und 112 zu gewährleisten, müssen diese Innenflächen 111 und 112 eben und zueinander flächenparallel sein (nicht-parallele Innenflächen 111 und 112 bewirken einen linienförmigen Anlagenkontakt, was zum Mitdrehen der Anlaufscheiben und zu deren Zerstörung führen kann).
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Bei den Innenflächen 111 und 112 handelt es sich demnach um Funktionsflächen. Typischerweise werden die axialen Innen- bzw. Anlageflächen 111 und 112 daher in einem dem Druckgießen nachfolgenden Bearbeitungsschritt spanend überarbeitet. Bei dieser spanenden Überarbeitung werden auch die Ausziehschrägen für die beim Druckgießen verwendeten Schieber abgetragen.
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1b zeigt den Planetenradträger 100 in einer Schnittansicht, worin sehr gut die flächenparallele Ausbildung der Anlageflächen 111 und 112 erkennbar ist. Mit L ist die Längs- bzw. Drehachse des Planetenradträgers 100 bezeichnet. Die axialen Anlageflächen 111 und 112 erstrecken sich senkrecht zur Achsrichtung L.
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Die Erfindung ermöglicht die gießende Herstellung des Planetenradträgers 100 mit flächenparallelen Anlageflächen 111 und 112, ohne dass die Taschen 110 nach dem Gießen einer weiteren mechanischen bzw. spanenden Bearbeitung unterzogen werden müssen.
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Zu diesem Zweck weist die erfindungsgemäße Druckgussform (wobei es sich prinzipiell auch um eine Kokille handeln könnte) zweiteilige Schieber auf, wie aus 2 ersichtlich. 2 zeigt in einer perspektivischen Ansicht und in einer Schnittansicht einen zweiteiligen Schieber 210 zur Ausbildung einer Tasche 110 am herzustellenden Planetenradträger 100. Der Schieber 210 ist radial beweglich in der beweglichen oder auch festen Formhälfte einer im Weiteren nicht gezeigten Druckgussform gelagert und mechanisch gesichert. Die Druckgussform umfasst weitere im Wesentlichen identisch ausgebildete Schieber 210 zur Ausbildung der anderen Taschen 110. Der Schieber 210 weist einen ersten Teilschieber 211 und einen zweiten Teilschieber 212 auf, die mittels separater Schieberantriebe (in der Regel Hydraulikzylinder) getrennt bewegbar sind.
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Die beiden Teilschieber 211 und 212 können auch als Schieberpaar bezeichnet werden (je Planetenradtasche 110 ist ein gemeinsames Schieberpaar 211/212 erforderlich). Die Teilschieber 211 und 212 sind mit korrespondierenden Schrägflächen 213 und 214 ausgebildet, auf denen die Teilschieber 211 und 212 aufeinander abgleiten können (Prinzip einer schiefen Ebene). Ferner sind die Teilschieber 211 und 212 durch eine an den Schrägflächen 213 und 214 ausgebildete Linearführung 215 in Gestalt einer Schwalbenschwanzführung miteinander linearverschieblich verbunden bzw. linear gekoppelt. Gemäß ihrer beispielhaft in 2 gezeigten Lage können die Teilschieber 211 und 212 auch als oberer Schieber bzw. Teilschieber und unterer Schieber bzw. Teilschieber bezeichnet werden.
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2 zeigt den Schieber 210 in ausgefahrener Stellung. Damit der Planetenradträger 100 nach dem Abgießen und Erstarren der Metallschmelze aus der Druckgussform entformt werden kann, muss der Schieber 210 wieder eingefahren bzw. zurückgezogen werden (gemäß Darstellung nach links). Dies geschieht in zwei Stufen. Zunächst wird der erste bzw. obere Teilschieber 211 zurückgezogen, der dabei schräg auf dem zweiten bzw. unteren feststehenden Teilschieber 212 abgleitet, sich dabei aus der Planetenradtasche 110 herauslöst und die obere Hälfte der Planetenradtasche 110 entformt. Diese Bewegung des ersten Teilschiebers 211 ist in 2b durch den Pfeil A veranschaulicht. In Bezug auf eine Normalrichtung N (senkrecht zur Längsachse L), in der ein herkömmlicher einteiliger Schieber bewegt werden würde, verläuft die Bewegungsrichtung A schräg (Schrägrichtung). Die seitlichen Tascheninnenflächen 113 und 114 bilden aufgrund ihrer radialen Ausrichtung Ausziehschrägen.
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3a zeigt in einer Schnittansicht den zurückgezogenen ersten Teilschieber 211, wobei sich der zweite Teilschieber 212 noch in der Tasche 110 befindet. Ausgehend von dieser Schieberstellung fahren die beiden Teilschieber 211 und 212 nun gemeinsam zurück, wie in 2b und 3a durch die Pfeile B veranschaulicht, wobei sich der untere Teilschieber 212 aus der Planetenradtasche 110 herauslöst und die untere Hälfte der Planetenradtasche 110 entformt. Die beiden Teilschieber 211 und 212 werden dabei bezüglich der ersten Schrägrichtung A in eine entgegengesetzte bzw. gegensätzliche zweite Schrägrichtung B bewegt. Beim Zurückziehen werden die beiden Teilschieber 211 und 212 somit mit gegensätzlichen Schrägrichtungen bzw. Entformungsrichtungen A und B bewegt. Streng genommen kreuzen sich die Entformungsrichtungen A und B (d. h. sich kreuzende Entformungsrichtungen).
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3b zeigt in einer Schnittansicht beide Teilschieber 211 und 212 in zurückgezogener bzw. eingefahrener Stellung. Der Planetenradträger 100 kann nun entformt werden. Nach dem Entformen des Planetenradträgers 100 behalten die Planetenradtaschen 110 ihren rohgegossenen bzw. originären Zustand (d. h. keine weitere spanende Bearbeitung), wobei alle Tascheninnenflächen druckgusstypisch eine hohe Oberflächenqualität aufweisen.
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Zur Durchführung eines weiteren Gießdurchlaufs werden die beiden Teilschieber 211 und 212 ausgehend von der in 3b gezeigten Stellung wieder in die Kavität ausgefahren. Hierbei können die beiden Teilschieber 211 und 212 gemeinsam bewegt werden, bspw. mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, oder getrennt voneinander bewegt werden, wobei dann zuerst der zweite bzw. untere Teilschieber 212 und dann erst der obere Teilschieber 211 ausgefahren wird.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Planetenradträger (Gussteil)
- 110
- Planetenradtasche (Hinterschnitt)
- 111
- axiale Innenfläche, Anlagefläche
- 112
- axiale Innenfläche, Anlagefläche
- 113
- radiale Innenfläche
- 114
- radiale Innenfläche
- 210
- Schieber
- 211
- erster Teilschieber
- 212
- zweiter Teilschieber
- 213
- Schrägfläche
- 214
- Schrägfläche
- 215
- Linearführung
- A
- erste Schrägrichtung
- B
- zweite Schrägrichtung
- N
- Normalrichtung
- L
- Längsachse