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Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zum Bestimmen einer verfügbaren Menge eines Stoffs in einem Behälter, insbesondere zum Bestimmen einer verfügbaren Menge einer Harnstoff-Wasser-Lösung bei tiefen Temperaturen in einem nur teilweise beheizbaren Behälter. Die vorliegende Erfindung betrifft ferner eine entsprechende Vorrichtung zum Bestimmen einer verfügbaren Menge eines Stoffs in einem Behälter.
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Verbrennungsmotoren, beispielsweise Dieselmotoren von Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen, welche zeitweise oder überwiegend mit einem magern Luft-Kraftstoff-Gemisch betrieben werden, produzieren Stickoxyde. Um Grenzwerte für Stickoxyde einzuhalten, kann ein sogenanntes selektives katalytisches Reduktionsverfahren (Englisch: Selective Catalytic Reduction, SCR) verwendet werden, bei welchem mit Hilfe eines Additivs und eines Katalysators Stickoxyde reduziert werden. Das Additiv kann beispielsweise eine Harnstoff-Wasser-Lösung umfassen, welche auch mit dem eingetragenen Warenzeichen AdBlue bezeichnet wird. Das Additiv AdBlue wird bei Verwendung in einem Fahrzeug in einem gesonderten Tank in dem Fahrzeug mitgeführt. Das Additiv AdBlue gefriert bei Temperaturen unterhalb von –11,5°C. Der Tank für das Additiv ist üblicherweise nur teilweise beheizbar und somit ist das Additiv bei tiefen Temperaturen nicht komplett auftaubar. Somit ist ein Teil des Additivs in dem Tank bei tiefen Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts des Additivs nicht nutzbar.
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In diesem Zusammenhang offenbart die
CN 202228164 U eine SCR Steuervorrichtung, welche eine Temperaturvorhersagevorrichtung zum Vorhersagen der Temperatur des SCR-Katalysators aufweist. Eine Umwandlungsrate des SCR-Katalysators wird gemäß der vorhergesagten Temperatur des SCR-Katalysators, einer Geschwindigkeit des Motors und eines Drehmoments bestimmt.
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Die
DE 10 2009 045 989 A1 betrifft ein Verfahren zur Überwachung eines Heizsystems für einen Reduktionsmitteltank und eine Dosiereinrichtung eines SCR-Katalysatorsystems. Bei dem Verfahren werden Betriebsparameter und Sensorwerte des SCR-Katalysatorsystems erfasst und verarbeitet und innerhalb vorgebbarer Toleranzen mit Referenzwerten verglichen und hieraus auf ein fehlerhaftes Verhalten des Heizsystems geschlossen.
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Die
DE 10 2009 027 435 A1 betrifft ein Verfahren zur Bereitstellung von Informationen über den Aggregatzustand oder die Temperatur einer Reduktionsmittellösung, insbesondere einer Harnstoff-Wasser-Lösung, in einem einer Brennkraftmaschine zugeordneten Reduktionsmitteltank. Hierbei werden durch Auswertung von Informationen zu Schwapp-Bewegungen der Reduktionsmittellösung im Reduktionsmitteltank Rückschlüsse auf die Temperatur der Reduktionsmittellösung gezogen.
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Die
DE 10 2006 061 731 A1 betrifft eine Dosiervorrichtung zum Einbringen von Flüssig-Reduktionsmittel in einen Abgasstrang. Die Dosiervorrichtung ermöglicht das Belüften der Dosiervorrichtung, ohne ein zusätzliches Belüftungsventil vorsehen zu müssen. Die Dosiervorrichtung umfasst nur Komponenten, welche zum Einbringen von Reduktionsmittel notwendig sind, erlaubt jedoch gleichzeitig eine Belüftung der Fördereinrichtung, wobei zur Belüftung dieselben Komponenten verwendet werden, die auch zum Einbringen von Flüssig-Reduktionsmittel dienen. Die Vorrichtung ermöglicht das Entfernen von flüssigem Reduktionsmittel, sodass auch bei tiefen Temperaturen keine Schäden durch Eisbildung entstehen können.
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Die
DE 10 2010 043 936 A1 betrifft ein Verfahren zur Füllstandsbestimmung in einem Bewegung unterworfenen Tank mittels eines Füllstandssensors, welcher Pins in unterschiedlichen Füllstandshöhen aufweist.
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Die
DE 10 2008 043 778 A1 betrifft ein Verfahren zur Füllstandsmessung in einem eine Flüssigkeit, insbesondere eine Harnstoff-Wasser-Lösung, aufnehmenden Tank. Bei dem Verfahren wird wenigstens eine fahrzustandsindikative Größe erfasst und eine den Füllstand an wenigstens einer einen tankfüllstandskennzeichnenden Stelle charakterisierenden Größe erfasst. In Abhängigkeit von der wenigstens einen fahrzeugzustandsindikativen Größe wird die den Füllstand charakterisierende Größe ausgewertet und hieraus auf die in dem Tank befindliche Menge der Flüssigkeit geschlossen.
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Um die Grenzwerte für Stickoxyde einzuhalten, ist beim Betrieb des Fahrzeugs sicherzustellen, dass eine ausreichende Menge des Additivs verfügbar ist. Die verfügbare Menge des Additivs kann einerseits durch den gesamten Verbrauch des Additivs verringert werden und andererseits bei tiefen Temperaturen dadurch verringert werden, dass Teile des Additivs einfrieren und somit nicht für eine Verwendung bereitstehen. Üblicherweise erhält ein Fahrer des Fahrzeugs eine Anzeige, wenn die verfügbare Menge des Additivs unter eine vorbestimmte Menge absinkt, damit der Fahrer bei nächster Gelegenheit Additiv nachtankt. Um den Fall des gefrorenen Additivs bei der Bestimmung der Restreichweite des Fahrzeugs zu berücksichtigen, kann wahlweise eine der folgenden Strategien verwendet werden:
- 1. Es kann dauerhaft eine große Reserve des Additivs für den Fall des Gefrierens vorgehalten werden. Nachteilig dabei ist jedoch, dass ein beträchtlicher Teil des Tankinhalts nicht nutzbar ist. Dies verkürzt die Zeit der Nachtankzyklen für alle Fahrzeuge, obwohl der größte Anteil der Fahrzeuge aufgrund der klimatischen Gegebenheiten nur ein geringes Einfrierrisiko für das Additiv besitzt.
- 2. Der gesamte Tankinhalt wird, ohne eine Reserve für den Fall des Gefrierens vorzuhalten, aufgebraucht. Diese Strategie besitzt den Nachteil, dass die Restreichweite in Regionen, in denen regelmäßig tiefe Temperaturen im Bereich oder unterhalb des Gefrierpunkts des Additivs erreichen werden, unkalkulierbar wird. Folglich kann im Falle des Erreichens tiefer Temperaturen unter beispielsweise –11°C die Restreichweite falsch eingeschätzt werden, sodass Grenzwerte für Stickoxyde nicht eingehalten werden können. Zusätzlich steigt das Risiko eines Druckaufbaufehlers in dem SCR-System.
- 3. Der gesamte Tank für das Additiv kann durch die Verwendung weiterer Heizelemente beheizt werden, um den gesamten Tankinhalt auftauen zu können. Dadurch entstehen jedoch erhebliche Kosten für die weiteren Heizelemente und es wird darüber hinaus zusätzliche Energie im Betrieb des Fahrzeugs zum Betreiben der Heizelemente benötigt.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, bei einem nur teilweise beheizten Tank eine zuverlässige Prognose einer verfügbaren Menge des Additivs bereitzustellen, um ein unnötiges vorzeitiges Nachtanken zu vermeiden und gleichzeitig eine rechtzeitige Anzeige zum Nachtanken bereitzustellen.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zum Bestimmen einer verfügbaren Menge eines Stoffs in einem Behälter nach Anspruch 1 und eine Vorrichtung für ein Fahrzeug nach Anspruch 9 gelöst. Die abhängigen Ansprüche definieren bevorzugte und vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung wird ein Verfahren zum Bestimmen einer verfügbaren Menge eines Stoffs in einem Behälter bereitgestellt. Der Behälter ist zumindest teilweise beheizbar, um den Stoff zumindest teilweise über eine Schmelztemperatur des Stoffs zu erwärmen. Der Stoff kann beispielsweise ein Abgasbehandlungsmittel, insbesondere eine Harnstoff-Wasser-Lösung, zur Behandlung von Abgasen eines Verbrennungsmotors eines Fahrzeugs umfassen. Der Behälter kann beispielsweise einen Vorratsbehälter des Fahrzeugs für das Abgasbehandlungsmittel umfassen. Bei dem Verfahren wird eine Temperatur in dem Behälter erfasst während sich der Behälter in einem Zustand befindet, in welchem das zumindest teilweise Beheizen des Behälters inaktiv ist. Beispielsweise kann die Temperatur in dem Behälter unmittelbar bevor eine Heizung des Behälters aktiviert wird erfasst werden. Weiterhin kann die Temperatur in dem Behälter erfasst werden, wenn die Heizung des Behälters länger als eine vorbestimmte Zeit, beispielsweise mehrere Stunden, inaktiv war. In Abhängigkeit von der erfassten Temperatur in dem Behälter wird eine geschätzte zukünftige Temperatur in dem Behälter bestimmt. In Abhängigkeit von der geschätzten zukünftigen Temperatur wird eine geschätzte zukünftige flüssige Menge des Stoffs in dem Behälter bestimmt. Anhand der Messung der ungestörten Temperatur in dem Behälter, d. h., der Temperatur in dem Behälter, welche nicht durch das teilweise Beheizen des Behälters beeinflusst wurde, wird somit eine Temperaturprognose für die Temperatur in dem Behälter in der Zukunft geschätzt. Die Temperatur in dem Behälter kann über viele Fahrzyklen hinweg erfasst und beispielsweise gemittelt werden und die Prognose kann beispielsweise auf einer Mittelung der Temperaturen sowie einer linearen Extrapolation basieren. Anhand der Temperaturprognose kann eine erforderliche Reserve berechnet werden und an die Gefriergefahr angepasst werden. Der Vorteil der kontinuierlichen Anpassung besteht darin, dass die Reichweite pro Füllung des Behälters weniger stark schwankt.
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Gemäß einer Ausführungsform wird die geschätzte zukünftige flüssige Menge des Stoffs in dem Behälter in Abhängigkeit von der geschätzten zukünftigen Temperatur mittels eines Kennfeldes bestimmt. Mit Hilfe des Kennfeldes können spezifische Gegebenheiten des Fahrzeuges, wie zum Beispiel eine Einbaulage des Behälters oder eine Geometrie des Behälters, bei der Schätzung der zukünftigen flüssigen Menge des Stoffs in Abhängigkeit von der Temperatur auf einfache Art und Weise berücksichtigt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird ein Temperaturmittelwert bestimmt und die geschätzte zukünftige Temperatur in dem Behälter in Abhängigkeit von dem Temperaturmittelwert bestimmt. Der Temperaturmittelwert wird in Abhängigkeit von der erfassten Temperatur, einem zuvor bestimmten Temperaturmittelwert und einer Zeitdifferenz bestimmt. Die Zeitdifferenz ist die Zeit zwischen dem Erfassen der Temperatur und einem Zeitpunkt, zu welchem der zuvor bestimmte Temperaturmittelwert bestimmt wurde. Dadurch können die erfassten Temperaturen anhand der Zeitdifferenz zwischen den Messungen gewichtet in den Temperaturmittelwert eingehen. Da die erfassten Temperaturen stark variieren können, ist dies eine Voraussetzung für eine sinnvolle zeitliche Extrapolation der zukünftigen Temperatur in dem Behälter. Der Temperaturmittelwert kann beispielsweise gemäß der nachfolgenden Gleichung bestimmt werden:
wobei
T k der Temperaturmittelwert ist,
T k–1 der zuvor bestimmte Temperaturmittelwert ist, T die erfasste Temperatur ist und dt die Zeitdifferenz zwischen dem Erfassen der Temperatur und dem Zeitpunkt, zu welchem der zuvor bestimmte Temperaturmittelwert bestimmt wurde, ist. Der Wert t
const ist eine Zeitkonstante für die Mittelung und kann beispielsweise einen Wert im Bereich von einigen Tagen, beispielsweise 7 bis 14 Tage betragen. k ist ein Index für die Nummer des Temperaturmittelwerts.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird die geschätzte zukünftige Temperatur in dem Behälter bestimmt, indem ein Temperaturänderungswert bestimmt wird und die geschätzte zukünftige Temperatur in dem Behälter in Abhängigkeit von dem Temperaturänderungswert bestimmt wird. Der Temperaturänderungswert gibt eine Änderung einer Temperatur pro Zeiteinheit an, also eine zeitliche Ableitung der Temperatur. Der Temperaturänderungswert wird in Abhängigkeit von dem Temperaturmittelwert, einem zuvor bestimmten Temperaturänderungswert und einer Zeitdifferenz zwischen dem Bestimmen des Temperaturänderungswerts und einem Zeitpunkt, zu welchem der zuvor bestimmte Temperaturänderungswert bestimmt wurde, bestimmt. Der Temperaturänderungswert kann beispielsweise mit einer gewünschten Vorhersagezeit multipliziert werden, um eine zukünftige Temperatur in dem Behälter auf der Grundlage des Temperaturänderungswertes zu schätzen. Der Temperaturänderungswert kann beispielsweise gemäß der nachfolgenden Gleichungen bestimmt werden:
wobei
T k der Temperaturmittelwert ist,
T k–1 der zuvor bestimmte Temperaturmittelwert ist, dt die Zeitdifferenz zwischen dem Erfassen der Temperatur und einem Zeitpunkt, zu welchem der zuvor bestimmte Temperaturmittelwert bestimmt wurde, ist, T die erfasste Temperatur ist, t
c1 eine Zeitkonstante ist, welche die Mittelungszeit für die erfasste Temperatur bestimmt, mem
k ein Zwischenwert und mem
k–1 der entsprechende Zwischenwert einer vorhergehenden Bestimmung des Temperaturänderungswertes ist, t
c2 eine Zeitkonstante ist, welche die Zeit bestimmt, über welche eine Ableitung des Temperaturmittelwerts gebildet werden soll,
der Temperaturänderungswert ist und
der zuvor bestimmte Temperaturänderungswert ist.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird die zukünftige Temperatur in dem Behälter geschätzt, indem eine Umgebungstemperatur einer Umgebung des Behälters erfasst wird, ein Umgebungstemperaturmittelwert bestimmt wird, daraus ein Temperaturänderungswert bestimmt wird und die geschätzte zukünftige Temperatur in dem Behälter in Abhängigkeit von dem Temperaturmittelwert und dem Temperaturänderungswert bestimmt wird. Der Umgebungstemperaturmittelwert wird in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur, einem zuvor bestimmten Umgebungstemperaturmittelwert und einer Zeitdifferenz zwischen dem Erfassen der Umgebungstemperatur und einem Zeitpunkt, zu welchem der zuvor bestimmte Umgebungstemperaturmittelwert bestimmt wurde, bestimmt. Der Temperaturänderungswert wird in Abhängigkeit von dem Umgebungstemperaturmittelwert, einem zuvor bestimmten Temperaturänderungswert und einer Zeitdifferenz zwischen dem Bestimmen des Temperaturänderungswerts und einem Zeitpunkt, zu welchem der zuvor bestimmte Temperaturänderungswert bestimmt wurde, bestimmt. Der Temperaturänderungswert gibt dabei eine Änderung der Temperatur pro Zeiteinheit also eine Ableitung der Temperatur über der Zeit an. Anders ausgedrückt wird bei dieser Ausführungsform die zukünftige Temperatur in dem Behälter zusätzlich auf der Grundlage der Umgebungstemperatur bestimmt. Das Verfahren zur Bestimmung der geschätzten zukünftigen Temperatur entspricht dabei im Wesentlichen dem Verfahren der zuvor beschriebenen Ausführungsform, wobei die Temperaturänderungswerte nun in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur statt in Abhängigkeit von der Temperatur in dem Behälter bestimmt werden. Dadurch kann die Temperaturprognose und somit die Prognose der flüssigen Menge des Stoffs in dem Behälter weiter verbessert werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform kann der Temperaturänderungswert auf einen maximalen Temperaturänderungswert und/oder auf einen minimalen Temperaturänderungswert begrenzt werden, bevor der Temperaturänderungswert zur Bestimmung der geschätzten zukünftigen Temperatur verwendet wird. Bei extremen Wetterbedingungen, beispielsweise bei extremen Temperaturstürzen, können hohe Temperaturänderungswerte auftreten, welche nicht zu einer sinnvollen zeitlichen Extrapolation führen. Durch die Begrenzung des Temperaturänderungswertes auf maximale bzw. minimale Temperaturänderungswerte kann dies vermieden werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform werden bei dem Verfahren Umgebungsbedingungsinformationen einer Umgebung des Behälters erfasst und in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungsinformationen der Temperaturänderungswert bestimmt. Die Umgebungsbedingungsinformationen können beispielsweise eine Zeitinformation einer aktuellen Tageszeit, eine Datumsinformation, eine Positionsinformation einer globalen geographischen Position, eine Höheninformation einer geographischen Höhe oder eine Druckinformation eines Luftdrucks umfassen. Eine Datumsinformation bzw. eine Standortinformation können beispielsweise genutzt werden, um die Genauigkeit und Robustheit einer Temperaturprognose zu erhöhen. Beispielsweise könnte eine Reserve nur zu bestimmten Jahreszeiten vorgehalten werden. Anhand von Positionsangaben und Klimatabellen kann die Vorhersagezuverlässigkeit weiter erhöht werden.
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Wie zuvor beschrieben, kann der Stoff ein Abgasbehandlungsmittel, beispielsweise eine Harnstoff-Wasser-Lösung, zur Behandlung von Abgasen eines Verbrennungsmotors eines Fahrzeugs umfassen und der Behälter einen Vorratsbehälter des Fahrzeugs für das Abgasbehandlungsmittel umfassen. Bei dem Verfahren kann ferner eine Reserveanzeige in dem Fahrzeug in Abhängigkeit von der geschätzten zukünftigen flüssigen Menge des Stoffs, d. h. von der geschätzten zukünftigen Menge der Harnstoff-Wasser-Lösung, angesteuert werden. Die Reserveanzeige stellt eine Information für einen Fahrer des Fahrzeugs bereit, wie weit das Fahrzeug voraussichtlich noch bis zu einem Nachfüllen der Harnstoff-Wasser-Lösung in dem Vorratsbehälter betreibbar ist.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung wird weiterhin eine Vorrichtung für ein Fahrzeug bereitgestellt, welche einen Eingang zum Koppeln mit einem Temperatursensor eines Behälters des Fahrzeugs und eine Verarbeitungseinheit umfasst. Der Behälter ist zumindest teilweise beheizbar, um einen Stoff in dem Behälter zumindest teilweise über eine Schmelztemperatur des Stoffes zu erwärmen. Die Verarbeitungseinheit ist in der Lage, eine Temperatur in dem Behälter zu erfassen, während das zumindest teilweise Beheizen des Behälters inaktiv ist. Weiterhin ist die Verarbeitungseinheit ausgestaltet, eine geschätzte zukünftige Temperatur in dem Behälter in Abhängigkeit von der erfassten Temperatur zu bestimmen und in Abhängigkeit von dieser geschätzten zukünftigen Temperatur eine zukünftige flüssige Menge des Stoffs in dem Behälter zu schätzen. Somit ist die Vorrichtung zur Durchführung des zuvor beschriebenen Verfahrens ausgestaltet und umfasst auch die im Zusammenhang mit dem Verfahren zuvor beschriebenen Vorteile.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung wird weiterhin ein Fahrzeug mit der zuvor beschriebenen Vorrichtung bereitgestellt. Das Fahrzeug umfasst weiterhin einen Verbrennungsmotor, in dessen Abgastrakt das Abgasbehandlungsmittel aus dem Vorratsbehälter zur Behandlung des Abgases des Verbrennungsmotors eingespritzt werden kann.
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Die vorliegende Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnung im Detail beschrieben werden.
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1 zeigt ein Fahrzeug gemäß einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung.
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2 zeigt eine schematische Darstellung einer Realisierung eines Verfahrens zum Bestimmen einer verfügbaren Menge eines Stoffs in einem Behälter gemäß einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung.
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3 zeigt Verfahrensschritte eines Verfahrens zum Bestimmen einer verfügbaren Menge eines Stoffs in einem Behälter gemäß einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung.
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1 zeigt ein Fahrzeug 1 mit einem Verbrennungsmotor 2 und einem Abgasstrang 3. Der Verbrennungsmotor 2 kann beispielsweise einen Dieselmotor umfassen. Um eine Emission von Stickoxyden zu senken, wird ein selektives katalytisches Reduktionsverfahren (Englisch: Selective Catalytic Reduction, SCR) verwendet. Das für das SCR-Verfahren benötigte Ammoniak wird nicht direkt, d. h., in reiner Form, verwendet, sondern in Form einer wässrigen Harnstofflösung, welche auch als AdBlue bezeichnet wird. Die wässrige Harnstofflösung, welche auch als Harnstoff-Wasser-Lösung (HWL) bezeichnet wird, wird vor einem SCR-Katalysator in den Abgasstrang 3 mittels beispielsweise einer Dosierpumpe oder einem Injektor eingespritzt. Die Harnstoff-Wasser-Lösung wird in einem Tank 4 des Fahrzeugs 1 bevorratet und über eine Leitung 5 zu dem Abgasstrang 3 geleitet. Da die Harnstoff-Wasser-Lösung bei Temperaturen unterhalb von –11,5°C gefrieren kann, ist zumindest ein Teilbereich 6 des Tanks 4 beheizbar. Bei tiefen Temperaturen kann jedoch trotz der Beheizung des Tanks 4 ein Teil der Harnstoff-Wasser-Lösung in dem Tank 4, insbesondere außerhalb des beheizbaren Bereichs 6, einfrieren, sodass nicht die gesamte Menge der Harnstoff-Wasser-Lösung für eine Nutzung zur Abgasbehandlung zur Verfügung steht. Die verfügbare Menge der Harnstoff-Wasser-Lösung in dem Tank 4 bestimmt eine Reichweite des Fahrzeugs und kann einem Fahrer des Fahrzeugs beispielsweise in Form einer Restreichweite oder einer Reserveanzeige ausgegeben werden. Die Reserveanzeige kann beispielsweise aktiviert werden, wenn die Restreichweite unter einen vorbestimmten Wert fällt.
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Zur Bestimmung der verfügbaren Menge der Harnstoff-Wasser-Lösung in dem Tank 4 ist eine Vorrichtung 8 vorgesehen, welche einen Eingang 9 zur Kopplung über eine Verbindung 11 mit einem Temperatursensor 7 in dem Tank 4 und eine Verarbeitungseinheit 10 umfasst. Die Vorrichtung 8 kann weitere Ein- oder Ausgänge umfassen, beispielsweise einen Eingang zur Bestimmung eines Füllstandes des Tanks 4 oder einen Eingang, über welchen der Vorrichtung 8 beispielsweise von einer Motorelektronik des Fahrzeugs 1 mitgeteilt wird, wie viel von der Harnstoff-Wasser-Lösung über die Leitung 5 in den Abgasstrang 3 eingespritzt wird. Über einen Ausgang kann die Vorrichtung 8 beispielsweise die zuvor beschriebene Reserveanzeige in einem Armaturenbrett des Fahrzeugs 1 ansteuern oder einen entsprechenden Eintrag in einen Fehlerspeicher des Fahrzeugs 1 vornehmen.
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2 zeigt schematisch die grundlegende Arbeitsweise der Vorrichtung 8 in Form eines Ablaufdiagramms 20. Im Schritt 21 wird eine ungestörte Temperatur in dem Tank 4 erfasst. Eine „ungestörte Temperatur” bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Temperatur in dem Tank 4 mit Hilfe des Temperatursensors 7 in einem Zustand gemessen wird, in welchem die Temperatur nicht durch das Beheizen des Tanks 4 beeinflusst wird. Beispielsweise kann die Temperatur erfasst werden, wenn die Heizung des Tanks 4 zuvor länger als eine vorbestimmte Zeit, beispielsweise mehrere Stunden, inaktiv war. Insbesondere kann eine ungestörte Temperatur erfasst werden, wenn das Fahrzeug vor der Erfassung der Temperatur für mindestens eine vorbestimmte Zeit von beispielsweise mehreren Stunden unbenutzt war. Im Schritt 22 wird auf der Grundlage der erfassten Temperatur eine zukünftige Temperatur in dem Tank 4 geschätzt. Insbesondere können dazu mehrere Temperaturen in dem Tank 4 über einen längeren Zeitraum hinweg erfasst und verarbeitet werden, wie es nachfolgend unter Bezugnahme auf 3 im Detail beschrieben werden wird. Im Schritt 23 wird in Abhängigkeit von der geschätzten und zukünftigen Temperatur eine zukünftige flüssige Menge der Harnstoff-Wasser-Lösung in dem Tank 4 geschätzt. Auf der Grundlage dieser geschätzten zukünftigen flüssigen Menge der Harnstoff-Wasser-Lösung kann beispielsweise die zuvor beschriebene Reserveanzeige angesteuert werden.
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Anhand der Messung von ungestörten Tanktemperaturen wird somit eine Temperaturprognose erstellt. Zusätzlich kann in die Temperaturprognose eine Messung von Außentemperaturen einfließen. Die Messwerte werden über viele Fahrzyklen hinweg gemittelt und abgeleitet. Die Prognose basiert somit auf einer Mittelung der aktuellen Temperatur sowie einer linearen Extrapolation.
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Da die Zeitintervalle zwischen den Messungen aufgrund von Freigaben, beispielsweise wann ungestörte Tanktemperaturen vorliegen, sowie unregelmäßigen Fahrzyklen stark variieren können, erfolgt eine Gewichtung der einzelnen Messpunkte entsprechend der seit der letzten Messung vergangenen Zeit. Dazu wird eine über die Fahrzyklen hinweg fortlaufende Zeitangabe verwendet. Anhand der Temperaturprognose wird eine Reserve berechnet, welche kontinuierlich zwischen den beiden Extremwerten „keine Reserve” und „maximale Reserve” variiert werden kann, um diese an die Gefriergefahr anzupassen. Durch die kontinuierliche Anpassung schwankt die Reichweite pro Tankfüllung weniger stark.
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3 zeigt die Bestimmung der Temperaturprognose und die Bestimmung der darauf basierenden Reserve für die Harnstoff-Wasser-Lösung im Detail. Die Temperaturprognose basiert auf zwei Teilfunktionen 31 und 32. In beiden wird zunächst die Zeitdifferenz dt seit der letzten Messung auf der Grundlage einer fortlaufenden Zeitinformation 33 bestimmt.
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In der ersten Teilfunktion
31 wird die ungestörte Temperatur
34 des Tanks
4, beispielsweise zu Beginn eines jeden Fahrzyklus, über einen Zeitraum von mehreren Tagen gemittelt. Die ungestörte Temperatur
34 des Tanks
4 ist die relevante Größe für ein Gefrieren des Tankinhalts und stellt daher die Grundlage für die Mittelwertbildung dar. Die Mittelung wird für die aufeinander folgenden Messungen gemäß der nachfolgenden Gleichung durchgeführt:
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Die Zeit seit der letzten Messung wird mit dt, die aktuelle Tanktemperatur mit T und eine Zeitkonstante für die Mittelung mit tconst bezeichnet. k ist ein Index für die Nummer der Temperaturmessungen und die Nummer der daraus ermittelten Mittelwerttemperatur T . Der Mittelwert T kann bereits als erste Näherung für eine Temperaturprognose dienen, wobei jedoch eine Gefriergefahr insbesondere bei raschen Temperaturänderungen erst zeitlich verzögert erkannt werden kann. Die Konstante tconst kann einen Wert von mehreren Tagen, insbesondere einen Wert von einer oder zwei Wochen umfassen.
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Eine lineare Extrapolation soll daher den jahreszeitlichen Temperaturverlauf für einige Wochen im voraus abbilden. Störungen durch Umgebungsbedingungen, wie beispielsweise tageszeitliche Schwankungen und Temperaturänderungen durch eine Änderung einer Höhenposition des Fahrzeugs können vor einer Bildung einer Ableitung durch eine Messung eines Außendrucks
36 oder anhand der aktuellen Tagesuhrzeit korrigiert werden. Die lineare Extrapolation kann den Tanktemperatursensor
7 oder alternativ einen Außentemperatursensor verwenden, um eine langfristige Änderung der Temperatur zu prognostizieren. Dazu wird eine zeitliche Ableitung der Temperatur gemäß folgender Gleichungen bestimmt:
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Die Zeit seit der letzten Messung wird wiederum mit dt bezeichnet. Die Zeitkonstante t
c1 bestimmt die Mittelungszeit für die Messwerte und die Zeitkonstante t
c2 eine Zeit, über welche die Ableitung gebildet wird. T ist die aktuelle Temperatur, beispielsweise die Tanktemperatur
34 oder die Umgebungstemperatur
35. Als Ergebnis liefert die Funktion
32 die Ableitung
der Temperatur. k ist wiederum ein Index für die Nummer der Temperaturmessungen. Die Ableitung der Temperatur ist somit ein Temperaturänderungswert, welcher eine geschätzte zukünftige Änderung der Temperatur über der Zeit darstellt. mem
k ist lediglich ein Zwischenwert.
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Die Ableitung der Temperatur bzw. der Temperaturänderungswert
wird einem Begrenzer
37 zugeführt, welcher den Wertebereich auf einen minimalen Gradient
38 und einen maximalen Gradient
39 begrenzt. Der begrenzte Temperaturänderungswert wird in einem Multiplizierer
40 mit der gewünschten Vorhersagezeit
41 multipliziert, um eine prognostizierte Temperaturänderung zu bestimmen. Die prognostizierte Temperaturänderung wird in einem Addierer
42 zu der gemittelten Temperatur der Funktion
31 addiert. Mit Hilfe eines Kennfeldes
43 wird die erforderliche Reservemenge
44 der Harnstoff-Wasser-Lösung auf der Grundlage des Ergebnisses der Addition bestimmt.
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Die Genauigkeit und Robustheit der Temperaturprognose kann weiter erhöht werden, indem Datumsangaben bzw. Standortinformationen genutzt werden, welche beispielsweise über eine Uhr oder ein globales Positionsbestimmungssystem (GPS) des Fahrzeugs zur Verfügung stehen. Beispielsweise kann eine Reserve nur zu bestimmten Jahreszeiten vorgehalten werden. Anhand von Positionsinformationen und Klimatabellen kann die Vorhersagezuverlässigkeit weiter erhöht werden.
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Die lineare Extrapolation kann durch die Verwendung höherer Ordnungen für die Temperaturprognose erweitert werden. Eine Prognose des nahezu sinusförmigen jahreszeitlichen Temperaturverlaufs kann damit insbesondere in den Temperaturumkehrpunkten verbessert werden. Alternativ oder zusätzlich zur genutzten linearen Extrapolation der Temperatur können über längere Zeiträume Temperaturwerte gespeichert werden, um eine sinusförmige Funktion an den jahreszeitlichen Temperaturverlauf anzupassen.
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Durch das zuvor beschriebene Verfahren kann der Inhalt des Tanks 4 optimal genutzt werden. Ein Benutzer des Fahrzeugs kann den gesamten Tankinhalt für einen Großteil des Jahres verwenden. In gemäßigten Regionen wird durch das Verfahren höchstens im Winter eine geringe Reserve gesperrt. Eine Zeitspanne zwischen Nachtankereignissen kann dadurch deutlich vergrößert werden. Gleichzeitig kann in kalten Regionen durch die Temperaturprognose eine Harnstoff-Wasser-Lösung-Reserve aufgebaut werden, sodass die Wahrscheinlichkeit für einen Mangel an Harnstoff-Wasser-Lösung oder einen Druckaufbaufehler reduziert werden kann.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- Motor
- 3
- Abgasstrang
- 4
- Behälter, Tank
- 5
- Leitung
- 6
- Teilbereich
- 7
- Temperatursensor
- 8
- Vorrichtung
- 9
- Eingang
- 10
- Verarbeitungseinheit
- 11
- Verbindung
- 20
- Ablaufdiagramm
- 21–23
- Schritt
- 31
- Teilfunktion
- 32
- Teilfunktion
- 33
- Zeitinformation
- 34
- Tanktemperatur
- 35
- Umgebungstemperatur
- 36
- Umgebungsdruck
- 37
- Begrenzer
- 38
- Minimaler Gradient
- 39
- Maximaler Gradient
- 40
- Multiplizierer
- 41
- Vorhersagezeit
- 42
- Addierer
- 43
- Kennfeld
- 44
- Reservemenge
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- CN 202228164 U [0003]
- DE 102009045989 A1 [0004]
- DE 102009027435 A1 [0005]
- DE 102006061731 A1 [0006]
- DE 102010043936 A1 [0007]
- DE 102008043778 A1 [0008]