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Die Erfindung betrifft ein Kunststoffherstellungsverfahren auf Basis eines in einer Kavität einer Formgebungsmaschine, insbesondere einer Spritzgießmaschine oder einer Reaktivanlage, während eines Formgebungszyklus diskontinuierlich polymerisierenden Reaktanden, insbesondere eines Monomers, mit dem Schritt Ermitteln von Messwerten des Polymerisationsverlaufs in der Kavität. Zudem betrifft die Erfindung eine Formgebungsmaschine, insbesondere Spritzgießmaschine, mit wenigstens zwei Werkzeughälften, einer durch die wenigstens zwei Werkzeughälften gebildeten Kavität zur Aufnahme eines in der Kavität zu polymerisierenden Monomers und einer Ermittlungsvorrichtung zum Ermitteln von Messwerten des Polymerisationsverlaufs des Monomers in der Kavität.
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Als Stand der Technik kann für gängige chemische Prozesse in flüssiger Phase die Verwendung von Druck- und Temperatursensoren angesehen werden. Weiters ist eine Kontrolle der Stöchiometrie der eingesetzten Reaktanden über geeignete Förder-, Pump- und Dosier- bzw. Durchflusssysteme allgemein bekannt und kann daher vorausgesetzt werden. In flüssiger Phase ist weiters das regelmäßige Abzweigen einzelner Aliquote aus der Reaktionslösung mit nachfolgender spektroskopischer oder chromatographischer Analyse der erhaltenen Zusammensetzung leicht möglich (on-line Sensorik) und daher in verschiedenster Ausprägung in Verwendung. Bei gattungsfremden kontinuierlichen Prozessen ist weiters der Einsatz spektroskopischer Methoden (beruhend auf verschiedenen Methoden der Schwingungsspektroskopie wie nahes Infrarot-, Raman- bzw. UV-Vis- oder Fluoreszenzspektroskopie) oder Lichtstreuung und Lichtbrechung bzw. Trübungsmessung bekannt, zumeist in Verbindung mit der Verwendung von Durchflusszellen (in-Line Sensorik). Im speziellen die Schwingungsspektroskopie im nahen Infrarotbereich fällt in der Prozessdatenanalyse in Verbindung mit chemometrischer Datenauswertung eine herausragende Rolle zu. Weiters ist bei der in-Line Analytik von Polymerisationsreaktionen in flüssiger Phase die Aufzeichnung der Viskosität sowie der Dichte des Reaktionsmediums allgemein bekannt. Es kann daher zusammenfassend betont werden, dass die Messung von kontinuierlichen Polymerisationsprozessen in flüssiger Phase mit oben aufgezählten Techniken allgemein bekannt und dem Stand der Technik entsprechend ist.
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Polymerisationsprozesse welche in Masse ablaufen, bei welchen also das Monomer aufgeschmolzen und ohne den Einsatz eines zusätzlichen Lösungsmittels in die flüssige Phase überführt wird, sind üblicherweise diskontinuierliche Prozesse. Hierbei wird die Polymerisation bzw. Aushärtung durch Zugabe geeigneter Katalysatoren sowie Additive gestartet und die Aushärtung findet in einer Form statt. Durch den Aushärtungsverlauf ergibt sich an die verwendeten Analysenmethoden ein wesentlich verändertes Anforderungsprofil, da einige der oben aufgezählten Methoden, insbesondere jene die auf Schwingungsspektroskopie basieren, zumeist nicht direkt in fester Phase anwendbar sind, da sich über die Prozessdauer die Eindringtiefe der für die Schwingungsspektroskopie verwendeten Strahlung in das aushärtende Material ändert. Die Verwendung von Temperatursensoren ist in erster Linie für die Prozesssicherheit- und Reproduzierbarkeit von Bedeutung, um beispielsweise zu starke Exothermie bzw. Temperaturbelastung des Materials, welche zu einer Schädigung führen könnte, zu verhindern. Eine Applikation von Drucksensoren ist zwar prinzipiell bekannt, allerdings oftmals dadurch limitiert, dass viele Reaktionen bei Atmosphärendruck stattfinden und sich somit keine charakteristische Druckänderung während der Aushärtung ergibt.
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In Bezug auf die Untersuchung aushärtender Systeme sind sowohl auf Grund der sich ändernden Eindringtiefe für Infrarot- bzw. ultraviolette Strahlung als auch durch die Änderung von Dichte und Flussverhalten der aushärtenden Masse ein Großteil der oben aufgezählten Sensortypen und Messprinzipien weitestgehend nicht in Verwendung, da diese bereits auf Grund ihrer Messtechnik auf eine Messung in flüssiger Phase beschränkt sind. Vornehmlich sind in der Praxis daher Druck- und Temperatursensoren im Einsatz.
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Elektrischen und optischen Sensoren gemein ist weiters die Tatsache, dass zwar qualitative Aussagen über den Aushärtungsgrad und die Schwindung getroffen werden können, nur in sehr eingeschränktem Ausmaß aber Aussagen über die Reaktions-(bzw. Aushärtungs-)Kinetik oder etwaige Kristallisation oder Phasenumwandlungen in fester Phase getroffen werden können.
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Insbesondere bei thermoplastischen Werkstoffen wie PP und PA6 hat die Kristallinität allerdings einen wesentlichen Einfluss auf die mechanischen Werkstoffeigenschaften eines fertigen Bauteils, sodass dieser Parameter mit konventionellen Methoden während des Prozesses derzeit nicht erfasst werden kann.
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Allgemein sind auf diese Weise daher für reaktive Prozesse mit aushärtenden Reaktanden sehr wenige Daten für eine in-Line Charakterisierung des Reaktionsprozesses sowie der Reaktionsprodukte verfügbar und ein Großteil der Materialcharakterisierung muss über eine nachträgliche Materialprüfung bzw. Chargenkontrolle getestet werden, was sowohl Zeit – als auch personal – und entsprechend ressourcenintensiv anzusehen ist.
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Im
Artikel „Real-Time Monitoring of Reactive Extrusion Processes by Means of In-Line Spectroscopy and Infrared Temperature Measurement, Macromolecular Materials and Engineering, 2002, 287, Seiten 203 bis 208" wird zum einen der Stand der Technik nochmals zusammengefasst und zum anderen wird der Einsatz eines ATR-Sensors für die Infrarotspektroskopie in einem kontinuierlich arbeitendem Doppelschneckenextruder beschrieben. Es handelt sich hierbei also um einen gattungsfremden kontinuierlichen Polymerisationsprozess. Wird ein ATR-Sensor an einer Stelle im Extruder montiert, so wird nicht der Polymerisationsverlauf des Materials gemessen, sondern immer jenes Material, welches gerade an diese Stelle transportiert wird. Je nach Einstellung des Extruders kann daher ein anderer Zeitpunkt der Polymerisation spektroskopisch beurteilt werden, nie aber der eigentliche Polymerisationsverlauf. Diese Art der Messung ist daher eher mit einer Durchflusszelle zu vergleichen, keinesfalls aber mit einem diskontinuierlichen Prozess. Ein Beispiel für das Funktionsprinzip und den Aufbau eines solchen ATR-Sensors geht aus der
WO 2006/092252 A2 hervor.
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Im Artikel „In Situ Cure Monitoring of Epoxy Resins Using Fiber-Optic Raman Spectroscopy, Journal of Applied Polymer Science, Vol. 53, 1805–1812 (1994)" ist die Messung der Aushärtung eines Epoxidharz-Systems mittels Raman-Spektroskopie beschrieben. Hier wird allerdings weder in einer Kavität gearbeitet, noch werden Phasenumwandlungen in fester Phase beschrieben oder beobachtet und die Art der Spektroskopie ist eine Messung des Streulichts und keine Reflexion.
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Im Artikel „Fast Poymerization and Crysallization Kinetic Studies of Nylon 6 by Combined Use of Compuerized Micro-RIM Machine and FT-IR, Journal of Polymer Engineering, Vol. 6, Nos. 1–4, Seiten 201–2017, 1986" wird ein miniaturisierter RIM-Prozess (Reaction injection molding) beschrieben, wobei auch eine Analyse mittels FT-IR durchgeführt wird und sowohl Reaktion als auch Kristallisation betrachtet werden. Hierbei wird allerdings ein einmalig verwendbarer Messaufbau unter zu Hilfenahme einer Infrarotmesszelle verwendet, welche nach dem Polymerisation- bzw. Aushärtungsvorgang vollständig demontiert werden muss, um weitere Messungen durchzuführen, entsprechend ist keine automatisierte Wiederholung der Prozessabfolge, wie in einem industriellen Herstellungsprozess notwendig, durchführbar. Die verwendete Messzelle ist nur für eine Untersuchung zu Studienzwecken und nicht für einen ständigen Betrieb geeignet, da sie nur als „Laboraufbaut” dient.
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Die Erfindung beschäftigt sich also mit der Problematik einen in einer Form zyklisch stattfindenden, diskontinuierlichen Polymerisations- oder Aushärtungsprozess, bei dem es zu einer weitgehenden Umsetzung von wenigstens einem der Reaktanden und anschließender Entformung kommt, mittels in-line Sensorik zu überwachen.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Kunststoffherstellungsverfahren bzw. eine verbesserte Formgebungsmaschine zu schaffen. Insbesondere soll eine aufwändige Prüfung und Kontrolle der produzierten Kunststoffprodukte möglichst entfallen. Es soll der gesamte Herstellungsprozess besser überwacht werden können.
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Dies wird durch ein Kunststoffherstellungsverfahren mit den Merkmalen von Anspruch 1 erreicht. Demnach erfolgt ein Übermitteln der Messwerte an eine Steuer- oder Regeleinheit der Formgebungsmaschine und ein Steuern oder Regeln eines Formgebungszyklus in Abhängigkeit der an die Steuer- oder Regeleinheit übermittelten Messwerte. Das heißt, durch die erfassten bzw. ermittelten Messwerte ist der Formgebungsprozess beeinflussbar. Mit anderen Worten sind mittels der aufgenommenen Messdaten direkte Rückschlüsse auf den Reaktionsverlauf und/oder die Materialeigenschaften sowie eine direkte Prozesssteuerung möglich. Im Speziellen kann entweder der gerade durchgeführte Formgebungszyklus noch beeinflusst werden oder Adaptierungen bzw. Änderungen für einen nachfolgenden Formgebungszyklus festgelegt werden. Ein Formgebungszyklus erstreckt sich vom Einbringen des bzw. der Reaktanden in die Kavität bis zum Entformen bzw. Auswerfen des entstandenen Kunststoffprodukts aus der Kavität. Das Bereitstellen der einzuspritzenden Reaktanden ist bereits Teil des nachfolgenden Formgebungszyklus.
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Allgemein ist festzuhalten, dass es sich bei einem Reaktand um ein an einer chemischen Reaktion beteiligtes Molekül handelt. Dieser Reaktand kann zum Beispiel ein Monomer, ein Oligomer, ein Katalysator etc. sein. Ein Monomer ist wiederum ein einzelner Baustein eines Polymers. An sich kann für das erfindungsgemäße Kunststoffherstellungsverfahren ein beliebiger Reaktand bzw. beliebige Reaktanden eingesetzt werden, durch welche ein Polymerisationsverlauf aufgelöst wird. Konkrete Beispiele als Reaktanden sind Caprolactam mit einem Aktivator und einem Katalysator. Für Polyamid 12 ist Laurinlactam als monomeres Vorprodukt der erste Reaktand und Aktivatoren und Katalysatoren die weiteren Reaktanden. Für die Herstellung von Vorprodukten von Epoxidharzen werden als Reaktanden ein aminischer Härter und verethertes Eisphenol-A-basierende Harz (welches im chemischen Sinn nicht unter Monomer fällt) verwendet. Für die Produktion von Polyurethanen werden als Reaktanden Polyole (mehrwertige Alkohole) und Methylendiphenyldiisocyanat-basierende Harze (MDI-Harze fallen auch nicht unter Monomere) verwendet. Üblicherweise können auch noch zusätzlich Katalysatoren oder andere Additive an der Reaktion beteiligt sein. Für die vorliegende Beschreibung sei noch festgehalten, dass das Wort Monomer – soweit sinnvoll möglich – immer allgemeiner als Reaktand auszulegen ist.
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Um den Polymerisationsverlauf zeitlich verfolgen zu können, ist gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel vorgesehen, dass das Ermitteln von Messwerten an wenigstens einem stationären Volumen des Reaktanden bzw. von Monomer in der Kavität erfolgt.
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Weiters ist in einer bevorzugten Ausführungsform vorgesehen, dass das Ermitteln der Messwerte spektroskopisch erfolgt. Unter einer spektroskopischen Messmethode versteht der Fachmann jene Messung, bei welcher frequenz- oder wellenlängenabhängige Messwerte gemessen bzw. generiert werden. Eine solche Messung kann hierbei über einen definierten Frequenz- oder Wellenlängenbereich oder auch nur bei diskreten Wellenlängen bzw. Frequenzen erfolgen. Um den Eigenschaftsverlauf eines Materials während eines Formgebungszyklus zu erfassen wird diese frequenz- oder wellenlängenabhängige Messung in definierten Zeitintervallen periodisch wiederholt.
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Für das spektroskopische Ermitteln der Messwerte des Polymerisationsverlaufs ist gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel ein spektroskopischer Sensor – vorzugsweise eines ATR-Sensors, besonders bevorzugt eines ATR-IR-Sensors – vorgesehen. ATR steht für „attenuated total reflection” bzw. für „abgeschwächte Totalreflexion”. IR steht für Infrarot.
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Mit der vorliegenden Erfindung ist somit eine direkte Überwachung von Prozessparametern für einen diskontinuierlichen Polymerisationsprozess, im Speziellen in der Form einer Spritzgießmaschine, unter Zuhilfenahme spektroskopischer Methoden, bevorzugter weise der abgeschwächten Totalreflexion, insbesondere im Infrarotbereich (ATR-IR-Spektroskopie), realisiert. Bevorzugt wird ein entsprechender Sensor in eine Spritzgießmaschine integriert, wobei nur die Messspitze mit aufgesetztem Messprisma direkt ins Werkzeug zeigt und der Schaft des Sensors sowie die zugehörigen Lichtwellenleiter in die feste Aufspannplatte der Presse oder Schließeinheit teilweise integriert werden können. Die zugehörigen Lichtwellenleiter führen zu einem Spektrometer bzw. einer Auswertungseinheit, welche aus den ermittelten Signalen ein Absorptions- oder Transmissionsspektrum generiert.
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Die ATR-Technik erlaubt eine Messung sowohl in flüssiger Phase als auch während der Aushärtung des Polymerisationssystems, da hierfür nur ein Kontakt des Messprismas mit der entsprechenden Oberfläche des Reaktionssystems notwendig ist. Durch Messung im Infrarotbereich, bevorzugt im mittleren Infrarot-Bereich, können aufgrund des Wellenlängenbereiches sowohl eine Detektion der Stöchiometrie bzw. des Monomerumsatzes als auch in weiterer Folge die Vernetzung bzw. eine in Folge auftretende Kristallisation sowie Phasenumwandlungen in fester Phase beobachtet werden.
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Weiters lässt sich auf diese Weise direkt der Einfluss verschiedener Prozessparameter (Forminnendruck, Temperatur, Injektionsgeschwindigkeit) und Rezepturparameter auf die Aushärtungs- und Kristallisationskinetik bereits während des Prozess untersuchen. Entsprechend ist somit eine Qualitätskontrolle bereits während der Bauteilherstellung gegeben. Insbesondere kann bei eventuellen Prozessschwankungen (langsamere Reaktion oder Kristallisation durch Schwankungen der Ausgangs-rohstoffe) durch Auswertung der entsprechenden Absorptionsbanden der Prozess gezielt gesteuert werden und beispielsweise bei noch vorhandenem Restmonomer die Zykluszeit entsprechend verlängert oder bei schnellerer Reaktion auch verkürzt werden. Bei über mehreren Zyklen auftretenden systematischen Trends – ist die Aushärtungsreaktion beispielsweise langsamer als gewünscht – kann anhand dieser Daten und eines zugrunde liegenden Dosierprogrammes die verwendete Rezeptur, beispielsweise durch Nachdosieren einer reaktiven Komponente (etwa eines Aushärtungsbeschleunigers), geändert und somit dieses Verhalten entsprechend kompensiert werden.
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Raman-Spektroskopie ist als komplementäre Methode zur Infrarotspektroskopie zu sehen (selber Wellenlängenbereich, allerdings wird eine vorherige Laseranregung zur Messung benötigt). Der Einsatz von Raman-Spektroskopie ist also grundsätzlich neben MIR-Spektroskopie ebenfalls möglich.
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Eine weitere Ausführungsform ist durch die Verwendung der Laserflash Photolyse gegeben: Wie auch bei der Raman-Spektroskopie erfolgt jeweils nach einer Laseranregung eine spektroskopische Messung: mittels Sensor wird die durch den Laserpuls generierte Wärmestrahlung gemessen, deren Intensität abhängig von Temperaturleitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit der Probe ist, welche wiederum durch den Aushärtungsverlauf veränderlich ist.
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In einer weiteren Ausführungsform kann der verwendete Sensor als Ultraschallsensor ausgeführt sein. Als zu beobachtende Messgrößen seien hierbei sowohl die Attenuation der Schallwellen, als auch eine etwaige Modulation der Schallgeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Aushärtungsfortschritt in der Kavität angeführt.
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Die frequenzabhängige Messung dielektrischer Eigenschaften eines Mediums wird unter dem Begriff dielektrische Spektroskopie zusammengefasst. In einem möglichen Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung macht man sich zur Beobachtung des Polymerisationsverlaufs zu Nutze, dass sich mit einem Voranschreiten der Aushärtungsreaktion auch die dielektrischen Eigenschaften des entstehenden Polymers ändern. Dieser Umstand lässt sich durch Messung der dielektrischen Permittivität mit einem passenden Sensor bzw. Verfolgung abgeleiteter Werte wie der Ionenviskosität bewerkstelligen.
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Als Polymerisationsverlauf wird die Aushärtung bzw. der Aushärtungsprozess des in der Kavität polymerisierenden Monomers verstanden. Diesem Aushärtungsprozess können je nach verwendeten Ausgangsprodukten bzw. Additiven verschiedene Mechanismen zu Grunde liegen. Als Monomere können cyclische Lactame, insbesondere ε-Caprolactam oder Laurinlactam, oder Vorprodukte von Silikonen, Epoxidharzen oder Polyurethanen verwendet werden. Die erhalten Messwerte sind insbesondere Absorptionswerte, anhand derer eine Steuerung/Regelung verschiedener Prozessparameter erfolgt. Diese, von den Messwerten abhängige Steuer- oder Regelung kann auf unterschiedliche Arten erfolgen und dient somit unterschiedlichen Zwecken während der Formgebung.
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Die Steuerung oder Regelung erfolgt zum Beispiel durch ein Verfahren, bei dem während der Aushärtungsreaktion anhand der Messwerte nur der aktuelle Stand der Reaktion ermittelt bzw. abgeleitet wird (beispielsweise Monomerumsatz, Aushärtungsgrad).
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Zweitens kann die Steuerung oder Regelung durch eine Prozesssteuerung vor der Materialinjektion erfolgen. Dies ist also ein Verfahren, bei welchem durch Analyse der Aushärtungszeit vorangegangener Zyklen aktiv die Rezeptur oder die Aushärtungstemperatur an Hand eines vorgegebenen Dosierprogrammes oder Algorithmus verändert werden kann (z. B. zusätzliche Zugabe von Reaktionsbeschleunigern, wenn die Reaktion bei den letzten Zyklen zu langsam war).
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Die Steuerung oder Regelung kann auch zur Qualitätskontrolle dienen, vor allem durch ein Verfahren, bei welchem anhand ablesbarer Einzelwerte direkt oder indirekt auf bestimmte chemische oder physikalische (mechanische) Materialparameter rückgeschlossen wird (Umsetzungsgrad, Restmonomergehalt, Kristallinität).
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Die Steuerung oder Regelung kann auch zur Überprüfung der Messtechnik dienen, vor allem durch ein Verfahren, bei welchem zwischen den Aushärtungszyklen vor der Injektion der Komponenten sowie nach der Entformung je ein Referenzspektrum bzw. ein Referenzmesspunkt oder ein Referenzwert aufgenommen wird, was dazu dient, eventuelle Verschmutzungen auf der Sensoroberfläche bzw. der Messspitze zu detektieren (oder auch jedwede andere Fehlfunktion wie Kabelbruch oder ähnliches).
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung wird auch durch eine Formgebungsmaschine mit den Merkmalen von Anspruch 5 gelöst. Demnach ist erfindungsgemäß eine Steuer- oder Regeleinheit und eine Übermittlungsvorrichtung zum Übermitteln der Messwerte an. die Steuer- oder Regeleinheit vorgesehen, wobei ein Formgebungszyklus der Formgebungsmaschine durch die Steuer- oder Regeleinheit in Abhängigkeit der an die Steuer- oder Regeleinheit übermittelten Messwerte steuer- oder regelbar ist.
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Gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel weist die Ermittlungsvorrichtung einen spektroskopischen Sensor und ein Spektrometer auf. Um eine räumliche Trennung zwischen diesen beiden, die Ermittlungsvorrichtung bildenden Komponenten zu ermöglichen, sind der spektroskopische Sensor und das Spektrometer über ein Übermittlungsmedium, beispielsweise in Form eines Lichtwellenleiter, welcher vorzugsweise Faserbündel aufweist, signaltechnisch verbunden.
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Weiters ist bevorzugt vorgesehen, dass zumindest das Messelement (bzw. ein Messaufnehmer) des spektrometrischen Sensors – vorzugsweise eines ATR-Sensors oder eines Raman-Sensors – mit daran angeordnetem Messprisma, in lichtleitender Verbindung mit der Kavität steht. Hierzu ist besonders bevorzugt vorgesehen, dass das Messelement einen Teil der Wandung der Kavität bildet und vorzugsweise bündig mit der umgrenzenden Wandung der Kavität abschließt. Weiters ist bevorzugt vorgesehen, dass ein das Messprisma tragender rohrförmiger Körper (Sensorschaft) des spektroskopischen Sensors außerhalb der Kavität angeordnet ist. Besonders bevorzugt sind der Sensorschaft und/oder die Lichtwellenleiter thermisch isoliert und/oder thermostatisiert. Der Lichtwellenleiter allein kann unter anderem durch Gas, Öl, Wasser oder elektrisch gekühlt werden. Weiters ist der Sensorschaft und/oder der Lichtwellenleiter vollständig oder zumindest teilweise von einer isolierenden Ummantelung, vorzugsweise aus Kunststoff oder Keramik, umgeben.
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Der spektroskopische Sensor kann direkt in eine Werkzeughälfte oder auch eine Formaufspannplatte integriert sein. Das Spektrometer kann auch in diesem Bereich angeordnet sein. Bevorzugt ist das Spektrometer (Auswerteeinheit) in die Steuer- oder Regeleinheit integriert. Beispielsweise werden vom spektroskopische Sensor einer oder mehrere, bevorzugt zeitabhängige, direkt ablesbare Einzelwerte erzeugt, welche direkt an der Maschinensteuerung angezeigt werden können oder von welchen direkt auf die Materialeigenschaften des hergestellten Bauteils und/oder auch auf den Fortschritt des Aushärtungsprozess rückgeschlossen werden kann. Prinzipiell können auch mehrere spektroskopische Sensoren in einem Werkzeug bzw. in einer Werkzeughälfte angeordnet sein, wobei alle Sensoren mit zumindest einer Auswerteeinheit (Spektrometer) signaltechnisch in Verbindung stehen.
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Darüber hinaus kann die Oberfläche des spektroskopischen Sensors, vorzugsweise des ATR-IR-Sensors, gezielt modifiziert werden, um ein Anhaften des Kunststoffes bei der Entformung zu verhindern. Dies kann insbesondere durch eine permanente Antihaftbeschichtung, hergestellt aus Kunststoff (insbesondere Teflon, Viton), Keramik oder auch metallischer Natur, oder durch eine regelmäßig zu erneuernde Schicht erfolgen, die durch ein reaktives System aufgebracht wird. Auch die Verwendung von Folien ist hier denkbar.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der vorliegenden Erfindung werden anhand der Figurenbeschreibung und der Bezugnahme auf die im Folgenden dargelegten Ausführungsbeispiele näher erläutert. Darin zeigen:
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1 eine Formgebungsmaschine,
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2 eine Formaufspannplatte und eine Werkzeughälfte mit eingebautem Sensor,
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3 die Messspitze eines ATR-IR-Sensors,
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4 bis 5b Diagramme des Polymerisationsverlaufs und
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6 bis 8 Fluss- bzw. Ablaufdiagramme des Kunststoffherstellungsverfahrens.
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In 1 ist ein Formgebungsmaschine 1 (Spritzgießmaschine) dargestellt. Diese Formgebungsmaschine ist grundsätzliche in eine Schließseite (links) und in einer Einspritzseite (rechts) unterteilt. Die Einspritzseite weist zwei Einspritzaggregate 14 auf, über die Reaktanden, insbesondere Monomere, bereitgestellt werden. Die Schließseite umfasst eine feststehende Formaufspannplatte 15 und eine entlang der Holme 17 bewegbare Formaufspannplatte 16. An den Formaufspannplatten 15 und 16 sind die Formhälften bzw. Werkzeughälften 2 angeordnet bzw. aufgespannt. In geschlossenem Zustand bildet sich zwischen den Werkzeughälften 2 eine Kavität 3, in die Monomer von den Einspritzaggregaten 14 über hier nicht dargestellte Leitungen eingebracht bzw. eingespritzt wird. In der Kavität 3 polymerisiert das Monomer zu einem festen bzw. ausgehärteten Kunststoffprodukt aus.
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Um diesen Polymerisationsverlauf des als stationäres Volumen vorliegenden Monomers zu verfolgen, steht eine Ermittlungsvorrichtung 4 in lichtleitender Verbindung mit der Kavität 3. Diese Ermittlungsvorrichtung 4 weist zumindest einen, in einer Werkzeughälfte 2 angeordneten Sensor 7 und eine Spektrometer 13 (Auswerteeinheit) auf. Der Sensor 7 und das Spektrometer 13 sind über ein Übermittlungsmedium 12, in diesem Fall als Lichtwellenleiter ausgeführt, signaltechnisch verbunden. Das Spektrometer 13 wiederum ist über eine Übermittlungsvorrichtung 6 signaltechnisch mit der Steuer- oder Regeleinheit 5 verbunden. Die über das Spektrometer 13 ausgewerteten Messdaten M des Polymerisationsverlaufs werden über diese Übermittlungsvorrichtung 6 an die Steuer- oder Regeleinheit 5 weitergeleitet. Dort können diese Messdaten M zum Beispiel über die Ausgabeeinheit 19 angezeigt werden. Vor allem aber ist vorgesehen, dass zumindest ein Prozessparameter der Formgebungsmaschine 1 durch die Steuer- oder Regeleinheit 5 in Abhängigkeit der übermittelten Messwerte M steuer- oder regelbar ist. Das heißt, über entsprechende Steuersignale 18 wird der Betrieb der Formgebungsmaschine 1 beeinflusst. Zum Beispiel wird die Rezeptur der in den Einspritzaggregaten 14 bereitgestellten Monomere bzw. Reaktanden entsprechend geändert oder eine Temperaturänderung durchgeführt. Es können auch einzelne Abschnitte nachfolgender Formgebungszyklen entsprechend veränderte werden (z. B. Zeitablauf, Druckaufbau, Temperaturführung, usw.). Wichtig ist jedenfalls, dass der Maschinensteuerung, also der Steuer- oder Regeleinheit 5 selbst die Informationen (Messwerte M) über den Polymerisationsverlauf zugeführt werden und diese (z. B. anhand hinterlegter Algorithmen) in die Steuerung oder Regelung der Formgebungsmaschine 1 einfließen lässt. Natürlich können hier auch von einem Bediener entsprechende Einstellungen oder Voreinstellungen zusätzlich durchgeführt werden.
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In 2 ist erkennbar, dass die Messspitze 8 des in diesem Fall spektroskopischen Sensors 7 bündig mit der umgrenzenden Wandung 10 der Kavität 3 abschließt. Die Messspitze steht demnach in signaltechnischer (lichtleitender) Verbindung mit der Kavität 3. Der spektroskopische Sensor weist einen rohrförmigen Körper 11 (Sensorschaft) auf, der in der Werkzeughälfte 2 angeordnet ist. Durch diesen rohrförmigen Körper 11 verläuft auch der Lichtwellenleiter 12. Dieser Lichtwellenleiter 12 ist zumindest in der feststehenden Formaufspannplatte 12 von einer Isolierung 20 umgeben.
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Aus 3 geht hervor, dass der spektroskopische Sensor 7 an seiner Messspitze (Messelement 8) eine Messprisma 9 aufweist, wobei vor allem dieses Messprisma 9 in lichtleitender Verbindung mit der Kavität 3 steht. Im an das Messprisma 9 anschließenden Bereich ist der spektroskopische Sensor 7 mit einer Beschichtung 21 geschützt. Diese Beschichtung 21 und das Messprisma 9 bilden mit der Wandung 10 die die Kavität 3 begrenzende Oberfläche.
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Im Diagramm gemäß 4 sind die Spektren des Monomeren ε-Caprolactam (Bezugszeichen C) sowie Polyamid 6 (Bezugszeichen P) zu einem bestimmten Zeitpunkt verglichen. Ist in einer Reaktionsmischung noch ε-Caprolactam vorhanden, so ist dies beispielsweise an den charakteristischen Absorptionsbanden bei 820, 890 und 1150 cm–1 eindeutig zu erkennen. Entsprechend ist die Aushärtungsreaktion noch nicht vollständig beendet und der Aushärtungszyklus kann bzw. sollte verlängert werden. Am Spektrum des Polyamid 6 hingegen ist in erster Linie die Absorptionsbande bei 1570 cm–1 charakteristisch.
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In den perspektivischen Diagramm gemäß der 5a und 5b ist neben der Absorptionsbande (Y-Achse) und der Wellenlänge (X-Achse) auch noch der zeitliche Verlauf (Z-Achse), mithin der Polymerisationsverlauf an einer ortsfesten Position in der Kavität 3 während des Polymerisierens eines Monomers bei einem diskontinuierlichen Kunststoffherstellungsverfahrens dargestellt. Die 5a und 5b unterscheiden sich inhaltlich nicht, sondern zeigen nur unterschiedliche perspektivische Darstellungen desselben Diagramms.
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6 bis 8 zeigen unterschiedliche Variationen eines Ablaufschemas eines Polymerisationsprozesses. Als Basis sei hierzu als erstes der allgemeine Ablauf eines Formgebungszyklus geschildert. Zunächst kann optional eine Preform eingelegt werden. Dann wird das Werkzeug geschlossen. Anschließend wird die reaktive Masse injiziert, wonach die Aushärtungsreaktion (Polymerisation) startet. Dann wird das Werkzeug geöffnet und das Bauteil bzw. Kunststoffprodukt wird entnommen.
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Gemäß 6 erfolgt eine Variation von Prozessparametern während eines Herstellungszyklus, indem die Aushärtungsdauer (Aushärtungsparameter) variiert bzw. verändert wird, wenn die Reaktion noch unvollständig, das heißt noch nicht abgeschlossen ist.
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Gemäß 7 erfolgt eine Variation des Parametersatzes zwischen den Zyklen. Grundsätzlich werden die Einstellungen für die Durchführung der Reaktion bzw. des gesamten Zyklus als Parametersatz abgelegt bzw. definiert. Wird nun (wie in Beispiel gemäß 6) ein Parameter aktiv geändert, so kann diese Änderung im Parametersatz für den nächsten Zyklus hinterlegt werden. Ein Beispiel wäre hier wieder die Verlängerung bzw. Verkürzung der Aushärtungszeit anhand spektroskopischer Information zum Restmonomergehalt. Diese Idee würde darauf abzielen, die Maschine innerhalb gewisser vorher definierter Grenzen hinsichtlich Rezepturierung, Temperatur- und Druckführung zu betreiben um möglichst konstante Materialparameter zu erreichen.
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8 zeigt eine Variation zur Qualitätskontrolle. Demnach lassen sich aus den Prozessparametern (Messwerte M) Rückschlüsse auf die Materialeigenschaften ableiten, woraus wieder entsprechende Einstellungsänderung des Formgebungsprozesses hervorgehen können.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Artikel „Real-Time Monitoring of Reactive Extrusion Processes by Means of In-Line Spectroscopy and Infrared Temperature Measurement, Macromolecular Materials and Engineering, 2002, 287, Seiten 203 bis 208” [0008]
- Artikel „In Situ Cure Monitoring of Epoxy Resins Using Fiber-Optic Raman Spectroscopy, Journal of Applied Polymer Science, Vol. 53, 1805–1812 (1994)” [0009]
- Artikel „Fast Poymerization and Crysallization Kinetic Studies of Nylon 6 by Combined Use of Compuerized Micro-RIM Machine and FT-IR, Journal of Polymer Engineering, Vol. 6, Nos. 1–4, Seiten 201–2017, 1986” [0010]