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Stand der Technik
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Ermittlung eines vom Fahrer beabsichtigen oder nicht beabsichtigten Fahrspurwechsels bei einer Fahrt eines Fahrzeugs, auf ein entsprechendes Informationssystem sowie auf ein entsprechendes Computerprogrammprodukt.
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Da ein großer Teil der Unfälle durch ungewolltes Verlassen einer Fahrspur entsteht, auf der ein Fahrzeug fährt, werden beispielsweise von der Robert Bosch GmbH Systeme entwickelt, die den Fahrer auf ein ungewolltes Verlassen der Fahrspur hinweisen bzw. sogar aktiv in das Lenkgeschehen eingreifen. Dabei wird meist von einem gewollten Spurwechsel ausgegangen, wenn der Fahrer vor und während des Verlassens der Spur den Blinker betätigt. Vergisst der Fahrer beispielsweise nach einem Überholvorgang beim Wiedereinscheren zu blinken, wird er fälschlicherweise gewarnt. Kommen diese Fehlalarme häufiger vor, besteht die Gefahr, dass der Fahrer das Assistenzsystem abschaltet. Um eine höhere Akzeptanz zu erreichen, ist es also wünschenswert, auch ohne die Zuhilfenahme des Blinkersignals gewollte von ungewollten Spurwechseln zu unterscheiden.
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Um dieses Problem zu lösen, wurde in der Dissertation von Matthias Henning „Preparation for lane chance manoevers: Behavioural indicators and underlying cognitive processes“ an der Technischen Universität Chemnitz aus dem Jahre 2010 der Innenraum des Fahrzeugs und vor allem der Fahrer beobachtet und versucht, typische Verhaltensweisen vor Spurwechselvorgängen zu deuten. So wurde herausgefunden, dass der Fahrer vor einem absichtlichen Spurwechsel vermehrt in Rück- und Seitenspiegel schaut. Allerdings ist hierfür eine spezielle Innenraumsensorik notwendig die den Blickwinkel des Fahrers überwacht, was mit einem erhöhten Kostenaufwand verbunden ist.
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In einer weiteren Untersuchung wurden verschiedene Datenquellen analysiert, um mithilfe von typischen Signalverläufen absichtliche von unabsichtlichen Spurwechseln zu unterscheiden. Dabei erwiesen sich der laterale Abstand zur Fahrbahnmarkierung zum Warnzeitpunkt TLC = 1s (1s vor Spurverlassen), die Gaspedalstellung (TLC = 1s), die Änderung der Gaspedalstellung (zwischen TLC = 1s und TLC = 2s) und die Differenz zwischen Minimum und Maximum des Winkels zur Spur (zwischen TLC = 1s und TLC = 4s) als die aussagekräftigsten Merkmale. Durch die Auswertung dieser Merkmale wurde eine Prädiktionsgüte von bis zu 85% erzielt.
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Die
DE 10 2010 002 067 A1 offenbart ein Fahrerassistenzsystem für ein Kraftfahrzeug mit einer Spurführungsassistenzfunktion.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund wird mit der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zur Ermittlung eines vom Fahrer beabsichtigen oder nicht beabsichtigten Fahrspurwechsels bei einer Fahrt eines Fahrzeugs, weiterhin ein Informationssystem, das dieses Verfahren verwendet sowie schließlich ein entsprechendes Computerprogrammprodukt gemäß den Hauptansprüchen vorgestellt. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den jeweiligen Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung.
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Die vorliegende Erfindung schafft ein Verfahren zur Ermittlung eines vom Fahrer beabsichtigen oder nicht beabsichtigten Fahrspurwechsels bei einer Fahrt eines Fahrzeugs, wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
- – Einlesen zumindest eines erfassten Objekts, das sich vor dem Fahrzeug befindet;
- – Zuordnen eines von mehreren möglichen Gefahrenwerten zu dem zumindest einen Objekt, wobei der Gefahrenwert ein Gefahrenpotenzial des zumindest einen Objektes für das Fahrzeug repräsentiert;
- – Erkennen eines vom Fahrzeug während der Fahrt ausgeführten oder auszuführenden Fahrspurwechsels; und
- – Bewerten des erkannten Fahrspurwechsels als vom Fahrer beabsichtigt, wobei das Bewerten auf der Basis des dem zumindest einen Objekt zugeordneten Gefahrenwerts erfolgt und/oder Bewerten des erkannten Fahrspurwechsels als vom Fahrer nicht beabsichtigt, wobei das Bewerten auf der Basis des dem zumindest einen Objekt zugeordneten Gefahrenwerts erfolgt.
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Unter einem Fahrspurwechsel kann ein Wechsel derjenigen Fahrspur verstanden werden, auf dem das Fahrzeug auf einer Fahrbahn fährt. Unter einem Objekt kann beispielsweise ein Hindernis oder Fahrzeug auf einer Fahrbahn oder eine Linie oder Markierung auf oder neben der Fahrbahn verstanden werden, welche/welches sich vor dem Fahrzeug befindet. Ferner können auch mehrere Objekte im Schritt des Einlesens eingelesen werden, die voneinander unterscheidbar sind. Beim Einlesen kann auch eine geografische Position und/oder relative räumliche Position des zumindest einen Objektes in Bezug zum Fahrzeug eingelesen werden. Somit kann das Einlesen auch derart verstanden werden, dass das oder die eingelesene(n) Objekt(e) als Karte eingelesen wird/werden, bei denen neben dem Objekt auch die Position des Objektes hinterlegt ist. Hierdurch kann beispielsweise eine Karte mit Objekten angelegt werden, die sich im Umfeld des Fahrzeugs befinden. Unter einem Gefahrenwert kann ein Parameter verstanden werden, der eine Unterteilung eines Gefahrenpotenzials in verschiedene ordinal (d. h. in einer Reihenfolge) anordenbare, unterscheidbaren Gefahrenklassen ermöglicht. Unter einem Bewerten kann ein Zuordnen eines Attributs zu dem erkannten Fahrspurwechsel verstanden werden, sodass dieser Fahrspurwechsel als von einem Fahrer bewusst eingeleiteter beziehungsweise ausgeführter interpretiert wird oder dass dieser Fahrspurwechsel von einem Fahrer des Fahrzeugs unbewusst bzw. durch Unachtsamkeit verursacht wurde. Bei diesem Bewerten wird zumindest ein dem zumindest einem Objekt zugeordneter Gefahrenwert berücksichtigt. Insbesondere kann der Fahrspurwechsel als vom Fahrer des Fahrzeugs beabsichtigt bewertet werden, wenn der dem zumindest einen Objekt zugeordnete Gefahrenwert ein vorbestimmtes erstes Kriterium erfüllt. Alternativ oder zusätzlich kann der Fahrspurwechsel als vom Fahrer des Fahrzeugs nicht beabsichtigt bewertet werden, wenn der dem zumindest einen Objekt zugeordnete Gefahrenwert ein vorbestimmtes zweites Kriterium erfüllt. Ein solches (erstes oder zweites) Kriterium kann beispielsweise darin bestehen, dass der Gefahrenwert des betreffenden Objektes größer oder kleiner als ein Schwellwert ist, oder dass ein Gefahrenwert eines ersten Objektes größer oder kleiner als ein Gefahrenwert eines zweiten Objektes ist.
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Die vorliegende Erfindung basiert auf der Erkenntnis, dass nun ein Bewerten (das auch als Klassieren bezeichnet werden kann) des Fahrspurwechsels als vom Fahrer beabsichtigt oder nicht beabsichtigt erfolgt, wobei nun diese Bewertung in Abhängigkeit von einem einem Objekt vor dem Fahrzeug zugewiesenen Gefahrenwert durchgeführt wird. Auf diese Weise kann nun ausgenutzt werden, dass ein bewusster Fahrspurwechsel dann mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erfolgen wird und erkannt werden kann, wenn tatsächlich ein tatsächlich ein Objekt vor dem Fahrzeug erkannt wurde, das eine gewisse Gefährlichkeit für das Fahrzeug darstellt. Andererseits kann auch ein Fahrspurwechsel dann als unbewusst bewertet werden, wenn kein Objekt direkt vor dem Fahrzeug erkannt wurde, dass eine Gefahr für das Fahrzeug darstellt, aber dennoch ein Fahrspurwechsel erkannt wurde. Die vorliegende Erfindung bietet somit den Vorteil einer besonders einfachen und präzisen Unterscheidungsmöglichkeit zwischen einem bewussten und einem unbewussten Fahrspurwechsel, da die Anwesenheit oder ein Typ eines Objektes vor dem Fahrzeug sehr einfach und zuverlässig erfasst und für die Bewertung herangezogen werden kann.
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Günstig ist ferner eine Ausführungsform der vorliegenden Erfindung, bei der im Schritt des Zuordnens das Objekt in eine Objektklasse klassiert wird, wobei der Objektklasse einer von mehreren Gefahrenwerten zugeordnet ist. Unter einer Objektklasse kann beispielsweise eine Klasse oder Gruppe verstanden werden, die den Typ eines Objektes unterscheidbar macht. Beispielsweise können Objekte in eine erste Objektklasse klassiert werden, die Hindernisse wie beispielsweise Fahrzeuge auf der Fahrbahn vor dem Fahrzeug repräsentieren. Alternativ oder zusätzlich kann eine weitere Objektklasse vorgesehen sein, in die ein Objekt klassiert wird, wenn es eine Fahrbahnmarkierung oder Linie darstellt. Auch können unterschiedliche Objektklassen unterteilt werden, sodass bewegliche gegenüber unbeweglichen Objekten vor dem Fahrzeug unterscheidbar sind. Auch können die Objektklassen eine oder mehrere Unterklassen aufweisen. Beispielsweise kann eine Objektklasse, in die Objekte klassiert werden, die eine Fahrbahnmarkierung oder ein Objekt darstellen, das in einem Bild als erfassbare Linie wiedergegeben werden kann. Auch können eine oder mehrere der Objektklassen je eine Unterklasse aufweisen, in die das Objekt je klassiert wird, wenn es entweder eine gestrichelte Fahrbahnmarkierung, eine durchgezogene Fahrbahnmarkierung oder ein nicht überfahrbares Hindernis darstellt. In einer Objektklasse, die als ein sich vor dem eigenen Fahrzeug bewegendes Objektes oder einem fahrenden Fremdfahrzeug enthalten kann, kann eine Unterscheidung nach der Relativgeschwindigkeit des sich bewegenden Objektes in Bezug zur Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs erfolgen. Dabei kann beispielsweise allgemein zusammengefasst werden, dass ein Gefahrenwert umso höher ist, je negativer die Relativgeschwindigkeit vom Fremdfahrzeug zum eigenen Fahrzeug ist (d. h. je schneller der Abstand zwischen dem Fremdfahrzeug und dem eigenen Fahrzeug kleiner wird). Ferner kann angemerkt werden, dass Gefahrenwerte in unterschiedlichen Objektklassen auch gleich sein können. Dagegen sind Gefahrenwerte aus einer gemeinsamen Objektklasse unterschiedlich, um eine Unterscheidung zwischen den Objekten einer Objektklasse zu ermöglichen. Eine derartige Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil einer besonders detaillierten Unterteilung des Gefahrenpotenzials eines Objektes auf das Fahrzeug, wodurch sich eine sehr hohe Zuverlässigkeit der Unterscheidung zwischen einem beabsichtigen gegenüber einem unbeabsichtigten Spurwechsel erfolgen kann.
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Auch kann gemäß einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung im Schritt des Zuordnens der Gefahrenwert dem Objekt in Abhängigkeit von einer Relativgeschwindigkeit des Objekts in Bezug zum Fahrzeug zugeordnet werden, insbesondere wobei im Schritt des Zuordnens dem Objekt ein eine große Gefahr repräsentierender Gefahrenwert zugeordnet wird, wenn sich das Objekt und das Fahrzeug schnell annähern oder dem Objekt ein eine kleine Gefahr repräsentierender Gefahrenwert zugeordnet wird, wenn sich das Objekt und das Fahrzeug langsam annähern oder voneinander entfernen. Eine solche Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil, einer besonders guten Unterscheidungsmöglichkeit für einen beabsichtigten gegenüber einem unbeabsichtigten Fahrspurwechsel.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung kann im Schritt des Einlesens ein Fahrspurobjekt eingelesen werden, welches sich auf einer Fahrspurtrajektorie befindet, die das Fahrzeug ohne ausgeführten oder auszuführenden Fahrspurwechsel zukünftig durchfahren würde, wobei im Schritt des Zuordnens dem Fahrspurobjekt einer der mehreren möglichen Gefahrenwerte zugeordnet wird. Unter einer Fahrspurtrajektorie kann eine Linie (oder zumindest ein Teil einer solchen Linie) verstanden werden, die dem Verlauf der Fahrspur folgt, auf dem das Fahrzeug gerade fährt. Unter einem Fahrspurobjekt kann ein Objekt oder eines von mehreren Objekten verstanden werden, das sich vor dem Fahrzeug auf der Fahrspurtrajektorie befindet. Eine derartige Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil, dass speziell ein Objekt für die Bewertung des Fahrspurwechsels verwendet wird, welches auf einem Weg liegt, den das Fahrzeug ohne den Fahrspurwechsel befahren würde. Durch die Auswahl eines solchen Objektes für die Unterscheidung oder Bewertung des bewussten oder unbewussten Fahrspurwechsels kann auch eine sehr präzise und störungsarme Unterscheidung erfolgen.
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Auch ist es gemäß einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung besonders vorteilhaft, wenn im Schritt des Einlesens ein Fahrzeugtrajektorienobjekt eingelesen wird, welches sich auf einer Fahrzeugtrajektorie befindet, wobei die Fahrzeugtrajektorie zumindest einen Teilabschnitt einer zukünftig tatsächlichen Fahrtroute des Fahrzeugs repräsentiert, wobei im Schritt des Zuordnens dem Fahrzeugtrajektorienobjekt einer der mehreren möglichen Gefahrenwerte zugeordnet wird. Eine Fahrzeugtrajektorie kann dabei den tatsächlichen Fahrweg des Fahrzeugs in unmittelbarer Zukunft des Fahrzeugs repräsentieren. Dieser unmittelbare zukünftige Fahrweg des Fahrzeugs kann beispielsweise aus einem eingeschlagenen Lenkwinkel des Lenkrades oder einer Auswertung der Position des Fahrzeugs auf der Fahrbahn unter Verwendung der Positionen von Fahrspurmarkierungen bestimmt werden. Eine solche Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil, dass für die Beurteilung eines bewussten oder unbewussten Fahrspurwechsels die Gefährdung des Fahrzeugs durch ein Objekt auf einem tatsächlichen Fahrweg mitberücksichtigt wird. Hierdurch kann auch eine sehr präzise und störungsarme Unterscheidung zwischen unbeabsichtigten und beabsichtigten Fahrspurwechseln bei geringem Zusatzaufwand erfolgen.
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Ferner kann sich gemäß einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung die Fahrzeugtrajektorie von der Fahrspurtrajektorie unterscheiden, sodass beispielsweise durch die Abweichung der Fahrzeugtrajektorie von der Fahrspurtrajektorie einerseits der Fahrspurwechsel überhaupt erkannt werden kann und/oder andererseits durch einen Grad oder eine Größe der Abweichung der Fahrzeugtrajektorie von der Fahrspurtrajektorie auch eine Fahrspurwechselgeschwindigkeit ermittelt werden kann. Auf diese Weise kann durch technisch sehr einfach umzusetzende Mittel ein Fahrspurwechsel des Fahrzeugs erkannt werden.
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Günstig ist ferner eine Ausführungsform der vorliegenden Erfindung, bei der im Schritt des Bewertens der erkannte Fahrspurwechsel als vom Fahrer beabsichtigt bewertet wird, wenn der dem Fahrspurtrajektorienobjekt zugeordnete Gefahrenwert in einer vorbestimmten Beziehung zum Gefahrenwert steht, der dem Fahrzeugtrajektorienobjekt zugeordnet ist. Eine solche vorbestimmte Beziehung kann beispielsweise ein Vergleich sein, welcher der beiden miteinander verglichenen Gefahrenwerte größer oder kleiner ist. Eine derartige Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil, dass nun in eine Beziehung gesetzt werden kann, wie groß die Gefahr für das Fahrzeug bei einem Befolgen der Fahrspurtrajektorie ist bzw. wie groß die Gefahr für das Fahrzeug bei einem Befolgen der Fahrzeugtrajektorie ist. Auf diese Weise kann unter Berücksichtigung von mehreren Parametern bzw. deren wahrscheinliche Gefahr für das Fahrzeug bestimmt werden, ob der Fahrspurwechsel der als vom Fahrer beabsichtigt zu bewerten ist, oder als vom Fahrer unbeabsichtigt zu bewerten ist.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung kann im Schritt des Bewertens der erkannte Fahrspurwechsel als vom Fahrer beabsichtigt bewertet wird, wenn der dem Fahrspurtrajektorienobjekt zugeordnete Gefahrenwert eine höhere Gefahr für das Fahrzeug repräsentiert, als der Gefahrenwert, der dem Fahrzeugtrajektorienobjekt zugeordnet ist. Auf eine derartige Ausführungsform der vorliegenden Erfindung nutzt die Tatsache aus, dass der Fahrer bei einer großen Gefahr auf der eigenen Fahrspur bewusst auf eine benachbarte Fahrspur ausweichen wird, um die Gefahr für das Fahrzeug zu verringern. Ein solches Bewerten eines Fahrspurwechsels als vom Fahrer beabsichtigt bietet den Vorteil, dass nun sehr konkret und nah an der Realität eine maschinelle und automatische Auswertung oder Bewertung des Fahrspurwechsels möglich ist, die sich an eine menschliche Bewertung der Gefahrensituation in einem Umfeld vor dem Fahrzeug stark anlehnt.
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Alternativ oder zusätzlich ist es auch denkbar, dass gemäß einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung im Schritt des Bewertens der erkannte Fahrspurwechsel als vom Fahrer nicht beabsichtigt bewertet wird, wenn der dem Fahrspurtrajektorienobjekt zugeordnete Gefahrenwert eine niedrigere oder gleich große Gefahr für das Fahrzeug repräsentiert, als der Gefahrenwert, der dem Fahrzeugtrajektorienobjekt zugeordnet ist. Eine derartige Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil, dass auch eindeutig erkannt werden kann, dass ein Fahrspurwechsel vom Fahrer nicht beabsichtigt sein dürfte. In diesem Fall besteht ferner eine Möglichkeit, ein entsprechendes Warnsignal an den Fahrer auszugeben, um ihm die Möglichkeit zu geben, den unbeabsichtigt eingeleiteten Fahrspurwechsel zu beenden. Beispielsweise könnte ein solches Wahlsignal als akustisches Signal oder als haptisches Signal über das Lenkrad ausgegeben werden.
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Besonders günstig ist eine Ausführungsform der vorliegenden Erfindung, bei der im Schritt des Einlesens ein Fahrspurobjekt eingelesen wird, welches sich auf einer Fahrspurtrajektorie befindet, die eine Fahrspurtrajektorienlänge aufweist, die von einer Fahrzeuggeschwindigkeit abhängig ist und/oder dass im Schritt des Einlesens ein Fahrzeugtrajektorienobjekt eingelesen wird, welches sich auf einer Fahrzeugtrajektorie befindet, die eine Fahrzeugtrajektorienlänge aufweist, die von einer Fahrzeuggeschwindigkeit abhängig ist. Eine derartige Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil, dass bei großen Fahrzeuggeschwindigkeiten auch Objekte auf einer oder beiden genannten Trajektorien berücksichtigt werden, die sich in einer großen Entfernung vor dem Fahrzeug befinden. Hierdurch lässt sich eine erhöhte Fahrzeugsicherheit realisieren, da bei hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten schon frühzeitig ein Objekt erkannt und für die Bewertung des Fahrspurwechsels berücksichtigt werden kann, welches für das Fahrzeug gefährlich werden könnte.
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Um ferner einen persönlichen Fahrstil des Fahrers, insbesondere beim Fahrspurwechsel, in der Bewertung eines tatsächlich erkannten Fahrspurwechsels zu berücksichtigen, kann gemäß einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung im Schritt des Einlesens ferner ein Risikoparameter eingelesen werden, der eine Risikobereitschaft des Fahrers des Fahrzeugs bei einem Spurwechselvorgang repräsentiert, wobei im Schritt des Bewertens der erkannte Fahrspurwechsel unter Berücksichtigung des Risikoparameters bewertet wird. Eine derartige Ausführungsform der vorliegenden Erfindung bietet den Vorteil, dass beispielsweise eine Warnung an den Fahrer bei einem als nicht beabsichtigt bewerteten Fahrspurwechsel unterbleiben oder zumindest verzögert werden kann, wenn dem Algorithmus zur Ausführung des Schritts des Bewertens bekannt ist, dass der Fahrer eine Fahrweise hat, die tendenziell Fahrspurüberschreitungen bewirkt. Dagegen kann beispielsweise bei einem sehr vorsichtigen Fahrer, der eher selten eine eigene Fahrspur überschreitet, bereits bei deutlich geringeren Anzeichen für einen unbeabsichtigten Fahrspurwechsel eine entsprechende Bewertung dieses Fahrspurwechsels erfolgen. Diese Vorgehensweise ermöglicht, eine auf die Person des Fahrers abgestellte Warnung über das Auftreten eines nicht beabsichtigen Fahrspurwechsels von einem Informationssystem auszugeben.
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Die vorliegende Erfindung schafft ferner ein Steuergerät oder Informationssystem, das ausgebildet ist, um die Schritte einer Variante eines hier vorgestellten Verfahrens in entsprechenden Einrichtungen durchzuführen, anzusteuern bzw. umzusetzen. Auch durch diese Ausführungsvariante der Erfindung in Form eines Steuergeräts oder des Informationssystems kann die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe schnell und effizient gelöst werden.
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Unter einem Steuergerät oder Informationssystem kann vorliegend ein elektrisches Gerät verstanden werden, das Sensorsignale verarbeitet und in Abhängigkeit davon Steuer- und/oder Datensignale ausgibt. Das Steuergerät oder Informationssystem kann eine Schnittstelle aufweisen, die hard- und/oder softwaremäßig ausgebildet sein kann. Bei einer hardwaremäßigen Ausbildung können die Schnittstellen beispielsweise Teil eines sogenannten System-ASICs sein, der verschiedenste Funktionen des Steuergeräts oder Informationssystems beinhaltet. Es ist jedoch auch möglich, dass die Schnittstellen eigene, integrierte Schaltkreise sind oder zumindest teilweise aus diskreten Bauelementen bestehen. Bei einer softwaremäßigen Ausbildung können die Schnittstellen Softwaremodule sein, die beispielsweise auf einem Mikrocontroller neben anderen Softwaremodulen vorhanden sind.
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Von Vorteil ist auch ein Computerprogrammprodukt mit Programmcode, der auf einem maschinenlesbaren Träger wie einem Halbleiterspeicher, einem Festplattenspeicher oder einem optischen Speicher gespeichert sein kann und zur Durchführung des Verfahrens nach einer der vorstehend beschriebenen Ausführungsformen verwendet wird, wenn das Programmprodukt auf einem Computer oder einer Vorrichtung ausgeführt wird.
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Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
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1 ein Blockschaltbild eines Fahrzeugs mit einem Informationssystem gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung;
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2 eine Darstellung einer Beispielsituation eines Überholvorganges;
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3A bis 3D Diagramme, die Beispiele von Zuordnungen je eines Gefahrenwertes zu Objekten in unterschiedlichen Situationen gemäß Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung zeigen;
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4A bis 4B Diagramme, die Beispielsituationen zur Auswertung von Gefahrenwerten entlang von unterschiedlichen Trajektorien gemäß Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung zeigen; und
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5 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung.
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In der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung werden für die in den verschiedenen Figuren dargestellten und ähnlich wirkenden Elemente gleiche oder ähnliche Bezugszeichen verwendet, wobei auf eine wiederholte Beschreibung dieser Elemente verzichtet wird.
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1 zeigt ein Blockschaltbild eines Fahrzeugs 100, welches einer Fahrbahn 110 fährt und welches mit einem Informationssystem 120 gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung ausgerüstet ist. Ferner umfasst das Fahrzeug 100 beispielsweise eine Kamera 130, die ausgebildet ist, um einen Erfassungsbereich 135 und sich darin befindende Objekte wie beispielsweise ein Fremdfahrzeug 140, welches vor dem Fahrzeug 100 fährt oder Fahrbahnmarkierungen 145 auf der rechten oder linken Seite der Fahrbahn 110 zu erfassen. Dabei kann eine Fahrbahnmarkierung 145 auf der rechten Seite des Fahrzeugs 100 eine durchgehende Fahrspurbegrenzungslinie sein und eine Fahrbahnmarkierung 145 auf der linken Seite des Fahrzeugs 100 eine gestrichelte (mittlere) Fahrspurbegrenzungslinie darstellen. Die Kamera 130 kann ferner ausgebildet sein, um die im Erfassungsbereich 135 erfassten Objekte wie ein beispielsweise das Fremdfahrzeug 140 oder eine oder mehrere Linien 145 direkt zu erkennen, das heißt, aus dem von der Kamera 130 aufgenommenen Bild zu extrahieren und über eine Schnittstelle 150 dem Informationssystem 120 zur Verfügung zu stellen. Weiterhin kann die Kamera 130 beispielsweise ausgebildet sein, um eine Relativbewegung und/oder eine Relativgeschwindigkeit des Fremdfahrzeugs 140 zum Fahrzeug 100 zu bestimmen und diese Relativbewegung oder Relativgeschwindigkeit als Attribut eines als Fremdfahrzeuge 140 erkannten Objekts dem Informationssystem 120 zur Verfügung zu stellen. Weiterhin kann die Kamera 130 auch ausgebildet sein, um die Linien 145 beispielsweise als durchgezogen oder als gestrichelt zu identifizieren und einem entsprechenden Hinweis ebenfalls als Attribut eines als Linie 145 erkannt Objekts dem Informationssystem 120 zur Verfügung zu stellen. Ferner kann die Kamera 130 auch ausgebildet sein, um beispielsweise anhand des Verlaufs der Linien 145 eine Trajektorie 155 des Verlaufs der Fahrspur (auch als Fahrspurtrajektorie bezeichnet) zu ermitteln, die den Verlauf der Fahrbahn 110 vor dem Fahrzeug 100 abbildet. Auch kann die Kamera 130 ausgebildet sein, um beispielsweise einen Wechsel des Fahrzeugs 100 aus der Fahrspur 110 heraus zu erkennen (Fahrspurwechsel), beispielsweise in dem die Abstände der Linien 145 in Bezug zum Fahrzeug 100 ausgewertet werden und hierdurch die Position des Fahrzeugs 100 auf der Fahrspur 110 ermittelt wird. Auf diese Weise kann eine Trajektorie 160 (Fahrzeugtrajektorie) ermittelt werden, die einen Weg beschreibt, den das Fahrzeug 100 tatsächlich fährt oder in unmittelbarer Zukunft fahren wird. Die Fahrzeugtrajektorie 160 kann jedoch auch alternativ oder zusätzlich unter Verwendung von einer oder mehreren anderen physikalischen Größe(n), wie beispielsweise der Auswertung des Lenkwinkels bestimmt werden. Ferner kann die Kamera 130 ausgebildet sein, um zu ermitteln, ob überhaupt ein Objekt oder welches Objekt wie beispielsweise das Fremdfahrzeug 140 sich auf oder im Bereich der Fahrspurtrajektorie 155 befindet und/oder ob überhaupt eine ein Objekt oder welches Subjekt wie beispielsweise die Linie oder Fahrbahnmarkierung 145 sich in oder auf einem Bereich der Fahrzeugtrajektorie 160 befindet. Die Information, ob oder welches Objekt sich auf der Fahrspurtrajektorie 155 und/oder ob oder welches Objekt sich auf der Fahrzeugtrajektorie 160 befindet, lässt sich ebenfalls über die Schnittstelle 150 an das Informationssystem 120 übermitteln.
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In dem Informationssystem 120 können dann die über die Schnittstelle 150 eingelesenen Informationen einerseits einer Zuordnungseinheit 165 übertragen werden, in der einem Objekt gemäß einer nach Form noch näher beschriebenen Zuordnungsvorschrift je einer von mehreren möglichen Gefahrenwerten zugeordnet wird. Hierbei kann beispielsweise eine Zuordnungstabelle aus einem Speicher 170 ausgelesen werden, in der hinterlegt ist, welchem Objekt, Objekttyp und/oder welcher Objekteigenschaft welcher definierte Gefahrenwert zuzuordnen ist. Als Ergebnis kann somit aus der Zuordnungseinheit 165 ein Objektsignal erhalten werden, dass eine Information aufweist, welcher Gefahrenwert einem erkannten Objekt zugeordnet ist.
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Weiterhin kann auch in einer Erkennungseinheit 175 erkannt werden, dass das Fahrzeug aktuell einen Wechsel der Fahrspur 110 ausführen oder in unmittelbarer Zukunft ausführen wird. Dies kann beispielsweise durch die Auswertung des Verlaufs der Fahrzeugtrajektorie 160 erfolgen, wobei erkannt wird, dass beispielsweise eine der Linien 145 überfahren wird. Als Ergebnis kann somit aus der Erkennungseinheit 175 ein Fahrspurwechselsignal erhalten werden, das eine Information aufweist, dass ein Fahrspurwechsel erfolgt ist oder in Kürze erfolgen wird.
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Das Objektsignal sowie das Fahrspurwechselsignal werde nachfolgend von einer Bewertungseinheit 180 eingelesen, in der unter Berücksichtigung zumindest einem dem Objekt zugeordneten Gefahrenwert gemäß einer nachfolgend noch detaillierter beschriebenen Vorgehensweise ermittelt wird, ob der erkannte Fahrspurwechsel vom Fahrer beabsichtigt ist oder nicht. Als Ergebnis kann von der Bewertungseinheit 180 ein Bewertungssignal 185 bereitgestellt werden, welches beispielsweise von einer Warnungseinheit 190 ausgewertet wird und bei einem als vom Fahrer unbeabsichtigt bewerteten Fahrspurwechsel beispielsweise eine entsprechende Warnungsmeldung an den Fahrer des Fahrzeugs 100 ausgibt. Diese Warnungsmeldung kann beispielsweise ein optisches Signal im Sichtbereich des Fahrers, ein akustisches Signal, beispielsweise unter Verwendung eines Infotainmentsystems des Fahrzeugs oder ein haptisches Signal am Lenkrad umfassen, um den Fahrer über den als unbeabsichtigt erkannten Fahrspurwechsel zu informieren. Wird ein als vom Fahrer beabsichtigt erkannter Fahrspurwechsel ermittelt, kann eine Ausgabe einer solchen Warnungsmeldung dagegen unterbleiben, sodass ein Fahrer des Fahrzeugs 100 nicht unnötig vom Verkehrsgeschehen abgelenkt wird.
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Der hier vorgestellte Ansatz ermöglicht somit eine verkehrssituationsbasierte Fahrerabsichtserkennung bei Spurwechselvorgängen. Bei den Ansätzen im Stand der Technik wird das Fahrerverhalten direkt über Innenraumbeobachtung, beziehungsweise indirekt über typische Signalverläufe analysiert und versucht, hieraus Rückschlüsse auf die Fahrerabsicht zu ziehen. In beiden Fällen wird jedoch nicht auf die Situation im Umfeld des Fahrzeuges eingegangen. So stehen zusätzlich zu den Liniendaten meist auch noch Objektdaten mit den zugehörigen Informationen wie Typ, Position, Größe und Relativgeschwindigkeit zur Verfügung, aus denen sich ebenfalls typische Verhaltensweisen des Fahrers ableiten lassen.
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Zur Veranschaulichung einer besonderen Beispielsituation wird in der 2 ein Diagramm eines möglichen Überholvorganges dargestellt. Fährt das eigene Fahrzeug 100 beispielsweise auf der rechten Spur 110 einer zweispurigen Schnellstraße 200 mit hoher Relativgeschwindigkeit auf ein anderes Fahrzeug 140 (Fremdfahrzeug) auf und ist die linke Spur 210 frei, kann davon ausgegangen werden, das ein Spurverlassen nach links beabsichtigt ist, um den Vordermann zu überholen (Situation bei Fahrtpfad 1, d. h. die Fahrzeugtrajektorie 160 folgt dem Pfad 1). Fährt der das Fremdfahrzeug 140 jedoch schneller als das eigene Fahrzeug 100 (beispielsweise nach dem Überholen und Einscheren), ist ein Überholmanöver des eigenen Fahrzeugs 100 und somit der gewollte Spurwechsel eher unwahrscheinlich (Situation bei Fahrtpfad 2, d. h., die Fahrzeugtrajektorie 160 folgt dem Pfad 2). Auf diese Art und Weise können „Wenn-Dann-Regeln“ aufgestellt werden, die die jeweilige Situation beschreiben. Aus diesen Regeln könnten beispielsweise mithilfe von Fuzzy-Inferenzmethoden Rückschlüsse auf Wahrscheinlichkeit eines beabsichtigten Spurwechsels gezogen werden. Ein besonderes Augenmerk ist hierbei darauf zu richten, aufgrund der Menge möglicher Situationen alle Fälle mit Regeln abzudecken und dieses sehr große Regelwerk in jedem Berechnungsschritt auszuwerten.
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Um diesen Aspekt der Fahrspurwechsel ausreichend zu erläutern, wird zunächst etwas näher auf das Verhalten des Fahrers eingegangen. Dabei werden folgende Thesen aufgestellt, die nun zum Teil für die Bewertung des erkannten Fahrspurwechsels herangezogen werden können:
- – Der Fahrer wird sein Fahrzeug in die Richtung manövrieren, in der er die geringste Gefahr einer Kollision vermutet.
- – Als Gefahren werden sowohl andere Fahrzeuge als auch Spurmarkierungen und Begrenzungen wie beispielsweise Wände wahrgenommen.
- – Nicht alle erkannten Gefahren werden vom Fahrer als gleich gefährlich eingeschätzt. So geht zum Beispiel von einer überfahrbaren Fahrspurmarkierung eine geringere Gefahr aus als von einer Leitplanke oder einem anderen Fahrzeug.
- – Objekte mit geringem Abstand zum eigenen Fahrzeug sind gefährlicher.
- – Objekte mit höheren Relativgeschwindigkeiten sind gefährlicher als Objekte mit kleinen Relativgeschwindigkeiten.
- – Bei höherer Eigengeschwindigkeit sollte vorausschauender gefahren werden.
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Die aktuelle Verkehrssituation wird dann beispielsweise zumindest teilweise unter den oben genannten Gesichtspunkten während der Fahrt vom Fahrer ausgewertet. Anschließend entscheidet sich der Fahrer für oder gegen einen Spurwechsel.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung wird ähnlich vorgegangen: Zunächst wird basierend auf dem erkannten Objekt oder der erkannten Linie bzw. den mehreren erkannten Objekten und/oder Linien eine Art Karte erstellt. Anschließend wird diesem/diesen Objekt(en) und/oder Linie(n) in Abhängigkeit verschiedener Kriterien Gefahrenpotentiale zugewiesen. Diese Kriterien sind beispielhaft wie in der nachfolgenden Tabelle 1 dargestellt definiert:
Hindernistyp | Objekteigenschaft | Gefahrenpotenzial |
Linie | niedrig |
gestrichelt |
| durchgezogen | hoch |
| unüberfahrbares Hindernis | sehr hoch |
Objekt | Relativgeschwindigkeit hoch negativ | sehr hoch |
| Relativgeschwindigkeit mittel negativ | hoch |
| Relativgeschwindigkeit nahe null | niedrig |
| Relativgeschwindigkeit positiv | keines |
Tabelle 1
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Dabei kann das Gefahrenpotenzial als Gefahrenwert verstanden werden, der unterschiedliche Ausprägungen aufweisen kann, wobei diese Ausprägungen in einer Reihenfolge anordenbar sind. So ist kann beispielsweise ein Gefahrenwert für das Gefahrenpotenzial „niedrig“ einen kleineren Wert (Ausprägung) aufweisen, als ein Gefahrenwert, der das Gefahrenpotenzial „hoch“ repräsentiert. So erhält lässt sich eine Gefahrenpotenzialkarte erstellen, in der die Objekte und Linien mit ihrer „Gefährlichkeit" verzeichnet sind. Eine solche Karte ist für die im einführenden Beispiel genannte Situation in den 3A bis 3D dargestellt.
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Die 3A bis 3D zeigen dabei Gefahrenpotenzialkarten oder Diagramme, die Beispiele von Zuordnungen eines Gefahrenwertes zu Objekten in unterschiedlichen Situationen gemäß Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung zeigen.
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In der 3A ist eine Situation dargestellt, bei der die Relativgeschwindigkeit des Fahrzeugs 100 zum vorausfahrenden Fremdfahrzeug 140 positiv ist (d. h., das vorausfahrende Fahrzeug 140 entfernt sich vom eigenen Fahrzeug 100), deshalb birgt diese Situation kein Gefahrenpotenzial für das Fahrzeug 100. Die Gefährdung, die von dem vorausfahrenden Fremdfahrzeug 140 ausgeht, kann somit als gering eingeschätzt werden. Auch die Gefahr für das Fahrzeug 100, die bei einem Überfahren der Mittellinie 145 von dieser als Objekt ausgeht, kann als gering betrachtet werden, was zu der Kennzeichnung der Mittellinie 145 als Objekt mit einem niedrigen Gefahrenwert führt. Aus diesem Grund ist in der Fig. 3A die Mittellinie 145 in einem schraffiert gekennzeichneten Bereich liegend angeordnet, der eine niedrige Gefahr für das Fahrzeug 100 repräsentiert. Die Fahrbahnbegrenzungslinien 145 am seitlichen Rand der Fahrbahn 110 stellen dagegen eine deutlich größere Gefahr für das Fahrzeug 100 dar, da bei einem Überfahren dieser Fahrbahnbegrenzungslinien 145 eine Gefahr des Abkommens von der Fahrbahn 110 und ein Unfall mit Personenschaden leicht auftreten kann.
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Bei einer Relativgeschwindigkeit nahe null in Bezug zum eigenen Fahrzeug 100, wie es in der Situation gemäß 3B dargestellt ist, wird die vom Fremdfahrzeug als Objekt 140 ausgehende Gefahr als niedrig eingeschätzt, sodass das Objekt ebenfalls als in einem einen schräg schraffierten Bereich angeordnet dargestellt ist.
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3C zeigt eine Situation, bei der eine mittlere negative Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fremdfahrzeugs 140 in Bezug zum eigenen Fahrzeug 100 dargestellt ist. Hierbei wird dem Fremdfahrzeug 140 ein gegenüber der Situation gemäß 3B zumindest um eine Stufe höherer Gefahrenwert zugeordnet, der durch einen gepunkteten Bereich um das Fremdfahrzeug 140 in der 3C symbolisch dargestellt wird.
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In der 3D ist eine Situation dargestellt, bei der das vorausfahrende Fremdfahrzeug 140 eine hohe negative relative Geschwindigkeit in Bezug zum eigenen Fahrzeug 100 aufweist. In dieser Situation wird dem Fremdfahrzeug 140 als Objekt ein gegenüber der in 3C dargestellten Situation nochmals erhöhter Gefahrenwert zugewiesen, der durch einen senkrecht schraffierten Bereich um das Fremdfahrzeug 140 in der 3D symbolisch dargestellt ist.
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Um nun zu berechnen oder Bewerten, ob es sicherer ist die Spur zu halten oder den vom Fahrer beispielsweise über den Lenkradwinkel vorgegebenen Fahrzeugkurs einzuhalten, der zu einem Fahrspurwechsel führt, werden gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung zwei Trajektorien berechnet:
- – Eine erste Trajektorie wird aus dem Spurverlauf ermittelt (Fahrspurtrajektorie 155): Um das Gesamtgefahrenpotenzial für den Fall zu berechnen, dass die Spur gehalten wird, wird basierend auf der zur Verfügung stehenden Spurkrümmung und Spurkrümmungsänderung eine Trajektorie berechnet, die dem aktuellen Spurverlauf folgt.
- – Eine zweite Trajektorie wird beispielsweise aus dem Lenkwinkel ermittelt (Fahrzeugtrajektorie 160): Um das Gesamtgefahrenpotenzial für den vom Fahrer vorgegebenen Kurs zu berechnen, wird aus dem Lenkradwinkel mithilfe der Lenkgetriebeübersetzung eine Trajektorie berechnet, die dem wahren Fahrzeugkurs entspricht.
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Die Längen der Trajektorien 155 und 160 können beispielsweise auch geschwindigkeitsabhängig sein, sodass bei zunehmenden Geschwindigkeiten eine zunehmend längere jeweilige Trajektorie 155 bzw. 160 bestimmt wird, um eine größere Vorausschau zu erzielen. Anschließend werden die beiden errechneten Trajektorien über die Gefahrenpotentialkarte gelegt (oder ermittelt, ob ein erfasstes Objekt auf einer der Trajektorien 155, 160 liegt), um jeweils die Gesamtgefahrenpotenziale entlang der Trajektorien 155, 160 zu ermitteln oder zu berechnen. Es kann nun davon ausgegangen werden, dass der Fahrer beabsichtigt, sein Fahrzeug dorthin zu lenken, wo die Gefahr am Kleinsten ist.
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Um die Wahrscheinlichkeit für ein beabsichtigtes Spurverlassen zu berechnen, werden daher gemäß dem hier vorgestellten Ausführungsbeispiel die zwei berechneten Gesamtgefahrenpotenziale in ein Verhältnis zueinander gesetzt. Zum Zeitpunkt der Spurverlassenswarnung wird diese Wahrscheinlichkeit mithilfe einer Deaktivierungsgrenze für eine eventuelle Deaktivierung der Warnmeldung verwendet. Dabei ist es auch denkbar, eine Aktivierung oder Deaktivierung der Spurverlassenswarnung ohne die Berechnung einer Wahrscheinlichkeit ausführen zu lassen, sondern direkt aus dem Vergleich der Gefahrenwerte der Objekte auf ein beabsichtigtes oder unbeabsichtigtes Verlassen der Fahrspur zu schließen und eine entsprechende Warnung auszugeben oder zu unterdrücken.
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Um die Auswertung der Gefahrenpotentiale entlang der Trajektorien zu verdeutlichen, sind in der 4A und 4B zwei Beispielsituationen dargestellt. Dabei sind in den 4A und 4B Beispielsituationen zur Auswertung der Gefahrenpotentiale entlang der Trajektorien dargestellt. In einer Situation gemäß der Darstellung aus 4A ist das Fahren auf einer freien zweispurigen Schnellstraße 200 dargestellt. Da auf der Fahrspurtrajektorie 155 keinerlei Objekt mit einem zugeordneten Gefahrenwert und somit keinerlei Gefahrenpotenzial liegt, besteht für das Spurhalten keine Gefahr. Für einen Spurwechsel gibt es somit keinen Anlass. Schneidet die beispielsweise aus dem Lenkwinkel berechnete Fahrzeugkurstrajektorie 160 die gestrichelte Fahrbahnmarkierung 145, wird dieser ein geringes Gefahrenpotential zugeordnet. Der Fahrer des Fahrzeugs sollte also in diesem Fall gewarnt werden.
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In einer Situation gemäß der Darstellung aus 4B hingegen nähert sich ein Fahrzeug 100 mit einer großen negativen Relativgeschwindigkeit an ein vorausfahrendes Fremdfahrzeug 140. Somit gilt nun für die Fahrspurtrajektorie 155 ein hohes Gefahrenpotenzial (d. h., ein Objekt auf dieser Fahrspurtrajektorie weist einen hohen Gefahrenwert auf) und für die Fahrzeugtrajektorie 160 gilt ein geringes Gefahrenpotenzial (d. h., ein Objekt auf dieser Fahrzeugtrajektorie 160 weist einen geringen Gefahrenwert auf). Da der Fahrspurwechsel als weniger gefährlich erscheint als die Spur zu halten, wird von einem absichtlichen Spurwechsel ausgegangen. Über die Deaktivierungsgrenze für die Ausgabe eines Warnsignals kann das hier vorgestellte Informationssystem auf die Risikobereitschaft des aktuellen Fahrers des Fahrzeugs 100 eingestellt werden.
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Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass diese ermittelte Wahrscheinlichkeit oder Bewertung des Fahrspurwechsels auch in Kombination mit anderen Kenngrößen oder schon bestehenden Methoden der Fahrerabsichtserkennung verwendet werden kann.
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Eine Übersicht über ein Ausführungsbeispiel des hier vorgeschlagenen Ansatzes ist in Form eines Ablaufdiagramms in 5 dargestellt. In der 5 ist dabei ein Ablaufdiagramm eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen Verfahrens 500 zur Ermittlung eines vom Fahrer beabsichtigen oder nicht beabsichtigten Fahrspurwechsels bei einer Fahrt eines Fahrzeugs wiedergegeben. Das Verfahren 500 umfasst einen Schritt des Einlesens 510 zumindest eines vor dem Fahrzeug erfassten Objekts, wobei dieses Objekt eine Linie oder Daten über ein Hindernis repräsentieren kann. Weiterhin umfasst das Verfahren 500 einen Schritt des Zuordnens 520 eines von mehreren möglichen Gefahrenwerten zu dem Objekt, wobei der Gefahrenwert ein Gefahrenpotenzial des Objektes für das Fahrzeug repräsentiert. Im Schritt des Zuordnens 520 kann auch als Teilschritt ein Erstellen 525 einer Gefahrenpotenzialkarte vorgesehen sein, bei der für ein oder mehrere Objekt(e) neben einer Information, dass überhaupt ein Objekt vorhanden ist, auch eine Information über einen Ort des Objekts in Bezug zum Fahrzeug und durch den Gefahrenwert eine Information über die von dem Objekt ausgehende Gefahr für das Fahrzeug vorliegen. Weiterhin umfasst das Verfahren 500 einen Schritt des Erkennens 530 eines vom Fahrzeug während der Fahrt ausgeführten oder auszuführenden Fahrspurwechsels. In diesem Schritt des Erkennens 530 kann beispielsweise ein Teilschritt des Berechnens 532 einer Fahrzeugtrajektorie, beispielsweise aus dem Lenkwinkel vorgesehen sein. Auch kann im Schritt des Erkennens 530 ein anderer Teilschritt des Berechnens 535 einer Fahrspurtrajektorie vorgesehen sein. Schließlich umfasst das Verfahren 500 einen Schritt des Bewertens 540 des erkannten Fahrspurwechsels als vom Fahrer beabsichtigt, wobei das Bewerten 540 unter Berücksichtigung des dem zumindest einen Objekt zugeordneten Gefahrenwerts erfolgt und/oder ein Bewerten 540 des erkannten Fahrspurwechsels als vom Fahrer nicht beabsichtigt erfolgt, wobei dann dieses Bewerten 540 unter Berücksichtigung des dem zumindest einen Objekt zugeordneten Gefahrenwerts erfolgt. Insbesondere kann gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung im Schritt des Bewertens 540 ein Teilschritt des Berechnens 542 des Gefahrenpotenzials entlang oder auf der Fahrzeugtrajektorie vorgesehen sein, d. h., es kann ermittelt werden, ob ein Objekt sich auf der Fahrzeugtrajektorie befindet und welchen Gefahrenwert diesem Objekt zugeordnet ist. Weiterhin kann der Schritt des Bewertens 540 auch einen Teilschritt des Berechnens 544 des Gefahrenpotenzials entlang der Fahrspurtrajektorie umfassen, d. h., es kann ermittelt werden, ob ein Objekt sich auf der Fahrspurtrajektorie befindet und welcher Gefahrenwert diesem Objekt zugeordnet ist. Aus dem Gefahrenpotenzial der Fahrzeugtrajektorie bzw. dem Gefahrenwert des zumindest einen Objekts auf der Fahrzeugtrajektorie und/oder dem Gefahrenpotenzial der Fahrspurtrajektorie bzw. dem Gefahrenwert des zumindest einen Objekts auf der Fahrspurtrajektorie lässt sich dann beispielsweise in einem Teilschritt 546 eine Wahrscheinlichkeit für ein durch den Fahrer beabsichtigtes Verlassen der Fahrspur ermitteln. Bei einer Entscheidung, ob das Verlassen der Fahrspur tatsächlich von dem Fahrer beabsichtigt war, kann in einem Entscheidungsschritt 548 ferner eine Information über eine Risikobereitschaft 549 des Fahrers des Fahrzeugs berücksichtigt werden, bevor als Ergebnis des Verfahrens 500 eine Information 550 erhalten wird, dass das erkannte Verlassen der Fahrspur als vom Fahrer beabsichtigt oder unbeabsichtigt erfolgt ist. Auf diese Information 550 ansprechend kann dann beispielsweise eine Warnung an den Fahrer ausgegeben werden, wenn das Verlassen der Fahrspur als unbeabsichtigt bewertet wurde.
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Gemäß einem besonderen Ausführungsbeispiel wird in dem hier vorgeschlagenen Ansatz ein Verfahren zum Detektieren einer Spurwechselabsicht eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs 100 verstanden, das einen Schritt des Ermittelns einer Karte von Gefahrenpotenzialen im Umfeld des Kraftfahrzeugs 100 aufweist. Weiterhin umfasst dieses Verfahren einen Schritt des Bestimmens einer ersten Trajektorie 160, die einen zukünftigen Fahrweg des Kraftfahrzeugs 100 beschreibt. Auch umfasst das Verfahren einen Schritt des Bestimmens eines ersten Gefahrenpotenzials in Abhängigkeit der ersten Trajektorie 160 und der Karte. Weiterhin umfasst ein solches Verfahren einen Schritt des Ermittelns einer zweiten Trajektorie 155, die einen Verlauf der einer Fahrbahn 110 beschreibt, auf der sich das Kraftfahrzeug 100 befindet. Auch umfasst ein solches Verfahren einen Schritt eines Ermittelns eines zweiten Gefahrenpotenzials in Abhängigkeit der zweiten Trajektorie 155 und der Karte. Schließlich umfasst ein solches Verfahren einen Schritt eines Bestimmens einer Wahrscheinlichkeit für die Spurwechselabsicht in Abhängigkeit des ersten und zweiten Gefahrenpotenzials.
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Eine große Flexibilität des hier vorgestellten Verfahrens ist durch die (aktive) Verteilung der Gefahrenpotentiale möglich. So kann beispielsweise die Gefahrenkarte nach anderen Kriterien aufgebaut werden, wenn sich das eigene Fahrzeug während eines Überholvorganges auf der Überholspur befindet, oder durch die Verkehrszeichenerkennung ein Überholverbot gemeldet wird. Auch für andere Komponenten wie die Forward Collision Warning können Informationen der situationsbedingten Fahrerabsichtserkennung zur Verfügung gestellt werden und genutzt werden.
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Die beschriebenen und in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispiele sind nur beispielhaft gewählt. Unterschiedliche Ausführungsbeispiele können vollständig oder in Bezug auf einzelne Merkmale miteinander kombiniert werden. Auch kann ein Ausführungsbeispiel durch Merkmale eines weiteren Ausführungsbeispiels ergänzt werden.
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Ferner können erfindungsgemäße Verfahrensschritte wiederholt sowie in einer anderen als in der beschriebenen Reihenfolge ausgeführt werden.
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Umfasst ein Ausführungsbeispiel eine „und/oder“-Verknüpfung zwischen einem ersten Merkmal und einem zweiten Merkmal, so ist dies so zu lesen, dass das Ausführungsbeispiel gemäß einer Ausführungsform sowohl das erste Merkmal als auch das zweite Merkmal und gemäß einer weiteren Ausführungsform entweder nur das erste Merkmal oder nur das zweite Merkmal aufweist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102010002067 A1 [0005]