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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung funktionaliserter zellularer Werkstoffe (ZW) oder zellularer Gläser.
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Unter ZW werden hier alle Werkstoffe zusammengefasst, deren Eigenschaften durch den zugrunde liegenden Werkstoff bzw. das Material und den darin vorhandenen Hohlräumen bzw. Poren resultieren. Sind diese Poren isoliert d.h. vollständig oder nahezu vollständig durch Material getrennt, spricht man von geschlossener Porosität. Sind die Poren durchgängig miteinander verbunden, wird die Porosität als offen bezeichnet. Typischerweise haben ZW einen Materialanteil zwischen 5 Vol.-% und 50 Vol.-%, es gibt jedoch auch ZW mit einem deutlich niedrigeren oder höheren Materialanteil.
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Eine wesentliche Verfahrensklasse nach dem Stand der Technik zur Herstellung zellularer Werkstoffe ist das sogenannte Platzhalterverfahren (PV), bei denen dem Versatz, d.h. dem Gemenge aus Werkstoff oder einem Vorläufer des gewünschten Werkstoffs, Lösungsmittel, Bindemittel, Plastifizierungsmittel und ggf. weitere Hilfsmittel wie z. B. oberflächenaktive Verbindungen, Sinterhilfsmittel, Gleithilfsmittel etc., Opferwerkstoffe (OW) zugemischt werden.
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Als Lösungsmittel sind bei der Formgebung flüssige Stoffe/Stoffgemische zu verstehen, die andere Bestandteile lösen oder dispergieren. Nach der Formgebung des plastischen Versatzes erfolgt eine Verfestigung des Versatzes und Umwandlung in den zellularen Werkstoff.
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Die Verfestigung kann je nach Art des Werkstoffs aus einem oder mehrern Schritten bestehen, die in der Regel eine thermische Behandlung einschließen. Je nach Eigenschaften des OW wird dieser bei der Verfestigung oder nach einer Verfestigung entfernt. Die Entfernung des OW durch die thermische Behandlung bei der Verfestigung kann aufgrund einer Phasenumwandlung, beispielsweise durch Schmelzen oder Sublimieren oder chemischen Umwandlung, z. B. Depolymersisation oder Verbrennung erfolgen. Die Entfernung der OW nach einer Verfestigung erfolgt durch herauslösen der OW. Dieses kann als Zwischenschritt bei der Umwandlung in den zellularen Werkstoff oder als letzter Schritt der Umwandlung erfolgen. Ein Zwischenschritt ist das Lösen von OW nach der Verfestigung und vor einer thermischen Behandlung, z.B. bei polymeren OW. Thermisch inerte OW dagegen entfernt man im letzten Schritt, z. B. durch Lösen salzartiger OW oder Auslaugen des OW.
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Typische Einsatzgebiete für das PV sind die Herstellung keramischer und metallischer zellularer Strukturen. Das Verfahren ist aber auch für Gläser und polymere Strukturen einsetzbar. Die Größe der resultierenden Poren im gesinterten ZW korreliert mit der Größe der verwendeten OW-Partikel. Die Herstellung von Gradientenstrukturen, d.h. Strukturen mit unterschiedlichen Porendurchmessern und gerichteten Strukturen durch die Verwendung von OW-Partikeln verscheidener Größe und/oder nicht kugelförmigen Partikeln, ist ebenso machbar. Anstelle ausbrennbarer Opferwerkstoffe können auch Salze als OW verwendet werden. Diese werden nach dem Sinterprozess ausgewaschen und hinterlassen die gewünschte Porosität.
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Durch das Umgehen des Ausbrands können unter der Verwendung von Salzen auch polymere Werkstoffe zellular strukturiert werden [
P. Colombo, Conventional and novel processing methods for cellular ceramics, Phil. Trans. R. Soc. A 364 (2006) 109–124]. Eine Beschreibung des Platzhalterverfahrens mit expandierbaren Opferwerkstoffen ist z. B. aus
DE 10 2009 040 258 A1 bekannt.
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Häufig soll die Porenoberfläche des so hergestellte ZW noch funktionalisiert werden, beispielsweise durch Aufbringen einer Beschichtung. Im Falle einer offenen Porenstruktur geschieht das mit Beschichtungssuspensionen, die in den ZW eingebracht werden müssen, was beispielsweise aus
DE 35 40 449 C2 oder
DE 10 2008 061 644 A1 bekannt ist.
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Nachteilig an dieser Methode ist, dass insbesondere bei kleinen Porendurchmessern im ZW Gasbläschen in den offenen Strukturen des ZW verbleiben und eine vollständig Oberflächenbeschichtung verhindern.
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Wie in Patent
DE 35 40 449 C2 offenbart, ist daher eine relativ niedrige Viskosität der Beschichtungssuspensionen notwendig oder eine Vakuuminfiltration. Zusätzlich muss dann überschüssige Beschichtungssuspension ausgetragen werden, z. B. durch Schleudern oder Druckluftbeaufschlagung.
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Ein weiterer Nachteil der nachträglichen Beschichtung bzw. Funktionalisierung ist, dass eine Modifizierung der Oberfläche von geschlossenen Poren nicht möglich ist.
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Vor diesem Hintergrund besteht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, ein Verfahren zur Herstellung zellularer Werkstoffe zur Verfügung zu stellen, mittels dessen die zuvor genannten Nachteile bei der Funktionalisierung überwunden werden.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 sowie den weiteren vorteilhaften Ausführungsformen gemäß den Unteransprüchen.
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Vorgeschlagen wird ein Verfahren zur Herstellung zellularer keramischer Werkstoffe oder zellularer Gläser, welches zumindest die folgenden Schritte umfasst:
- – Bereitstellung eines OW in granularer Form, beispielsweise kugelförmige Partikel,
- – Beschichtung des OW,
- – Fixierung der Beschichtung auf dem OW,
- – Einarbeiten des beschichteten OW in den Versatz
- – Herstellung eines keramischen Grünkörpers aus dem OW-haltigen Versatz
- – Brennen des Grünkörpers unter Zerstörung des Opferwerkstoffs, wobei der innen beschichtete zellulare Werkstoff entsteht.
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Durch das Verfahren wird eine Beschichtung von offenen und geschlossenen Poren ermöglicht. Daher wird dieses Verfahren im Folgenden auch als Innenbeschichtung bezeichnet. Diese Innenbeschichtung kann ohne einen zusätzlichen Arbeitsschritt bei einer Herstellung von ZW nach dem PV erfolgen.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren können Werkstoffe erzeugt werden, die bereits bei der Herstellung beschichtet und somit funktionalisiert werden können.
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Die Beschichtung des OW kann einmalig oder mehrmals mit dergleichen oder verschiedenen Beschichtungssuspensionen oder -lösungen erfolgen. Es ist lediglich darauf zu achten dass die Beschichtungssuspensionen oder -lösungen den OW oder die vorangehende Beschichtung nicht auflösen. Nach jedem Beschichtungsschritt ist es vorteilhaft, einen Verfestigungsschritt bzw. eine Fixierung der Beschichtung durchzuführen z. B. durch Trocknung oder Vernetzung.
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Die Beschichtung des OW kann alternativ auch durch ein Gasphasenabscheidungsverfahren erfolgen z. B. durch physikalische Gasphasenabscheidung insbesondere Sputtern oder chemische Gasphasenabscheidung
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Als Beschichtungsmittel sind insbesondere folgende Systeme von Interesse:
- – katalytisch aktive Stoffe oder Gemische,
- – Vorstufen katalytisch aktiver Stoffe oder Gemische,
- – Stoffe oder Gemische die Strahlung, z.B. IR-Strahlung absorbieren oder reflektieren,
- – Vorstufen von Stoffen oder Gemischen die Strahlung, z.B. IR-Strahlung absorbieren oder reflektieren,
- – Stoffe oder Gemische, die die elektrisch und/oder Ionen- und/oder thermisch Leitfähigkeit beeinflussen,
- – Vorstufen von Stoffe oder Gemische, die die elektrisch und/oder Ionen- und/oder thermisch Leitfähigkeit beeinflussen,
- – Stoffe oder Gemische die einen Schutz vor chemischer oder mechanischer Schädigung z. B. Korrosion oder Abrasion bieten,
- – Vorstufen von Stoffen oder Gemischen die einen Schutz vor chemischer oder mechanischer Schädigung z. B. Korrosion oder Abrasion bieten,
- – Stoffe oder Gemische, die die Speicherung von thermischer oder chemischer Energie z. B. in Wärmespeichern oder Batterien ermöglichen,
- – Vorstufen von Stoffen oder Gemischen, die die Speicherung von thermischer oder chemischer Energie, z. B. in Wärmespeicher oder Batterien ermöglichen.
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Eine weitere Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass die letzte Beschichtungslage des OW in dem Lösungsmittel, Plastifizierungsmittel des Versatzes zur Herstellung des ZW unlöslich ist.
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In einer Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen, dass
- – die zellularen Werkstoffe, beispielsweise PS-Kügelchen, in mehreren Schritten mit Gold besputtert werden, wobei
- – die PS-Kügelchen in einen Versatz zur Herstellung von Al2O3-Keramik eingearbeitet werden.
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Derartig beschichtete zellulare Werkstoffe stellen beispielsweise leitfähige Schäume dar.
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Nach einer Ausführungsform der Erfindung werden
- – PS-Kügelchen mit einem Titanat-Sol beschichtet, wobei
- – die mit Ti-beschichteten Kügelchen in eine Suspension zur Herstellung von Duran-Glas eingearbeitet werden und wobei
- – bei der Herstellung eines Glasschaums dieser mit TiO2-Partikeln beschichtet wird.
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Das Verfahren dient zur Herstellung beschichteter zellularer Werkstoffe, vorzugsweise PS-Kügelchen, die beispielsweise in folgenden Bereichen Anwendung finden können:
- – Elektrodenmaterial,
- – leitfähige Schäume,
- – photokatalytische Schäume und dergleichen.
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Beispielhaft wird die Erfindung anhand nachfolgend dargestellter Ausführungsbeispiele näher beschrieben.
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Ausführungsbeispiel 1:
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In einer Ausführungsform der Erfindung wird der OW in Form von Polymerkügelchen aus Polystyrol, Polymethylmethacrylat, etc. mit einer wässrigen Lösung aus Bindemittel und Nickelacetat beschichtet. Bevorzugt wird dabei als Bindemittel Polyvinylalkohol (PVA) mit einem Hydrolysegrad von 60 % bis 100 %, besonders bevorzugt von 75 % bis 95 % und einer Viskosität zwischen 2 mPas und 20 mPas, gemessen an einer 4 %igen wäßrigen Lösung bei 20 °C. Der Massenanteil in der wäßrigen Beschichtungslösung an PVA beträgt bevorzugt 0,1 % bis 30 %, besonders bevorzugt 1 % bis 5 %, der Massenanteil an Nickelacetat beträgt bevorzugt 0,5 % bis 16 %, besonders bevorzugt 1 % bis 4 %.
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Nach der Entnahme, werden die beschichteten Polymerkügelchen getrocknet und einem Versatz zugegeben. Der Versatz besteht aus einem in Aceton gelöstem Bindemittel, z. B. Silres MK und einem Füllstoff, z. B. SiC-Pulver mit einer mittleren Partikelgröße von 0,5 µm bis 100 µm, sowie einem Vernetzungskatalysator z.B. Aluminiumacetylacetonat, Al(acac)3.
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Das Gemenge aus Versatz und beschichteten Opferwerkstoff wird in eine Form eingebracht, getrocknet und bei erhöhter Temperatur vernetzt, z. B. im Falle von Al(acac)3 als Vernetzungskatalysator bei 100 °C bis 200 °C für 1 h bis 48 h.
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Der so hergestellte Grünkörper wird entformt und aus ihm der Opferwerkstoff im Ofen bei Temperaturen zwischen 400 °C und 1200 °C, besonders bevorzugt zwischen 600 °C und 1000 °C entfernt.
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Erfolgt die thermische Behandlung unter nicht oxidierendem Gas, bildet sich auf dem zellularen Werkstoff aus SiC dabei eine Beschichtung aus Ni-Partikel durch Reduktion des Nickelacetats. Diese Ni-Partikel sind zusätzlich katalytisch aktiv und wandeln die kohlenwasserstoffhaltigen Pyrolysegase in Kohlenstoff um.
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Im Falle von Argon als Schutzgas bilden sich dabei bevorzugt Kohlenstoffnanoröhren, im Falle von Stickstoff vereinzelte Graphitschichten. In der Kombination aus katalytisch aktivem Ni und dem abgeschiedenen Kohlenstoff wird damit die Oberfläche des zellularen Werkstoffs funktionalisiert und vergrößert, was z. B. für die unterschiedlichsten Speicheranwendungen interessant ist, wie beispielsweise für thermische Absorbtionsspeicher, elektrochemische Speicher, chemische Speicher u.ä.
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In alternativen Ausführungsformen können anstelle von Nickelacetat auch andere Nickelsalze eingesetzt werden. Anstelle von Nickelsalzen können auch andere Metallsalze verwendet werden. Insbesondere Eisen- oder Cobaltsalze sind auch als Vorläufer für Katalysatoren interessant, die Kohlenwasserstoffe in Kohlenstoff umwandeln.
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Ausführungsbeispiel 2:
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In einer Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen, dass der OW in Form von Polymerkügelchen aus Polystyrol, Polymethylmethacrylat, etc. durch physikalische Gasphasenabscheidung, beispielsweise durch Sputtern mit Gold beschichtet wird. Um eine vollständige und gleichmäßige Goldbeschichtung zu erzielen, muss dies ggf. in mehreren Schritten mit zwischenzeitlichem Drehen des OW erfolgen.
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Der beschichtete OW wird in einen Versatz aus keramischen Füllstoff, bevorzugt Aluminiumoxid mit einer mittleren Partikelgröße von 0,5 µm bis 100 µm, Bindemittel, bevorzugt PVA wie unter Ausführungsbeispiel 1 angegeben, Wasser und weiteren Hilfsmitteln, wie Dispergiermittel, Entschäumer, etc. eingearbeitet. Der Versatz wird geformt, der nach der Trocknung entstandene Formkörper bzw. Grünkörper weiter thermisch an Luft behandelt. Dabei bildet sich eine zellulare Keramik aus dem keramischen Füllstoff, deren Poren mit Gold beschichtet sind.
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Ausführungsbeispiel 3:
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Nach einer Ausführungsform der Erfindung wird der OW, in Form von Polymerkügelchen aus Polystyrol, Polymethylmethacrylat, etc. mit einem Titanat-Sol, z.B. hydrolisiertes Titanalkoholat beschichtet. Nach der Trocknung wird der beschichtete OW mit einem Versatz aus Aceton oder Ethanol oder Isopropanol und Duranglaspulver und einer Mischung aus Borax und einem Silikonharz, z. B. Silres MK oder einer Mischung aus Borsäure und Natriumhydroxid und Silikonharz vermischt, wobei die Zusammensetzung der Mischung nach der thermischen Behandlung in etwa der Zusammensetzung von Duranglas entspricht.
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In dem Versatz sind ggf. weitere Hilfsstoffe, insbesondere ein Vernetzungskatalysator für die Aushärtung des Silikonharzes (vgl. Ausführungsbeispiel 1). Nach der Formgebung, Vernetzung im Falle von Al(acac)3 als Vernetzungskatalysator bei 100 °C bis 200 °C für 1 h bis 48 h und Entformung, erfolgt die thermische Behandlung an Luft bei Temperaturen zwischen 400 °C und 1100 °C. Bei der thermischen Behandlung wird der OW oxidativ entfernt und der sich bildende zellulare Werkstoff aus Duranglas mit Titandioxid beschichtet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102009040258 A1 [0007]
- DE 3540449 C2 [0008, 0010]
- DE 102008061644 A1 [0008]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- P. Colombo, Conventional and novel processing methods for cellular ceramics, Phil. Trans. R. Soc. A 364 (2006) 109–124 [0007]