-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung zur Unterstützung des Fahrers eines Fahrzeugs bei der Aktivierung und/oder Deaktivierung eines Blinkers.
-
Derzeit gibt es in Fahrzeugen (z.B. in Autos oder Motorrädern) diverse Möglichkeiten des Blinkens. Beim normalen Blinken setzt der Fahrer den Blinker, und der Blinker bleibt so lange eingeschaltet, bis der Blinker vom Fahrer wieder ausgeschaltet wird, oder bis das Lenkrad über einen gewissen Lenkwinkel gedreht wird und wieder zurück in den Geradeauszustand zurück gedreht wird. Bei Motorrädern wird der Blinker nach einer vorgegebenen Anzahl an Blinkvorgängen oder nach einer gewissen zurückgelegten Strecke (typischerweise unter 300m) automatisch ausgeschaltet, falls der Fahrer den Blinker zuvor nicht selbständig ausschaltet. Bei einem Komfortblinken kann durch ein Antippen des Blinkers bewirkt werden, dass das Fahrzeug mehrmals (z.B. 3 Mal) hintereinander blinkt und dann der Blinker automatisch wieder ausgeschaltet wird.
-
Abgesehen von den oben dargelegten Szenarien muss der Fahrer eines Fahrzeugs bestimmen, wann ein Blinker ein- und insbesondere wieder ausgeschaltet wird. Ein automatisches Ausschalten des Blinkers auf Basis des Lenkradwinkels funktioniert typischerweise nur in Stadtszenarien (Abbiegen etc.). Andererseits versagen solche Mechanismen häufig in Autobahn- und Landstraßenszenarien, z.B. beim Überholen von anderen Fahrzeugen, beim Spurwechsel auf der Autobahn, oder bei Auf-/Abfahrten an Autobahnen. Nachteilig bei einem solchen Blinkverfahren ist, dass der Blinkvorgang an einen fixen Lenkwinkel gebunden ist, der meist in den genannten Szenarien nicht erreicht wird. Beispielsweise ist beim Spurwechsel der Lenkeinschlag so gering, dass die Rückstell-Schwelle für den Lenkwinkel nicht überschritten wird und der Fahrer somit den Blinker von Hand wieder ausschalten muss. Dies führt zu einem reduzierten Komfort für den Fahrer. Außerdem kann ein unabsichtlich gesetzter Blinker zu Verwirrungen im Straßenverkehr und ggf. zu Gefahrensituationen führen.
-
Das vorliegende Dokument befasst sich mit der technischen Aufgabe den Fahrer eines Fahrzeugs beim Rücksetzen eines Blinkers zu unterstützen. Insbesondere liegt dem vorliegenden Dokument die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung bereitzustellen, durch die ein verlässliches Zurücksetzen des Blinkers eines Fahrzeugs gewährleistet wird.
-
Die Aufgabe wird durch die unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen werden u.a. in den abhängigen Ansprüchen beschrieben.
-
Gemäß einem Aspekt wird eine Steuereinheit für ein Fahrzeug (z.B. für einen Personenkraftwagen, für einen Lastkraftwagen oder für ein Motorrad) beschrieben. Die Steuereinheit ist eingerichtet, zu erfassen, dass ein Blinker des Fahrzeugs zur Durchführung eines Fahrmanövers aktiviert wurde. Insbesondere kann erfasst werden, dass der Blinker manuell von einem Fahrer des Fahrzeugs aktiviert wurde.
-
Die Steuereinheit ist weiter eingerichtet, Umfelddaten von ein oder mehreren Umfeldsensoren des Fahrzeugs und/oder Positionsdaten von einem oder mehreren Positionierungssensoren des Fahrzeugs zu empfangen. Der eine oder die mehreren Positionierungssensoren können insbesondere ein Navigationssystem umfassen. Die ein oder mehreren Umfeldsensoren können eine Kamera (zur bildlichen Erfassung der Umgebung des Fahrzeugs) und/oder einen Radarsensor (zur Abstandserfassung zu Hindernissen vor dem Fahrzeug) umfassen.
-
Die Umfelddaten können Informationen bzgl. eines Umfelds des Fahrzeugs umfassen. Insbesondere können die Umfelddaten Informationen über einen Fahrspurwechsel des Fahrzeugs und/oder über ein Hindernis (z.B. ein relativ langsam fahrendes Vorderfahrzeug) auf einer aktuellen Fahrspur des Fahrzeugs umfassen. Die Positionsdaten können Informationen bzgl. einer Position des Fahrzeugs umfassen. Insbesondere können die Positionsdaten Informationen über eine Fahrspur des Fahrzeugs und/oder über eine Fahrroute des Fahrzeugs umfassen.
-
Die Steuereinheit ist eingerichtet, auf Basis der Umfelddaten und/oder der Positionsdaten zu bestimmen, dass das Fahrmanöver abgeschlossen ist. Insbesondere kann die Steuereinheit eingerichtet sein, auf Basis der Umfelddaten und/oder auf Basis der Positionsdaten ein oder mehrere Indizien dafür zu ermitteln, dass das Fahrmanöver abgeschlossen ist. Anhand der ein oder mehreren Indizien kann dann bestimmt werden, dass das Fahrmanöver abgeschlossen ist. Anhand der Indizien kann ggf. auch auf eine Art des Fahrmanövers geschlossen werden (z.B. ein einfacher Spurwechsel, ein Abbiegemanöver, eine Auffahrt auf eine Autobahn, eine Abfahrt von der Autobahn, etc.).
-
Die ein oder mehreren Indizien können eine Anzahl von Fahrspurwechseln, die seit Aktivierung des Blinkers durchgeführt wurden, umfassen. Ein durchgeführter Fahrspurwechsel kann ein Indiz dafür sein, dass ein Fahrmanöver, das einen Fahrspurwechsel umfasst, abgeschlossen ist. Alternativ oder ergänzend können die ein oder mehreren Indizien das Vorliegen eines Hindernisses auf einer aktuellen Fahrspur des Fahrzeugs umfassen. Das Vorliegen eines Hindernisses kann ein Indiz dafür sein, dass ein Fahrmanöver verlängert wird, z.B. durch einen weiteren Spurwechsel, und somit noch nicht abschlossen ist. Alternativ oder ergänzend können die ein oder mehreren Indizien einen Straßentyp einer aktuell befahrenen Straße (z.B. Autobahn, Landstraße und/oder Straße in Stadt/Ortschaft) umfassen. Der Straßentyp kann ein Indiz für die Art des Fahrmanövers sein (z.B. Überholmanöver oder Abbiegemanöver). Alternativ oder ergänzend können die ein oder mehreren Indizien eine Position der aktuellen Fahrspur relativ zu ein oder mehreren weiteren Fahrspuren der aktuell befahrenen Straße umfassen. Beispielsweise kann die Tatsache, dass ein Fahrzeug bereits auf der äußerst linken Spur einer Straße fährt, ein Indiz dafür sein, dass ein Fahrmanöver (z.B. ein Überholmanöver) abgeschlossen ist. Alternativ oder ergänzend können die ein oder mehreren Indizien eine Anzahl von Fahrspurwechsel umfassen, die zur Durchführung des Fahrmanövers erforderlich ist. Insbesondere kann anhand von Positionsdaten (z.B. einer Fahrroute) darauf geschlossen werden, wie viele Spuren zur Erreichen einer Ausfahrt überquert werden müssen. Aus dem Abgleich zwischen erfolgten Spurwechseln und durchzuführenden Spurwechseln kann dann darauf geschlossen werden, ob das Fahrmanöver abgeschlossen ist.
-
Die Steuereinheit ist weiter eingerichtet, in Reaktion auf das Bestimmen, dass das Fahrmanöver abgeschlossen ist, zu veranlassen, dass der Blinker automatisch deaktiviert wird. Somit kann sichergestellt werden, dass der Blinker zuverlässig nach Durchführung eines Fahrmanövers deaktiviert wird, ohne dass es einer Aktion des Fahrers bedarf. Dadurch kann der Komfort und die Sicherheit des Fahrzeugs erhöht werden.
-
Die Steuereinheit kann eingerichtet sein, eine Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs zu ermitteln. Desweiteren kann die Steuereinheit eingerichtet sein, eine automatische Deaktivierung des Blinkers auf Basis der Umfelddaten und/oder auf Basis der Positionsdaten zu unterbinden, wenn die Fahrgeschwindigkeit gleich wie oder kleiner als eine vordefinierte Mindestgeschwindigkeit ist. Dadurch kann gewährleistet werden, dass die automatische Deaktivierung des Blinkers nur dann erfolgt, wenn in zuverlässiger Weise ermittelt werden kann, dass das Fahrmanöver abgeschlossen wurde. Bei einer zu niedrigen Fahrgeschwindigkeit kann dies typischerweise nicht gewährleistet werden.
-
Die Steuereinheit kann eingerichtet sein, einen Lenkwinkel eines Lenkrads des Fahrzeugs zu ermitteln. Desweiteren kann die Steuereinheit eingerichtet sein, auch auf Basis des Lenkwinkels zu bestimmen, dass das Fahrmanöver abgeschlossen ist. Der Lenkwinkel kann insbesondere bei Durchführung eines Abbiegemanövers ein zuverlässiges Indiz bzgl. des Zustands des Fahrmanövers liefern. Somit kann durch die zusätzliche Berücksichtigung des Lenkwinkels die Zuverlässigkeit der automatischen Deaktivierung des Blinkers erhöht werden.
-
Die Steuereinheit kann eingerichtet sein, in einer Lernphase eine automatische Deaktivierung des Blinkers auf Basis der Umfelddaten und/oder auf Basis der Positionsdaten zu unterbinden. Desweiteren kann in der Lernphase ein Blinkverhalten eines Fahrers des Fahrzeugs erfasst werden. Die Steuereinheit kann weiter eingerichtet sein, auf Basis des erfassten Blinkverhaltens, ein oder mehrere Parameter für die automatische Deaktivierung des Blinkers zu bestimmen. Insbesondere kann ein Zeitraum zwischen einem erkannten Abschluss des Fahrmanövers und einer Deaktivierung des Blinkers ermittelt und an den Fahrer angepasst werden. Die Durchführung einer Lernphase ermöglicht somit eine Anpassung der automatischen Deaktivierung des Blinkers an die Fahrgewohnheiten des Fahrers, und somit eine Erhöhung des Komforts des Fahrzeugs.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Verfahren zur Deaktivierung eines Blinkers eines Fahrzeugs beschrieben. Das Verfahren umfasst das Erfassen, dass ein Blinker des Fahrzeugs zur Durchführung eines Fahrmanövers aktiviert wurde. Desweiteren umfasst das Verfahren das Empfangen von Umfelddaten von ein oder mehreren Umfeldsensoren des Fahrzeugs und/oder von Positionsdaten von ein oder mehreren Positionierungssensoren des Fahrzeugs. Die Umfelddaten können dabei Informationen bzgl. eines Umfelds des Fahrzeugs umfassen, und die Positionsdaten können Informationen bzgl. einer Position des Fahrzeugs umfassen. Das Verfahren umfasst weiter das Bestimmen, auf Basis der Umfelddaten und/oder der Positionsdaten, dass das Fahrmanöver abgeschlossen ist. Außerdem umfasst das Verfahren, in Reaktion darauf, das automatische Deaktivieren des Blinkers.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Fahrzeug (z.B. ein Personenkraftwagen, ein Lastkraftwagen oder ein Motorrad) beschrieben, das eine in diesem Dokument beschriebene Steuereinheit umfasst.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor (z.B. auf einer Steuereinheit) ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
-
Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Desweiteren können jegliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtung und Systemen in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden.
-
Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigt
-
1 beispielhafte Szenarien für das Setzen und/oder das Rücksetzen eines Blinkers; und
-
2 beispielhafte Komponenten eines Fahrzeugs zur Bereitstellung eines Blinkassistenten.
-
Wie eingangs dargelegt, befasst sich das vorliegende Dokument mit der Unterstützung eines Fahrers beim Setzen und/oder beim Rücksetzen eines Blinkers. Wie bereits dargelegt, wird bei einem Überholmanöver typischerweise der Lenkwinkel zur automatischen Rückstellung eines Blinkers nicht überschritten. Dies führt dazu, dass der Blinker manuell ausgeschaltet werden muss und/oder dass das Ausschalten des Blinkers ggf. vergessen wird. Ein typisches Überhol- oder Spurwechselmanöver 100 eines Fahrzeugs 101 ist in 1 dargestellt. Es ist zu erkennen, dass für die Durchführung des Spurwechsels nur relativ kleine Lenkwinkel erforderlich sind, so dass eine automatische Rückstellung des Blinkers, basierend auf dem Lenkwinkel, typischerweise nicht erfolgt.
-
Bei einer Autobahnabfahrt ist die Situation umgekehrt (siehe Abfahrmanöver 110 in 1). Beim Wechsel auf den Ausfahrtstreifen wird der erforderliche Lenkwinkel nicht überschritten und der Blinker bleibt gesetzt. Bei einer nachfolgenden scharfen Kurve wird der erforderliche Lenkwinkel zwar überschritten, doch wird der Lenkwinkel erst am Kurvenausgang wieder unterschritten und damit wird der Blinker erst am Kurvenausgang deaktiviert.
-
Bei einem Motorrad 101 ergibt sich der zusätzliche Nachteil, dass das Deaktivieren des Blinkers nicht über einen Lenkwinkel erfolgen kann und damit für die Zustandsüberprüfung des Blinkers kurzfristig die Aufmerksamkeit des Fahrers gefordert ist. Bei der automatischen Deaktivierung des Blinkers nach einer vordefinierten Wegstrecke und/oder nach einer vordefinierten Anzahl von Blinkvorgängen kann es vorkommen, dass bei Autobahnausfahrten der Blinker bereits automatisch ausschaltet wird, bevor das Motorrad 101 auf die Ausfahrtspur gewechselt ist. Dann ist erneut die Aufmerksamkeit des Fahrers gefordert, um den Blinker wieder einzuschalten, was zu einem reduzierten Komfort und ggf. zu einer Gefahrensituation führen kann.
-
Im vorliegenden Dokument werden ein Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung beschrieben, durch die ein zuverlässiges Abschalten des Blinkers eines Fahrzeugs 101 gewährleistet wird. Den beschriebenen Verfahren und Vorrichtungen liegt die Beobachtung zugrunde, dass Fahrzeuge zunehmend mit Navigationsgeräten ausgestattet sind. Diese Navigationsgeräte werden zukünftig eine spurgenaue Navigation ermöglichen (durch die Bereitstellung spurgenauer digitaler Karten und/oder durch eine erhöhte Präzision bei der Positionsbestimmung des Fahrzeugs). Mit anderen Worten, durch die Bereitstellung einer spurgenauen Navigation kann ein Fahrzeug anhand von Positionsdaten eines Positionierungssensors ermitteln, auf welcher Spur einer Straße sich das Fahrzeug aktuell befindet.
-
In diesem Dokument wird vorgeschlagen, einen situativen Kontext eines Fahrzeugs 101 zu ermitteln, und den Blinker des Fahrzeugs 101 in Abhängigkeit von dem situativen Kontext zu deaktivieren. Der situative Kontext kann insbesondere von der Fahrspur abhängen, auf der sich das Fahrzeug befindet. Die Kontext-basierte Deaktivierung des Blinkers kann dann alternativ oder ergänzend zu den bereits beschriebenen fest vorgegebenen fahrzeugzentrierten Maßnahmen, wie der Deaktivierung auf Basis des Lenkradwinkels bzw. der Deaktivierung nach einer festen Anzahl von Blinkpulsen (beim Komfortblinken) oder nach einer vordefinierten Zeit/Wegstrecke (beim Motorrad), erfolgen.
-
Der Kontext des Fahrzeugs 101 kann unter anderen aus folgenden Faktoren oder Daten ermittelt werden:
- • Aufgrund einer spurgenauen Positionierung des Fahrzeugs 101. Wenn zu jedem Zeitpunkt ermittelt werden, auf welcher Spur sich ein Fahrzeug 101 befindet, so kann beim Blinken auf diese Spurinformation zurückgegriffen werden. Wird auf einer Autobahn beispielsweise der Blinker zum Spurwechsel gesetzt, dann erkennt das Fahrzeug 101, wann das Fahrzeug 101 die Spur gewechselt hat und kann danach selbstständig den Blinker ausschalten. Die Spurinformation kann insbesondere anhand von Navigationsdaten, d.h. anhand von Positionsdaten, ermittelt werden.
- • Die Spurinformation kann alternativ oder ergänzend mittels eines Spurassistenten ermittelt werden. Das Fahrzeug 101 kann eingerichtet sein, anhand von Kameradaten, d.h. anhand von Umfelddaten, zu ermitteln, ob das Fahrzeug 101 eine aktuelle Spur verlassen hat und/oder ob das Fahrzeug 101 auf einer neuen Spur fährt. Somit kann der Spurwechsel auf Basis von Kameradaten ermittelt werden. Nach Abschluss eines Spurwechsels kann der Blinker des Fahrzeugs 101 deaktiviert werden.
- • Das Navigationssystem kann weitere Informationen (in Form von Positionsdaten) liefern, die für eine Entscheidung bzgl. der Deaktivierung des Blinkers herangezogen werden können (beispielsweise als notwendige Voraussetzung für die Deaktivierung). Insbesondere kann das Navigationssystem Informationen über einen Straßentyp (Autobahn, Landstraße, Straße in Stadt oder Ortschaft) liefern. Desweiteren kann das Navigationssystem Informationen bzgl. der Fahrroute des Fahrzeugs 101 (tatsächlich geplante Route oder vom Navigationssystem erlernte Route) und über das Fahrziel bereitstellen. Diese und andere Informationen können für die Deaktivierung des Blinkers herangezogen werden. Beispielsweise kann ermittelt werden, dass eine Vielzahl von direkt aufeinander folgenden Spurwechsel erforderlich ist, um ein bestimmtes Fahrziel (z.B. eine bestimmte Autobahnabfahrt) zu erreichen. Der Blinker kann dann deaktiviert werden, wenn erkannt wird, dass die Vielzahl von Fahrspuren tatsächlich überquert wurde.
- • Als weitere Quelle von Informationen über den Kontext des Fahrzeugs können z.B. Radardaten eines Radarsensors (d.h. weitere Umfelddaten) des Fahrzeugs 101 herangezogen werden. Anhand des Radarsensors für ACC (Adaptive Cruise Control) kann beispielsweise nach einem Spurwechsel ermittelt werden, dass sich auf der neuen Spur ein weiteres (langsameres) Fahrzeug vor dem eigenen Fahrzeug 101 befindet. Dies kann als Indiz dafür gewertet werden, dass der Fahrer ggf. noch eine weitere Spur wechseln möchte (falls vorhanden), um auch dieses (langsamere) Fahrzeug überholen zu können. Der Blinker kann somit weiterhin aktiv bleiben, und erst dann deaktiviert werden, wenn der weitere Spurwechsel stattgefunden hat.
- • Desweiteren kann eine aktuelle Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs 101 (d.h. Fahrzeugdaten) berücksichtigt werden. Insbesondere kann das automatische Deaktivieren des Blinkers davon abhängig gemacht werden, ob die aktuelle Fahrgeschwindigkeit eine vordefinierte Mindestgeschwindigkeit erreicht oder überschreitet. Das kann insbesondere im Stop-and-Go-Verkehr sinnvoll sein, wenn eine spurgenaue Positionierung des Fahrzeugs 101 nicht zuverlässig möglich ist bzw. wenn an Ampeln mehrfach für eine Abfahrt geblinkt werden muss. Wenn die Mindestgeschwindigkeit nicht erreicht wird, kann das Blinksystem auf den oben beschriebenen fahrzeugzentrierten Blinkmodus (z.B. basierend auf den Lenkwinkel) zurückgreifen.
-
Es sei darauf hingewiesen, dass das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auch dann angewendet werden kann, wenn sich das Fahrzeug 100 im Modus „hochautomatisiertes Fahren“ befindet.
-
Die folgenden Beispiele verdeutlichen die Funktionsweise der Kontext-abhängigen Deaktivierung des Blinkers eines Fahrzeugs 101. Bei einem Spurwechsel 110 auf einer Autobahn aktiviert der Fahrer des Fahrzeugs 101 typischerweise manuell den linken Blinker, um anzuzeigen, dass er die Fahrspur wechseln möchte. Das Fahrzeug 101 registriert die aktuelle Fahrspur bei Aktivierung des Blinkers. Sobald das Fahrzeug 101 die Fahrspur gewechselt hat, erkennt das Fahrzeug 101, dass es auf der neuen Spur angekommen ist, und dass der Spurwechsel abgeschlossen ist. Daraufhin deaktiviert das Fahrzeug 101 automatisch den Blinker.
-
Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf eine Abfahrt 110 von der Autobahn. Typischerweise aktiviert der Fahrer des Fahrzeugs 101 den Blinker um anzuzeigen, dass er die Fahrspur wechseln möchte, um von der Autobahn abzufahren. Das Fahrzeug 101 registriert wiederum die aktuelle Fahrspur bei Aktivierung des Blinkers. Sobald erkannt wird, dass sich das Fahrzeug 101 auf dem Abfahrstreifen befindet, wird der Blinker automatisch deaktiviert.
-
Durch die Kontext-basierte Deaktivierung des Blinkers wird gewährleistet, dass zeitnah nach Durchführung eines Fahrmanövers, welches die Verwendung eines Blinkers erfordert, der Blinker automatisch deaktiviert wird. Insbesondere bleibt der Blinker des Fahrzeugs 101 nicht über eine gesamte Abfahrspur einer Autobahnabfahrt aktiviert.
-
Wie bereits dargelegt, umfasst ein beispielhaftes Verfahren zur automatischen Deaktivierung des Blinkers eines Fahrzeugs 101 das Erfassen der aktuellen Fahrspur bei Aktivierung des Blinkers durch den Fahrer des Fahrzeugs 101. Dies kann insbesondere dann erfolgen, wenn eine spurgenaue Positionierung des Fahrzeugs 101, z.B. anhand eines Navigationsgeräts, möglich ist. Alternativ oder ergänzend kann ein Rand der aktuellen Fahrspur ermittelt werden (z.B. anhand einer Kamera). Der Blinker kann dann automatisch deaktiviert werden, wenn ein oder mehrere Kriterien erfüllt sind oder wenn ein oder mehrere Indizien für den Abschluss des Fahrmanövers vorliegen. Aus den ein oder mehreren Kriterien oder aus den ein oder mehreren Indizien kann der aktuelle Kontext des Fahrzeugs 101 oder der aktuelle Zustand des Fahrmanövers ermittelt werden.
-
Beispielhafte Kriterien oder Indizien sind:
- • Das Lenkrad des Fahrzeugs 101 wird über den vorgegebenen Lenkwinkel gedreht und wieder zurückgedreht.
- • Erkennt das Navigationssystem, dass aufgrund der vorgegebenen Route nach einem ersten Fahrspurwechsel sofort ein weiterer Spurwechsel erforderlich ist, so wird der Blinker nicht deaktiviert (auch wenn der Lenkwinkel überschritten wurde). Andererseits kann eine automatische Deaktivierung des Blinkers erfolgen.
- • Durch eine spurgenaue Positionierung ist ein Spurwechsel erkannt worden.
- • Durch einen kamerabasierten Spurverlassen-Assistenten wird ein Spurwechsel erkannt.
- • Wird vor dem Fahrzeug mittels eines Frontradars (z.B. für ACC) ein weiteres langsames Fahrzeug erkannt, so ist davon auszugehen, dass der Fahrer nach einem ersten Spurwechsel gleich auf die nächste Spur wechseln möchte. In diesem Fall kann eine automatische Deaktivierung des Blinkers unterbunden werden.
- • Durch das Navigationssystem kann für die aktuell befahrene Straße ein Straßentyp (Landstraße, Autobahn, Stadt/Ortschaft) ermittelt werden. Die automatische Deaktivierung kann von dem Straßentyp abhängig gemacht werden.
-
2 zeigt beispielhafte Komponenten eines Fahrzeugs 101, die dazu verwendet werden können, das in diesem Dokument beschriebene Verfahren zur automatischen Deaktivierung eines Blinkers zu implementieren. Insbesondere kann das Fahrzeug 101 eine Steuereinheit 200 umfassen, die eingerichtet ist, zu erkennen, dass ein Blinker 201 des Fahrzeugs 101 aktiviert wurde. Desweiteren kann die Steuereinheit 200 eingerichtet sein, den Blinker 201 des Fahrzeugs 101 automatisch (d.h. ohne aktives Einschreiten des Fahrers des Fahrzeugs 101) zu deaktivieren.
-
Insbesondere kann die Steuereinheit 200 eingerichtet sein, ein oder mehrere Indizien dafür zu ermitteln, dass ein Fahrmanöver, welches die Verwendung des Blinkers 201 erfordert, abgeschlossen ist. Bei dem Fahrmanöver kann es sich z.B. um einen Spurwechsel oder um einen Abbiegevorgang handeln. Desweiteren kann die Steuereinheit 200 eingerichtet sein, anhand der ein oder mehreren Indizien zu bestimmen, dass das Fahrmanöver tatsächlich abgeschlossen ist. In Reaktion darauf, kann die Steuereinheit 201 die automatische Deaktivierung des Blinkers 201 veranlassen.
-
Die ein oder mehreren Indizien können auf Basis von Positionsdaten einer Positionierungseinheit oder eines Positionierungssensors 202 des Fahrzeugs 101 ermittelt werden. Die Positionierungseinheit 202 kann insbesondere ein Navigationssystem mit digitalen (spurgenauen) Landkarten umfassen. Anhand der Positionsdaten kann eine aktuelle Fahrspur des Fahrzeugs 101 und/oder ein Spurwechsel des Fahrzeugs 101 ermittelt werden. Desweiteren kann die Positionierungseinheit 202 Informationen bzgl. einer Fahrroute des Fahrzeugs 101 bereitstellen. Anhand der Fahrroute kann darauf geschlossen werden, wie viele Fahrspuren im Rahmen des Fahrmanövers überquert werden müssen, und/oder welche Position das Fahrzeug erreichen muss, um das Fahrmanöver, welches die Verwendung des Blinkers 201 erfordert, abzuschließen.
-
Alternativ oder ergänzend können die ein oder mehreren Indizien auf Basis von Umfelddaten von ein oder mehreren Umfeldsensoren 203 ermittelt werden. Die Umfeldsensoren 203 können beispielsweise eine Kamera umfassen, die eingerichtet ist, ein Umfeld des Fahrzeugs bildlich zu erfassen. Anhand der Umfelddaten (d.h. Bilddaten) einer Kamera kann z.B. ein Spurwechsel detektiert werden. Die Umfeldsensoren 203 können einen Radarsensor umfassen, der eingerichtet ist, ein Umfeld des Fahrzeugs anhand von Radarsignalen zu erfassen. Anhand der Umfelddaten (d.h. Radardaten) eines Radarsensors kann z.B. eine relative Geschwindigkeit eines Vorderfahrzeugs des Fahrzeugs 101 ermittelt werden. Anhand der Umfelddaten kann so z.B. ermittelt werden, ob ein Spurwechsel stattgefunden hat, wie viele Fahrspuren überquert wurden, und/oder ob sich vor dem Fahrzeug 101 ein Hindernis (z.B. ein langsames Vorderfahrzeug) befindet.
-
Alternativ oder ergänzend können die ein oder mehreren Indizien auf Basis von Fahrzeugdaten von ein oder mehreren Fahrzeugsensoren 204 ermittelt werden. Die Fahrzeugsensoren 204 können einen Geschwindigkeitsensor umfassen, der eingerichtet ist, eine Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs 101 zu erfassen. Desweiteren können die Fahrzeugsensoren 204 einen Lenkwinkelsensor umfassen, der eingerichtet ist, einen Lenkwinkel eines Lenkrads des Fahrzeugs 101 zu ermitteln.
-
Die ein oder mehreren Indizien können insbesondere folgende Indizien umfassen:
- • eine Anzahl der Spurwechsel, die seit Aktivieren des Blinkers erfolgt sind;
- • die Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs 101 liegt bei oder über einer Mindestgeschwindigkeit;
- • eine Anzahl der Spurwechsel, die zur Durchführung des Fahrmanövers erforderlich sind; und/oder
- • das Vorliegen eines Hindernisses auf der aktuellen Fahrspur, durch die ein weiterer Spurwechsel erforderlich wird.
-
Wie oben dargelegt, kann die Steuereinheit 200 aus den ermittelten ein oder mehreren Indizien bestimmten, ob das Fahrmanöver, welches das Aktivieren des Blinkers 201 erfordert, abgeschlossen ist, und daraufhin die automatische Deaktivierung des Blinkers veranlassen. Insbesondere kann anhand der ein oder mehreren Indizien ein Wahrscheinlichkeitswert dafür ermittelt werden, dass das Fahrmanöver abgeschlossen ist. Es kann bestimmt werden, dass das Fahrmanöver abgeschlossen ist, wenn der ermittelte Wahrscheinlichkeitswert bei oder über einem vordefinierten Wahrscheinlichkeitsschwellwert liegt.
-
Die Steuereinheit 200 kann eingerichtet sein, die Deaktivierung des Blinkers 201 an die Gewohnheiten des Fahrers des Fahrzeugs 101 anzupassen. Dazu kann die Steuereinheit 200 insbesondere eingerichtet sein, die Blink-Gewohnheiten des Fahrers in einer Lernphase zu erlernen. In der Lernphase kann eine Kontext / Indizien-basierte Deaktivierung des Blinkers ausgeschaltet sein, so dass die Steuereinheit 200 die Blinkgewohnheiten des Fahrers bei verschiedenen Fahrmanövern, wie z.B. bei einem Spurwechsel, bei der Auffahrt auf eine Autobahn, bei der Abfahrt von einer Autobahn, bei einem Abbiegemanöver, etc., erfassen kann. Bestimmte Parameter der Kontext / Indizien-basierten Deaktivierung können so an die Gewohnheiten des Fahrers angepasst werden. Beispielsweise kann ein Zeitraum zwischen Durchführung eines Spurwechsels und der automatischen Deaktivierung des Blinkers 201 angepasst werden. Alternativ oder ergänzend kann ein Zeitraum zwischen Erreichen einer Abfahrtspur und der automatischen Deaktivierung des Blinkers 201 angepasst werden.
-
Die in diesem Dokument beschriebene Funktionalität kann ggf. per Option in einem Konfigurationsmenu oder durch einen Schalter des Fahrzeugs 101 ein- bzw. ausgeschaltet werden. Mit jedem Ein- bzw. Ausschalten kann eine erneute Adaption an den Fahrer (d.h. eine neue Lernphase) erfolgen.
-
Die in diesem Dokument beschriebene Funktionalität kann als Software implementiert werden, und erfordert typischerweise keine zusätzliche Hardware im Fahrzeug 101. Die beschriebene Funktionalität kann somit Kosten-effizient bereitgestellt werden.
-
Durch die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren und Vorrichtungen können diverse Vorteile erreicht werden. Für Motorradfahrer kann eine erhöhte Sicherheit ermöglicht werden, da sich ein Motorradfahrer nicht mehr aktiv um das Deaktivieren des Blinkers 201 kümmern muss, und somit nicht vom Verkehrsgeschehen (insbesondere nach Kurven oder Spurwechseln) ablenkt wird. Weiterhin ergibt sich ein erhöhter Komfort, da der Blinker 201 nicht bereits vor Abschluss eines Fahrmanövers deaktiviert wird (z.B. durch Ablauf eines vordefinierten Zeitraums).
-
Desweiteren unterstützten die beschriebenen Verfahren und Vorrichtungen den Fahrer beim Blinken. Dabei wird der Blinkwunsch typischerweise weiterhin vom Fahrer manuell generiert, um eine gewünschte Fahrsituation oder ein gewünschtes Fahrmanöver einzuleiten. Das automatische Deaktivieren des Blinkers 201 unterstützt den Fahrer dann dahingehend, dass er sich nach Abschluss des gewünschten Fahrmanövers nicht mit der Deaktivierung des Blinkers 201 befassen muss. Desweiteren lässt sich durch die Adaptivität das automatische Blinkverhalten auf die Vorlieben des Fahrers einstellen.
-
Das Kontext / Indizien-basierte Blinken passt sich der jeweiligen Verkehrssituation oder dem jeweiligen Fahrmanöver an. Dadurch wird sichergestellt, dass eine Deaktivierung des Blinkers 201 nach Abschluss des Fahrmanövers nicht vergessen werden kann, wodurch Gefahrensituationen im Straßenverkehr entstehen könnten.
-
Desweiteren kann durch die automatische Deaktivierung des Blinkers 201 ein nicht-erforderliches Betreiben des Blinkers 201 vermieden werden. Dadurch kann der Verbrauch an elektrischer Energie im Fahrzeug 101 reduziert werden.
-
Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.