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GEBIET DER ERFINDUNG
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Dichtung für eine sich drehende Maschine, insbesondere auf Radialwellendichtringe.
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STAND DER TECHNIK
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Radialwellendichtringe werden zur Abdichtung von zwei mit unterschiedlichen Drehzahlen laufenden rotationssymmetrischen Teilen gegen Öl oder Fett eingesetzt.
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Bei üblichen Radialwellendichtungen ist das lippenförmige Dichtelement innenliegend und hat meist eine Spiralfeder zur Erzeugung der Anpresskraft. Die Gegenlauffläche ist eine Innenumfangsfläche des Außenzylinders eines gehärteten und geschliffenen Ringes.
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Insbesondere unterliegt bei umlaufenden Außenteilen, z. B. Gehäusen, wie in Zentrifugen oder Antrieben für dieselben, die Dichtlippe des Radialwellendichtringes und auch die Spiralfeder einer Fliehkraftwirkung. Die Fliehkraftwirkung ist umso größer, je höher die Drehzahl bzw. die Umfangsgeschwindigkeit des rotierenden Außenteiles ist. Aufgrund der Fliehkraftwirkung kommt es zu einer Verminderung der Anpresskraft und ab einer von der Geometrie des Radialwellendichtringes abhängigen Drehzahl zum Abheben der Dichtlippe und damit zu einer Leckage.
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Diese Problematik wird bisher dadurch gelöst, dass die Spiralfeder verstärkt wird, um die Fliehkraftwirkung auszugleichen. Die Verstärkungswirkung funktioniert jedoch nur innerhalb eines engen Drehzahlbereiches. Bei zu niedriger Drehzahl ist die Vorspannung durch die verstärkte Feder zu groß und die Dichtlippe verschleißt. Bei zu hoher Drehzahl reicht auch die Federkraft der verstärkten Feder nicht mehr aus und die Dichtlippe hebt ab.
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In einer anderen Ausführung wird ein außendichtender Radialwellendichtring verwendet. Hierbei läuft die außenliegende Dichtlippe gegen eine gehärtete Innenumfangsgegenlauffläche. Mit zunehmender Drehzahl erhöht sich die Fliehkraftwirkung auf die Dichtlippe und die Spiralfeder, wodurch sich auch die Anpresskraft verstärkt. Ein Abheben der Dichtlippe wird zwar verhindert, jedoch verstärkt sich die Anpresskraft. Die Verfügbarkeit derartiger Wellendichtringe ist stark begrenzt und die Fertigung der gehärteten Innenumfangsgegenlauffläche sehr teuer.
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Darüber hinaus sind innenabdichtende Radialwellendichtringe bevorzugt, da aufgrund des geringeren Umfangs der abzudichtenden Länge auch die erzeugte Reibung entsprechend geringer ist.
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Generell gilt, dass bei Dichtungen ein geeigneter Anpressdruck sehr wichtig ist. Ist der Anpressdruck zu gering, entfällt die Dichtwirkung. Ist der Anpressdruck zu hoch, steigt die Reibung, was die Effizienz verringert und das Dichtmaterial übermäßig verschleißt. Für eine ausreichende Dichtwirkung ist es nötig, dass die Dichtlippe auf einem minimalen Schmierstofffilm zwischen der Dichtfläche und der Dichtlippe gleitet, ohne zu stark anzupressen, aber auch ohne einen zu großen Schmierstofffilm, bzw. ohne abzuheben.
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Folglich ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine innen abdichtende Wellendichtung zu bieten, deren Dichtwirkung auch bei zunehmenden Drehzahlen in etwa konstant bleibt.
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ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG
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Diese Aufgabe wird durch eine Dichtung gelöst, die eine Wirkung der Fliehkraft zur Kompensation deren Auswirkungen auf das Dichtelement benutzt und dadurch eine von der Drehzahl der Dichtung unabhängige Anpresskraft der Dichtlippe erzeugt. Kerngedanke der Erfindung ist es also, die Wirkung der Fliehkraft so einzusetzen, um die nachteiligen Auswirkungen der Fliehkraft auf das Dichtelement zu kompensieren.
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Eine drehzahlunabhängige Anpresskraft und Dichtwirkung bringt mehrere Vorteile. Ein konstanter Anpressdruck erzeugt je nach Drehzahl eine berechenbare Reibung, wodurch eine Steuerbarkeit der sich drehenden Vorrichtung erhöht wird. Ein konstanter Anpressdruck erzeugt aber auch eine immer gleiche Dichtwirkung, wodurch keine übermäßig großen Toleranzwerte im Dichtverhalten zumindest aufgrund der Dichtanordnung selbst erforderlich sind. Die Dichtung kann folglich sehr genau bemessen werden. Durch die geringen oder kaum vorhandenen Schwankungen im Anpressdruck kann die Lebensdauer der Dichtanordnung erhöht werden.
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Eine erfindungsgemäße Dichtung für eine sich drehende Vorrichtung dichtet zwischen einem radial äußeren Bauteil und einem radial inneren Bauteil der sich drehenden Vorrichtung ab, wobei ein wesentliches Element der Dichtung eine Kippeigenschaft senkrecht zur Umfangsrichtung der sich drehenden Vorrichtung aufweist.
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Als Kippeigenschaft wird in diesem Zusammenhang verstanden, dass sich der Querschnitt dieses wesentlichen Elements der Dichtung bezüglich der Wellenachse neigt. Nicht der ringförmige Dichtring als ein Ganzes neigt sich gegenüber der Wellenachse, sondern jede einzelne Schnittfläche der Dichtung verdreht sich gleichermaßen. Mit anderen Worten, beim Kippen des Elements bewegt sich der Umfangsrand des Elements auf der einen axialen Seite zu der Außenumfangsfläche des innen liegenden Bauteils hin, während sich der Umfangsrand des Elements auf der anderen axialen Seite von der Außenumfangsfläche des innen liegenden Bauteils weg bewegt. Daher verdreht sich dieses Element in sich.
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Wenn sich ein Querschnittsteil des Elements zu der Außenumfangsfläche des innen liegenden Bauteils hin bewegt und der axial entgegen gesetzte Querschnittsteil des Elements von der Außenumfangsfläche des innen liegenden Bauteils weg bewegt, gibt es eine Stelle an dem Querschnitt, die sich bezüglich der Außenumfangsfläche des innen liegenden Bauteils nicht bewegt. Diese Stelle ist der Drehpunkt oder Kipppunkt.
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Ein Kippen oder ein Verdrehen um den Kipp- oder Drehpunkt herum trifft für jeden einzelnen Querschnitt des erfindungswesentlichen Elements der Dichtung zu. Die Aneinanderreihung aller möglichen Kipp- oder Drehpunkte ergibt eine linienförmige Bahn. Diese linienförmige Bahn kann eine Kreisbahn, eine elliptische Bahn oder eine polygonale Bahn sein. Im Falle eines herkömmlichen Wellendichtrings ergibt sich daher eine Kreisbahn, die zwischen dem radial äußeren Bauteil und dem radial inneren Bauteil der sich drehenden Vorrichtung, nämlich der Welle, liegt.
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Gleichermaßen ist vorstellbar, dass die Dichtung nicht als Rundwellendichtring vorgesehen ist, bei dem sich inneres Bauteil und äußeres Bauteil relativ zu einander drehen, sondern als Dichtung zwischen elliptischen oder polygonalen Bauteilen. Ausschlaggebend ist lediglich, dass die Dichtung aufgrund ihrer eigenen Drehung der Fliehkraft unterworfen ist. Beispielsweise kann eine erfindungsgemäße Dichtung auch zwischen einem polygonalem Innenbauteil und einem entsprechend ausgebildetem polygonalen Außenbauteil vorgesehen sein. Wenn beide Bauteile z. B. axial beweglich zueinander gelagert sind und sich die Gesamtanordnung einschließlich der Dichtung dreht, kann eine erfindungsgemäße Dichtung mit Fliehkraftkompensationswirkung ebenfalls vorteilhaft eingesetzt werden. Solch eine Dichtung ist zwar keiner Reibungskraft in Umfangsrichtung aufgrund einer Differenzdrehzahl ausgesetzt, jedoch einer axialen Reibungskraft, wenn sich Innen- und Außenbauteil axial zueinander verschieben.
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Diese Kompensationswirkung kann dadurch hervorgerufen werden, indem die Masse des erfindungswesentlichen Elements der Dichtung auf einer Seite der Drehachse bezüglich des vorangehend genannten Dreh- oder Kipppunkts größer ist als die Masse dieses Elements auf der anderen Seite der Drehachse bezüglich dieses Dreh- oder Kipppunkts. Dies bewirkt, dass die Fliehkraft auf der Seite der größeren Masse größer ist als auf der Seite der kleineren Masse. Der Einfachheit halber wird die eine axiale Seite bezüglich des Drehpunkts mit größerer Masse Fliehkraftseite genannt und die andere axiale Seite bezüglich des Drehpunkts mit kleinerer Masse wird Dichtseite genannt. Das Element der Dichtung, das diese Kompensationswirkung erzeugt, wird im Folgenden auch „Fliehkraftkompensator” genannt.
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Der Dreh- oder Kipppunkt wirkt nun als Hebelpunkt, wobei eine resultierende Kraft auf der Seite der kleineren Masse wirkt, die zur Drehachse der sich drehenden Vorrichtung, also z. B. zur Wellenachse hin wirkt. Je größer die Drehzahl, desto größer ist diese resultierende Kraft. Diese mit steigender Drehzahl steigende Kraft, kann nun genutzt werden, um den Anpressdruck eines innen anliegenden Dichtelements, wie z. B. einer Dichtlippe zu erhöhen.
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Der Vorteil der vorliegenden Erfindung besteht darin, dass die erfindungsgemäße Dichtung fliehkraftunabhängig und daher drehzahlunabhängig ausgebildet sein kann. Sie ist dann fliehkraft- und drehzahlunabhängig, wenn die dynamisch wirkenden Dichtungsteile auf beiden Seiten des Dreh- oder Kipppunkts der Masse nach ausgeglichen sind. Das heißt, wenn die vorangehend beschriebene resultierende Kraft gleich der Fliehkraft des Dichtelements, sprich der Dichtlippe (je nach Ausbildung mit oder ohne Spiralfeder), ist, ist die Dichtwirkung drehzahlunabhängig. Genauer gesagt, handelt es sich um eine Dichtlippe ohne Federelement, dann greift der Fliehkraftkompensator direkt radial einwärts von dem Dichtelement an diesem an. Handelt es sich um eine Dichtlippe mit Federelement, so ist es erforderlich, dass der Fliehkraftkompensator am radial weiter auswärts liegenden Federelement angreift, um auch dessen Fliehkraft auszugleichen. Nur wenn die gesamte von der Fliehkraft beeinflusste Dichtbaugruppe (nur Dichtlippe, wenn keine Feder vorhanden ist, und Dichtlippe mit Federelement, wenn Feder vorhanden ist) im Gleichgewicht mit dem Fliehkraftkompensator ist, kann die Dichtwirkung von der Drehzahl unabhängig konstant bleiben.
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Diese Wirkung kann jedoch nach Bedarf auch adaptiert werden. Wenn z. B. bei höheren Drehzahlen eine höhere Dichtwirkung erwünscht wird, wird die Masse des erfindungswesentlichen Elements (also das Kipp- oder Verdrehelement) auf der Fliehkraftseite erhöht. Umgekehrt, wenn bei höheren Drehzahlen eine geringere Dichtwirkung erwünscht wird, wird die Masse des erfindungswesentlichen Elements auf der Fliehkraftseite verringert. Eine von der Drehzahl abhängige geringe Erhöhung des Dichtungsanpressdrucks ist z. B. dann sinnvoll, wenn sich der Schmierstoff aufgrund der Reibung und Bewegung erwärmt und sich dadurch seine Viskosität verringert. Die Dichtwirkung bzw. der Anpressdruck kann so auf konkrete Schmiermittel und/oder spezifische Betriebsdrehzahlbereich angepasst werden.
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In der vorangehenden Betrachtung wurde das erfindungswesentliche Kipp- oder Verdrehelement sowie ein Dichtelement beschrieben oder genannt. Tatsächlich können diese beiden Elemente je nach Bedarf separat oder als ein einstückig ausgebildetes Bauteil vorgesehen sein. Bei separater Ausbildung drückt das erfindungswesentliche Kipp- oder Verdrehelement radial einwärts von dem Dichtelement auf das Dichtelement und erhöht so dessen Anpressdruck.
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Auch das erfindungswesentliche Kipp- oder Verdrehelement selbst kann einstückig oder durch mehrere separate Bauteile ausgebildet sein. Ist es einstückig ausgebildet, so wird die Kippwirkung dadurch erreicht, dass an einer Stelle des Querschnitts des Kippelements die Materialstärke bzw. -dicke derart verringert ist, dass eine Nachgiebigkeit erzeugt ist und eine Kippbewegung möglich wird. Die tatsächliche Bewegung ist relativ gering. Wichtig ist nur, dass eine Gelenkwirkung hervorgerufen wird und das erfindungswesentliche Element wie eine Wippe oder eine Waage mit einem Auflager funktioniert. Damit wären auch die notwendigen Elemente erwähnt, falls eine mehrteilige Baugruppe vorgesehen werden sollte, nämlich ein Auflagerelement und zumindest ein Wippelement, das zu beiden Seiten bezüglich des Drehpunkts Hebelarme aufweist, die als Massen zur Erzeugung der Fliehkräfte auf der Fliehkraft- wie auch der Dichtseite dienen.
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Das erfindungswesentliche Kipp- oder Verdrehelement ist vorzugsweise aus einem elastischen Material hergestellt, das in Anbetracht der zu erwartenden Fliehkräfte verformbar ist. Hierzu geeignet ist zum Beispiel ein Kunststoff oder Kautschuk. Je nach Anwendungsgebiet kann auch ein Verbundstoffelement eingesetzt werden, bei dem einzelne Teil auch aus weniger nachgiebigen Materialien, wie z. B. Metall, ausgebildet sein können. Beispielsweise ist es vorteilhaft, die von der Fliehkraft betroffenen Teile vollständig oder zumindest teilweise aus Metall zu fertigen wegen deren Masse. Dies betrifft hauptsächlich jene Teile auf der vorangehend spezifizierten Fliehkraftseite bzw. der Seite mit größerer Masse. Die größere Dichte von Metall bietet die gleiche Masse bei geringerem Volumen. Folglich kann der Fliehkraftkompensator kompakter entworfen sein.
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In der vorangehenden Beschreibung wurde davon ausgegangen, dass das erfindungswesentliche Kipp- oder Verdrehelement kontinuierlich in Umfangsrichtung der sich drehenden Vorrichtung vorgesehen ist. Es ist gleichermaßen möglich, ein Kipp- oder Verdrehelement gemäß der vorliegenden Erfindung vorzusehen, das den Anpressdruck (d. h. die vorangehend genannte resultierende Kraft) nicht stetig sondern diskret aufbringt. Mit anderen Worten, der Anpressdruck wird punktuell erhöht. Beim stetigen Krafteintrag ist das Kippelement einer dreidimensionalen Verformung unterworfen. Beim diskreten Krafteintrag kann auch folgende Anordnung eingesetzt werden. Ein Basisring weist beabstandet von einander eine Vielzahl von Auflagern auf. Jedes Auflager bindet gelenkig ein Wippelement an, das eignet ist, um die Fliehkraft zu kompensieren. Diese gelenkige Anbindung kann z. B. mehrteilig über ein zylindrisches Achselement oder auch einteilig realisiert sein. Aufgrund der Komplexität einer mehrteiligen Baugruppe ist der deren Einsatz in größeren Drehanordnungen vorteilhaft. Als einteilige Ausführung kann eine solche diskrete Ausbildung auch für kleinere Vorrichtungen geeignet sein. Je nach Anzahl der Wippelemente, die über den Umfang hinweg verteilt sind, ergibt sich der Krafteintrag. Die daraus folgende ungleichmäßige Druckverteilung kann dann über ein geeignetes Dichtelement ausgeglichen werden. Zum Ausgleich kann das Dichtelement z. B. einen metallischen Kern aufweisen, der eine erhöhte Biegesteifigkeit des Dichtelements in Umfangsrichtung bietet. Die Biegesteifigkeit kann auch durch das Federelement vorgesehen sein. Solch ein Federelement besteht z. B. aus Federstahl, wodurch das Federelement in Umfangsrichtung eine Biegesteifigkeit erhält. Diese diskrete Anordnung ist derart, dass jedes einzelne Fliehkraftkompensatorelement zum Kippen oder Drehen eine eigene lineare Drehachse hat. Die gelenkige Anbindung von Auflagerkomponente und Drehkomponente ist folglich entlang der jeweiligen Drehachse vorgesehen. Selbst wenn das Gelenk linear ausgebildet ist, kann die Drehkomponente im Allgemeinen bogenförmig entlang der Umfangsrichtung der sich drehenden Vorrichtung gestaltet sein, um z. B. einen annähernd gleichmäßigen Anpressdruck auf das Federelement zu liefern. Da eine diskrete Anordnung der Fliehkraftkompensatorelemente nur minimale Materialverformungen bei der Wipp- bzw. Kippbewegung erfordert, ist die Fliehkraftkompensation in diesen Fällen sehr effektiv, da kein dreidimensionaler Materialwiderstand bzw. Stülpwiderstand überwunden werden muss.
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Wie bereits erwähnt wurde, ist bei gewöhnlichen Radialwellendichtungen das lippenförmige Dichtelement innenliegend und umfasst meist ein Federelement, wie z. B. eine Spiralfeder, zur Erzeugung der Anpresskraft, wie z. B. in 3 und 4 gezeigt ist. Da die Spiralfeder im Allgemeinen aus Metall hergestellt ist, kann dieser Grundaufbau sehr einfach durch das erfindungsgemäße Kipp- oder Verdrehelement ergänzt werden. Je nach Ausführung kann sowohl eine Fliehkraftkompensation mit stetigem als auch mit diskretem Krafteintrag implementiert werden.
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Da die auftretenden Kräfte in dem erfindungsgemäßen Kippelement bei rotations- oder spiegelsymmetrischer Ausgestaltung ebenfalls rotations- oder spiegelsymmetrisch verteilt sind, erfordert das Kippelement keine massive Lagerung. Es ist möglich, das Kippelement lediglich mit einer geringen Anzahl von Abstandhalter zur Innenumfangsfläche des äußeren Bauteils der sich drehenden Vorrichtung zu versehen, so dass dessen Position im Dichtspalt z. B. trotz Schwerkrafteinfluss unverändert bleibt. Ist die Anpressdruckfläche des Kippelements in Kontakt mit dem Dichtelement oder der Spiralfeder von diesem, kann auch gänzlich auf eine Abstützung zur Innenumfangsfläche des äußeren Bauteils der sich drehenden Vorrichtung verzichtet werden.
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Im Vorangehenden wurde das erfindungswesentliche Element immer als Verdreh- oder Kippelement bezeichnet. Tatsächlich ist es so, dass je nach Anwendung und vorgesehenen Bauteiltoleranzen sogar minimale Bewegungen bzw. Materialverformungen ausreichen. Wenn der Fliehkraftkompensator bereits in lockerem Kontakt mit z. B. dem Federelement steht, so biegt sich das Fliehkraftkompensatorelement über den Dreh- bzw. Auflagerpunkt hinweg und erhöht somit den Anpressdruck auf das Federelement, wobei die Fliehkraft von Dichtelement und Federelement nach Bedarf kompensiert, unterkompensiert oder überkompensiert wird.
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Als Fertigungsmethode ist bei kleineren Stückzahlen ein 3D-Druckverfahren oder 3D-Sintern besonders vorteilhaft, da auch sehr komplexe Strukturen mit ausreichender Genauigkeit sehr kostengünstig hergestellt werden können. Als weitere Fertigungsmethode ist bei entsprechender geometrischer Ausbildung des Fliehkraftkompensators auch ein Blechbiegeteil denkbar, aber auch eine Ausführung als Kunststoffspritzguss.
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Die angefügten 1 und 2 zeigen den prinzipiellen Aufbau einer erfindungsgemäßen Dichtung anhand einer Ausführungsform. Diese Ausführungsform bezieht sich auf einen Radialwellendichtring mit einem Fliehkraftkompensator. 2 zeigt das in 1 rechteckig umrahmte Detail B genauer.
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Die angefügten 3 und 4 zeigen den prinzipiellen Aufbau eines Radialwellendichtrings mit Spiralfeder gemäß dem Stand der Technik. 4 zeigt das in 3 eingekreiste Detail A genauer.
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BESCHREIBUNG DER AUSFÜHRUNGSFORM
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1 zeigt einen Gesamtquerschnitt durch eine kugelgelagerte zylindrische Welle als eine sich drehende Vorrichtung im Sinne der Erfindung, die mit einer Dichtanordnung versehen ist.
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2 zeigt die Anordnung von 1 in einer Detailansicht. Diese Detailansicht zeigt den Dichtspalt zwischen der oben dargestellten Welle 30 (radial inneres Bauteil) und der unten dargestellten Lagerbuchse 20 (radial äußeres Bauteil). In dem Dichtspalt befinden sich als getrennt von einander ausgebildete Elemente das Dichtelement 10 mit dem Federring 50, der an der Dichtlippe 101 angeordnet ist, und das Kippelement bzw. der Fliehkraftkompensator 11, der in Wellenaxialrichtung bzw. in Drehachsenrichtung neben dem Dichtelement 10 angeordnet ist.
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Der Fliehkraftkompensator 11 weist aufgrund seiner speziellen Geometrie einen Bereich mit höherer Massenansammlung 111 und einen Bereich mit geringerer Massenansammlung 112 auf und weist zwischen diesen Bereichen einen als Gelenk ausgebildeten Bereich 113 auf, der sich an der Innenumfangsfläche der Gehäusebuchse an einer Basis 114 abstützt und bezüglich dem äußeren Bauteil 20 ortsfest bleibt. Der Bereich mit der größeren Massenansammlung 111 unterliegt einer höheren Fliehkraft F4 als der Bereich mit geringerer Massenansammlung 112 mit der Fliehkraft F3. Der Bereich mit der höheren Massenansammlung erzeugt in dem Fliehkraftkompensator 11 in Bereich des Auflagers bzw. in dem als Gelenk ausgebildeten Bereich 113 ein Moment MR. Dieses Moment verformt den Fliehkraftkompensator derart, dass zwischen dem Bereich mit der geringeren Massenansammlung und einer Spiralfeder bzw. einem Federring 50 oder dem Elastomer-Dichtelement 101 eine resultierende Kraft FR erzeugt wird. Mit zunehmender Drehzahl wird diese Anpresskraft FR immer größer und kompensiert die immer größer werdende Fliehkraft F1 der Dichtringanordnung 10, sodass die Anpresskraft in der vorliegenden Ausführungsform unabhängig von der Drehzahl konstant bleibt. Die Fliehkraft F1 der Dichtringanordnung 10 ergibt sich in der vorliegenden Ausführungsform aus der Masse der Dichtlippe 101 selbst und der Masse des Federrings 50. Wenn nun die Fliehkraft F1 der Masse der Dichtlippe 101 selbst und der Masse des Federrings 50 gleich der resultierenden Kraft FR des Fliehkraftkompensators 11 ist, verbleibt lediglich die Kraft F2, die dem Anpressdruck des Federrings 50 entspricht und von der Drehzahl der Welle unabhängig ist. Daher ist die Dichtanordnung 10 gemäß der Ausführungsform drehzahlunabhängig.
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Die Ausführungsform zeigt einen separaten Fliehkraftkompensator 11, der als eine Art Nachrüstlösung verstanden werden kann, für z. B. einen Radialwellendichtring gemäß dem Stand der Technik, so wie er in 3 und 4 gezeigt ist. Aufgrund der einfachen Herstellungsweise, wie bereits vorangehend ausgeführt wurde, kann solch ein Fliehkraftkompensator auch in kleinen Stückzahlen mit relativ niedrigen Kosten erzeugt werden.
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Der einstückig ausgebildete Fliehkraftkompensator 11 stützt sich auf der radial auswärtigen Seite gegen die Innenumfangsfläche des radial äußeren Bauteils 20, nämlich der Gehäusehälse, ab. Dieser Stütz- bzw. Basisring 114 erstreckt sich auf der Seite der Dichtanordnung 10 radial einwärts und verjüngt sich in der Dickenrichtung, so dass ein nachgiebiger Abschnitt 113 entsteht, der als Gelenk funktioniert. Um dieses Gelenk herum ist eine Drehbewegung des Fliehkraftkompensationsabschnitts 111, 112 möglich. In 1 und 2 ist der Fliehkraftkompensator in einer Ebene senkrecht zur Umfangsrichtung der Welle geschnitten gezeigt. Ein aufgrund der Fliehkraft erzeugtes Moment MR wirkt um diesen Gelenkpunkt herum. Gemäß einem konstruktionsbedingtem Hebelarm wird dieses Moment MR als die resultierende Kraft FR auf die Dichtanordnung (gemäß dem Stand der Technik) 10 an dem Federring 50 aufgebracht. Da der Druck bzw. die Kraft FR von außen radial einwärts auf den metallischen Federring 50 aufgebracht wird, wird unabhängig von einer stetigen oder diskreten Anordnung von einem durchgehenden oder mehreren einzelnen Fliehkraftkompensationselementen die Kraft gleichmäßig in Umfangsrichtung verteilt.
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Die vorliegende Ausführungsform, die in 1 und 2 gezeigt ist, ist eine kombinierte Form, die Elemente einer diskreten Anordnung und einer stetigen Anordnung miteinander verbindet. In 1 ist klar ersichtlich, dass die Fliehkraftabschnitte 111, 112 des Fliehkraftkompensators 11 zu den axialen Enden in Drehachsenrichtung diskret ausgebildet sind, d. h. sie sind in Umfangsrichtung vereinzelt. Die einzelnen Abschnitte sind durch Aussparungen voneinander getrennt. Der Steg hingegen, der axial auf Höhe des Dreh- bzw. Gelenkpunkts und radial einwärts von diesem ausgebildet ist, ist stetig bzw. in Umfangsrichtung durchgehend.
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Wie in 2 gezeigt ist, hat ein Fliehkraftkompensator gemäß dieser Ausführungsform den Vorteil, dass sich seine äußere Form sehr gut in die bestehende Dichtanordnung 10 mit Dichtelement 101 und Spiralfederelement 50 einfügt. Da der Hebelarm, der die resultierende Kraft FR überträgt, mittig in dem Spalt zwischen dem radial inneren Bauteil 30 und dem radial äußeren Bauteil 20 angeordnet ist, liegt er eben in jenem Raum, der von der konventionellen Dichtanordnung 10 nicht belegt ist. Aus diesem Grund kann der Fliehkraftkompensator 11 gemäß dieser Ausführungsform vorteilhaft als eine Nachrüstlösung bestehende Dichtanordnungen verwendet werden. Um ein ungewolltes Versetzen des separat angeordneten Fliehkompensators 11 zu verhindern, ist ein Gegendruckelement 40 in eine Aussparung an dem radial äußeren Bauteil 20 vorgesehen, das ein ungewolltes axiales Verschieben des Fliehkompensators 11 verhindert. Es reicht, wenn das Gegendruckelement 40 an mehreren diskreten Positionen in Umfangsrichtung vorgesehen ist. Eine durchgängige umlaufende Anordnung ist nicht erforderlich.