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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Auslösung eines Rückhaltesystems eines Kraftfahrzeugs im Kollisionsfall gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 und ein solches Rückhaltesystem gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 9.
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Um die Insassen eines Kraftfahrzeugs bei einer Kollision zu schützen, ist dieses mit Rückhaltesystemen für die Insassen ausgestattet. Zu den Rückhaltesystemen zählen hauptsächlich die Sicherheitsgurte und die Airbags. Die Auslösung dieser Rückhaltesysteme erfolgt über das zentrale Airbagsteuergerät, welches mittels geeigneter Sensorik Beschleunigungsverläufe, d.h. Crashpulse, erfasst und auswertet. Beim Überschreiten vorgegebener Schwellenwerte werden die Rückhaltesysteme durch das Steuergerät ausgelöst, wobei bei den Rückhaltesystemen eine grundsätzliche Erfüllung von Gesetzes- und Verbraucherschutzanforderungen gegeben sein muss und eine teilweise Berücksichtigung der Sitzposition der Insassen möglich sein kann. Um immer auch eine ausreichende Rückhaltewirkung im realen Unfallgeschehen zu gewährleisten, sind die Systeme in der Regel auf einen sehr harten Puls entsprechend einem schweren Unfall ausgelegt.
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Derzeit entscheidet das Airbagsteuergerät durch die Auswertung der Sensorinformation im Wesentlichen nur zwischen Auslösen und Nichtauslösen. Eine weitergehende Analyse der Sensorinformation und somit der Unfallschwere findet aufgrund von unzureichenden Informationen und Zeitmangel üblicherweise nicht statt. Allerdings können aufgrund einer Sitzpositionserkennung mittels beispielsweise einer Sensorik im Sitzverstellfeld Rückschlüsse über den Insassen gezogen werden, so dass in beschränktem Maße das Rückhaltesystem angepasst werden kann. Ist beispielsweise der Sitz vorne angeordnet, so deutet das in der Regel auf einen kleinen und folglich leichten Insassen hin. Folglich kann durch die frühe Ankopplung ein kleinerer Airbag mit geringerem Innendruck eingesetzt sowie das Gurtkraftniveau verringert werden, da der leichte Insasse eine geringe kinetische Energie aufweist. Die Einleitung verschiedener Maßnahmen, wie die Absenkung des Gurtkraftniveaus, wird dabei teilweise erst im Crash geschaltet.
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Aus der Druckschrift
DE 103 45 726 A1 ist ein Rückhaltesystem zum Zurückhalten eines Insassen eines Kraftfahrzeugs und ein Verfahren zum dynamischen Ansteuern eines derartigen Rückhaltesystems bekannt. Dabei erfolgt das dynamische Ansteuern als Funktion der aktuellen Umfeldsituation des Kraftfahrzeugs, wobei anhand einer Umfeldsensorik relevante Unfall-Objekte und deren Kollisionsparameter, wie Aufprallgeschwindigkeit, Aufprallwinkel, etc., erfasst werden. Ferner ist die dynamische Ansteuerung eine Funktion der Insassenparameter, wie beispielsweise Größe und Gewicht des Insassen, Sitzeinstellung oder Ähnliches, wobei die genannten Parameter durch eine geeignete Sensorik erfasst werden. Schließlich wird die aktuelle Situation des Kraftfahrzeugs durch eine Unfall-Sensorik erfasst, die Daten, wie beispielsweise die Unfall-Schwere oder die Unfall-Beschleunigung, erfasst und diese Unfall-Daten der dynamischen Ansteuerung zur Berücksichtigung zuführt.
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Die Druckschrift
DE 103 04 142 A1 offenbart ein Verfahren zum Ansteuern eines Gasgenerators zum Aufblasen eines Airbags, wobei die Ansteuerung in Abhängigkeit von einer Verknüpfung mit Crash-Merkmalen erfolgt. Als Crash-Merkmale kommen zumindest eine Insassenkenngröße, wie beispielsweise das Insassengewicht, und wenigstens ein Crash-Parameter, wie beispielsweise die von einer geeigneten Sensorik bestimmte Crash-Schwere, in Betracht.
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Die Druckschrift
DE 10 2009 046 057 A1 beschreibt ein Verfahren zur Anpassung der Steifigkeit eines irreversiblen Pralldämpfers eines Kraftfahrzeugs, wobei der Pralldämpfer zur Absorption der Aufprallenergie eines Objektes auf das Fahrzeug ausgebildet ist. Dabei kann eine Crashschwereschätzung vor der eigentlichen Kollision erfolgen, um den Pralldämpfer geeignet ansteuern zu können. Die Crashschwereschätzung bestimmt beispielsweise die Masse und die Relativgeschwindigkeit des Kollisionsgegners.
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Bei den bekannten Lösungen führt einerseits die unzureichende Sensorik zur Erkennung der Unfallschwere zur unvollständigen Ausnutzung des vorhandenen Vorverlagerungsweges und somit zu unnötig hohen Insassenbelastungen. Andererseits führt die teilweise zu späte Einleitung von Maßnahmen, wie beispielsweise zu spätes Herabschalten des Gurtkraftbegrenzers oder zu spätes Öffnen des Airbagvents, zu höheren Belastungen des Insassen. Mit anderen Worten, die bekannten Lösungen sind nicht ausreichend auf die Insassen und/oder das Kollisionsszenario spezifiziert.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Steuerung eines Rückhaltesystems für einen Insassen eines Kraftfahrzeugs zu schaffen, bei denen versucht wird, die Belastungen auf eine Minimum zu begrenzen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch eine entsprechende Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 9 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Auslösung eines adaptiven Rückhaltesystems eines Kraftfahrzeugs umfasst die Schritte:
- - Bestimmen der Kollisionssituation im Umfeld des Kraftfahrzeugs basierend auf kollisionsrelevanten Daten,
- - Durchführen einer Unfallschwereprognose bei einer unvermeidbaren bevorstehenden Kollision basierend auf den kollisionsrelevanten Daten und Ermitteln eines auf den Kollisionszeitpunkt ausgerichteten prognostizierten Geschwindigkeitsverlaufs der Kollision,
- - Ermittlung eines Ähnlichkeitsvektors durch Bestimmung der Ähnlichkeit des prognostizierten Geschwindigkeitsverlaufs mit hinterlegten Geschwindigkeitsverläufen vorgegebener Crashsituationen mittels eines Ähnlichkeitsmaßes,
- - Auswählen der Komponenten des Ähnlichkeitsvektors, welche ein Ähnlichkeitsmaß aufweisen, welches gleich oder größer ist als eine vorgegebene Schwelle,
- - Ermittlung insassenspezifischer Parameter und
- - Bestimmen einer Auslöseempfehlungsmatrix anhand der ausgewählten Komponenten des Ähnlichkeitsvektors und der insassenspezifischen Parameter.
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Auf diese Weise wird vor dem tatsächliche Eintreten des Kollisionsfalls eine Auslösungsempfehlungsmatrix basierend auf einem prognostizierten Geschwindigkeitsverlauf der Kollision generiert, anhand der eine adaptive Auslösung des Rückhaltesystems des Kraftfahrzeugs erfolgen kann.
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Vorzugsweise enthalten die Matrixelemente der Auslöseempfehlungsmatrix die jeweiligen Auslöseparameter zum Auslösen des adaptiven Rückhaltesystems. Auf diese Weise kann ein lastfallabhängiges Ansteuern des Rückhaltesystems erzielt werden.
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Weiter bevorzugt wird eine eingeschränkte adaptive Auslösung des adaptiven Rückhaltesystems basierend auf dem tatsächlichen Geschwindigkeitsverlauf während der Kollision und der ermittelten insassenspezifischen Parameter vorgenommen, wenn keine Komponente des Ähnlichkeitsvektors gleich oder größer als die vorgegebene Schwelle ist.
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Weiter bevorzugt werden die ausgewählten Komponenten des Ähnlichkeitsvektors, welche zur Bildung der Auslösungsempfehlungsmatrix herangezogen werden, nach Crashsituationen kategorisiert.
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Insbesondere können aus den ausgewählten Komponenten des Ähnlichkeitsvektors pro Crashsituation diejenigen Komponenten mit der höchsten zu erwartenden Unfallschwere zur Bildung der Auslöseempfehlungsmatrix ausgewählt werden.
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Vorzugsweise wird nach dem Eintreten der Kollision zum Kollisionszeitpunkt T0 die tatsächliche Crashsituation ermittelt und eine eingeschränkte adaptive Auslösung des adaptiven Rückhaltesystems basierend auf der tatsächlichen Crashsituation und der ermittelten insassenspezifischen Parameter vorgenommen, falls keine der in der Auslöseempfehlungsmatrix vorhandenen Crashsituationen mit der tatsächlichen Crashsituation übereinstimmt. Eine adaptive Auslösung des adaptiven Rückhaltesystems, basierend auf der tatsächlichen Crashsituation, der ermittelten insassenspezifischen Parameter und der Auslöseempfehlungsmatrix, wird dann vorgenommen, falls die tatsächliche Crashsituation mit einer der in der Auslöseempfehlungsmatrix vorhandenen Crashsituationen übereinstimmt.
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Vorzugsweise erfolgt die adaptive Auslösung mit dem Parametersatz eines Elements der Auslöseempfehlungsmatrix, dessen Crashsituation mit der tatsächlichen Crashsituation übereinstimmt.
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Insbesondere können die kollisionsrelevanten Daten zumindest Umfelddaten, Egodaten des Kraftfahrzeugs und Daten einer Trajektorienplanung umfassen.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Auslösung eines adaptiven Rückhaltesystems eines Kraftfahrzeugs, welche zur Durchführung des im Vorangegangenen beschriebenen Verfahrens eingerichtet und ausgelegt ist, umfasst
- - eine Einrichtung zur Bestimmung kollisionsrelevanter Daten,
- - eine Einrichtung zur Bestimmung einer Kollisionsgefahr mit einem Objekt/Fahrzeug in der Umgebung des Kraftfahrzeugs,
- - eine Incrash-Sensorik zur Bestimmung der tatsächlichen Kollision,
- - eine Sensorik zur Ermittlung insassenspezifischer Parameter, und
- - eine Einrichtung zum Auslösen des adaptiven Rückhaltesystems,
- - eine Einrichtung zur Bestimmung einer Unfallschwereprognose bei einer unvermeidbaren bevorstehenden Kollision basierend auf den kollisionsrelevanten Daten und zur Ermittlung eines auf den Kollisionszeitpunkt ausgerichteten prognostizierten Geschwindigkeitsverlaufs der Kollision,
- - eine Einrichtung zur Ermittlung eines Ähnlichkeitsvektors durch Bestimmung der Ähnlichkeit des prognostizierten Geschwindigkeitsverlaufs mit hinterlegten Geschwindigkeitsverläufen vorgegebener Crashsituationen mittels eines Ähnlichkeitsmaßes,
- - eine Einrichtung zum Auswählen derjenigen Komponenten des Ähnlichkeitsvektors, welche ein Ähnlichkeitsmaß aufweisen, welches gleich oder größer ist als eine vorgegebene Schwelle, und
- - eine Einrichtung zur Bestimmung einer Auslöseempfehlungsmatrix anhand der ausgewählten Komponenten des Ähnlichkeitsvektors und der insassenspezifischen Parameter.
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Vorzugsweise umfasst die Vorrichtung ferner eine Einrichtung zur Klassifizierung der tatsächlichen Crashsituation anhand der Daten der InCrash-Sensorik.
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Im Vergleich zu bekannten Auslöseverfahren, bei denen im Wesentlichen nur Daten einer Beschleunigungssensorik im Fahrzeug verwendet werden, berücksichtigt das erfindungsgemäße Verfahren weitere kollisionsrelevante Parameter, die teilweise schon vor der Kollision zur Verfügung stehen, sodass vor dem eigentlichen Kollisionszeitpunkt Auslöseempfehlungen für das adaptive Rückhaltesystem auf Grundlage einer Unfallschwereprognose zur Verfügung stehen. Dabei umfasst eine derartige Beschleunigungssensorik üblicherweise UP-Front-Sensoren, weitere Beschleunigungssensoren und dem Airbagsteuergerät.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnungen erläutert. Dabei zeigt
- 1 ein Ablaufdiagramm des Verfahrens in zeitlicher Abhängigkeit und
- 2 ein Beispiel eines prognostizierten Crashpulses und seines Geschwindigkeitsverlaufs.
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Das in 1 dargestellte Ablaufdiagramm zeigt eine Übersicht über das Verfahren zur Auslösung eines adaptiven Rückhaltesystems 20 eines Kraftfahrzeugs, wobei das Verfahren in seinem zeitlichen Ablauf t dargestellt ist und der Zeitpunkt der Kollision mit T0 bezeichnet ist. Aus der 1 ist direkt ersichtlich, dass ein Teil des Verfahrens vor dem Eintritt der Kollision zum Zeitpunkt T0 erfolgt. Im Prinzip kann das Verfahren auch zur Auslösung anderer Schutzsysteme eines Kraftfahrzeugs verwendet werden.
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Mit Hilfe einer vorausschauenden Umfeldsensorik 2, basierend beispielsweise auf Laser, Radar, Ultraschall oder Kameras, in die auch Informationen eines Car2X-Netzwerks 1, d.h. Car2Car- und/oder Car2lnfrastruktur-Kommunikation, einfließen, wird eine kontinuierliche Erfassung der Umgebung des eigenen Fahrzeugs einschließlich der Detektion von Objekten oder anderen Fahrzeugen in der Umgebung gewährleistet. Zusammen mit Egodaten 3 des eigenen Fahrzeugs, Trajektoriendaten 4 einer Trajektorienplanung sowie gegebenenfalls weiteren das eigene Fahrzeug betreffenden Daten 5 erfolgt anhand geeigneter Algorithmen eine Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit 6 mit den in der Umgebung ermittelten Fahrzeugen oder Objekten. Ist eine Kollision unvermeidlich, d.h. die Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit 6 des Egofahrzeugs mit einem Objekt/Fahrzeug in der Umgebung des Egofahrzeugs ergibt einen Wert, der größer ist als eine vorgegebene Schwelle, so wird eine Unfallschwereprognose 7 durchgeführt.
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Die Unfallschwereprognose 7 ermittelt die mögliche Schwere der bevorstehenden Kollision, wenn die Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit 6 eine unvermeidbare bevorstehende Kollision ermittelt hat. Die mögliche Schwere der Kollision wird dabei auf der Basis der Inputdaten wie Geschwindigkeiten, Kollisionsgegner, Winkel, Trefferlage etc. bestimmt, die sich aus der Auswertung der Daten der Umfeldsensorik 2, der Egodaten 3, der Trajektorienplanung 4 und weiterer Daten 5 ergeben. Die Unfallschwere wird dabei auf den Zeitpunkt T0 der Kollision projiziert, so dass auch vor der Kollision ausgelöste Brems- und Lenkmanöver, die die Schwere der Kollision beeinflussen könnten, aufgrund der Trajektorienplanung 4 zumindest teilweise mit berücksichtigt werden. Die Ausgabegröße der Unfallschwereprognose 7 ist der erwartete Verlauf des Geschwindigkeitsabbaus v über t im Verlauf der Kollision, also der prognostizierte Geschwindigkeitsverlauf.
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In einer Datenbank 9 sind die Geschwindigkeitsverläufe für verschiedene Crashkonstellationen als sogenannte Lastfälle hinterlegt. Die in der Datenbank 9 enthaltenen Lastfälle bilden dabei einen möglichst umfassenden Bereich des realen Unfallgeschehens ab. Um andererseits die Verarbeitungszeiten der folgenden Schritte, die vor der Kollision durchgeführt werden müssen, klein zu halten und wenig Speicher zu benötigen, sollte auch die Anzahl der in der Datenbank enthaltenen Lastfälle möglichst gering sein. Dies wird möglich durch eine Reduzierung des Unfallgeschehens auf repräsentative Lastfälle, wobei die in der Datenbank 9 gespeicherten repräsentativen Lastfälle eine unterschiedliche Auslösung des Rückhaltesystems erfordern. Im einfachsten Fall können in der Datenbank beispielsweise die heute verwendeten „Standardlastfälle“ bei verschiedenen Kollisionsgeschwindigkeiten enthalten sein, beispielsweise der Wandaufprall (FF - Full Frontal), der Offset Aufprall (ODB - Offset Deformable Barrier) und der Small Overlap Aufprall (SO - Small Overlap). Für alle in der Datenbank 9 abgelegten Lastfälle wurden im Rahmen der Fahrzeugentwicklung die für die jeweiligen Insassen optimalen Auslöseparameter des Rückhaltesystems 20 ermittelt.
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Nachdem die Unfallschwereprognose 7 den prognostizierten Geschwindigkeitsverlauf ermittelt hat, wird dieser in einem Vergleichsschritt 8 mit den in der Datenbank abgelegten Geschwindigkeitsverläufen, also den gespeicherten Lastfällen, unter Verwendung eines geeigneten Ähnlichkeitsmaßes verglichen. Sind in der Datenbank m Lastfälle abgelegt, so ist das Ergebnis ein Ähnlichkeitsvektor 10 mit m Zeilen bzw. m Ähnlichkeitswerten, wobei ein Ähnlichkeitswert des Ähnlichkeitsvektors 10 die Übereinstimmung des prognostizierten Geschwindigkeitsverlaufs mit einem Lastfall beispielsweise in Prozent oder als Wahrscheinlichkeitswert angibt, wobei im Folgenden die Prozentnotation verwendet wird.
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Zur Verdeutlichung eines Ähnlichkeitsvektors wird ein realer Unfall mit ca. 60 km/h gegen ein anderes Fahrzeug mit einer Überdeckung von ca. 50 % angenommen, wobei in diesem Beispiel der Einfachheit halber nur m = 5 Lastfälle betrachtet werden und die herangezogenen Lastfälle im Rahmen des heute üblichen Fahrzeugentwicklungsprozesses betrachteten Lastfällen entsprechen. Das Ergebnis des Vergleichs 8 ist der Ähnlichkeitsvektor 10 P
Crash, wobei der Wert 0% keine Ähnlichkeit und der Wert 100% Übereinstimmung bedeutet. Mit anderen Worten, der Ähnlichkeitsvektor 10 enthält die Wahrscheinlichkeiten der Übereinstimmung der aktuellen Situation mit bekannten genormten Crashsituationen.
wobei in Klammern hinter dem Wahrscheinlichkeitswert das Crashszenario, d.h. der Lastfall, angegeben ist.
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In einer nachfolgenden Schwellenwertabfrage 11 werden alle Ähnlichkeitswerte des Ähnlichkeitsvektors 10 mit einem vorher festgelegten Schwellenwert verglichen und es werden diejenigen Lastfälle des Ähnlichkeitsvektors ermittelt, deren Ähnlichkeitswert größer oder gleich dem Schwellenwert ist. Als Schwellwert kann beispielsweise ein Wert von 80% in Betracht kommen.
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Ist die Schwellenwertabfrage 11 negativ, d.h. kein prognostizierter Geschwindigkeitsverlauf des Ähnlichkeitsvektors 10 ist größer oder gleich dem Schwellenwert, so geht das Verfahren nach der Kollision zum Zeitpunkt T0 über in den Auslöseschritt 19 und es erfolgt eine konventionelle adaptive Auslösung des adaptiven Rückhaltesystems 20 auf der Basis der Ergebnisse der Incrash-Sensorik 15, die den Crashverlauf nach dem Eintreten der Kollision zum Zeitpunkt T0 bestimmt und aus einer geeigneten Sensorik wie ein Up-Front-Sensorik und eine Beschleunigungssensorik (Mitteltunnel) bestehen kann. Dabei können in die konventionelle adaptive Auslösung 19 noch Insassenparameter 14, wie beispielsweise Gewicht, Größe, Sitzposition, Vorverlagerung, etc des Insassen, einfließen.
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Ergibt die Schwellenwertabfrage 11, dass zumindest ein Geschwindigkeitsverlauf, d.h. Lastfall, dem Schwellenwert gleich ist oder diesen übersteigt, so folgt das Verfahren der Ja-Verzweigung J und geht über in den Kategorisierungschritt 12.
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In der Schwellenwertabfrage 11 werden für die weitere Betrachtung alle diejenigen prognostizierten Geschwindigkeitsverläufe, deren Ähnlichkeitswert den Schwellenwert überschreiten, für die weitere Betrachtung herausgefiltert, sodass die Anzahl der herausgefilterten Geschwindigkeitsverläufe n beträgt mit n ≥1. Diese n Lastfälle werden im nächsten Kategorisierungschritt 12 ihrer jeweiligen Crashsituation zugeordnet. Es erfolgt also eine Aufteilung in die Kategorien oder Crashsituationen wie beispielsweise die oben genannte Aufteilung nach Überdeckungsgrad: 100% Wandaufprall (FF), Offset Crash (ODB) und Small Overlap Crash (SO) sowie eine Aufteilung nach Geschwindigkeit: niedrig, mittel, hoch, etc.
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Für den Fall, dass in einer Crashsituation, beispielsweise FF, ODB oder SO, mehrere Lastfälle den Schwellenwert überschreiten, kann aus dieser Crashsituation beispielsweise der „worst case“ ausgewählt werden, also die höchste zu erwartende Unfallschwere. Dieser konservative Ansatz wird gewählt, um einem Unterschätzen der erwarteten Unfallschwere durch die Unfallschwereprognose entgegenzuwirken.
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Alternativ können weitere Ansätze verfolgt werden, beispielsweise:
- - alle Lastfälle, die den Schwellenwert überschritten haben, werden zur weiteren Verarbeitung herangezogen,
- - in jeder Crashsituation wird der Lastfall mit dem höchsten jeweiligen Ähnlichkeitsweit weiterverwendet, oder
- - nur der Lastfall mit dem höchsten Ähnlichkeitswert wird zur Ansteuerung herangezogen.
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Im nächsten Verarbeitungsschritt, der Erstellung der Auslöseempfehlungsmatrix 13, erfolgt die Festlegung der Ansteuerungsparameter des adaptiven Rückhaltesystems 20. Dazu werden die vorher von einer geeigneten Sensorik 14 ermittelten Insassenparameter wie Größe, Gewicht, Sitzposition etc. mit den Parametern der „worst case“ Lastfälle kombiniert. Für jede Kombination aus der Unfallschwere (worst case Lastfälle) und den Insassenparametern sind die erforderlichen Ansteuerungsparameter des Rückhaltesystems bekannt. Ansteuerungsparameter des Rückhaltesystems können beispielsweise das Airbagvolumen, die Ventgröße, und/oder die Ventöffnungszeit sein. Das Ergebnis dieses Verarbeitungsschrittes ist die Auslöseempfehlungsmatrix, die die Ansteuerungsparameter des RHS für jede Lastfall-Insassen-Kombination enthält. Dabei ist festzuhalten, dass die Auslöseempfehlungsmatrix vor dem Kollisionszeitpunkt T0 verfügbar ist.
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Nach dem Eintreten des Kollisionsfalles zum Zeitpunkt T0 wird die im Fahrzeug vorhandene Incrash-Sensorik 15 zur Erkennung des tatsächlichen Crashs und damit auch zur Auslösung des Rückhaltesystems eingesetzt. Dazu kann eine sogenannte UpFront-Sensorik und eine Beschleunigungssensorik verwendet werden. Mit dieser Maßnahme wird das Risiko einer Fehlauslösung des irreversiblen Rückhaltesystems minimiert. Mit weiterer Verbesserung der Umfeldwahrnehmung ist es zukünftig aber auch denkbar, dass das Rückhaltesystem schon vor dem Kollisionszeitpunkt T0 ausgelöst werden könnte.
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Auf Basis der Signale der Incrash-Sensorik 15 erfolgt in einem Klassifizierungsschritt 16 eine Klassifizierung des Crashes und somit eine Zuordnung des tatsächlichen Crashes zu einer in der Datenbank 9 abgelegten Crashsituation, wie beispielsweise Crash mit 100% Überdeckung, Offset Crash, Small Overlap Crash. Die ermittelte tatsächliche Crashsituation wird mit den prognostizierten Crashsituationen in der Auslöseempfehlungsmatrix 13 in einem Vergleichschritt 17 verglichen.
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Ist die tatsächliche Crashsituation in der Auslöseempfehlungsmatrix 13 enthalten, mit anderen Worten der Ausgang des Vergleichs 17 positiv, so erfolgt entlang des Ja-Pfades J die vollständig adaptive Auslösung 18 des adaptiven Rückhaltesystem 20 mit den Rückhaltesystemparametern entsprechend den Werten in der Auslöseempfehlungsmatrix. Mit anderen Worten, das Rückhaltesystem wird in diesem Fall unfallschwere- und insassenadaptiv ausgelöst. Dabei erfolgt die Auslösung mittels eines Elements der Auslöseempfehlungsmatrix, dessen Crashsituation mit der tatsächlichen Crashsituation übereinstimmt.
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Erfolgt die Kategorisierung der Lastfälle im Kategorisierungsschritt 12 nach dem „worst case“-Prinzip, so enthält die Auslöseempfehlungsmatrix für jede Crashsituation genau ein Element, dessen Parametersatz für die Auslösung herangezogen wird. Werden andere Vorgehensweise angewendet, wie dies im Vorangegangenen erläutert wurde, so kann die Auslöseempfehlungsmatrix pro Crash-Situation mehrere Elemente aufweisen. In diesem Fall können weitere Parameter, wie beispielsweise die Kollisionsgeschwindigkeit, zur Bestimmung des für die Auslösung verwendeten Elements herangezogen werden.
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Falls die tatsächliche Crashsituation nicht in der Auslöseempfehlungsmatrix enthalten ist, das Ergebnis des Vergleichs 17 also negativ ist, so erfolgt eine eingeschränkt adaptive Auslösung 19 des Rückhaltesystems 20 mit den in der Rückfallebene abgelegten Parametern auf Basis der Incrash-Sensorik 15 und den Insassenparametern 14.
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Dieser Fall tritt auch ein, wenn in dem Ähnlichkeitsvektor kein Ähnlichkeitswert größer ist als der festgelegte Schwellenwert, wie dies bereits im Vorangegangen erläutert wurde. Die eingeschränkt adaptive Auslösung 19 des Rückhaltesystems 20 erfolgt dann ebenfalls mit den in der Rückfallebene abgelegten Parametern auf Basis der Incrash-Sensorik 15 und den Insassenparametern 14.
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Zur weiteren Veranschaulichung zeigt 2 ein Beispiel eines von der Unfallschwereprognose 7 prognostizierten Crashpulses sowie des entsprechenden prognostizierten Crashgeschwindigkeitsverlaufs bei einer Kollision in einem vorgegebenen Bereich des Fahrzeugs als Funktion der Zeit t in Millisekunden. Der obere Teil der 2 zeigt den Verlauf der durch die Kollision verursachten Beschleunigung a(t) in Einheiten der Erdbeschleunigung g und der untere Teil den entsprechenden Geschwindigkeitsverlauf v(t) in m/s, im vorgegebenen Bereich des Fahrzeugs. Deutlich zu erkennen ist, dass der sogenannte Crashpuls in diesem Beispiel in den ersten 60 Millisekunden nach der Kollision zu einer Abnahme der Fahrzeuggeschwindigkeit in dem vorgegebenen Bereich bis in den negativen Bereich führt. Aus dem Crashpuls bzw. dessen Integral, nämlich dem resultierenden Geschwindigkeitsverlauf, kann die Unfallschwere abgeleitet werden, aus der in Zusammenhang mit ermittelten Insassenparametern das Rückhaltesystem gesteuert wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Daten einer Car2Car und/oder Car2lnfrastruktur Kommunikation
- 2
- Umfeldsensorik
- 3
- Egodaten des Egofahrzeugs
- 4
- Daten Trajektorienplanung
- 5
- weitere kollisionsrelevante Informationen
- 6
- Ermittlung Kollisionswahrscheinlichkeit
- 7
- Unfallschwereprognose
- 8
- Vergleich prognostizierter Crash-Geschwindigkeitsverlauf - Lastfälle
- 9
- Datenbank Lastfälle
- 10
- Ähnlichkeitsvektor
- 11
- Schwellenwertvergleich Ähnlichkeitsvektor
- 12
- gefilterte/ausgewählte Lastfälle Ähnlichkeitsvektor
- 13
- Bildung der Auslöseempfehlungsmatrix
- 14
- Insassenparameter
- 15
- Ermittlung tatsächlicher Crashpuls bzw. InCrash-Sensorik
- 16
- Crashpulsklassifizierung zur Ermittlung der Crashsituation
- 17
- Abfrage Übereinstimmung gefilterte Lastfälle - tatsächliche Crashsituation
- 18
- vollständige adaptive Auslösung
- 19
- eingeschränkte adaptive Auslösung
- 20
- adaptives Rückhaltesystem
- t
- Zeit
- a(t)
- Beschleunigung
- v(t)
- Geschwindigkeit