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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine entsprechende Steuereinheit zur Bereitstellung von automatischen Fahrfunktionen in einem Fahrzeug mit hoher funktionaler Sicherheit.
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Fahrzeuge werden in Zukunft automatische Fahrfunktionen umfassen, die in autonomer Weise die Längs- und die Querführung eines Fahrzeugs übernehmen können. Der Fahrer eines Fahrzeugs mit automatischer Fahrfunktion (auch als autonome Fahrfunktion bezeichnet) wird nicht mehr dafür verantwortlich sein, das Umfeld des Fahrzeugs kontinuierlich zu überwachen. Der Fahrer wird lediglich in Reaktion auf eine Übernahmeaufforderung des Fahrzeugs in einem bestimmten Übernahme-Zeitraum die Fahraufgabe von dem Fahrzeug übernehmen müssen. Während der Ausführung der automatischen Fahrfunktion wird der Fahrer sich mit anderen Dingen beschäftigen können, und wird nicht die automatische Fahrfunktion überwachen müssen.
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Derartige automatische Fahrfunktionen müssen eine (hohe) funktionale Sicherheit aufweisen, d. h. es muss sichergestellt werden, dass durch die automatische Fahrfunktion nicht vertretbare Risiken für den Straßenverkehr vermieden werden. In diesem Zusammenhang sind in der ISO Norm 26262 Verfahren beschrieben, mit denen Fahrerassistenzsysteme und somit auch automatische Fahrfunktionen zu entwickeln und herzustellen sind, bzw. es sind Anforderungen an derartige Fahrerassistenzsysteme beschrieben, um eine hohe funktionale Sicherheit des Fahrerassistenzsystems (und insbesondere der automatischen Fahrfunktion) zu gewährleisten. Automatische Fahrfunktionen können je nach funktionaler Sicherheit einer bestimmten ASIL (Automotiv Security Integrity Level) Kategorie zugeordnet werden. Die ASIL Kategorie entspricht einer Risikoeinstufung der bewerteten Fehlfunktion in einer bestimmten Situation. Abhängig von der ASIL-Einstufung beschreibt die ISO 26262 erforderliche Maßnahmen für die sicherheitsgerichtete Entwicklung, um das Risiko einer kritischen Fehlfunktion auf ein vertretbares Maß zu reduzieren.
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Das vorliegende Dokument befasst sich mit der technischen Aufgabe in kosteneffizienter Weise eine automatische Fahrfunktion mit einer hohen funktionaler Sicherheit (z. B. mit einer bestimmten ASIL Kategorie) bereitzustellen.
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Die Aufgabe wird durch die unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen werden u. a. in den abhängigen Ansprüchen beschrieben.
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Gemäß einem Aspekt wird ein Verfahren zur Bereitstellung einer automatischen Fahrfunktion in einem Fahrzeug beschrieben. Die automatische Fahrfunktion umfasst dabei die Längs- und die Querführung des Fahrzeugs. Typischerweise wird vor Abbruch bzw. Degradation der automatischen Fahrfunktion eine Übernahmeaufforderung an einen Fahrer des Fahrzeugs generiert, um den Fahrer des Fahrzeugs aufzufordern, die Aufmerksamkeit wieder auf das Verkehrsgeschehen zu richten und (ggf. nach Ablauf eines Übernahme-Zeitraums) die Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs zumindest teilweise wieder manuell durchzuführen.
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Das Verfahren umfasst das Ermitteln eines Grades der Aufmerksamkeit des Fahrers des Fahrzeugs. Dies erfolgt während der Ausführung der automatischen Fahrfunktion. Ein steigender Grad der Aufmerksamkeit kann dabei anzeigen bzw. ein Indiz dafür sein, dass eine Anteilnahme des Fahrers an einer Fahraufgabe des Fahrzeugs steigt (und umgekehrt). Mit anderen Worten, ein relativ hoher Grad der Aufmerksamkeit kann anzeigen, dass der Fahrer des Fahrzeugs zu einem relativ hohen Grad die aktuelle Verkehrssituation erfasst (und umgekehrt). Mit noch anderen Worten, ein relativ hoher Grad der Aufmerksamkeit kann anzeigen, dass der Fahrer einen relativ kurzen Übernahme-Zeitraum benötigen wird, um die Fahraufgabe von der automatischen Fahrfunktion zu übernehmen (und umgekehrt).
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Das Ermitteln eines Grades der Aufmerksamkeit des Fahrers kann das Ermitteln von Aufmerksamkeitsdaten von ein oder mehreren Aufmerksamkeitssensoren des Fahrzeugs umfassen. Die ein oder mehreren Aufmerksamkeitssensoren können z. B. eine Bildkamera umfassen, die eingerichtet ist, Bilddaten bezüglich eines Kopfes des Fahrers, insbesondere bezüglich des Gesichtes und/oder bezüglich der Augen des Fahrers, zu erfassen. Alternativ oder ergänzend können die ein oder mehreren Aufmerksamkeitssensoren einen Berührungssensor umfassen, der eingerichtet ist, eine Berührung einer Lenkvorrichtung (z. B. eines Lenkrades) des Fahrzeugs durch den Fahrer zu erfassen. Der Grad der Aufmerksamkeit kann dann in Abhängigkeit von den Aufmerksamkeitsdaten ermittelt werden.
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Das Verfahren umfasst weiter das Vergleichen des Grades der Aufmerksamkeit mit einem Aufmerksamkeits-Schwellenwert. Dabei kann der Aufmerksamkeits-Schwellenwert (insbesondere die Höhe des Aufmerksamkeits-Schwellenwertes) von ein oder mehreren Eigenschaften der ein oder mehreren Umfeldsensoren des Fahrzeugs abhängen, die dazu verwendet werden, Umfelddaten für die Ausführung der automatischen Fahrfunktion zu erfassen. Eine beispielhafte Eigenschaft ist z. B. eine örtliche Auflösung der erfassten Umfelddaten und/oder eine Reichweite der erfassten Umfelddaten (insbesondere in Fahrtrichtung vor dem Fahrzeug). Typischerweise sinkt der Aufmerksamkeits-Schwellenwert mit verbesserten Eigenschaften (wie z. B. mit höherer Reichweite und/oder höherer Auflösung), und umgekehrt.
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Das Verfahren umfasst weiter das Generieren einer Übernahmeaufforderung zur manuellen Übernahme durch den Fahrer, wenn der Grad der Aufmerksamkeit kleiner als oder gleich wie der Aufmerksamkeits-Schwellenwert ist. Dabei kann die Übernahmeaufforderung eine optische und/oder akustische Ausgabe an den Fahrer des Fahrzeugs umfassen.
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Wenn erkannt wird, dass der Fahrer einen relativ geringen Grad der Aufmerksamkeit aufweist, kann somit die automatische Fahrfunktion degradiert bzw. abgebrochen werden. So kann gewährleistet werden, dass die automatische Fahrfunktion auch bei beschränkten Eigenschaften der Umfeldsensoren des Fahrzeugs (und damit verbundenen reduzierten Kosten) mit einem hohen Grad an funktionaler Sicherheit (insbesondere mit einer hohen ASIL Kategorie) bereitgestellt werden kann.
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Wie bereits oben dargelegt, wird die Übernahmeaufforderung typischerweise um einen Übernahme-Zeitraum vor Abbruch der automatischen Fahrfunktion generiert. Dabei kann der Übernahme-Zeitraum (d. h. die zeitliche Länge des Übernahme-Zeitraums) von dem Aufmerksamkeits-Schwellenwert (d. h. von der Höhe des Aufmerksamkeits-Schwellenwerts) abhängen. Typischerweise steigt der Übernahme-Zeitraum mit sinkendem Aufmerksamkeits-Schwellenwert, bzw. umgekehrt. Der maximal mögliche Übernahme-Zeitraum hängt dabei meist von den Eigenschaften der ein oder mehreren Umfeldsensoren ab, wobei mit sinkender Güte der Eigenschaften (z. B. mit sinkender Reichweite bzw. Auflösung) typischerweise der maximal mögliche Übernahme-Zeitraum sinkt. Dies erfordert dann meist die Verwendung eines höheren Aufmerksamkeits-Schwellenwertes.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird eine Steuereinheit für ein Fahrzeug (insbesondere für ein Straßenfahrzeug) beschrieben. Die Steuereinheit ist eingerichtet, zu veranlassen, dass eine automatische Fahrfunktion des Fahrzeugs ausgeführt wird, welche die Längs- und die Querführung des Fahrzeugs umfasst (und welche somit für die Längs- und die Querführung des Fahrzeugs keinen manuellen Eingriff des Fahrers des Fahrzeugs erfordert). Die Steuereinheit ist weiter eingerichtet, einen Grad der Aufmerksamkeit des Fahrers des Fahrzeugs zu ermitteln, und zu veranlassen, dass eine Übernahmeaufforderung zur manuellen Übernahme generiert wird, wenn der Grad der Aufmerksamkeit kleiner als oder gleich wie ein Aufmerksamkeits-Schwellenwert ist.
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Die Steuereinheit kann insbesondere eine Funktionslogik-Einheit umfassen, die eingerichtet ist, zu veranlassen, dass die automatische Fahrfunktion des Fahrzeugs ausgeführt wird. Desweiteren kann die Steuereinheit eine Aufmerksamkeitslogik-Einheit umfassen, die eingerichtet ist, den Grad der Aufmerksamkeit zu ermitteln, und zu veranlassen, dass eine Übernahmeaufforderung zur manuellen Übernahme generiert wird. Dabei umfassen die Funktionslogik-Einheit und die Aufmerksamkeitslogik-Einheit bevorzugt separate Hardware und Software bzw. separate Hardware- und Software-Partitionen. Durch die Bereitstellung von einer Aufmerksamkeitslogik-Einheit, die separate von der Funktionslogik-Einheit ist, können separate Anforderung in Bezug auf funktionale Sicherheit für die reine Ausführung der automatischen Fahrfunktion und für die Aufmerksamkeitsabhängige Degradation der automatischen Fahrfunktion gestellt und umgesetzt werden. Insgesamt kann so eine automatische Fahrfunktion mit hoher funktionaler Sicherheit in Kosten-effizienter Weise bereitgestellt werden.
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Die Aufmerksamkeitslogik-Einheit kann eingerichtet sein, die Funktionslogik-Einheit darüber zu informieren, dass veranlasst wurde, eine Übernahmeaufforderung zur manuellen Übernahme zu generieren. Die Funktionslogik-Einheit kann daraufhin (ggf. nach Ablauf des Übernahme-Zeitraums) die automatische Fahrfunktion degradieren bzw. abbrechen.
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Die Funktionslogik-Einheit kann eingerichtet sein, Umfelddaten von ein oder mehreren Umfeldsensoren des Fahrzeugs zu empfangen. Desweiteren kann die Funktionslogik-Einheit eingerichtet sein, ein oder mehrere Längs- und Querführungs-Aktuatoren des Fahrzeugs in Abhängigkeit von den Umfelddaten anzusteuern, um die automatische Fahrfunktion auszuführen. Die Aufmerksamkeitslogik-Einheit kann eingerichtet sein, Aufmerksamkeitsdaten von ein oder mehreren Aufmerksamkeitssensoren des Fahrzeugs zu empfangen. Außerdem kann die Aufmerksamkeitslogik-Einheit eingerichtet sein, eine Eingabe/Ausgabe-Einheit des Fahrzeugs in Abhängigkeit von den Aufmerksamkeitsdaten zu veranlassen, die Übernahmeaufforderung zu generieren.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Fahrzeug (insbesondere ein Straßenfahrzeug z. B. ein Personenkraftwagen, ein Lastkraftwagen oder ein Motorrad) beschrieben, das die in diesem Dokument beschriebene Steuereinheit umfasst.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor (z. B. auf ein oder mehreren Steuergeräten eines Fahrzeugs) ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Desweiteren können jegliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtung und Systemen in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden.
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Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigen
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1 eine beispielhafte Fahrsituation;
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2 beispielhafte Komponenten eines Fahrzeugs;
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3a und 3b beispielhafte Wirkketten für die Bereitstellung einer automatischen Fahrfunktion; und
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4 ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zur Bereitstellung einer automatischen Fahrfunktion.
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Wie eingangs dargelegt, befasst sich das vorliegende Dokument mit der effizienten Bereitstellung von automatischen Fahrfunktionen für ein Fahrzeug, die einen vordefinierten (typischerweise hohen) Grad an funktionaler Sicherheit aufweisen.
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1 zeigt eine beispielhafte Fahrsituation, bei der ein Fahrzeug 100 (auch als Ego-Fahrzeug bezeichnet) auf einer Fahrbahn 103 fährt. Das Fahrzeug 100 kann eingerichtet sein, eine autonome Fahrfunktion auszuführen, bei der die Längs- und die Querführung des Fahrzeugs 100 entlang der Fahrbahn 103 in autonomer Weise durch das Fahrzeug 100 selbst und ohne Eingriff durch einen Fahrer des Fahrzeugs 100 durchgeführt wird. Der Fahrer muss dabei die Durchführung der autonomen Fahrfunktion nicht überwachen und kann seine Aufmerksamkeit vom Verkehr und von der Fahrbahn 103 abwenden.
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2 zeigt beispielhafte Komponenten eines Fahrzeugs 100. Das Fahrzeug 100 umfasst eine Steuereinheit 200, die eingerichtet ist, eine autonome Fahrfunktion bereitzustellen. Insbesondere ist die Steuereinheit 200 eingerichtet, die Umfelddaten von ein oder mehreren Umfeldsensoren 201 des Fahrzeugs 100 zu empfangen und auszuwerten. Die Umfeldsensoren 201 können eine Kamera, einen Radarsensor, einen Ultraschalsensor, einen LIDAR-Sensor, etc. umfassen. Anhand der Umfelddaten kann z. B. der Verlauf der Fahrbahn 103 ermittelt werden. Desweiteren können anhand der Umfelddaten ein oder mehrere Objekte 101, 102 (z. B. ein Hindernis 101 auf der Fahrbahn 103 und/oder ein anderes Fahrzeug 102) im Umfeld des Fahrzeugs 100 detektiert werden.
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Die Steuereinheit 200 ist weiter eingerichtet, ein oder mehrere Aktuatoren 204 (z. B. einen Antriebsmotor des Fahrzeugs 100, eine Bremse des Fahrzeugs 100, eine Lenkung des Fahrzeugs 100, etc.) zu veranlassen, das Fahrzeug 100 längs und/oder quer zu führen. Insbesondere kann so das Fahrzeug 100 von der Steuereinheit 200 unter Berücksichtigung der detektierten Objekte 101, 102 automatisch entlang der Fahrbahn 103 geführt werden.
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Die Steuereinheit 200 kann weiter eingerichtet sein, bei Durchführung einer automatischen Fahrfunktion auf Basis der Umfelddaten zu bestimmen, dass eine Fahrsituation vorliegt, die durch das Fahrzeug 100 nicht in autonomer Weise durchgeführt werden kann. Die Steuereinheit 200 kann daraufhin eine Eingabe/Ausgabe-Einheit 203 des Fahrzeugs 100 veranlassen, eine Übernahmeaufforderung (auf English Take Over Request, TOR) an den Fahrer des Fahrzeugs 100 auszugeben. Beispielsweise kann ein optisches und/oder akustisches Signal generiert werden, um den Fahrer des Fahrzeugs 100 aufzufordern, die Läng- und/oder Querführung des Fahrzeugs 100 zu übernehmen. Der Fahrer hat dann einen vordefinierten Übernahme-Zeitraum für die manuelle Übernahme des Fahrzeugs 100. Die automatische Fahrfunktion wird typischerweise nach Ablauf des vordefinierten Übernahme-Zeitraums deaktiviert bzw. degradiert.
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Es ist zu erwarten, dass mit zunehmenden Grad der Automatisierung des Fahrzeugs 100 ein Grad der Aufmerksamkeit des Fahrers auf den Verkehr sinken wird. Folglich ist zu erwarten, dass auch der erforderliche Übernahme-Zeitraum für eine manuelle Übernahme durch den Fahrer mit zunehmendem Grad der Automatisierung des Fahrzeugs 100 steigen wird. Es ist somit für die Bereitstellung von (hoch-)automatischen Fahrfunktionen erforderlich, dass die Steuereinheit 200 des Fahrzeugs 100 bereits sehr frühzeitig kritische Fahrsituationen detektieren kann, die eine manuelle Übernahme durch den Fahrer erfordern. Dies erfordert die Verwendung von Umfeldsensoren 201, die einen größeren Bereich des Umfelds (in Fahrtrichtung vor dem Fahrzeug 100) erfassen können, und/oder die Verwendung von einer erhöhten Anzahl von Umfeldsensoren 201. Eine Erhöhung des Grades der Automatisierung des Fahrzeugs 100 führt somit zu einer substantiellen Erhöhung der Kosten des Fahrzeugs 100.
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Um dennoch (hoch-)automatische Fahrfunktionen in Kosten-effizienter Weise bereitstellen zu können, kann die Aufmerksamkeit des Fahrers in der Wirkkette für die Bereitstellung einer automatischen Fahrfunktion berücksichtigt werden. Das Fahrzeug 100 kann zu diesem Zweck ein oder mehrere Aufmerksamkeitssensoren 202 umfassen, die eingerichtet sind, Aufmerksamkeitsdaten in Bezug auf den Fahrer zu erfassen. Ein beispielhafter Aufmerksamkeitssensor 202 ist eine Kamera, die eingerichtet ist, den Kopf und insbesondere die Augen des Fahrers bildlich zu erfassen. Die Aufmerksamkeitsdaten umfassen in diesem Fall Bilddaten bzgl. des Kopfes des Fahrers.
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Die Steuereinheit 200 kann eingerichtet sein, auf Basis der Aufmerksamkeitsdaten einen Grad der Aufmerksamkeit des Fahrers zu ermitteln. Desweiteren kann die Steuereinheit 200 eingerichtet sein, einen Grad der Automatisierung des Fahrzeugs 100 von dem ermittelten Grad der Aufmerksamkeit abhängig zu machen. Beispielsweise kann eine automatische Fahrfunktion, welche sowohl die Längs- als auch die Querführung des Fahrzeugs 100 umfasst, deaktiviert werden und/oder eine Übergabe an den Fahrer initiiert werden, wenn ermittelt wird, dass der Grad der Aufmerksamkeit kleiner als oder gleich wie ein vordefinierter Aufmerksamkeits-Schwellenwert ist. Alternativ oder ergänzend kann ein Grad der Automatisierung des Fahrzeugs 100 mit sinkendem Grad der Aufmerksamkeit des Fahrers reduziert werden (bzw. mit steigenden Grad der Aufmerksamkeit erhöht werden).
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Aus dem Grad der Aufmerksamkeit des Fahrers ergibt sich ein erforderlicher Übernahme-Zeitraum. Dabei sinkt der erforderliche Übernahme-Zeitraum mit steigendem Grad der Aufmerksamkeit (und umgekehrt). Der o. g. vordefinierte Aufmerksamkeits-Schwellenwert kann einem vordefinierten maximalen Übernahme-Zeitraum entsprechen. Eine automatische Fahrfunktion kann für einen derartigen maximalen Übernahme-Zeitraum ausgelegt sein. Insbesondere können die ein oder mehreren Umfeldsensoren 201 des Fahrzeugs 100 auf den maximalen Übernahme-Zeitraum ausgelegt sein. Desweiteren kann die automatische Fahrfunktion derart im Fahrzeug 100 implementiert sein, dass die Steuereinheit 200 befähigt ist, auf Basis der Umfelddaten an einem Detektions-Zeitpunkt eine kritische Fahrfunktion zu detektieren, die an einem Eintritts-Zeitpunkt eintritt, wobei der Detektions-Zeitpunkt um mindestens den maximalen Übernahme-Zeitraum vor dem Eintritts-Zeitpunkt liegt.
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Durch Berücksichtigung des Grades der Aufmerksamkeit des Fahrers kann somit in Kosten-effizienter Weise eine automatische Fahrfunktion mit einem hohen Grad an funktionaler Sicherheit bereitgestellt werden.
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3a und 3b zeigen beispielhafte Wirkketten für die Bereitstellung einer automatischen Fahrfunktion unter Berücksichtigung des Grades der Aufmerksamkeit. In der Wirkkette gemäß 3a stellen die Umfeldsensoren 201 und die Aufmerksamkeitssensoren 202 einer Funktionslogik-Einheit 300 Daten bereit. Diese Daten werden ausgewertet, um die ein oder mehreren Aktuatoren 204 des Fahrzeugs 100 anzusteuern (z. B. zur automatischen Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 100) und/oder um die Eingabe/Ausgabe-Einheit 203 anzusteuern (z. B. zur Ausgabe einer Übernahmeaufforderung). In der Wirkkette gemäß 3a ist es erforderlich, dass alle dargestellten Komponenten einen bestimmten Grad an funktionaler Sicherheit (z. B. ASIL A) aufweisen, um eine automatische Fahrfunktion mit einem entsprechenden Grad an funktionaler Sicherheit bereitzustellen.
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3b zeigt eine alternative Wirkkette, bei der eine separate Aufmerksamkeitslogik-Einheit 302 bereitgestellt wird, die eingerichtet ist, in Abhängigkeit von den Aufmerksamkeitsdaten der ein oder mehreren Aufmerksamkeitssensoren 202 einen Grad der Aufmerksamkeit des Fahrers zu ermitteln, und in Abhängigkeit von dem Grad der Aufmerksamkeit zu veranlassen, dass eine Übernahmeaufforderung an den Fahrer ausgegeben wird. Die Funktionslogik-Einheit 300 stellt in diesem Fall die automatische Fahrfunktion in Abhängigkeit von dem, von der Aufmerksamkeitslogik-Einheit 302 ermittelten, Grad der Aufmerksamkeit bereit. In der in 3b dargestellten Wirkkette kann ein bestimmter Grad an funktionaler Sicherheit für die automatische Fahrfunktion dadurch bereitgestellt werden, dass die für die Generierung der Übernahmeaufforderung verwendeten Komponenten den bestimmten Grad an funktionaler Sicherheit aufweisen. Diese Anforderungen müssen nicht für die Umfeldsensoren 201 und die Funktionslogik-Einheit 300 erfüllt sein. Die Wirkkette gemäß 3b ermöglicht somit eine Kosten-effiziente Bereitstellung einer automatischen Fahrfunktion mit einem bestimmten Grad an funktionaler Sicherheit.
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Durch die Berücksichtigung des Grades der Aufmerksamkeit wird somit der Fahrer als indirekten Überwacher der automatischen Fahrfunktion eingesetzt. Die Fahreraufmerksamkeit kann z. B. durch eine oder mehrere Innenraumkameras, durch einen Sensor für Hände am Lenkrad HOD, etc. ermittelt werden. Wenn der Fahrer für eine bestimmte/kritische Zeit nicht aufmerksam wird, kann der Fahrer über eine Übernahmeaufforderung wieder aufmerksam gemacht werden. Somit kann sich der Fahrer, wenn er aufmerksam ist, in automatischer Weise von dem Fahrzeug 100 fahren lassen. Andererseits wird der Fahrer aktiv wieder zur Aufmerksamkeit gebracht (z. B. durch eine Meldung im Kombiinstrument des Fahrzeugs 100, ggf. in Kombination mit einem akustischen Gong), wenn das Fahrzeug die Unaufmerksamkeit des Fahrers detektiert.
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4 zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens 400 zur Bereitstellung einer automatischen Fahrfunktion in einem Fahrzeug 100. Die automatische Fahrfunktion umfasst dabei sowohl die Längs- als auch die Querführung des Fahrzeugs 100. Desweiteren erfordert die automatische Fahrfunktion typischerweise keine aktive Überwachung der automatischen Fahrfunktion durch den Fahrer. Der Fahrer kann vielmehr durch eine Übernahmeaufforderung aufgefordert werden, zumindest teilweise die Fahraufgabe des Fahrzeugs zu übernehmen (z. B. bei Vorliegen einer Situation, die das Fahrzeug 100 als kritisch eingestuft hat). Die Übernahmeaufforderung erfolgt dabei typischerweise zeitlich vor Abbruch bzw. vor Degradation der automatischen Fahrfunktion, um dem Fahrer einen Übernahme-Zeitraum bereitzustellen, während dessen der Fahrer die Fahraufgabe (zumindest teilweise) wieder übernehmen kann. Beispielsweise kann der Fahrer durch die Übernahmeaufforderung aufgefordert werden, zumindest die Querführung des Fahrzeugs 100 wieder manuell durchzuführen (ggf. assistiert). Dies erfordert, dass der Fahrer die Hände auf das Lenkrad des Fahrzeugs 100 legt, was im Übernahme-Zeitraum erfolgen kann.
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Das Verfahren 400 umfasst das Ermitteln 401 eines Grades der Aufmerksamkeit des Fahrers des Fahrzeugs 100. Der Grad der Aufmerksamkeit kann anhand von Aufmerksamkeitsdaten von ein oder mehreren Aufmerksamkeitssensoren 202 des Fahrzeugs 100 ermittelt werden. Desweiteren umfasst das Verfahren 400 das Vergleichen 402 des Grades der Aufmerksamkeit mit einem (typischerweise vordefinierten) Aufmerksamkeits-Schwellenwert. Der Aufmerksamkeits-Schwellenwert kann dabei von einem maximal zulässigen bzw. vertretbaren Übernahme-Zeitraum abhängen. Beispielsweise kann auf Basis der Umfelddaten der ein oder mehreren Umfeldsensoren 201 zu einem bestimmten Zeitpunkt der maximal zulässige bzw. vertretbare Übernahme-Zeitraum ermittelt werden. Der Aufmerksamkeits-Schwellenwert kann dann entsprechend angepasst werden. Somit kann ggf. der Aufmerksamkeits-Schwellenwert in Abhängigkeit von den Umfelddaten (an eine aktuelle Umfeldsituation) angepasst werden. Alternativ oder ergänzend kann der Aufmerksamkeits-Schwellenwert in Abhängigkeit von Eigenschaften der ein oder mehreren Umfeldsensoren 201 angepasst werden. Beispielsweise kann ein Umfeldsensor 201 (z. B. eine Kamera) bei Tag eine höhere Reichweite aufweisen als bei Nacht. Dementsprechend kann der Aufmerksamkeits-Schwellenwert ggf. bei Tag niedriger sein als bei Nacht. Der Aufmerksamkeits-Schwellenwert kann somit an aktuelle Umfeldbedingungen und/oder an aktuelle Eigenschaften der ein oder mehreren Umfeldsensoren 201 angepasst werden. So kann die Verfügbarkeit einer automatischen Fahrfunktion erhöht werden.
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Das Verfahren 400 umfasst weiter das Generieren 403 einer Übernahmeaufforderung zur manuellen Übernahme durch den Fahrer, wenn der Grad der Aufmerksamkeit kleiner als oder gleich wie der Aufmerksamkeits-Schwellenwert ist. Desweiteren kann die automatische Fahrfunktion degradiert bzw. abgebrochen werden, wenn der Grad der Aufmerksamkeit kleiner als oder gleich wie der Aufmerksamkeits-Schwellenwert ist (typischerweise nach Ablauf eines Übernahme-Zeitraumes).
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Durch das Verfahren 400 kann sichergestellt werden, dass die automatische Fahrfunktion auch bei begrenzenden Eigenschaften der Umfeldsensoren 201 mit hoher funktionaler Sicherheit bereitgestellt werden kann. Desweiteren kann durch eine Anpassung des Aufmerksamkeits-Schwellenwertes an aktuelle Umfeldbedingungen (wie z. B. Lichtverhältnisse) und/oder an Eigenschaften der ein oder mehreren Umfeldsensoren 201 die Verfügbarkeit einer automatischen Fahrfunktion erhöht werden.
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Durch die aktive Einbindung der Fahreraufmerksamkeit in das Sicherheitskonzept wird es möglich, an signifikante Teile der funktionalen Infrastruktur keine zusätzlichen Integritätsanforderungen zu stellen, und dennoch automatische Fahrfunktionen mit einem hohen. Grad an funktionaler Sicherheit bereitzustellen. Integritätsanforderungen können ggf. auf die Fahreraufmerksamkeitsüberwachung beschränkt sein. Somit können sichere automatische Fahrfunktion in Kosteneffizienter Weise bereitgestellt werden.
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Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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