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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung für die Kultivierung von adhärenten Zellen in einem Einweg-Bioreaktor.
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In der Pharmazeutischen Industrie werden vermehrt tierische und humane Zellen für die Produktion von monoklonalen Antikörpern, Hormonen, rekombinanten Proteinen und Zelltherapeutika eingesetzt. Hierzu wurden lange Zeit große Edelstahl-Rührreaktoren verwendet, die jedoch aufgrund der hohen Anforderungen an pharmazeutische Standards mit hohen Kosten für Instandhaltung, Reinigung, Sterilisation und Betrieb verbunden sind. Hinzu kommt ein Trend hin zu kleineren Produktionsmengen und immer spezialisierteren Aufgabenstellungen, insbesondere im Bereich der personalisierten Medizin, wodurch ein hohes Maß an Flexibilität gefordert ist, das durch die ursprünglichen Systeme nicht mehr gewährleistet werden konnte (vgl. Eibl, R.; Eibl, D.: Application of Disposable Bag Bioreactors in Tissue Engineering and for the Production of Therapeutic Agents in: Bioreactor Systems for Tissue Engineering, Kasper, C.; Griensven, M.; Pörtner, R., Eds. Springer Berlin Heidelberg: 2009; Vol. 112, Seiten 183–207).
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Daher wurde in den letzten Jahren eine Vielzahl von Einwegsystemen für die Produktion von proteinbasierten Biotherapeutika, sowie die Kultivierung ad härenter Primär- oder Stammzellen entwickelt. Diese Einwegsysteme (Single-Use) gewähren ein hohes Maß an biologischer Sicherheit und sparen Produktionskosten durch den Wegfall aufwändiger Reinigungsprozesse und Vermeidung von etwaigen Kreuzkontaminationen. Durch den Einsatz solcher Systeme wir zudem die notwendige Flexibilität erreicht, die den Anforderungen einer steigenden Produktvielfalt bei geringeren Produktionsmengen gerecht wird. Nach wie vor besteht ein großer Bedarf an innovativen Kultivierungsverfahren und Reaktorkonzepten, um mit dem ständigen Fortschritt in der Zellkulturforschung gerecht zu werden.
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Die Kultivierung adhärenter Zellen stellt eine besondere Herausforderung dar, da geeignete Oberflächen für eine Anhaftung vorhanden sein müssen und diese Zellen häufig empfindlicher, insbesondere gegenüber Scherkräften, sind. Daher erweisen sich vielfältig auf dem Markt befindliche gerührte oder geschüttelte Einweg-Reaktoren als problematisch und insbesondere die Entwicklung neuer Homogenisierungs- und Belüftungssysteme stellt eine große Herausforderung dar.
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Aus der
DE 29 40 446 A1 ist eine Vorrichtung zur Zell-Kultivierung bekannt, die eine besonders scherkraftarme Begasung des Kultivierungsmediums ermöglicht. Die Versorgung mit Sauerstoff erfolgt durch einen um einen Hohlträger gewickelten Silikonschlauch, der mit Druckluft gespeist wird. Der Schlauch dient als permeable Membran, durch Diffusion entsteht eine nahezu blasenfreie gleichmäßige Begasung des Mediums. Als nachteilig erweist sich bei dieser Vorrichtung jedoch die Homogenisierung, die durch einen wenig schonenden Propeller am Reaktorboden gewährleistet wird. Die Vorrichtung ist zudem auf die Kultivierung suspendierter Zellen beschränkt, wobei adhärente Zellen nur durch den Einsatz von Mikropartikeln, insbesondere Mikro-Carriern kultiviert werden können. Nachteilig dabei ist die Verteilung der Carrier im gesamten Kulturraum und eine damit verbundene geringe, ineffiziente Konzentration und wiederum erhöhte auf die Zellen wirkende Scherkräfte.
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Aus der
DE 10 2004 029 709 A1 ist eine Vorrichtung zur Zell-Kultivierung in einem Kulturgefäß bekannt, wobei ein Membran-Korb mit Trägermaterialen für die Kultivierung adhärenter Zellen gefüllt ist und von einer Begasungsmembran, bestehend aus einer oder mehreren Hohlfasern, ummantelt ist. Die Ummantelung ist für das Begasungs- und das Kulturmedium durchlässig und ermöglicht damit eine schonende, gleichmäßige Versorgung mit Nährstoffen. Die Homogenisierung des Mediums erfolgt durch einen Pendel-Rührer, der über einen magnetischen Antrieb den Membran-Korb bewegt. Als nachteilig erweist sich bei dieser Vorrichtung die mögliche Verstopfung der Membran, da deren Öffnungen für die Zellen undurchlässig sind. Hierdurch wird die Diffusion von Nährstoffen und Sauerstoff vermindert. Zudem erweist sich die Verwendung eines losen Trägermaterials im Membrankorb als nachteilig, da es hier zu Verklumpungen der einzelnen Partikel und Reibungskräften zwischen diesen kommen kann.
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Aus der
EP 0 343 357 B1 ist ein Verfahren für die Kultivierung von Zellen und eine entsprechende Vorrichtung bekannt, deren zentraler Bestandteil eine auswechselbare (Einweg-)Membranpatrone ist, bestehend aus am Mantel befestigten tubulären, semipermeablen Membranen zwischen einem Flüssigkeitseinlaß und einem Flüssigkeitsauslaß. Nachteilig an solchen Hohlfaser-Bioreaktoren ist ihre begrenzte Möglichkeit des Up-Scalings. Die Versorgung der Zellen erfolgt über die Diffusion des Sauerstoffs und entsprechender Nährstoffe und ist limitiert durch deren Löslichkeit im Medium, wodurch bei fortgeschrittenem Zellwachstum sowohl Sauerstoff als auch Nährstoffe nach einer gewissen Wegstrecke aufgebraucht sind und weiter entfernt liegende Zellen nicht mehr ausreichend versorgt werden. Die Vorrichtung ist damit auf eine geringe Länge limitiert.
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Aus der
US 6,190,913 B1 ist eine Vorrichtung für die Kultivierung von tierischen, Insekten-, mikrobiellen oder Pflanzenzellen bekannt, bei der ein für den einmaligen Gebrauch konzipierter flacher, steriler Kunststoff-Beutel als Kultivierungsgefäß dient. Der bekannte Beutel wird teilweise mit Kulturmedium und Zellen gefüllt und auf eine Vorrichtung platziert, die durch gleichmäßige wippende Bewegungen eine Wellenbewegung der Flüssigkeit induziert. Die Wellenbewegung sorgt für eine ausreichende Durchmischung und einen Sauerstofftransport an der Flüssigkeitsgrenze. Dieses Konzept wurde in vielen aktuell auf dem Markt befindlichen Bioreaktoren wie dem WAVE Bioreaktor von GE Healthcare oder dem Biostat
® Cultibag RM von Sartorius Stedim Biotech aufgegriffen. Diese Bioreaktoren, in denen die Begasung und Temperierung durch eine externe fest installierte Peripherie geregelt wird, sind sehr gut für die Kultivierung von suspendierten Zellen in batch oder fed-batch Prozessen geeignet.
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Als nachteilig einreist sich jedoch die Kultivierung von sensiblen adhärenten Zellen, insbesondere von tierischen Zellen, die keine Zellwand, sondern nur eine äußere Membran besitzen. Die Kultivierung von adhärenten mit der WAVE Technologie bedingt den Einsatz von Substraten, an denen die Zellen anhaften könne, wie beispielsweise Mikro-Carrier. Während geringere Scherkräfte bei WAVE Bioreaktoren gegenüber klassischen Rührkesselreaktoren ein prinzipieller Vorteil sind, werden eben diese Scherkräfte durch den Einsatz von Mikropartikeln als Suspension wieder erheblich erhöht wodurch die Kultivierung von empfindlichen Zelllinien äußerst schwierig bis nahezu unmöglich ist.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Vorteile der bekannten Vorrichtungen zu nutzen und deren Nachteile zu umgehen und damit eine scherkraftarme, für den einmaligen Gebrauch bestimmte Vorrichtung für die Kultivierung adhärenter Zellen zur Verfügung zu stellen.
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Diese Aufgabe wird durch eine Vorrichtung gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1 erfüllt.
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In Weiterbildungen der erfindungsgemäßen Vorrichtung erfolgt eine Begasung und/oder Medienversorgung durch semipermeable Membranschläuche (9) und/oder eine Homogenisierung des Mediums mittels durch Druckluft getriebene Pumpelemente (4).
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der erfindungsgemäßen Vorrichtung ergeben sich aus der nachfolgenden Erläuterung eines Ausführungsbeispiels anhand der Zeichnung.
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Dabei zeigen:
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1 einen Querschnitt einer Frontansicht der Vorrichtung
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2 einen Querschnitt einer Seitenansicht der Vorrichtung
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3 einen Querschnitt einer Draufsicht der Vorrichtung
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4 einen Querschnitt einer Animpfungshaube
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5 einen Kultivierungskäfig in vergrößertem Maßstab
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6 ein Gehäuse einer Multi-Einheit
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7 eine Frontansicht einer Multi-Einheit
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung weist eine für den einmaligen Gebrauch konzipierte Einheit auf, die an eine vorhandene Peripherie – beispielsweise eine Druckluftpumpe, eine elektronische Regeleinheit, einen Medien-Vorratsbehälter und/oder ein Erntegefäß aufweisend – anschließbar ist.
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Das auswechselbare Reaktorgefäß besteht dabei aus einem festen Gehäuse (1) aus Kunststoff. In einem Deckel (2) befinden sich Anschlüsse für Peripheriegeräte. Der Deckel (2), an dem über Halterungen (7) die Kultivierungseinheit des Bioreaktors befestigt ist, wird auf das Gehäuse gesetzt und durch eine Dichtung (3) steril verschlossen.
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Im erfindungsgemäßen Reaktor findet eine nahezu scherkraftfreie Homogenisierung statt. Diese wird durch Pumpelemente (4) gewährleistet, deren Volumen über eine Pumpe (P) gleichmäßig vergrößert und verkleinert wird. Die durch Verdrängung entstehenden horizontalen und vertikalen Strömungen werden durch Strömungsverteiler (5 und 6), die gitterartig als Strömungswiderstände um die Pumpelemente (4) angeordnet sind durch entstehende Mikroturbulenzen an deren Öffnungen verteilt.
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Die Kultivierung von adhärenten Zellen findet am Zellkultivierungskäfig (8) statt. Der Käfig weist dabei Öffnungen mit einem Durchmesser von 0,1–2,0 mm auf, die eine Durchströmung mit Medium ermöglichen. Die Außenseiten des Käfigs, Kultivierungsraum 8a, sind strukturiert in der Form, dass kleine halbkugelförmige Oberflächen (11) geschaffen werden, die wiederum wahlweise mit positiv geladenen Mikropartikeln (12) (z. B. Mikro-Carriern) oder einfach einer positiv geladenen andersartigen Beschichtung versehen ist. Hierdurch wird eine größtmögliche Oberfläche für das Zellwachstum geschaffen. Die positive Ladung fördert die Anhaftung der adhärenten Zellen. Im Inneren der Käfige befindet sich der Versorgungsraum (8b). An der Innenseite wird daher keine positiv geladene Beschichtung angebracht um ein Zuwachsen der Öffnungen im Zellkulturkäfig (8), die für den Transport von Nährstoffen und Sauerstoff jederzeit durchlässig sein müssen, zu verhindern.
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Der Zellkulturkäfig (8) umschließt vier Halterungen (7), die mit Versorgungsschläuchen (9) umwickelt sind. Ein semipermeabler Membranschlauch (vorzugsweise ein Dialyseschlauch) wird für die Versorgung mit Nährstoffen verwendet. Der zweite Membranschlauch (z. B. ein Silikonschlauch) dient zu einer blasenfreien Begasung mit Sauerstoff. Die Schläuche (9) können am Ende abgeschlossen sein, sodass ein osmotischer Druck für eine ausreichende Diffusion sorgt. Ein Überdruckventil (10) im Deckel dient dabei zur Entlüftung des Reaktorinnenraums.
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Die Animpfung der Kultivierungseinheit erfolgt über eine Animpfungshaube (11). Eine Zuleitung führt hierbei in einen doppelwandigen, nach unten geöffneten Trichter der exakt über den Zentren des Zellkulturkäfigs (8) endet. Über dessen nicht durchlässige Oberseite kann so eine Zellsuspension gleichmäßig über die beschichtete gitterartige Außenseite (8a) des Käfigs zum Animpfen verteilt werden.
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An den Deckel (2) angebracht befinden sich Sensoren (S) für die Überwachung und Regulierung der Kultivierungsparameter über eine entsprechende Regeleinheit und die dafür vorgesehenen Zugänge.
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Zusätzlich kann ein Erntegefäß (E) und/oder ein Medienvorratsgefäß angeschlossen werden, wodurch mittels einer entsprechenden Pumpvorrichtung ein kontinuierlicher Betrieb als Perfusionsbioreaktor und eine zellfreie Ernte, beispielsweise von Proteinen, möglich ist.
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Für die Vergrößerung des Kultivierungsmaßstabs ist ein Multi-Einheits-Gehäuse (14) vorgesehen, dass mehrere, jedoch mindestens drei, Steckplätze (15) für die Kultivierungseinheiten aufweist. Es kann zentral eine bereits zuvor in kleinerem Maßstab erhaltene Zellkultur eingeführt werden, die exakt in den Steckplatz (15) passt und dessen Deckel (2) über die Dichtung (3) den Großreaktor verschließt. In die übrigen Steckplätze (15) werden frische, noch nicht bewachsene Kultivierungseinheiten gesteckt, die durch Diffusion und Adhäsion der eingebrachten Zellkultur angeimpft werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Gehäuse
- 2
- Deckel
- 3
- Dichtung
- 4
- Pumpelement
- 5
- Strömungsverteiler horizontal
- 6
- Strömungsverteiler vertikal
- 7
- Halterung
- 8
- Zellkultivierungskäfig
- 8a
- Zellkultivierungskäfig-Außenseite (Kulturraum)
- 8b
- Zellkultivierungskäfig-Innenseite (Versorgungsraum)
- 9
- Versorgungsschlauch
- 10
- Überdruckventil
- 11
- Animpfhaube
- 12
- Käfigoberfläche
- 13
- Mikropartikel
- 14
- Upscale-Gehäuse
- 15
- Steckplatz für Kultivierungseinheit
- P
- Pumpe (Druckluft)
- S
- Sensor-Element
- E
- Erntevorrichtung