DE102014203393B4 - Energetische, thermolabile Polymere, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung - Google Patents
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Abstract
Energetisches, thermolabiles Polymer mit der allgemeine Formel (1)−[−N(R1)−R−N(R1)−]n−wobeiR1= C1bis C4Alkyl bedeuten,R = C1bis C8Alkylen oder C3bis C8cyclisches Alkylen,n = mindestens 2.
Description
- Kurzfassung
- Die Erfindung betrifft neue energetische, thermolabile Polymere, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung vorzugsweise als polymere Bindemittel in verschiedenen explosiven Zusammensetzungen für militärische oder zivile Anwendungen wie für Sprengstoffe zum Sprengen, Schweißen, Detonieren, für Schneidladungen und Munitionsfüllungen, für Treibmittel für Airbags, Geschütze und Raketen, für feste Brennstoffe in Hybridtriebwerken, für Generatoren und Pyrotechnika.
- Stand der Technik
- Polymere Binder sind an sich bekannt. Sie gestatten die Verarbeitung von energetischen Materialien bei erhöhten Temperaturen, die in der Regel außerhalb des Einsatztemperaturbereichs des Endprodukts liegen. Gegenwärtig wird z. B. Hydroxylterminiertes Polybutadien, kurz HTPB als gummiartiger Träger in Feststoffraketentriebwerken eingesetzt. Enthalten die Binder energie- oder gasliefernde Molekülgruppen (-NO2, -N3) spricht man von energetischen Bindern (Polynitropolyphenylen, Glycidylazidpolymer (GAP), Polyvinylnitrat, Nitrocellulose). So wurde z. B. GAP (
EP 380 750 A1 US-A-4,564,659 ,US-A-3,194,797 ,US-A-4,171,413 ,EP 1916261 A1 ). Da die Zersetzung der bekannten Polymere nur bei höheren Temperaturen und teilweise sogar ohne die Zersetzung der Sekundärstruktur des Polymers/ des Rückgrates abläuft, wird die Festigkeit des Polymers verzögert und wenig beeinflusst. Ebenfalls dokumentiert sind monergole Treibstoffe auf Basis von (Poly-) Aminnitraten und Salpetersäure als Oxidationsmittel sowie mit oder ohne einen zusätzlichen Kohlenwasserstoff als Brennstoff (US-A-3,058,301 ,US-A-3,125,852 ). Da diese Monergole als korrosive Flüssigkeiten geringer chemischer Stabilität ungeeignet für lagerbare Treibstoffe sind und darüberhinaus keine energetischen Molekülgruppen aufweisen, finden derartige Formulierungen derzeit keine Anwendung. - Die Aufgabe der Erfindung bestand deshalb darin, nach alternativen energetischen Polymeren zu suchen, die z. B. in Festtreibstoffen verwendet werden können und die eine Erhöhung der Abbrandgeschwindigkeit gewährleisten.
- Beschreibung der Erfindung
-
- R1 = C1 bis C4 Alkyl bedeuten, bevorzugt C1 bis C2 Alkyl,
- R = C1 bis C8 Alkylen oder C3 bis C8 cyclisches Alkylen, bevorzugt C1 bis C4 Alkylen
- n = mindestens 2.
- Es handelt sich dabei um Verbindungen, die ein Hydrazin-Einheiten enthaltendes Rückgrat besitzen, wobei zwischen den einzelnen Hydrazin-Einheiten zur Stabilisierung Alkylen-Brücken eingebaut sind. Der große Vorteil besteht darin, dass die Hydrazin-Einheiten mit ihrer „schwächsten Stelle'", nämlich der Stickstoffeinfachbindung möglichst dicht hintereinander gereiht in das schwingungsbelastete Polymer eingebracht sind, sodass bei Verwendung der Polymere als Binder gezielt ein Zerfall bei höheren Temperaturen provoziert werden kann.
- Das ist ein großer Unterschied zu den bisher bekannten Polymeren, bei denen Hydrazin-Einheiten entweder als Substituenten seitlich an den Hauptstrang gekoppelt wurden, oder nur mit einem der Stickstoffatome Teil des Rückgrates sind. Der Einbau des thermolabilen Elements erfolgt erfindungsgemäß in das Rückgrat des Polymers. Da die Stickstoffeinfachbindungen der erfindungsgemäßen Polymere Teil des Hauptstranges sind, zerfällt die Sekundärstruktur im gleichen Maße wie Stickstoff und freie Radikale aus den brechenden Stickstoffeinfachbindungen freigesetzt werden.
- Bevorzugt sind Polymere der allgemeinen Formel (1), in denen R1 Methyl oder Ethyl bedeutet; und R einen C1 bis C4 Alkylenrest darstellt, in der Regel Methylen, Ethylen, n-Propylen, Isopropylen, n-Butylen oder Isobutylen, vorzugsweise Ethylen.
- n besitzt vorzugsweise die Bedeutung von 2 bis 1000, besonders bevorzugt 2 bis 200, ganz besonders bevorzugt 2 bis 50.
- Die Herstellung der neuen Polymere der allgemeinen Formel (1) kann z. B. durch Polykondensation erfolgen.
- Syntheseweg 1:
- Ein bifunktionales, aliphatisches Di(monochloramin), vorzugsweise ein Di(monochlordialkylamin), dessen Alkylreste zu einer cyclischen Struktur (C2 bis C4) zusammengefasst sein können, mit einem aliphatischen, sekundären Diamin der allgemeinen Formel NH(R1)-R-NH(R1), worin R1 und R die Bedeutung der allgemeinen Formel (1) besitzen, oder einem gesättigten heterocyclischen sekundären Amin, vorzugsweise Piperazin, eine Polykondensation eingeht. Bevorzugt enthalten die Alkylbrücken der bifunktionalen Monochlordialkyl- oder Dialkylamine hierbei zwischen eins und vier Kohlenstoffatome (= R) und die nicht im späteren Rückgrat vertretenen Alkylsubstituenten (=R1) zwischen einem und zwei Kohlenstoffatome. Beispiele für die Edukte sind N,N'-Dichloropiperazin, N,N'-Dimethylethylendi(monochloramin), Piperazin und N,N'-Dimethylethylendiamin.
- Syntheseweg 2:
- Ein cyclisches Diamin, vorzugsweise Piperazin, oder ein aliphatisches, sekundäres Diamin der allgemeinen Struktur NH(R1)-R-NH(R1), wobei R1 und R die in Formel (1) genannte Bedeutung besitzen, wird mit Bis-Cyclopentadienyltitaniumdichlorid unter anhydrischen Bedingungen, im basischen Bereich zu einem entsprechend substituierten Bis-Cyclopentadienyltitaniumdiamid kondensiert. Als Base und Lösungsmittel fungiert hierbei ein gesättigtes tertiäres Amin, z. B. Triethylamin, N-Methylpiperidin oder Diisopropylethylamin, oder ein großer Überschuss des eingesetzten sekundären Amins. In einem zweiten Schritt wird das erhaltene substituierte Bis-Cyclopentadienyltitaniumdiamid dann durch ein Halogen, vorzugsweise Brom oder Chlor oxidiert, wobei unter (Rück-)Bildung des etwaigen Bis-Cyclopentadienyltitaniumdihalogenids das entsprechende Polymer der allgemeinen Formel (1) auf Basis der eingesetzten sekundären Amine gebildet wird.
- Syntheseweg 3:
- Alternativ können die Verbindungen hergestellt werden, indem in einer kationischen, ringöffnenden Polymerisation ein 1,2-Diazetidin-Derivat, vorzugsweise N,N'-Dimethyl-1,2-Diazetidin mit einer Alkylierungsreagenz, bevorzugt Triethyloxoniumtetrafluoroborat, oder Trimethyloxoniumtetrafluoroborat umgesetzt werden. Die Ringöffnung erfolgt über die Bildung eines Carbokations, sodass die Stickstoffeinfachbindung erhalten bleibt.
- Die erfindungsgemäßen Polymere können als polymere Bindemittel in verschiedenen explosiven Zusammensetzungen für militärische oder zivile Anwendungen verwendet werden, vorzugsweise für Sprengstoffe zum Sprengen, Schweißen, Detonieren, für Schneidladungen und Munitionsfüllungen, für Treibmittel für Airbags, Geschütze und Raketen, für feste Brennstoffe in Hybridtriebwerken, für Generatoren und Pyrotechnika.
- Besonders bevorzugt werden sie in Festtreibstoffen z. B. für Raketentriebwerke verwendet. Durch Einbau des thermolabilen Elements im Rückgrat des Polymers kann die Abbrandgeschwindigkeit wesentlich verbessert werden.
- Ausführungsbeispiele
- Beispiel 1
- Herstellung von [-N(CH3)-(C2H4)-N(CH3)-]n (n < 100) gemäß Syntheseweg 1
- Ein 250 ml Erlenmeyerkolben wird mit 100 ml Hexan und 15 g Triethylamin befüllt und auf 5°C abgekühlt. Dann werden 5 g N,N'-Dimethylethylendiamin unter Rühren gelöst und tropfenweise 8,92 g getrocknetes und frisch destilliertes (< 1 hpa, 10°C, resublimiert an Kühlfinger bei ca. -10°C) N,N'-Dichlorodimethylethylendiamin zugegeben, wobei die Temperatur konstant bei 5°C gehalten wird. Der Kolbeninhalt wird unter diesen Bedingungen für eine Woche gerührt, schließlich durch Einleiten von trockenem Chlorwasserstoff auf einen pH von 4-6 eingestellt und kalt filtriert. Der kristalline, bis gallertartige Filterkuchen wird zur Entfernung von Chlorresten noch 3 mal mit je 100 ml Hexan gespült und abgenutscht. Der kristalline Brei wird dann in 200 ml Methanol gelöst und mit methanolischer Natronlauge (ca. 10 Gew.-%) unter Rühren versetzt, bis keine Trübung der Lösung durch ausfallende Natriumchlorid-Kristalle mehr eintritt. Die Lösung wird erneut filtriert und bei 20°C im Vakuum (1-5 hpa) eingedampft. Der erkennbare ölige Rückstand kann als Zielprodukt der allgemeinen Struktur [-(NCH3)-(C2H4)-(CH3N)]n identifiziert werden und zersetzt sich, wenn nicht weiter aufgereinigt, ab etwa 70°C unter Gasentwicklung.
- Beispiel 2
- Herstellung von [-N(CH3)-(C2H4)-N(CH3)-]n (n > 100) gemäß Syntheseweg 2
- In einem 50 ml Erlenmeyerkolben werden 5 g Bis-Cyclopentadienyltitaniumdichlorid in 6 g Triethylamin suspendiert, wobei eine geringe Menge der Titanverbindung in Lösung geht. Nach halbstündigem Rühren wird die Suspension mit 2,65 g wasserfreien N,N'-Dimethylethylendiamin versetzt und unter Rühren in Argon Atmosphäre über 10 Stunden auf 70°C erhitzt. Der erhaltene braune, kristalline Rückstand wird abgenutscht und mit vier Mal 25 ml Acetonitril gewaschen. Der Filterkuchen ist nahezu unlöslich in aprotischen, organischen Lösungsmitteln (z. B. Cyclohexanon, Chloroform, Dioxan, Methylethylketon), kann jedoch unter Zersetzung in Alkoholen, heißem Wasser und Salzsäure gelöst werden. In einem zweiten Schritt wird das erhaltene Bis-Cyclopentadienyltitaniumdiamid-Derivat in 18,4 g 1,1,2-Trichlor-1,2,2-trifluorethan suspendiert und mit 1,6 g Brom unter Kühlung im Eisbad und kontinuierlichen Rühren versetzt. Der Ansatz wird nach Ende der Zugabe mit einem Intensivkühler versehen und bei fortwährendem Rühren für 48 Stunden bei 30°C gehalten. Dann wird am Keramikfilter filtriert, mit drei Mal 30 ml 1,1,2-Trichlor-1,2,2-trifluorethan gespült und das Filtrat bei 200-250 mbar und 30°C im Rotationsverdampfer eingedampft. Ist das Volumen der Lösung auf ca. 5 ml gesunken, wird die Rotation unterbrochen, der Kolben langsam auf 10°C abgekühlt und der Unterdruck aufgelöst, wobei schlagartig durchsichtige Kristallnadeln erkennbar werden. Bei den Kristallen handelt es sich um eine hochmolekulare Form des Polymers, welche durch erneute Filtration von der Lösung getrennt werden kann.
Claims (10)
- Polymer nach
Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass R1 Methyl oder Ethyl bedeuten und R = C1 bis C4 Alkylen. - Polymer nach
Anspruch 1 oder2 , dadurch gekennzeichnet, dass n = 2 bis 1000 bedeutet. - Verfahren zur Herstellung eines Polymers gemäß einem der
Ansprüche 1 bis3 , gekennzeichnet durch Polykondensation eines bifunktionalen, aliphatischen Di(monochloramins), dessen Alkylreste zu einer cyclischen Struktur (C2 bis C4) zusammengefasst sein können, mit einem aliphatischen, sekundären Diamin der allgemeinen Formel NH(R1)-R-NH (R1), worin R1 und R die Bedeutung der allgemeinen Formel (1) besitzen, oder einem gesättigten heterocyclischen sekundären Amin. - Verfahren zur Herstellung eines Polymers gemäß einem der
Ansprüche 1 bis3 , gekennzeichnet durch Kondensation eines cyclischen Diamins oder eines aliphatischen, sekundären Diamins der allgemeinen Struktur NH(R1)-R-NH(R1), wobei R1 und R die in Formel (1) genannte Bedeutung besitzen, mit Bis-Cyclopentadienyltitaniumdichlorid unter anhydrischen Bedingungen, im basischen Bereich zu einem entsprechend substituierten Bis-Cyclopentadienyltitaniumdiamid und anschließender Reaktion mit einem Halogen, wobei unter (Rück-)Bildung des etwaigen Bis-Cyclopentadienyltitaniumdihalogenids das entsprechende Polymer der allgemeinen Formel (1) auf Basis der eingesetzten sekundären Amine gebildet wird. - Verfahren nach
Anspruch 5 , dadurch gekennzeichnet, dass als Halogen Chlor oder Brom verwendet werden. - Verfahren nach einem der
Ansprüche 4 bis6 , dadurch gekennzeichnet, dass als aliphatisches, sekundäres Diamin N,N'-Dimethylethylendiamin oder Piperazin als heterocyclisches Amin verwendet werden. - Verfahren zur Herstellung eines Polymers gemäß einem der
Ansprüche 1 bis3 , gekennzeichnet durch eine kationische, ringöffnende Polymerisation, wobei ein 1,2-Diazetidin-Derivat mit einem Alkylierungsreagenz umgesetzt wird. - Verwendung eines Polymers gemäß einem der
Ansprüche 1 bis8 als polymere Bindemittel für Sprengstoffe, für Schneidladungen und Munitionsfüllungen, für Treibmittel für Airbags, Geschütze und Raketen, für feste Brennstoffe in Hybridtriebwerken, für Generatoren oder Pyrotechnika. - Verwendung nach
Anspruch 9 in Festtreibstoffen für Raketentriebwerke.
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-
2014
- 2014-02-25 DE DE102014203393.4A patent/DE102014203393B4/de active Active
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