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Bei Mikroextraktionen werden chemische Verbindungen aus einer Matrix in eine andere überführt, wobei die extrahierende Matrix typischerweise Volumina in der Größenordnung von µm3 bis zu mehreren 100 mm3 besitzt. Die Festphasen-Mikroextraktion (Solid Phase Micro Extraction, SPME) ist ein Probenvorbereitungsverfahren zur qualitativen oder quantitativen Bestimmung von Arzneistoffen und anderen chemischen Verbindungen (zu analysierende Substanzen) aus feuchten bis flüssigen Matrizes (z.B. Blut, Sekrete, Gewebehomogenate, Faeces oder direkt im Gewebe). Bei diesem Verfahren werden Sonden eingesetzt, die in der Lage sind, den oder die Zielanalyten aus der Matrix zu extrahieren. Die SPME kann zur Bestimmung der in der Matrix vorhandenen Gesamtkonzentration bzw. -menge oder aber zur selektiven Messung der „freien“, d.h. nicht an Matrixbestandteile gebundenen Fraktion des Zielanalyten eingesetzt werden. Durch Verfolgung des zeitlichen Verlaufs des Extraktionsvorganges (Monitoring), ggf. unter Variation von Einflußgrößen wie beispielsweise Temperatur, Druck, pH-Wert, Agitation der Matrix kann darüber hinaus die Bindungsstärke (Affinität) zwischen Matrixbestandteilen bzw. Sondenextraktans und Zielanalyt(en) ermittelt werden.
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Von den verschiedenen Patenten/Anmeldungen auf diesem Sektor sind beispielhaft das US-Patent
US 5 691 206 A oder das europäische Patent
EP 0 523 092 B1 von Janusz Pawliszyn zu nennen. Im Nachgang wurden weitere Erfindungen auf diesem Gebiet patentiert oder zumindest zum Patent angemeldet, beispielsweise zur automatisierten SPME das US-Patent
US 7 259 019 B2 .
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Bei der SPME werden meist längliche Sonden eingesetzt, deren Kopf über eine Länge von ca. 1 cm mit einer adsorptiv wirksamen Beschichtung belegt ist. Prinzipiell wird bei der SPME eine Sonde in die eine Zielsubstanz enthaltende Matrix getaucht, die Zielsubstanz wird an die Sondenbeschichtung adsorbiert und dort in der Regel auch angereichert. Die Sonde wird anschließend entweder in ein zweites Gefäß mit einem Desorptionsmedium getaucht, an welches die Zielsubstanz wieder abgegeben wird oder alternativ mittels zur Oberflächenionisierung geeigneter Techniken direkt untersucht. Durch diesen Prozeß kann eine (selektive) Isolierung der Zielsubstanz erreicht werden.
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Für die SPME gibt es vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in den Biowissenschaften, der Human- und Veterinärmedizin. Zielsubstanzen wie z.B. Arzneistoffe müssen immer zu ihrer qualitativen oder quantitativen Analyse aus der jeweiligen Matrix, z.B. der biologischen Flüssigkeit (Blut, Urin, Drüsensekrete etc.) isoliert werden. Diese Probenvorbereitung ist häufig ressourcenintensiv und daher kostspielig. Die SPME bietet eine innovative Möglichkeit zur schnelleren und einfacheren Probenvorbereitung, die insgesamt zu einem zur Probennahme zeitnahem Analyseergebnis führen kann. Die SPME bietet zudem den Vorteil, regionale oder lokale Probennahmen, z.B. peripher oder zentral im Blutsystem oder in verschiedenen Gewebebereichen, durchführen zu können.
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Es stehen verschiedenste Sondenbeschichtungsmaterialien als extrahierend wirksame Phase zur Verfügung (Adsorbentien). Lediglich grobe Faustregel ist, dass polare Analyte (zu analysierende Substanzen, Zielsubstanzen) mit polaren Adsorbentien und apolare Analyte mit apolaren Adsorbentien analysiert werden sollten. Die Begriffe „Analyt“, „Zielsubstanz“, „Zielanalyt“ und „zu analysierende Substanz“ werden im gesamten Text synonym verwendet. Ebenso werden synonym verwendet „Matrix“, „feuchte Probe“ und „flüssige Probe“.
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Problematisch ist, dass sich zum einen die zu analysierenden Zielsubstanzen stark unterscheiden, und somit sehr divergente Affinitäten zu Sondenbeschichtung und beispielsweise Desorptionmedium ergeben. Weiterhin ist die Auswahl der Sondenbeschichtungen in Kombination mit beispielsweise der Vielzahl möglicher Desorptionsmedien kritisch bzw. sehr zeitintensiv.
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Das der Erfindung zugrunde liegende technische Problem war somit die Bereitstellung eines Verfahrens, mit welchem sich schnell(er) die geeignete Kombination aus Behandlungsschritten und Materialien ermitteln lässt.
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Diese Aufgabe wurde gelöst mit einem Verfahren gemäß Anspruch 1 sowie mittels dessen Verwendung gemäß Anspruch 15 und mit einem darauf basierenden Kit gemäß Anspruch 17. Bevorzugte Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
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In anderen Worten wird die Aufgabe mit einem Verfahren zur Ermittlung einer zur Anwendung der Festphasenmikroextraktion geeigneten Methode für eine bestimmte zu analysierende Substanz gelöst, wobei eine Festphasenmikroextraktions-Sonde, welche eine extrahierend wirksame Phase aufweist, zur Bestimmung der Konzentration der zu analysierenden Substanz in einer flüssigen Probe eingesetzt wird, umfassend die folgenden Schritte:
- B) Auswahl einer geeigneten extrahierend wirksamen Phase,
- C) Bestimmung geeigneter Aufnahmebedingungen für eine Aufnahme der zu analysierenden Substanz aus der flüssigen Probe in die extrahierend wirksame Phase unter Berücksichtigung der Art der flüssigen Probe und der extrahierend wirksamen Phase, wobei sich die extrahierend wirksame Phase in direktem Kontakt mit der flüssigen Probe befindet,
- D) Bestimmung geeigneter Bedingungen, um nach Entfernung der extrahierend wirksamen Phase aus der flüssigen Probe die zu analysierende Substanz
D1) aus der extrahierend wirksamen Phase freizusetzten und in ein Desorptionsmedium zu überführen
oder
D2) mittels zur Oberflächenionisierung geeigneter Techniken direkt zu untersuchen.
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Die zur Oberflächenionisierung geeigneten Techniken umfassen DART (Direct Analysis in Real Time), ESI (Desorption Electrospray Ionisation) und DAPPI (Desorption Atmospheric Pressure Photoionisation) sowie ASAP (Atmospheric Sample Analysis Probe), jeweils bevorzugt in Verbindung mit Massenspektrometrie (MS). Diese genannten Ionisierungstechniken subsummieren unter dem Begriff „Ambient Mass Spectrometry“, da sie bei Raumtemperatur und unter Atmosphärendruck durchführbar sind. Ebenso umfasst sind allerdings auch zur Oberflächenionisierung geeignete Techniken, welche bei abweichenden Drücken und Temperaturen arbeiten. Bevorzugt als zur Oberflächenionisierung geeignete Techniken sind die genannten Methoden DART, ESI, DAPPI, ASAP (MS).
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Der Ausdruck „(die zu analysierende Substanz) mittels zur Oberflächenionisierung geeigneter Techniken direkt zu untersuchen“ bedeutet, dass die zu analysierende Substanz strahlungsgestützt desorbiert, d.h. aus der extrahierend wirksamen Phase in ionisierter Form freigesetzt, und anschließend direkt, beispielsweise mittels MS, analysiert wird.
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Die Dauer in den Schritten C) und/oder D) von Aufnahme und/oder Desorption ist vorzugsweise ausgewählt zwischen einer Minute und mehreren, bis zu 12, Stunden. Vorzugsweise werden Dauern zwischen 5 Minuten und einer Stunde ausgewählt.
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Bei der SPME liegt ein binäres System vor: Die bereitzustellende Matrix/flüssige Probe stellt die Feucht-/Flüssigkomponente (mobile Phase), d.h. die zu extrahierende Phase, dar, die in Bezug auf die Interaktion mit in Frage kommenden/als geeignet ermittelnden stationären extrahierend wirksamen Phasen (Adsorbens, Extractans) und deren Präsentationsform (Sondenbauart) ggf. vorzubehandeln ist.
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Die extrahierend wirksame Phase ist stationär besteht aus dem Sondenmaterial selbst oder wird als Beschichtung auf die Sonde aufgebracht. Als extrahierend wirksame Phase (Adsorbens, Extractans) kommen alle bisher bekannten Materialien in Frage, insbesondere werden Materialen ausgewählt aus Polyacrylat, Polyethylenglykol (PEG, Carbowax), Polydivinylbenzol, Carboxen und Polydimethylsiloxan (PDMS). Weitere Sondenbeschichtungsmaterialen sind beispielsweise Polybenzol (PPh), Polypyrrol (PPy), Polythiophen (PTh), Polyanilin (PAn), Polymilchsäure (PLA) und Poly(3,4-ethylen-dioxythiophen) (PEDOT) oder andere, für chromatographische Anwendungen erhältliche Materialen wie beispielsweise unpolare Phasen, z.B. Materialien, bei denen an einen Silikatträger Kohlenwasserstoffketten, funktionelle Gruppen oder andere Stoffe angeheftet sind. Als Beispiel für auf Silikatträger angeheftete Kohlenwasserstoffketten ist C18 mit Octadecylketten (Supelco®) zu nennen. Beispiele für andere Silikatbasierte Träger sind als Sicastar® erhältlich. Alle genannten Materialien können allein oder in Kombination eingesetzt werden, wovon auch Kombinationen verschiedener Vertreter desselben Materials miteinander umfasst sind.
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Zur SPME des Zielanalyten werden entweder die Eigenschaften der extrahierend wirksamen Phase auf die Eigenschaften der zu extrahierenden, mobilen Phase (Matrix) abgestimmt, oder die Eigenschaften der Matrix für eine gewählte stationäre extrahierend wirksame Phase verändert, oder (wechselseitig) beide Vorgehensweisen gewählt. Der Ausdruck „zu extrahierende (mobile) Phase“ bedeutet, dass aus dieser Phase die Zielsubstanz zu extrahieren ist.
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Vor dem Schritt B) kann optional ein Schritt A), d.h. die Ermittlung mindestens einer geeigneten Vorbehandlung für eine bereitgestellte flüssige Probe, erfolgen.
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Im oben schrittweise aufgeführten Verfahren werden die Schritte B und C und/oder C und D und/oder ggf. A und B vorzugsweise zeitlich beabstandet durchgeführt, d.h. es gibt Haltezeit(en) zwischen den Schritten A (Ermittlung Vorbehandlung, optional) und B (Auswahl extrahierend wirksame Phase) und/oder B und C (Bestimmung Aufnahmebedingungen für Aufnahme der zu analysierenden Substanz aus der flüssigen Probe in die extrahierend wirksame Phase) und/oder C und D (Bestimmung Desorptionsbedingungen). Diese Haltezeiten betragen vorzugsweise wenige Sekunden (≥ 1 Sekunde) bis hin zu mehreren Stunden (≤ 24 Stunden). Besonders bevorzugt werden Haltezeiten zwischen einer Minute und fünf Stunden genutzt. Diese Haltezeiten dienen generell, d.h. hier und wenn nachstehend Haltezeiten angeführt werden, der physikalischen Veränderung (z.B. Desolvatisierung, Temperaturänderung) und/oder dazu, chemischen Reaktionen zu ermöglichen, z.B. Exposition zur Oxidation durch Luftsauerstoff, Derivatisierung und/oder Konservierung zur Analysefortführung zu einem späteren Zeitpunkt.
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Die SPME erfolgt bevorzugt aus unbehandelter Matrix / unbehandelter flüssiger Probe, d.h. vorzugsweise ohne Vorbehandlung. Sofern eine Vorbehandlung allerdings erforderlich ist, ist diese mindestens eine geeignete Vorbehandlung vorzugsweise ausgewählt aus Einstellung eines pH-Werts, Zusatz von Fällungsreagenzien, Oxidantien, Reduktantien, Salzen, Komplexbildnern. Derivatisierungsreagenzien oder internen Standards. Ebenso kann die mindestens eine geeignete Vorbehandlung ausgewählt sein aus Homogenisierung, Lyse, Inkubation, Filtration, Zentrifugation. Alle genannten Vorbehandlungen können allein oder in Kombination und dann in variabler Reihenfolge eingesetzt werden, d.h. die verschiedenen Vorbehandlungen können miteinander in beliebiger Reihenfolge kombiniert werden. Die Verwendung eines internen Standards (IS) kann die geforderte methodische Genauigkeit erreichen oder verbessern helfen. Ein in den relevanten Folgeschritten als geeignet ermittelter IS kann der zu extrahierenden Matrix zugesetzt werden; für diesen Fall ist die homogenen Verteilung des IS in der zu extrahierenden mobilen Phase sicherzustellen.
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Die in B) ausgewählte extrahierend wirksame Phase wird vorzugsweise vor dem Schritt C) in einem Zwischenschritt B–C) einer Präkonditionierung in einem flüssigen oder gasförmigen Medium unterzogen. Die in Frage kommenden Medien werden später noch bei den Desorbentien erläutert. Dabei werden i) mögliche Rückstände aus dem Herstellungsprozeß oder – bei Wiederverwendung der Sonde – vorangehender SPME-Zyklen zumindest teilweise entfernt und/oder ii) Lösevermittler eingesetzt, die eine Benetzung der stationären extrahierend wirksamen Phase mit der zu extrahierenden mobilen Phase sicherstellen und/oder iii) quellbare stationäre extrahierend wirksame Phasen in einen für Schritt 2 geeigneten Zustand gebracht. Die Präkonditionierung kann je nach verwendeter stationärer extrahierend wirksamer Phase Phase und Anforderung an die Analytik von untergeordneter oder ohne Bedeutung sein, oder aber essentiell für die Reproduzierbarkeit und/oder Robustheit des gesamten nachfolgenden SPME-Prozesses.
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Das nach Schritt B) und ggf. B–C) sowie ggf. A) gewählte binäre System aus stationärer extrahierend wirksamer Phase und mobiler zu extrahierender Phase mit ggf. präkonditionierter extrahierend wirksamer Phase wird unter Modifikation der Extraktionsbedingungen getestet. Hierbei werden das zu extrahierende Volumen, die Bewegung der stationären extrahierend wirksamen Phase oder mobilen zu extrahierenden Phase (z.B. Rotationsfrequenz eines Schüttlers), die Temperatur und/oder der Druck sowie die Dauer der zeitlichen Einwirkung dieser Parameter im Hinblick auf die aufgabenstellungsgemäße Durchführung der SPME modifiziert; dabei ist ggf. auch die Extraktion des IS und deren mögliche Interferenz mit der Extraktion des Zielanalyten zu bestimmen.
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Weiterhin werden vorzugsweise in einem Zwischenschritt C–D) geeignete Waschschritte für ein Reinigen der extrahierend wirksamen Phase zwischen den Schritten C) und D) nach Entfernung der extrahierend wirksamen Phase von der flüssigen Probe bestimmt. In diesem optionalen Schritt wird die aus der zu extrahierenden Matrix /flüssigen Probe entfernte Sonde durch Eintauchen in eine Wasch-/Spüllösung oder durch Besprühen mit Wasch-/Spüllösung von anhaftenden Matrixbestandteilen oder unerwünschten Koadsorbaten/-extraktaten zumindest teilweise befreit. Das Desorbieren des/r Zielanalyten einschließlich ggf. des IS muss dabei vermieden werden. Die Wahl der verwendeten Lösungsmittels (Zusammensetzung, pH-Wert etc.) ist für die Validität des SPME-Prozesses kritisch und auch im Hinblick auf Verträglichkeit mit dem Desorptionsschritt D) zu prüfen. Ggf. muss der Waschschritt C–D) unter Modifikation der unter Schritt A) und B) genannten Parameter optimiert werden.
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Wenn Zwischenschritte genutzt werden, kann es vor und/oder nach dem jeweiligen Zwischenschritt ebenfalls Haltezeiten geben, wie oben für die Schritte A (optional) und B und/oder B und C und/oder C und D beschrieben, welche ebenfalls vorzugsweise wenige Sekunden (≥ 1 Sekunde) bis hin zu mehreren Stunden (≤ 24 Stunden) und besonders bevorzugt zwischen einer Minute und fünf Stunden betragen.
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Gleichwohl ist es bevorzugt, dass im Schritt C) und/oder im Zwischenschritt C–D) Parameter ausgewählt aus der folgenden Gruppe ermittelt werden: zu extrahierendes Volumen, Bewegung der flüssigen Probe und/oder der extrahierend wirksamen Phase, Temperatur, Druck, Dauer. Gleiches gilt analog für den Schritt D und D1), d.h. für die Desorptionsbedingungen werden Parameter aus der Gruppe von Volumen des Desorptionsmediums, Bewegung des Desorptionsmediums und/oder der extrahierend wirksamen Phase, Temperatur, Druck, Dauer bestimmt.
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Die Sonde wird im Schritt D1) in ein Medium getaucht, das die möglichst quantitative Desorption des Zielanalyten bei gleichzeitig minimierter Desorption von Koadsorbaten bewerkstelligt. Für die Wahl des Desorbtionsmediums und die Durchführung des Desorptionprozesses gelten die gleichen Kriterien wie für Waschschritt C–D) (Zusammensetzung des Desorbens, pH-Wert, Bewegung der mobilen zu extrahierenden oder stationären extrahierend wirksamen Phase, Temperatur und/oder Druck, Dauer der zeitlichen Einwirkung dieser Parameter etc.). Das Desorptionsmedium muss darüber hinaus mit dem ggf. direkt anschließenden quantitativen oder qualitativen Analyseverfahren oder mit dem optionalen Schritt E), welcher nachfolgend noch erläutert wird, kompatibel sein (z.B. Aufkonzentrierung reaktiver Komponente, pH-Wertänderung oder Kristallbildung bei der Desolvatisierung; Vermeidung von Dispersionen (Salze, Emulsionen) mit dem/n Zielanalyten einschließlich IS im Hinblick auf die Resolubilisierung.
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Als Desorptionsmedium werden organische Lösungsmittel eingesetzt, beispielsweise Kohlenwasserstoffe, ggf. mit sauerstoff- oder stickstoff-basierten funktionalen Gruppen wie
- – Alkane
- – Alkohle, beispielsweise Methanol, Ethanol, Isopropanol
- – Ether wie THF oder Diethylether
- – Aldehyde
- – Ketone
- – Nitrile, z.B. Acetonitril,
sowie Wasser, vorzugsweise im gasförmigen Zustand (Wasserdampf). Diesen Desorptionsmedien können optional Säuren, Basen bzw. Puffer zugesetzt sein, was die Einstellung verschiedener pH-Werte bzw. -Bereiche ermöglicht. Sie werden flüssig oder gasförmig eingesetzt. Die gleichen Medien werden ebenfalls im Zwischenschritt B–C) als flüssiges oder gasförmiges Medium für die Präkonditionierung genutzt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens zur Ermittlung einer zur Anwendung der Festphasenmikroextraktion für eine bestimmte zu analysierende Substanz geeigneten Methode erfolgen in einem Schritt E), welcher nach dem Schritt D1) folgt, für die anschließende Bereitstellung der zu analysierenden Substanz für eine Analyse die folgenden Schritte: das Aufkonzentrieren der zu analysierenden Substanz im Desorptionsmedium durch dessen Einengung, gegebenenfalls bis zur Trockne, gegebenenfalls erneutes Lösen der zu analysierenden Substanz in einem Lösungsmittel, gegebenenfalls Aufkonzentrieren der zu analysierenden Substanz im Lösungsmittel durch dessen Einengung und gegebenenfalls Entfernung und/oder Derivatisierung ggf. unlöslicher Rückstände. Dieser Schritt E) dient somit quasi der Desolvatisierung und/oder Resolubilisierung.
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Auch vor dem Schritt E), d.h. zwischen D1) und E), kann es in bevorzugten Ausführungsformen eine Haltezeit geben, welche ebenfalls vorzugsweise wenige Sekunden (≥ 1 Sekunde) bis hin zu mehreren Stunden (≤ 24 Stunden) und besonders bevorzugt zwischen einer Minute und fünf Stunden beträgt.
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Im Fall, dass der optionale Schritt E) nicht erforderlich ist, liegt/-en der/die Zielanalyten einschließlich IS als gebrauchsfertige Lösung für die sich anschließende qualitative oder quantitative Analyse vor.
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Als Anwendungen stehen erfindungsgemäß primär im Fokus das therapeutische und toxikologische Arzneistoff-Monitoring. Dieses erlaubt inzwischen die automatisierte Konzentrationsbestimmung von Arzneistoffen, für deren therapeutische Anwendung die Konzentrationskontrolle kritisch und z.T. auch gesetzlich vorgeschrieben ist.
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Gleichfalls erfindungsgemäß im Fokus ist die Bestimmung der „freien“ Substanzkonzentration in flüssigen Proben (Reinlösungen, Testlösungen, Abwässer, Blut, Urin, Faeces, Drüsensekreten u.a. biologische Matrizes) sowie Geweben / verflüssigten Proben eines Körpermaterials. Häufig ist nicht die Gesamtkonzentration einer Substanz in der Matrix von Interesse, sondern die nicht an Matrixbestandteile gebundene, sog. „freie“ Konzentration. In der Medizin ist die Kenntnis der freien Arzneistoffkonzentration therapeutisch von Bedeutung, da nur diese zur Wirkung kommt und über z.B. Niere oder Stoffwechselprozesse aus dem Organismus ausgeschieden werden kann. Herkömmliche Verfahren zur Bestimmung der freien Arzneistoffkonzentration sind aufwendig und fehlerbehaftet und werden nur in Ausnahmefällen durchgeführt. Die SPME eignet sich insbesondere auch zur Bestimmung der „freien“ Konzentration, die von Arzneistoffträgern (Drug Delivery Systems) erzeugt wird.
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Ebenfalls erfindungsgemäß im Fokus ist die Anwendung der Bestimmung der „freien“ Substanzkonzentration in fließenden Systemen. Im Hinblick auf die zukünftige Anwendung der SPME – welche in einer Ausführungsform auch direkt in Blutgefäßen des Menschen oder eines Tieres angewendet wird – sind Kenntnisse des Verhaltens der SPME in fließenden Systemen kritisch.
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Im Sinne der vorliegenden Erfindung ist die flüssige Probe, die auch synonym als Matrix bezeichnet wird, ausgewählt ist aus Probe einer Körperflüssigkeit, verflüssigter Probe eines Körpermaterials, Oberflächenwasserprobe (Gewässer, gesammeltes Niederschlagswasser), Grundwasserprobe, Abwasserprobe.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist die flüssige Probe eine Probe einer Körperflüssigkeit. In einer anderen bevorzugten Ausführungsform ist die flüssige Probe eine verflüssigte Probe eines Körpermaterials. Gemeint ist jeweils ein menschlicher oder tierischer Körper.
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Die jeweilige Körperflüssigkeit ist vorzugsweise ausgewählt aus Blut (ggf. antikoaguliertes Vollblut, z.B. mit Heparin oder EDTA); Serum; Plasma; Drüsensekreten, insbesondere Speichel, Pankreassaft, Gallensaft, Tränenflüssigkeit; Liquor cerebrospinalis; Urin; Faeces. Das Körpermaterial ist vorzugsweise ausgewählt aus parenchymatösem Gewebe [insbesondere aus Organen (insbesondere Leber) und Nervengewebe]. Bei menschlichen oder tierischen Körperflüssigkeiten und Körpermaterialien wird vorzugsweise in vitro gearbeitet, d.h. an dem Körper entnommenen Proben und nicht direkt am menschlichen / tierischen Körper. Das direkte Arbeiten am menschlichen /tierischen Körper ist erfindungsgemäß natürlich trotzdem möglich. Dementsprechend wäre es auch möglich, eine erfindungsgemäß ausgewählte SPME-Sonde direkt am Menschen oder Tier anzuwenden, beispielsweise durch Einführung in ein Blutgefäß oder ein Körpermaterial.
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In einer anderen bevorzugten Ausführungsform ist die flüssige Probe eine Oberflächenwasserprobe (Gewässer, gesammeltes Niederschlagswasser), Grundwasserprobe oder Abwasserprobe. Diese Anwendung zur Wasseranalytik ist erfindungsgemäß besonders bevorzugt.
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Für die zu analysierende Substanz ist es bevorzugt, wenn diese ausgewählt ist aus Umweltgiften und Arzneistoffen, insbesondere aus Antipsychotika und Antibiotika, wobei die Antipsychotika besonders bevorzugt ausgewählt sind aus Neuroleptika (insbesondere Phenothiazinen und Thioxanthenen), Benzodiazepinen, Butyrophenonen und Diphenylbutylpiperidinen, Benzamiden, Benzisoxazolen und Alkaloiden.
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Die Antibiotika sind besonders bevorzugt ausgewählt aus β-Lactamen, Glykopeptiden, Aminoglycosid-Antibiotika, Polypeptid-Antibiotika, Chinolonen und Sulfonamiden sowie Immunsuppressiva wie beispielsweise Paclitaxel oder Limussubstanzen, bei denen beispielhaft zu nennen sind: Sirolimus, Everolimus, Umirolimus (Biolimus).
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Erfindungsgemäß findet das oben ermittelte Verfahren der Festphasenmikroextraktion mit einer Festphasenmikroextraktions-Sonde, welche eine extrahierend wirksame Phase aufweist und welches für eine bestimmte zu analysierende Substanz ermittelt wurde, Verwendung zur Bestimmung der Konzentration dieser spezifischen zu analysierenden Substanz in einer flüssigen Probe. Erfindungsgemäß werden dabei die folgenden umfassten Schritte verwendet:
- b. Bereitstellung einer Festphasenmikroextraktions-Sonde, welche die ausgewählte extrahierend wirksame Phase aufweist,
- c. Aufnahme der zu analysierenden Substanz unter den ausgewählten Aufnahmebedingungen von der flüssigen Probe in die extrahierend wirksame Phase, wobei sich die extrahierend wirksame Phase in direktem Kontakt mit der flüssigen Probe befindet,
- d. nach Entfernung der extrahierend wirksamen Phase von der flüssigen Probe
d1. Desorption der zu analysierende Substanz aus der extrahierend wirksamen Phase in das Desorptionsmedium unter den ausgewählten Desorptionsbedingungen oder
d2. Direkte Untersuchung mittels zur Oberflächenionisierung geeigneter Techniken.
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Vor dem Schritt b. kann optional ein Schritt a. erfolgen, d.h. Anwendung mindestens einer geeigneten Vorbehandlung auf die bereitgestellte flüssige Probe.
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Die Erfindung betrifft ebenso einen Kit zur Festphasenmikroextraktion für eine bestimmte zu analysierende Substanz, umfassend
- – eine Festphasenmikroextraktions-Sonde, welche die für die zu analysierende Substanz ausgewählte extrahierend wirksame Phase aufweist,
- – ggf. eine Menge des oder Angaben zum zu nutzenden Desorptionsmedium,
- – Mittel oder Angaben zu ausgewählten Vorbehandlungen und/oder zu ausgewählten Waschschritten und/oder zu ausgewählten Präkonditionierungen
- – ggf. Mittel oder Angaben zur direkten Untersuchung mittels zur Oberflächenionisierung geeigneter Techniken.
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Ein solcher Kit wird nach Ermittlung der optimalen Parameter zusammengestellt und kommerziell vertrieben. Somit wird eine validierte Methode erarbeitet und angeboten, die die geforderten Ansprüche hinsichtlich Selektivität, Sensitivität, Kalibrierbarkeit, Genauigkeit (Präzision, Richtigkeit), Nachweis-/Erfassungs-/Bestimmungsgrenzen, Robustheit sowie ggf. Kreuzvalidierbarkeit erfüllt.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Beispielen näher erläutert, ohne sie darauf zu beschränken.
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Beispiele
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Beispiel 1 – SPME von Daptomycin, Bestimmung geeigneter Parameter
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Aus heparinisiertem Vollblut wurde per SPME Damptomycin abgetrennt.
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Als extrahierend wirksame Phase wurden eingesetzt:
Bezeichnung | Kurzbezeichnung |
Polypyrrol | PPY 57 |
Polypyrrol | PPY 45 |
Polythiophen 21 | PTH 21 |
Polythiophen 23 | PTH 23 |
Poly-3,4-ethylendioxythiophen 7 | PEDOT 7 |
Poly-3,4-ethylendioxythiophen 13 | PEDOT 13 |
Polyanilin | PAn-C18-1 |
| PAn-C18-2 |
| PAn-C18-3 |
Tabelle 1
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Als Desorptionsmedium wurde Phosphatgepufferte Salzlösung (PBS, phosphate buffered saline) eingesetzt.
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Die Ergebnisse sind graphisch in den 1A (Funktion der Extraktionszeit) und 1B (Funktion der Desorptionszeit) dargestellt. Bei Einsatz von Vollblut wurde dies zweckmäßig heparinisiert, PBS erwies sich als geeignetes Desorptionsmedium bei Einsatz von PTY 45 und einer Mindestextraktionszeit von 20 min, besser 60 min und einer Mindestdesorptionszeit von mindestens 20 min, besser 60 min.
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Beispiel 2 – SPME von Damptomycin, Bestimmung der „freien“, d.h. aktiven Arzneistoffkonzentration
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Es wurde die „freie“, d.h. aktive Arzneistoffkonzentration von Damptomycin in Abhängigkeit von der Konzentration an bindenden Plasmaproteinen in PBS unter Standardbedingungen (60 min Adsorptionszeit, 1,8 ml, Methanol als Desorptionsmittel, 37°C, 400 rpm) untersucht, die Ergebnisse sind graphisch in 2 dargestellt. Die ermittelte freie Arzneistoffraktion nimmt entsprechend der theoretischen Vorhersagen mit steigendem Gehalt an Arzneistoffbindenden Plasmaproteinen ab. Als Arzneistoffbindende Plasmaproteine wurde Biseko genutzt (Biseko: isotone 5%ige Lösung humaner Serumproteine, humanes Serumprotein 50 mg, davon: Albumin ca. 31 mg, Immunglobulin vom Menschen ca. 10 mg, Natrium-Ionen, Chlorid-Ionen, Wasser für Injektionszwecke). Blutplasma, welches die höchste Konzentration an Arzneistoffbindenden Plasmaproteinen aufweist, zeigte im Vergleich folgerichtig die geringste freie Arzneistoffmenge.
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Beschreibung der Figuren:
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1A: Extraktionsausbeute bei Damptomycin 60 mg/l in PBS als Funktion der Extraktionszeit
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1B: Extraktionsausbeute bei Damptomycin 60 mg/l in PBS als Funktion der Desorptionszeit
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2: Quantitative Bestimmung von Damptomycin bei verschiedenen Konzentrationen an bindenden Plasmaproteinen