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Die Erfindung bezieht sich auf die Gebiete der Chemie und Kunststofftechnik und betrifft modifizierte Kunststoffoberflächen und ein Verfahren zu ihrer Herstellung. Die erfindungsgemäßen modifizierten Kunststoffoberflächen werden beispielsweise eingesetzt, um eine Lackierung oder Verklebung von Kunststoffoberflächen zu realisieren, oder kann in der Mikrofluidik oder bei optischen Bauelementen eingesetzt werden.
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Es sind die verschiedensten Verfahren bekannt, um Kunststoffe zu modifizieren und die Oberflächeneigenschaften je nach gewünschtem Anwendungszweck zu verändern. Beispielsweise kann dies durch Verfahren wie Beflammen, Plasma- oder Coronabehandlung oder Bestrahlung erfolgen. Durch diese Verfahren werden an der Oberfläche der Kunststoffe reaktionsfähige und energiereiche Gruppen erzeugt, die zur Kopplung mit beispielsweise Lacken oder anderen Materialien bereit sind. Um diese Modifizierungen zu erreichen, sind zusätzliche technologische Schritte im Herstellungsverfahren erforderlich. Nachteilig bei diesen Verfahren ist, dass die Oberflächenmodifizierung meist nicht permanent ist oder auch die Bauteile und/oder Oberflächen beschädigen können. Durch die Bestrahlung von Kunststoffoberflächen können an der Oberfläche Radikale erzeugt oder vorhandene Gruppen oxidiert oder reduziert werden. Damit entstehen in Gegenwart von Sauerstoff oder Wasser Carboxy-, Keto- und Aldehydgruppen, oder in Gegenwart von Stickstoff Nitroxygruppen, die eine Koppelung von Materialien ermöglichen.
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Auch durch diese Möglichkeiten wird die Oberflächenenergie erhöht und die Benetzbarkeit der Kunststoffoberflächen erhöht, jedoch ist wiederum ein entsprechender Vorbehandlungsschritt erforderlich und die Modifizierung ist nicht permanent, weshalb die Weiterverarbeitung der Kunststoffe ohne Zwischenlagerung oder lange Transportwege erfolgen muss. Dies ist in der industriellen Massenproduktion jedoch nur schwer realisierbar. Die erreichbaren Oberflächenenergien sind vergleichsweise hoch, jedoch hat die äußere Schicht der Oberfläche nur geringe Haftfestigkeiten, welche durch eine Schicht, die sogenannte „weak boundary layer“, verursacht wird. Diese Schicht besteht aus Polymerkettenresten und Additiven aus der Vorbehandlung und verringert die Haftfestigkeit der nachfolgend aufgebrachten Schichten zur Kunststoffoberfläche erheblich, da sich die folgenden Schichten vielmehr an die Fragmentschicht anlagern, als an die feste Kunststoffoberfläche.
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Die Gasphasenflourierung als Oberflächenmodifizierungsverfahren liefert zwar geringfügig niedrigere Oberflächenenergien als Plasma- und Coronabehandlung, jedoch sind die erreichbaren Haftfestigkeiten und Langzeitstabilitäten für Beschichtungen höher.
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Eine weitere Möglichkeit zur Einstellung der Oberflächeneigenschaften ist die Aufbringung von Lacksystemen, was jedoch einen kostenintensiven technologischen und energetischen Aufwand bedeutet. Lösungsmittelbasierte Lacke beinhalten schädliche organische Lösungsmittel, wässrige Lacksysteme können meist nicht ohne Vorbehandlung der Oberfläche aufgebracht werden. Das Einbrennen und Sintern der Lacke stellt einen weiteren aufwändigen zusätzlichen technologischen Schritt dar.
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Polycarbonat ist ein Kunststoff aus der Klasse der Polyester mit aromatenhaltigen Gruppen in der Hauptkette. Er besitzt hervorragende mechanische, thermische und optische Eigenschaften.
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Bei Polycarbonaten ist es von besonderem Interesse, die Oberflächen mechanisch stabil zu machen und die Kratzfestigkeit sowie die Abriebfestigkeit zu erhöhen und eine Benetzung mit Wasser und wasserbasierten Systemen zu ermöglichen.
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Um dies zu erreichen sind verschiedene Verfahren bekannt.
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Nach der
WO 2010054711 A1 ist ein Verfahren zur Beschichtung von transparenten Polycarbonatsubstraten, bei dem ein transparentes Beschichtungssystem aufgebracht wird, um kratzfestbeschichtete Polycarbonate mit hoher Transparenz zu erhalten. Das Beschichtungssystem besteht aus einem strahlungshärtenden Bindemittel, Nanopartikeln und optional Lösungsmitteln und Reaktivverdünnern. Die Nanopartikel sind Siliziumdioxidpartikel mit Partikelgrößen überwiegend kleiner als 80 nm.
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Gemäß der
US 6,420,451 B ist ein Verfahren zur Beschichtung von Kunststoffsubstraten bekannt, bei dem eine Beschichtung aus 20 bis 80 % acyliertem, aliphatischem Urethan, 5 bis 50 % monofunktionelles Acrylat, 2 bis 30 % einem zweiten acylierten, aliphatischen Urethan, 1 bis 30 % kolloidaler Metalloxide, 1 bis 20 % einem Photoinitiator und einem Lösungsmittel auf ein Kunststoffsubstrat aufgebracht wird. Dabei handelt es sich ebenfalls um ein nachträglich aufgebrachtes Beschichtungsmittel zur Verbesserung der Oberflächeneigenschaften, wobei kolloidale Metalloxide die Funktion eines Füllstoffs haben.
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Mit den genannten Verfahren werden transparente, nanopartikelhaltige Schichten auf Kunststoffoberflächen erzeugt, die durch Verknüpfer und Additive eine modifizierte Schicht auf der Oberfläche bilden. Die Nanopartikel sind dabei nicht direkt mit dem Polymer der Kunststoffoberfläche verbunden und sind nicht frei auf der Oberfläche zugänglich.
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Gemäß der
DE 100 42 566 A1 ist ein Verfahren zur Modifizierung von Kunststoffoberflächen, bei dem während oder nach einem Formgebungsprozess eine Modifikatorsubstanz mit der Oberfläche der geformten Kunststoffe in Kontakt gebracht wird, wobei als Modifikatorsubstanzen solche Stoffe eingesetzt werden, die mit der Oberfläche des geformten Kunststoffes eine Reaktion eingehen und/oder durch Interdiffusion in die Oberfläche eindringen und/oder auf der Oberfläche aufschmelzen.
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Viele Kunststoffe sind jedoch unreaktiv oder haben eine hohe TG. Damit sind sie für diese Art von Modifizierung nicht geeignet.
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Nach der
EP 2643390 A2 ist ein Verfahren zur Herstellung von Polymermischungen aus einem Polymer (A) und einer Komponente (B) bekannt, bei dem die Komponente (B) als flüssige Lösung oder Dispersion als Tröpfchen auf das Polymer (A) als Granulat mittels eines Zerstäubers aufgebracht und getrocknet wird und nachfolgend einer Formgebung unterzogen wird. Die Lösungen und Dispersionen bilden Nanostrukturen und Nanopartikel auf dem Granulat und sind nach der Formgebung im Polymer enthalten.
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Aus der
DE 10 2010 004 553 A1 ist ein Verfahren zur Beschichtung einer Substratoberfläche mit metallischem Charakter mit Nanopartikeln bekannt. Dabei werden die Nanopartikel in einem Lösungsmittel dispergiert und die kolloidalen Nanopartikel mit einem Polymer, welches als Haftvermittler dient, stabilisiert. Die stabilisierte Dispersion wird anschließend auf eine Substratoberfläche aufgebracht, wobei eine Fixierung der Polymerketten in den Zwischenräumen zwischen Metalloberfläche und Nanopartikel durch einen Klemmmechanismus erfolgt und eine Metall-Nanopartikelbindung ausgebildet wird, wobei sich durch Kollabieren und Aggregieren des kolloidalen Systems eine stabile Nanopartikelschicht auf der metallischen Oberfläche ausbildet. Die nichtgebundenen Nanopartikel werden entfernt, die Oberfläche mit einem Lösungsmittel gewaschen, ionische Ladungen an der beschichteten Oberfläche generiert und die beschichtete Oberfläche getrocknet. Die Nanopartikel werden dadurch mit der Oberfläche durch ionische Wechselwirkungen weiter stabilisiert und verbunden.
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Weiterhin ist aus der
US 20090087644 A1 ein Verfahren zur Aufbringung von Nanopartikeln auf Oberflächen bekannt, bei dem eine erste Schicht aus funktionalisierten Nanopartikeln auf ein Substrat aufgebracht, wobei das Substrat in ein Lösungsmittel und eine Polymermatrix eingebracht werden. Das Lösungsmittel oder die Polymermatrix enthalten eine Vielzahl an funktionalisierten Nanopartikeln, die eine zweite Schicht auf der ersten Schicht bilden, wobei ein Eigenschaftsgradient zwischen der ersten und zweiten Schicht besteht. Als Nanopartikel werden metallische Kolloide verwendet und die Verwendung von Verknüpfern und anderen Polymeren ist möglich.
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Aus der
DE 10 2008 063 205 A1 ist eine organische Dünnschichtsolarzelle bekannt, die positive und negative Elektrodenschichten und eine dünne organische Schicht aufweist, die zwischen den positiven und negativen Elektrodenschichten angeordnet ist. Die organische dünne Schicht weist eine Mischung aus einer ersten organischen Verbindung, die einen lichtabsorbierenden Farbstoffanteil enthält, und eine zweite elektronenakzeptierende organische Verbindung auf, und wobei die organische dünne Schicht ferner anorganische Nanopartikel aufweist. Die Schichten werden dabei durch Aufschleudern, Tauchen oder Gießen hergestellt.
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Ebenfalls ist aus der
DE 10 2006 005 614 A1 ein Verfahren zur Herstellung eines Formgegenstandes bekannt, bei dem das Basismaterial mit einer ersten Schicht, die hydrophile Nanopartikel enthält, oberflächendeckend behandelt und getrocknet wird, wobei die hydrophilen Nanopartikel an die Oberfläche des Basismaterials angebunden werden, danach mit einer zweiten Schicht, die hydrophobe Nanopartikel enthält, oberflächendeckend behandelt und getrocknet wird, wobei die hydrophoben Nanopartikel an die hydrophilen Nanopartikel angebunden werden. Die erzeugte Oberfläche ist ultrahydrophob.
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Weiterhin ist aus der
DE 10 2004 008 065 A1 ein Verfahren zur Integration von kolloid erzeugten Nanopartikeln in epitaktischen Schichten bekannt. Dabei wird eine Trägerlösung mit Nanopartikeln auf eine erste epitaktische Schicht aufgebracht und verdampft, wodurch sich die Nanopartikel der ersten Schicht auf der Oberfläche isoliert voneinander anlagern. Anschließend wird eine zweite Schicht auf der ersten Schicht epitaktisch angeordnet, die die Nanopartikel überwächst.
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Aus der
DE 10 2007 061 624 A1 ist ein Verfahren bekannt, bei dem mit Hilfe von Plasmaverfahren Nanopartikel auf der Oberfläche aufgebracht werden. Dabei wird zuerst die Oberfläche durch ein Plasmaverfahren vorbehandelt, gleichzeitig oder danach werden Chitosan-Mikro- oder Nanopartikel auf die Oberfläche aufgebracht und durch ein Plasmaverfahren auf der Oberfläche fixiert.
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Außerdem ist aus der
DE 10 2010 040 826 A1 ein Verfahren zur Immobilisierung von Nanopartikeln auf thermoplastischen Kunststoffoberflächen bekannt, bei dem ein im Wesentlichen polymeres Matrixmaterial mit funktionellen Gruppen zur Reaktion mit dem thermoplastischen Kunststoff eingesetzt wird. Dabei werden Nanopartikel in das Matrixmaterial eingebracht oder auf das Matrixmaterial aufgebracht, das Matrixmaterial mit den Nanopartikeln oder Nanopartikel und das Matrixmaterial getrennt nacheinander jeweils ein- oder mehrmals auf eine Zwischenoberfläche aufgebracht und nachfolgend ein erweichter und/oder aufgeschmolzener thermoplastischer Kunststoff mindestens mit dem Matrixmaterial in Kontakt gebracht und anschließend die Zwischenoberfläche entfernt.
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Durch die Nutzung des Matrixmaterials ist der Prozess zweistufig, da zunächst ein Netzwerk gebildet wird und nachfolgend die Nanopartikel immobilisiert werden. Dadurch können die chemischen Eigenschaften des Matrixmaterials und die Wirkung der Nanopartikel negativ beeinträchtigt werden.
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Weiterhin ist nach der
DE 10 2006 019 137 A1 ein Verfahren bekannt, bei dem Nanopartikel in einem Kunststoff fein dispergiert wird und dieses Gemisch in einer dünnen Schicht, die aber um ein Mehrfaches dicker ist als ein mittleres Nanopartikel, auf eine Oberfläche aufgetragen wird. Dadurch sind die Nanopartikel automatisch immer von dem Kunststoff im Wesentlichen vollständig umhüllt, wobei auch einzelne Nanopartikel teilweise an der äußeren Oberfläche der dünnen Schicht angeordnet und damit an der Oberfläche zugänglich sein können. Dies ist jedoch zufällig und aufgrund der Anteile der Nanopartikel in der dünnen Schicht eher selten.
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Nachteilig bei diesen bekannten Lösungen ist, dass die modifizierten Oberflächen keine ausreichend gute Benetzbarkeit und Abriebfestigkeit aufweisen. Ebenso nachteilig ist, dass die bekannten Verfahren zur Oberflächenmodifizierung meist sehr aufwändig und kostenintensiv sind und immer einen zusätzlichen Prozessschritt im Herstellungsverfahren erfordern.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, modifizierte Kunststoffoberflächen anzugeben, die eine sehr gute Benetzbarkeit und Abriebfestigkeit aufweisen, sowie ein Verfahren anzugeben, welches einfach und kostengünstig ist.
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Die Aufgabe wird durch die Ansprüche der angegebenen Erfindung gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die erfindungsgemäßen modifizierten Kunststoffoberflächen bestehen aus Kunststoffoberflächen nach einem Formgebungsprozess, die mindestens in Teile der Kunststoffoberfläche nur teilweise eingebettete, mindestens formschlüssig mit dem Kunststoff verbundene Partikel aufweisen, die Silizium und/oder Oxide des Siliziums und/oder Siliziummischoxide sind.
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Vorteilhafterweise sind als Kunststoffe thermoplastische Kunststoffe, vorteilhaferweise Polycarbonate, Polyamide, Polyester, Polymethylmethacrylate und/oder Polystyrol sowie Copolymere und/oder Blends, die die Kunststoffe enthalten, vorhanden.
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Ebenfalls vorteilhafterweise sind die geformten Kunststoffoberflächen durch Spritzgießen oder Heißpressen hergestellt worden.
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Weiterhin vorteilhafterweise sind als Partikel Mikro- und/oder Nanopartikel, vorteilhafterweise anorganische oberflächenmodifizierte Nanopartikel vorhanden.
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Und auch vorteilhafterweise sind Nanopartikel mit einem Durchmesser von 100 nm bis 1000 nm, vorteilhafterweise von 200 nm bis 800 nm Durchmesser, vorhanden.
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Vorteilhaft ist es auch, wenn Partikel aus Siliziumdioxid vorhanden sind.
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Weiterhin vorteilhaft ist es, wenn die Kunststoffoberfläche zu mindestens 60 % mit Partikeln bedeckt ist.
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Ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn die Partikel ausschließlich durch Formschluss des Kunststoffes auf der Oberfläche fixiert sind.
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Und auch vorteilhaft ist es, wenn die Partikel zu 40 bis 70 % ihrer Oberfläche formschlüssig mit dem Kunststoff verbunden sind.
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Von Vorteil ist es auch, wenn die Partikel formschlüssig und über kovalente Bindungen, wie über funktionelle Alkoxysilane oder funktionelle Chlorsilane, mit dem Kunststoff verbunden sind.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung von modifizierten Kunststoffoberflächen werden mindestens Partikel aus Silizium und/oder aus Oxiden des Siliziums und/oder aus Siliziummischoxiden,, die in mindestens einer Flüssigkeit dispergiert sind, ein- oder mehrmals mindestens auf Teile einer Zwischenoberfläche aufgebracht, und nachfolgend wird mindestens ein Kunststoff einem Formgebungsprozess unterworfen und dabei ein erweichter und/oder aufgeschmolzener Kunststoff mindestens teilweise mit den Partikeln in Kontakt gebracht und vorher oder währenddessen mindestens teilweise die Flüssigkeit entfernt wird, und danach der Kunststoff abgekühlt und die Zwischenoberfläche entfernt wird.
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Vorteilhafterweise wird als Formgebungsprozess Spritzgießen durchgeführt.
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Ebenfalls vorteilhafterweise werden als Partikel Partikel aus Siliziumdioxid, als Kunststoffe thermoplastische Kunststoffe, wie Polycarbonate, Polyamide, Polyester, Polymethylmethacrylate und/oder Polystyrol sowie Copolymere und/oder Blends, die die Kunststoffe enthalten, und als Flüssigkeit Wasser oder Alkohole oder deren Gemische eingesetzt.
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Weiterhin vorteilhafterweise wird als Zwischenoberfläche die Oberfläche von Werkzeugen eingesetzt, die zur Formgebung der Kunststoffe eingesetzt werden.
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Und auch vorteilhafterweise werden die Partikel und/oder die Kunststoffschicht und/oder die Kunststoffprecursorschicht mittels elektrostatischer Adsorption, Spin-Coating, Tauchen, Sprühen, Schleudern oder Rakeln auf die Zwischenoberfläche aufgebracht.
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Ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn die Partikel und/oder die Kunststoffschicht und/oder die Kunststoffprecursorschicht in einer maximalen Dicke von 100 nm aufgebracht werden.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung ist es erstmals möglich, modifizierte Kunststoffoberflächen anzugeben, die eine sehr gute Benetzbarkeit und Abriebfestigkeit aufweisen und weiterhin ein Verfahren, welches einfach und kostengünstig ist.
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Erreicht wird dies durch modifizierte Kunststoffoberflächen nach einem Formgebungsprozess. Als Formgebungsprozess wird vorteilhafterweise Spritzgießen angewandt.
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Während des Formgebungsprozesses wird ein Kunststoff erweicht und/oder aufgeschmolzen und entweder mit diesem Kunststoff oder mit einem weiteren Kunststoff, der durch den erweichten und/oder aufgeschmolzenen Kunststoff ebenfalls erweicht und/oder aufgeschmolzen wird, werden Partikel in Kontakt gebracht, die danach nur teilweise in die Kunststoffoberfläche eingebettet sind und mindestens formschlüssig mit dem Kunststoff verbunden sind. Die Partikel bestehen aus oder enthalten Silizium und/oder Oxide des Siliziums und/oder Siliziummischoxide.
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Bevor die Partikel mit einem erweichten und/oder aufgeschmolzenen Kunststoff in Kontakt gebracht werden, werden diese in mindestens einer Flüssigkeit dispergiert und ein- oder mehrmals auf eine Zwischenoberfläche aufgebracht. Dies kann mittels elektrostatischer Adsorption, Spin-Coating, Tauchen, Sprühen, Schleudern oder Rakeln erfolgen.
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In jedem Fall müssen die Partikel mit einem erweichten und/oder aufgeschmolzenen Kunststoff in Kontakt gebracht werden.
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Die auf die Zwischenoberfläche aufgebrachten Schichten aus Partikeln und/oder Kunststoff und/oder die Kunststoffprecursoren, die Teile der Zwischenoberfläche oder die gesamte Zwischenoberfläche bedecken, sollten vorteilhafterweise in einer maximalen Dicke von 100 nm aufgebracht werden. Als Hilfsmittel für die Fixierung der Nanopartikel auf der Zwischenoberfläche kann vorher ein Polymer mit kationischen Gruppen auf die Zwischenoberfläche adsorbiert werden, wobei die Schichtdicke im Bereich des Gyrationsradius des Polymers liegt.
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Die Partikel können strukturiert auf die Zwischenoberfläche aufgebracht werden, dies heißt, dass nur Teile der Zwischenoberfläche mit Schichten, die Partikel enthalten, beschichtet werden können, und/oder dass verschiedene Partikel in Schichten neben und/oder übereinandern und/oder innerhalb der Schichten auf die Zwischenoberfläche aufgebracht werden können. Verschiedene Partikel können Partikel unterschiedlicher Materialien und/oder unterschiedlicher Partikelgrößen sein.
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Vor oder während des Formgebungsprozesses muss dann mindestens ein Teil der Flüssigkeit aus der Partikeldispersion auf der Zwischenoberfläche entfernt werden. Da als Flüssigkeit vorteilhafterweise Wasser eingesetzt wird, verdampft dies mindestens teilweise, wenn es mit dem erweichten und/oder aufgeschmolzenen Kunststoff in Kontakt gelangt.
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Nachfolgend wird die Zwischenoberfläche entfernt.
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Im Falle der Formgebung durch Spritzgießen, können die Partikel auf die innere Oberfläche der Spritzgussform aufgebracht werden. Die Partikel können auch extern auf die Oberfläche eines Gegenstandes, z.B. einer Platte, aufgebracht werden, und diese wird in ein Spritzgießwerkzeug montiert. Nachfolgend wird dann der erweichte und/oder aufgeschmolzene Kunststoff eingespritzt und danach das Formteil aus der Spritzgussform entfernt.
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Als Kunststoffe können thermoplastische Kunststoffe, vorteilhaferweise Polycarbonate, Polyamide, Polyester, Polymethylmethacrylate und/oder Polystyrol sowie Copolymere und/oder Blends, die die Kunststoffe enthalten, eingesetzt sein.
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Die eingesetzten Partikel sind im Wesentlichen Mikro- und/oder Nanopartikel, vorteilhafterweise anorganische Nanopartikel, wie Partikel aus Siliziumdioxid. Sie weisen Durchmesser von 100 nm bis 1000 nm, vorteilhafterweise von 200 nm bis 800 nm, auf. Die Nanopartikel aus Siliziumdioxid oder siliziumdioxidhaltige Partikel weisen an der Oberfläche Silanolgruppen auf. Die Partikel können aber auch an der Oberfläche adsorbierte funktionelle Gruppen oder mittels Siloxanbindungen oder anderen kovalenten Bindungen gebundene funktionelle Gruppen aufweisen. Beispielsweise kann Aminopropyltrimethoxysilan an der Oberfläche gebunden vorliegen, so dass eine Aminofunktionalisierung der Oberfläche vorliegt. Ebenso können beispielsweise organische Chlorsilane an die Oberfläche gekoppelt sein.
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Es sind auch andere Nanopartikel einsetzbar, die aus Oxiden oder Mischoxiden von Metallen oder Halbleitermaterialien bestehen. Diese können mit oder ohne oberflächlich gebundenen funktionellen Gruppen eingesetzt werden.
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Die modifizierten Kunststoffoberflächen sind zu mindestens 60 % mit Partikeln bedeckt.
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Weiterhin sind die Partikel durch Formschluss des Kunststoffes auf der Oberfläche fixiert. In jedem Fall sind Partikeloberflächen mindestens teilweise an der Oberfläche der erfindungsgemäßen modifizierten Kunststoffe frei zugänglich, so dass die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Partikel ausgenutzt werden können, wie beispielsweise katalytische Eigenschaften von Partikeln. Die Partikel sind aber fest mit dem Kunststoff verbunden, was auch über kovalente Bindungen mit dem Kunststoff erfolgen kann. Damit wird eine permanente Modifizierung der Kunststoffoberfläche erreicht, die eine gute Benetzbarkeit und Abriebfestigkeit über lange Zeit bietet.
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Nachfolgend wird die Erfindung an mehreren Ausführungsbeispielen näher erläutert:
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Beispiel 1
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0,07 g SiO2-Nanopartikel mit einem Durchmesser d80 = 800 nm werden in 100 ml Wasser dispergiert und mit einer Sprühpistole in die temperierte Kavität eines Spritzgießwerkzeuges gesprüht. Nachdem das Wasser verdampft ist, wird das Werkzeug geschlossen und eine Polystyrolschmelze mit einer Temperatur von 360 °C eingespritzt. Nach dem Abkühlen wird das Formteil ausgeworfen.
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Es liegt ein Formteil aus Polystyrol mit einer Oberfläche vor, die teilweise mit SiO2-Partikeln bedeckt ist. Die Bedeckung ist an den Stellen erfolgt, an denen die Polystyrolschmelze mit dem Werkzeug, welches mit der Dispersion bedeckt gewesen ist, in Kontakt gekommen ist.
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Die SiO2-Partikel sind in die Polystyrolmatrix teilweise formschlüssig eingebunden und damit fest verankert. Dadurch ist diese Oberfläche des Formteils sehr gut benetzbar und abriebfest.
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Beispiel 2
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Ein spiegelpoliertes Stahlsubstrat wird in eine 0,2 M Lösung aus Polyethylenimin (MW = 750.00) in Wasser getaucht. Nach 15 Minuten wird die Stahlplatte in einem Wasserbad gespült. Anschließend werden 0,007 g SiO2-Nanopartikel (d50 = 200nm) in 100 ml Wasser mit einer Ultraschallsonde bei 80% Amplitudenstärke 10 Minuten dispergiert und die Stahlplatte danach für 30 Minuten in die gerührte Dispersion getaucht. Nach der Adsorption wird die Stahlplatte entnommen und mit Wasser gespült. Mit einem zweiten und dritten Adsorptionsschritt werden weitere SiO2-Schichten auf das Stahlsubstrat abgeschieden. Nach der Adsorption wird die Stahlplatte in die Kavität eines Spritzgußwerkzeuges eingelegt. Nach dem Schließen des Werkzeugs wird eine Polycarbonatschmelze (TP = 300°C) in das Werkzeug (TW = 80°C) eingespritzt. Nach dem Abkühlen wird das Formteil aus dem Werkzeug ausgeworfen.
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Es liegt ein mit SiO2-Partikeln oberflächenmodifizierter Polycarbonatformkörper vor, dessen Oberfläche sehr gute benetzbar und abriebfest ist.
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Beispiel 3
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1 g Propylcarboxylsäure-funktionalisierte Si-Nanopartikel werden in 10 ml eines Ethanol-Wasser-Gemisches (50/50) 5 Minuten mittels Ultraschallbehandlung dispergiert. 1 ml dieser Dispersion wird zügig auf eine Stahlplatte appliziert und durch Aufschleudern gleichmäßig auf der Oberfläche abgesetzt. Anschließend wird in einer Heißpresse Polystyrol in ein Werkzeug gefüllt und die beschichtete Stahlplatte eingelegt und das Werkzeug geschlossen. Nach dem Pressvorgang (160°C, 5 min, 50 kN) werden das Polymer und die Stahlplatte getrennt.
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Es liegt ein mit Si-Partikeln oberflächenmodifizierter Polystyrolformkörper vor, dessen Oberfläche sehr gute benetzbar und abriebfest ist.
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Beispiel 4
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Siliziumnanopartikel, die an der Oberfläche Aminopropyltrimethoxysilan aufweisen und damit mit primären Aminogruppen an der Oberfläche funktionalisiert sind, werden nach dem Verfahren nach Beispiel 3 dispergiert. Die Dispersion wird auf die Oberfläche einer Kavität in einem Spritzgießwerkzeug aufgebracht, das Lösungsmittel verdampft und das Werkzeug mit einer Polycarbonatschmelze gefüllt. Nach dem Entformen des Formteiles weist die mit der Dispersion in Kontakt gekommene Formteiloberfläche aminofunktionalisierte SiO2-Partikel auf, die formschlüssig teilweise in die Polycarbonatoberfläche eingebunden sind, Diese Formteiloberfläche ist gut benetzbar und ihre Eigenschaften werden durch die aminofunktionalisierten SiO2-Partikel bestimmt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2010054711 A1 [0009]
- US 6420451 B [0010]
- DE 10042566 A1 [0012]
- EP 2643390 A2 [0014]
- DE 102010004553 A1 [0015]
- US 20090087644 A1 [0016]
- DE 102008063205 A1 [0017]
- DE 102006005614 A1 [0018]
- DE 102004008065 A1 [0019]
- DE 102007061624 A1 [0020]
- DE 102010040826 A1 [0021]
- DE 102006019137 A1 [0023]