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Technisches Gebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Anordnung der im Oberbegriff des Anspruchs 1 wiedergegebenen Art, wie sie zur zeitlichen Verkürzung von Röntgenpulsen oder zur Erzeugung solcher aus einer kontinuierlichen Röntgenquelle zum Einsatz kommt sowie ein Verfahren.
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Stand der Technik
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Röntgenstrahlung wird in vielfältiger Weise für die Charakterisierung von Materie eingesetzt. Beispiele sind die Kristallstrukturanalyse mittels Röntgenbeugung, die Bestimmung der chemischen Zusammensetzung mittels Röntgenfluoreszenzanalyse und die Bestimmung von elektronischen Zuständen mittels inelastischer resonanter Röntgenstreuung.
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Um sehr schnelle Änderungen von Materialeigenschaften, wie sie zum Beispiel in einer chemischen Reaktion erfolgen, mit Röntgenstrahlung erfassen zu können, werden Röntgenpulse benötigt, die höchstens halb so lang sind wie die schnellste Änderung im Material. Dies kann Röntgenpulse mit einer Dauer im Piko- oder Femtosekunden Bereich erfordern.
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Zur Verkürzung oder Erzeugung von Röntgenpulsen können sehr schnelle Kristallstrukturänderungen, die durch Anregung mit sehr kurzen (Piko- bis Femtosekunden) Laserpulsen hervorgerufen werden, genutzt werden. Da Kristallstrukturänderungen eine Änderung der Röntgenbeugungsbedingungen hervorrufen, können zeitlich begrenzte, geänderte Beugungsbedingungen zur Generierung von kurzen bis ultrakurzen (Piko- bis Femtosekunden) Röntgenpulsen, unter einem Beugungswinkel Θx, genutzt werden. Der Beugungswinkel Θx entspricht dabei einem Beugungswinkel, der die Bragg-Gleichung für die durch Anregung mit dem Laserpuls geänderte Kristallstruktur erfüllt und zwar in ihrer maximalen Änderung, d. h. er entspricht einem maximal verschobenen Beugungswinkel. Er kann darüber hinaus auch für Reflexe gelten, die zum Zeitpunkt der Anregung eine deutlich gesteigerte Beugungseffizienz aufweisen und keine Verschiebung erfahren.
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Die Bragg-Gleichung lautet: n·λ = 2d sinθ, (1) mit λ = Wellenlänge des Röntgenstrahls, d = Abstand der Gitterebenen in der Kristallstruktur, n = Beugungsordnung und Θ = Beugungswinkel.
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Bei monochromatischem Röntgenstrahl treten, gemäß der Bragg-Gleichung, im Einkristall diskrete, durch den Beugungswinkel Θ getrennte Reflexe auf.
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Die Beugungseffizienz ist das Verhältnis von eingestrahlter Röntgenstrahlintensität zur integralen Intensität des gebeugten Strahls unter einem Beugungswinkel Θ.
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In dem Aufsatz 1 von P. H. Bucksbaum und R. Merlin (The phonon Bragg switch: a proposal to generate sub-picosecond X-ray pulses, Solid state Communications 111, 1999, S. 535–539) wird die Anregung durch Laserpulse in Galliumarsenid (GaAs) beschrieben. Die hier genutzte Form der Anregung sind kohärent oszillierende, optische Phononen. Sie werden durch Ramanstreuung der eingestrahlten Laserpulse an Phononen erzeugt. Durch die Anregung wird die Beugungseffizienz (Intensität) von Reflexen, die im nicht angeregten Zustand des GaAs schwach sind, verstärkt. Die zeitliche Dauer dieser oszillierenden Anregung kann durch einen zweiten Laserpuls auf Pikosekunden begrenzt werden. Der Kontrast zwischen der Verstärkung der Beugungseffizienz der Reflexe im angeregten Zustand und ihrer normalen Beugungseffizienz ist jedoch gering.
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Der Kontrast ist definiert als die Änderung der unter einem festen Beugungswinkel Θx (maximal durch die Kristallstrukturänderung verschobener Beugungswinkel) auftretenden Intensität η eines Beugungsreflexes im angeregten Zustand (ηmax) zum Untergrund im nichtangeregten Zustand (ηmin), normiert auf die Intensität des Untergrunds: (ηmax – ηmin)/ηmin. Bei ηmin kann es sich auch um die Intensität eines Beugungsreflexes handeln, dessen Intensität im angeregten Zustand erhöht ist.
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In dem Aufsatz 2 von M. Herzog et al. (Ultrafast manipulation of hard x-rays by efficient Bragg switches, Applied Physics Letters 96, 2010, 161906:1–4) wird das Übergitter eines heteroepitaktischen Multischichtsystems, bestehend aus einige Nanometer dicken Schichten von Strontiumruthenat (SrRuO3) und Strontiumtitanat (SrTiO3), durch Laserpulse moduliert. Die Modulation wird durch die Absorption des Laserpulses in den metallisch leitenden Strontiumruthenat-Schichten erzeugt, welche sich hierdurch ausdehnen. Die Strontiumtitanat-Schichten werden entsprechend komprimiert. Die hierdurch hervorgerufene Bewegung der Atome entspricht einer stehenden Welle (longitudinales, akustisches – Phonon). Die stehende Welle erscheint dabei als periodisch oszillierende Änderungen der Schichtdicken. Die Beugungseffizienz der Übergitterreflexe, die aus der Schichtstruktur resultieren, wird folglich durch den Laserpuls beeinflusst, wodurch diese Reflexe unter ihrem Beugungswinkel zeitlich begrenzt aufscheinen, d. h. die Intensität dieser Reflexe zeitlich begrenzt erhöht wird. Die Übergitterreflexe treten jedoch in einer zeitlichen Abfolge, die der Oszillationsperiode entspricht, auf und nicht als Einzelpulse. Demnach können mit dieser Anordnung keine Einzelpulse generiert werden.
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In dem Aufsatz 3 von H. Navirian et al. (Shortening x-ray pulses for pumpprobe experiments at synchrotrons, Journal of Applied Physics 109, 2011, 126104:1–3), der den nächsten Stand der Technik bildet, wird das Übergitter eines heteroepitaktischen Multischichtsystems, bestehend aus einige Nanometer dicken Schichten von Lanthan-Strontium-Manganat (La0.7Sr0.3MnO3) und Strontiumtitanat (SrTiO3) durch Laserpulse moduliert. Im Gegensatz zum Aufsatz 2 wird hier nicht die Änderung der Beugungseffizienz eines Reflexes genutzt, sondern die Verschiebung des Beugungswinkels eines Reflexes, die mit der durch die Laserpulsabsorption induzierten Wärmeausdehnung einhergeht. Diese Änderung erzeugt jedoch nur begrenzt kurze Pulse (~30 ps).
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Aufgabenstellung
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Anordnung und ein Verfahren zur Verkürzung oder Erzeugung von Röntgenpulsen anzugeben, mit denen ein hoher Kontrast und eine hohe Beugungseffizienz realisierbar und Einzelpulse mit sehr kurzer Pulsdauer, d. h. bis ≤ 5 Pikosekunden, erzeugbar sind.
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Die Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 und 9 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die Anordnung zur Erzeugung von Röntgenpulsen weist ein heteroepitaktisches Schichtsystem auf, in dem ein Material durch Absorption von Licht zu Änderungen der Gitterkonstanten, senkrecht zu den Schichten, d. h. parallel zur Schichtnormalen, anregbar ist.
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Das heteroepitaktische Schichtsystem besteht im erfindungsgemäßen Fall aus zwei Schichten.
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Die reziproken Gitterkonstanten senkrecht zur Schichtebene der zwei Schichten divergieren um mindestens 1% voneinander. Dies genügt, um bei standardgemäßen Röntgenbeugungsanordnungen Reflexe voneinander zu trennen. Vorteilhaft für die Anwendung der erfindungsgemäßen Anordnung sind Materialien, deren Unterschied der Gitterkonstanten genügt, um gleich indizierte Reflexe aus den zwei Schichten (von denen einer zum Schalten genutzt wird) um einen Winkelbetrag voneinander zu trennen, der größer ist als die Summe der Halbwertsbreiten der betreffenden Reflexe. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der Beugungswinkel, gemäß der Bragg-Gleichung, eine Funktion der Wellenlänge der Röntgenstrahlen ist und die Halbwertsbreite einen apparativen Anteil als auch einen materialbedingten Anteil aufweist.
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Die Materialien der zwei Schichten sind einkristallin. Das bedeutet eine Mosaikverteilung (Mosaizität), die eine Verbreiterung der Halbwertsbreiten bewirkt, die kleiner ist als die Divergenz des einfallenden Strahls, also kleiner als die apparative Halbwertsbreite. Die Halbwertsbreite der Röntgenbeugungsreflexe wird stark von der Mosaizität beeinflusst. Je geringer die Mosaizität, desto schärfer die Reflexe, d. h. desto geringer ihre Halbwertsbreite und umso höher der Kontrast.
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Das Material der ersten Schicht absorbiert elektromagnetische Strahlung in einem Wellenlängenbereich des Lichts, wodurch es zu einem Energieeintrag in das Material kommt. Vermittelt durch den Energieeintrag kommt es zu einer nichtthermischen Änderung der Gitterkonstanten, die parallel zur Schichtnormalen orientiert sind, innerhalb einer Zeitspanne die kleiner als 5 ps ist. Nichtthermisch sind diejenigen Änderungen, die nicht mit einer Änderung der Temperatur assoziiert sind.
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Licht umfasst einen Wellenlängenbereich, der den sichtbaren, UV- und Infrarot-Bereich der elektromagnetischen Strahlung beinhaltet.
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Die Änderungen der Gitterkonstanten nichtthermischen Ursprungs, die durch die (durch Absorption von Licht) eingebrachte Energie in das Kristallgitter eintreten, erfolgen überwiegend vermittels Elektron-Phonon-Kopplung. Lichtabsorption in Metallen und Halbleitern findet nahezu ausschließlich durch Anregung von Elektronen statt und führt überwiegend zu Intraband- oder Interbandübergängen von Elektronen sowie Intrabandübergängen mit der Abgabe von Überschussenergie an Elektronen. Durch Elektronen-Phononen-Kopplung kommt es zu einer wenigstens teilweisen Umwandlung, der auf die Elektronen übertragenen Energie, in eine plötzliche Änderung der Gitterschwingungen (Phononen) und dadurch zu einer Änderung der Gitterkonstanten. Diese Änderung verursacht, ausgehend von der Grenzfläche zwischen den Schichten, Schallwellen, d. h. kohärente Wellenpakete akustischer Phononen, die senkrecht zu den Grenzflächen im heteroepitaktischen Schichtsystem propagieren. Die Materialien in der ersten Schicht der erfindungsgemäßen Anordnung weisen Kopplungszeiten (Zeitspanne innerhalb derer sich die Gitterkonstanten Ändern) von weniger als 5 ps auf. Je stärker die Elektronen-Phononen-Kopplung, desto kürzer ist die Kopplungszeit. Vorteilhaft sind für die erfindungsgemäße Anordnung Materialien mit kleinen Elektronen-Phononen-Kopplungszeiten, d. h. kleiner als 1 ps.
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Neben Metallen und Halbleitern findet auch in andere Materialien, die eine metallische Leitfähigkeit oder Halbleitereigenschaften aufweisen, Lichtabsorption durch Anregung von Elektronen (Intraband- oder Interbandübergängen) statt, und damit auch nichtthermische Kopplung an das Kristallgitter über Elektronen-Phononen-Kopplung. Dies sind Materialien wie z. B. Strontiumruthenat (SRO), Bariumtitanat, Lanthanmanganat und Bleizirkoniumtitanat.
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Neben der Elektronen-Phononen-Kopplung existieren noch andere Kopplungsprozesse der angeregten Elektronen an das Kristallgitter. Zum Beispiel eine Kopplung, einer durch die angeregten Elektronen erzeugten Raumladung, über den piezoelektrischen Effekt an das Kristallgitter. Deformationspotentiale, wie sie aus Halbleitern bekannt sind, können ebenfalls eine Kopplung der angeregten Elektronen an das Kristallgitter bewirken.
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Außer der Anregung von Elektronen, und den daraus resultierenden Kopplungsmechanismen an das Kristallgitter, kann Licht direkt akustische Phononen anregen und damit Änderungen der Gitterkonstanten bewirken, wie es aus der Brillouin-Streuung bekannt ist.
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Kopplungszeiten können, soweit nicht bekannt, mit zeitaufgelöster Röntgenbeugung ermittelt werden, wie es in dem Aufsatz 4 von A. M. Lindberg et al. (Time-Resolved X-Ray Diffraction from Coherent Phonons during a Laser-Induced Phase Transition, Physical Review Letters, Vol. 84(1), 2000, S. 111–114) beschrieben ist.
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Die Schichtdicke der ersten Schicht ist größer als die Eindringtiefe des in der ersten Schicht absorbierten Lichts und beträgt mindestens 5 nm. Dies verhindert, dass durch den einfallenden Lichtstrahl, an der unteren, dem Lichteinfall gegenüberliegenden Grenzfläche der ersten Schicht, ebenfalls eine Schallwelle erzeugt wird.
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Ihre maximale Dicke ist nicht begrenzt. Dabei gilt, dass eine Dicke ≥ 1 μm vorteilhaft ist, da in diesem Fall die Notwendigkeit eines Substrats entfällt.
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Das Material der zweiten Schicht ist transparent für die Wellenlängen des Lichts, die in den Absorptionsbereich des Materials der ersten Schicht fallen. Die zweite Schicht hat eine Dicke von mindestens 10 nm. Ideal sind jedoch größere Schichtdicken, da mit einer größeren Schichtdicke eine Reduzierung der Halbwertsbreiten der Reflexe einhergeht.
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Die Verkürzung eines Röntgenpulses mit der beschriebenen Anordnung geht wie folgt von statten. Der Einfall eines monochromatischen Röntgenpulses einer gepulsten Röntgenquelle und der Laserpuls sind synchronisiert, so dass beide zeitgleich auf die Anordnung einfallen. Wird eine kontinuierliche Röntgenquelle verwendet, dies erfolgt bei Generierung von Röntgenpulsen mit der erfindungsgemäßen Anordnung, erübrigt sich die Synchronisation. Die Anordnung ist in Bezug auf den einfallenden Röntgenstrahl so ausgerichtet, dass die Beugungsbedingungen für einen Reflex mit hoher Beugungseffizienz und einem Beugungsvektor parallel zur Schichtnormale, unter einem Beugungswinkel Θx erfüllt sind. Der Beugungswinkel Θx, entspricht dem Winkel, unter dem die Beugungsbedingungen im Anregungsfall bei maximaler Gitteränderung erfüllt sind. Die zweite Schicht ist außerdem dem einfallenden Röntgenstrahl zugewandt.
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Die resultierende Anregung im Kristallgitter des Materials in der ersten Schicht, wie sie weiter oben beschrieben ist, bewirkt eine Schallwelle, die sich von den Grenzflächen der Schichten und senkrecht zu diesen ausbreitet. Die Schallwelle läuft von der ersten Schicht, aufgrund der durch die Epitaxie gegebenen akustischen Kopplung, als Kompressionswelle bzw. Expansionswelle, je nach Änderung (Ausdehnung oder Kontraktion) in der ersten Schicht, auch in und durch die zweite Schicht und wird an deren äußerer Grenzfläche (zweites Material – Luft) reflektiert. Sie läuft als komplemäntere Welle (Expansionswelle, wenn auf dem Hinweg Kompressionswelle und umgekehrt) zurück zur ersten Schicht und durch diese hindurch, bis in das Substrat. Das Durchlaufen der Schallwelle durch die zweite Schicht bildet den angeregten Zustand des Materials in dieser Schicht.
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Die Kompressionswelle in der zweiten Schicht bewirkt eine Verschiebung eines Beugungswinkels Θ, unter dem die Beugungsbedingungen im nicht angeregten, normalen Fall erfüllt sind, zu einem größeren Beugungswinkel Θx +. Die Expansionswelle bewirkt eine Verschiebung des Beugungswinkels Θ zu einem kleineren Beugungswinkel Θx –. Die Winkel Θx + bzw. Θx – entsprechen jeweils dem weiter oben eingeführten Beugungswinkel Θx, unter dem im angeregten Zustand die Beugungsbedingungen bei maximaler Änderung der Gitterkonstanten erfüllt sind.
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Hat das Material der zweiten Schicht einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten größer Null, wird die Kompressionswelle zum Schalten benutzt. Es wird der unter dem Beugungswinkel Θx +, zur Zeit der Anregung aufscheinende Reflex zum Schalten genutzt.
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Hat das Material der zweiten Schicht einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten kleiner Null, wird die Expansionswelle zum Schalten benutzt. Es wird der unter dem Beugungswinkel Θx –, zur Zeit der Anregung aufscheinende Reflex zum Schalten genutzt.
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Die beiden vorstehenden Bedingungen vermeiden eine Verschlechterung des Kontrastes (zwischen den Beugungsintensitäten η bei dem Beugungswinkel Θx im angeregten und nicht-angeregten Zustand), durch, durch Wärmeleitung erzeugte Erwärmung und dadurch erfolgende Änderung der Gitterkonstanten im Material der zweiten Schicht. Dies erfolgt, in dem die, zu der durch Erwärmung erzeugten Gitteränderung, komplementäre Änderung durch die Schallwelle zum Schalten genutzt wird, d. h. der entsprechende zugehörige, verschobene Röntgenbeugungsreflex.
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Darüber hinaus wirkt sich positiv aus, dass die Anregung der schaltenden zweiten Schicht, statt durch Wärmeausdehnung aufgrund von Wärmeleitung aus der angeregten ersten Schicht, aufgrund von Schallwellen erfolgt. Die durch die Schallwellen erzeugte Änderung geht auf derselben Zeitskala zurück wie ihre Anregung. Es ist damit im Gegensatz zur thermischen Anregung, wo dies nicht erfüllt ist, ein schnelles und reversibles Schaltverhalten erreichbar. Zusätzlich erfolgt in der erfindungsgemäßen Anordnung die thermische Diffusion aus der ersten Schicht in Richtung des vom Lichteinfall abgewandten Teils (Bereich der ersten Schicht oder Substrat) sowie in Richtung der schaltenden zweiten Schicht, so dass diese nur einen Teil der durch die Anregung eingebrachten Wärmemenge aufnimmt. Zusätzlich erfolgt die Erwärmung der zweiten Schicht nach einer Zeitspanne die durch die thermische Diffusionsgeschwindigkeit bestimmt ist. Diese ist um einige Größenordnungen langsamer als die Geschwindigkeit des Schaltvorgangs (Ausbreitung der Schallwelle), so dass der Intensitätsuntergrund nach dem Schaltvorgang weitestgehend unabhängig von der thermischen Ausdehnung der schaltenden zweiten Schicht ist.
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Es ist zu beachten, dass der Beugungswinkel Θx nicht überlappt mit einem anderen Reflex im Röntgen-Diffraktogramm der Anordnung.
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Der Beugungswinkel Θx, der zweiten Schicht, der im Anregungsfall bei maximaler Gitteränderung erfüllt ist, ist zu ermitteln. Er hängt ab von der Intensität des Lasers und der resultierenden eingekoppelten Energie in die erste Schicht. Die eingekoppelte Energie hängt neben der Intensität des Lasers von der Eindringtiefe des Laserpulses in der ersten Schicht, E1, ab. Da diese eine Schichtdicke aufweist, die größer ist als die Eindringtiefe E1 des Materials aus dem sie gebildet ist, ist die tatsächlich erreichbare Tiefe des Laserpulses in der ersten Schicht, gleich E1. Solange der Laserpuls in die erste Schicht eindringt, erhöht sich die Amplitude, d. h. die Gitteränderung, der in ihr erzeugten Schallwelle. Innerhalb der Laufzeit L1 der Schallwelle, die diese braucht um von der Eindringtiefe E1 in der ersten Schicht bis zur Schichtgrenze zur zweiten Schicht zu laufen, wird die Gitteränderung auf die zweite Schicht übertragen. D. h., zum Zeitpunkt, an dem die in der Eindringtiefe, E1, des Laserpulses in der ersten Schicht erzeugte Schallwelle die zweite Schicht erreicht, ist auch die maximale Gitteränderung in der zweiten Schicht erreicht und somit die Beugungsbedingungen für den Beugungswinkel Θx erfüllt. Dies trifft jedoch nur zu, wenn die in der zweiten Schicht laufende Schallwelle eine Laufzeit L2, gegeben aus der Schichtdicke geteilt durch die Schallgeschwindigkeit in der zweiten Schicht, aufweist, die mindestens so groß ist wie L1. Ist L2 größer als L1, läuft die Schallwelle nach Erreichen der maximalen Amplitude, d. h. nach Erreichen des maximalen Beugungswinkels Θx, weiter bis zur Schichtgrenze bei gleicher, maximaler Amplitude. Die Beugungsbedingungen zum Erfüllen des Beugungswinkels Θx, bleiben dann über den Zeitpunkt des Erreichens der maximalen Auslenkung hinaus erhalten. Ist L2 kürzer als L1, mit einer Laufzeit L3, läuft die Schallwelle in der zweiten Schicht vor Erreichen der maximal möglichen Amplitude als Kompressionswelle oder Expansionswelle zurück.
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Für die Pulsdauer ergibt sich aus diesen Zusammenhängen folgendes. Die Zeit, die für das Schieben des Beugungswinkel Θ, im nicht angeregten Zustand, bis zum Beugungswinkel Θx, der maximalen Auslenkung, gebraucht wird entspricht L2 oder L3 und bestimmt eine Winkelgeschwindigkeit vΘ für ein ΔΘ, mit ΔΘ = |Θx – Θ| und vΘ = ΔΘ/L2 oder vΘ = ΔΘ/L3. Die Dauer der maximalen Gitteränderung bestimmt, unter anderem, die Dauer des Aufscheinens des Reflexes der zum Schalten genutzt wird am Winkel Θx und bestimmt die Pulsdauer. Diese würde, wenn die Schichtdicke in der zweiten Schicht und ihre Schallgeschwindigkeit eine Laufzeit L2 ergäben, die gleich L1 oder kürzer wäre, also gleich L3, infinitesimal kurz. Da ein Röntgenreflex nicht scharf ist, sondern durch seine Halbwertsbreite verbreitert, wird auch die Pulsdauer bei Erreichen von Θx verbreitert. Und zwar um die Zeit die sich aus 2 mal der halben Halbwertsbreite (FWHM), in Grad Θ. geteilt durch die Winkelgeschwindigkeit vΘ ergibt, L4 = FWHM/vΘ. Es handelt sich um 2 mal die halbe Halbwertsbreite, da sich der Reflex bis zu seinem Schwerpunkt (unter der Näherung, das er symmetrisch ist) einschiebt, 1. halbe Halbwertsbreite und dann wieder raus, 2. Halbe Halbwertsbreite. Ist L2 größer als L1, kommt zu L4 noch die um die Differenz L5 = L2 – L1 längere Laufzeit der Schallwelle bei maximaler Amplitude zu L4 hinzu, so dass für die Pulsdauer, P, gilt:
L2 = L1 oder L2 < L1 d. h. L3 => P = L4 und
L2 > L1 => P = 14 + 15.
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Die Schallgeschwindigkeit liegt für kristalline anorganische Festkörper im Allgemeinen im Bereich von 2000 bis 6000 m/sec.
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Die Vorteile der erfindungsgemäßen Anordnung ergeben sich zum einen daraus, dass ein Reflex mit großer Beugungseffizienz genutzt wird und dadurch ein hoher Kontrast gewährleistet ist. Zum anderen kommt es zu einem verminderten Wärmeeintrag in die beugende Schicht (hier die zweite) zum Zeitpunkt des Schaltens, wodurch der Kontrast hierdurch kaum beeinträchtigt wird. Es können, entsprechend der Laufzeiten der Schallwellen im zweiten Material und der Halbwertsbreiten der Reflexe, Pulse mit einer Dauer im Pikosekundenbereich bis sub-Pikosekundenbereich erzeugt werden. Zusätzlich bedingt der Umstand, dass es zu einem geringen Wärmeeintrag in die beugende Schicht kommt, eine hohe Reversibilität ohne Hysterese des Schaltvorganges.
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In einer Ausführungsform weist die Anordnung ein Substrat auf, das als Träger für die erste Schicht dient, falls diese < 1 μm ist. Das Substrat ist mithin so angeordnet, dass sich die erste Schicht zwischen dem Substrat und der zweiten Schicht befindet. Das Material des Substrats ist ebenfalls transparent für die Wellenlängen des Lichts, das in der ersten Schicht absorbiert wird. Das Substrat hat zusammen mit der ersten Schicht eine Dicke, die die Schichtstruktur selbsttragend macht und mindestens 1 μm beträgt. Größere Dicken sind vorteilhaft, da durch sie die Stabilität erhöht wird.
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In einer weiteren Ausführungsform weist das Material der ersten Schicht einen Absorptionskoeffizienten von 1·10–5 m–1 oder größer im Wellenlängenbereich des Lichts auf. Ein großer Absorptionskoeffizient bedeutet eine große Anzahl Ereignisse die zur Absorption führen, d. h. in Folge also einen großen Anteil an in das Kristallgitter eingekoppelter Energie, die zu einer Verstärkung des Effekts der Änderung der Gitterkonstanten führt. Zu beachten ist, dass es bei einem zu großen Energieeintrag in das Material, z. B. über sehr leistungsstarke Laser, zu einer Zerstörung des Materials (Ablation) kommen kann.
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In einer nächsten Ausführungsform weist das Material der ersten Schicht eine elektrische Leitfähigkeit von mindestens 25 Sm–1 bei Raumtemperatur auf.
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In einer anderen Ausführungsform ist das Material der ersten Schicht ein Ferroelektrikum und in einer weiteren ein Material aus der Gruppe: Strontiumruthenat (SRO), Bariumtitanat, Lanthanmanganat und Bleizirkoniumtitanat.
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Das Material der zweiten Schicht ist in Ausführungsformen Lanthanaluminat (LaAlO3) oder Bleizirkoniumtitanat.
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Das Verfahren zur Verkürzung oder Erzeugung eines Röntgenpulses mittels der erfindungsgemäßen Anordnung besteht aus drei Schritten. Die Schritte sind:
- 1. Ausrichten der Anordnung gegenüber einem einfallenden Röntgenstrahl, so dass die Beugungsbedingungen für einen Beugungswinkel Θx, für den maximal für die Dauer einer durch die Anregung des ersten Materials vermittelten Expansions- oder Kompressionswelle im Material der zweiten Schicht, die Bragg-Gleichung erfüllt ist und wobei die zweite Schicht dem einfallenden Röntgenstrahl zugewandt ist
- 2. Anregung eines Materials in einer ersten Schicht durch Absorption von eingestrahlten Laserpulsen.
- 3. Zeitglich zur Anregung des Materials der ersten Schicht, Beugung eines Röntgenstrahls an einem Material einer zweiten Schicht unter einem Winkel Θx.
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Dabei gilt für den zweiten Schritt, dass die Pulsdauer des eingestrahlten Laserpulses kürzer ist als die doppelte Laufzeit einer Schallwelle senkrecht zu der Schichtebene im Material der ersten Schicht. Dadurch wird die Schaltzeit von der Laufzeit der Schallwelle bestimmt und nicht von der Pulsdauer des Laserpulses.
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Die Wellenlänge des Laserpulses ist abgestimmt auf den Bereich der Wellenlängen, in der das Material der ersten Schicht Licht absorbiert. Durch die Absorption des Lichts kommt es zu einem Energieeintrag in das Material der ersten Schicht nichtthermischen Ursprungs, wodurch sich senkrecht von den Grenzflächen der ersten Schicht Schallwellen ausbreiten.
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Für den dritten Schritt – Beugung eines Röntgenstrahls an einem Material der zweiten Schicht unter einem Winkel Θx – gilt, dass er zeitgleich zum ersten Schritt, der Anregung der ersten, der absorbierenden Schicht mittels Laserpuls, erfolgt. Im Falle einer gepulsten Röntgenquelle sind Röntgen- und Laserpulse synchronisiert.
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Der Röntgenstrahl ist monochromatisch und hat eine Energie ≥ 2 keV.
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Die zweite Schicht, mithin diejenige an der der Röntgenstrahl gebeugt wird, ist diesem zugewandt.
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Die Beugung findet unter einem Beugungswinkel Θx statt, unter dem die Bragg-Gleichung für die maximale Gitteränderung in der zweiten Schicht, verursacht durch die Ausbreitung der Schallwelle, die von der Grenzfläche der ersten Schicht aus und senkrecht zu dieser läuft, und in der zweiten Schicht als Expansions- bzw. Kompressionswelle wirkt, erfüllt ist. Die Schallwelle läuft aufgrund der Epitaxie zwischen erster und zweiter Schicht, die eine akustische Kopplung bewirkt, von der ersten in die zweite Schicht.
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Der Beugungswinkel Θx entspricht dabei einem Beugungswinkel, der durch die Kompressionswelle in der zweiten Schicht eine Verschiebung des Beugungswinkels Θ, unter dem die Beugungsbedingungen im nicht angeregten Fall erfüllt sind, zu einem größeren Beugungswinkel Θx + verschoben ist. Die Kompressionswelle wird genutzt, wenn der thermische Ausdehnungskoeffizient parallel zur Schichtnormale des Materials der zweiten Schicht größer Null ist. Ist der thermische Ausdehnungskoeffizient parallel zur Schichtnormale des Materials der zweiten Schicht kleiner Null, wird die Expansionswelle genutzt, die eine Verschiebung des Beugungswinkels Θ zu einem kleineren Beugungswinkel Θx – bewirkt. Θx + und Θx – entsprechen Θx.
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Ausführungsbeispiel
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Die Erfindung soll in einem Ausführungsbeispiel und anhand einer Figur erläutert werden.
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Die Figur zeigt:
einen Querschnitt durch eine Schichtstruktur einer erfindungsgemäßen Anordnung mit ein- und ausfallendem Röntgenstrahl und einfallendem Laserpuls, d. h. zu einem Zeitpunkt, an dem das Material in der ersten Schicht und das Material in der zweiten Schicht angeregt ist.
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Die Anordnung zur Verkürzung oder Erzeugung von Röntgenpulsen weist zwei Schichten und ein Substrat auf. Das Material der ersten Schicht 1 besteht aus Strontiumruthenat (SRO). Das Material der zweiten Schicht 2 besteht aus Lanthanaluminat (LAO). Das Substrat 3, das als Träger für die erste Schicht 1 dient, besteht aus Strontiumtitanat (STO).
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Die Schichtdicken sind 150 nm für die erste Schicht 1, 38 nm für die zweite Schicht 2 und 500 μm für das Substrat 3.
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SRO absorbiert im Wellenlängenbereich ab 400 nm aufwärts, wohingegen LAO und STO in diesem Bereich (im Wellenlängenbereich des Lichts) transparent sind.
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Die Gitterkonstanten parallel zu den Schichtnormalen sind für das SRO cSRO = 0,3949 nm, für LAO cLAO = 0,3789 nm und für das STO cSTO = 0,3905 nm. Die entsprechenden reziproken Gitterkonstanten (hier q = 2*·π/c) sind qSRO = 3.182·10–10 m, qLAO = 3.317·10–10 m und qSTO = 3.218·10–10 m.
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SRO hat eine Eindringtiefe von 44 nm bei einer Wellenlänge des Laserpulses von 790 nm.
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Die Ausdehnungskoeffizienten parallel zur Schichtnormalen für das SRO ist 7,339·10–6 K–1. Die Elektronen-Phononen-Kopplungszeit von SRO beträgt 0,5 ps.
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Der Laserpuls L wird mit einem Titan-Saphir-Laser generiert und hat eine Wellenlänge von 790 nm, eine Pulsdauer von 400 fs und einer Fluenz von 40 mJ cm–2.
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Der einfallende monochromatische Röntgenstrahl xe stammt aus einer Synchrotronquelle und hat eine Energie von 8,047 keV. Der Reflex, dessen Verschiebung zum Zeitpunkt der Anregung des Materials in der ersten Schicht zum Schalten genutzt wird, ist der 002 Reflex des LAO mit einem Beugungswinkel Θ von 24° im normalen Zustand, d. h. im Zustand ohne Modulierung der Kristallstruktur durch eine Schallwelle des LAO (also ohne Anregung). Es wird die Kompressionswelle zum Schalten genutzt, d. h. der zu größeren Winkeln verschobene Beugungswinkel Θx + bei 24,11° Θx.
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Die Laserpulse und die aus dem Synchrotron stammenden Röntgenpulse sind synchronisiert.
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Unter dem Winkel Θx + bei 24,11° Θx des ausfallenden Röntgenstrahls xa, scheint zur Zeit der Anregung der 002 Reflex des LAO mit der Dauer von 4,3 ps und einer Beugungseffizienz von 1,7·10–3 (bezogen auf den Substratpeak) auf, was dem erzeugten, verkürzten Röntgenpuls entspricht.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- P. H. Bucksbaum und R. Merlin (The phonon Bragg switch: a proposal to generate sub-picosecond X-ray pulses, Solid state Communications 111, 1999, S. 535–539) [0008]
- M. Herzog et al. (Ultrafast manipulation of hard x-rays by efficient Bragg switches, Applied Physics Letters 96, 2010, 161906:1–4) [0010]
- H. Navirian et al. (Shortening x-ray pulses for pumpprobe experiments at synchrotrons, Journal of Applied Physics 109, 2011, 126104:1–3) [0011]
- A. M. Lindberg et al. (Time-Resolved X-Ray Diffraction from Coherent Phonons during a Laser-Induced Phase Transition, Physical Review Letters, Vol. 84(1), 2000, S. 111–114) [0024]