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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung einer Kollisionsgefahr eines Fahrzeugs mit einem Hindernis im Umfeld des Fahrzeuges basierend auf einem Time-to-Collision-Ansatz gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie ein entsprechendes Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 9.
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Als Time-to-Collision wird die Zeit bezeichnet, die vergeht bis ein Fahrzeug den Weg bis zu einem Hindernis bei einer bekannten Relativgeschwindigkeit zurücklegt. Diese Zeit wird im Folgenden in üblicher Weise als TTC bezeichnet. Mit abnehmender TTC steigt im Allgemeinen die Kollisionsgefahr. Die Ermittlung von TTC-Grenzwerten ist daher für das Einleiten von kollisionsverhindernden und/oder kollisionsfolgenmindernden Maßnahmen bei entsprechenden Assistenzsystemen von grundlegender Bedeutung.
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In der Druckschrift
DE 10 2007 013 685 A1 wird eine Kollisionswarnvorrichtung für ein Kraftfahrzeug beschrieben, bei der aus den Daten eines Ortungssensors die Abstände, Relativgeschwindigkeiten und Azimutwinkel zu vorausfahrenden Fahrzeugen bestimmt werden. Zur Bewertung der Kollisionsgefahr wird aus den Daten ein Gefahrenparameter wie die TTC, also die Zeit bis zum Aufprall, unter der Annahme berechnet, dass die beteiligten Fahrzeuge ihren derzeitigen Geschwindigkeits- und Beschleunigungszustände beibehalten Wenn die TTC unter einen vorbestimmten Schwellwert sinkt, wird ein Warnhinweis ausgelöst.
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Die Druckschrift
DE 10 2010 051 203 A1 beschreibt ein Verfahren zur Erkennung von kritischen Fahrsituationen von Kraftfahrzeugen sowie zur Vermeidung von Kollisionen, wobei aus Fahrzeugdaten und Umfelddaten sowie angenommenen Beschleunigungsszenarien des Eigenfahrzeugs und des weiteren Fahrzeugs im Umfeld des Eigenfahrzeugs Wegprofile der Fahrzeuge erstellt werden. Falls die Wegprofile einen Schnittpunkt aufweisen, wird aus diesem ein voraussichtlicher Kollisionszeitpunkt sowie ein vor dem Kollisionszeitpunkt liegender Warnzeitpunkt ermittelt.
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Aus der Druckschrift
EP 1 741 079 B1 ist ein Verfahren zur Ermittlung der TTC zwischen einem Fahrzeug und einem Objekt in der Umgebung des Fahrzeugs bekannt. Dabei wird zu jedem vorgegebenen Zeitpunkt t aus den Daten einer Vielzahl von Kameras eine Schätzung der TTC ermittelt. Hier ist die TTC eine Funktion von Relativgeschwindigkeit und Relativbeschleunigung zwischen Fahrzeug und Objekt.
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Die
DE 10 2009 012 226 A1 beschreibt ein Verfahren zur Vermeidung oder Folgenminderung einer Kollision eines Fahrzeugs mit einem Hindernis, wobei mittels einer Sensoreinrichtung eine Umgebungsgröße eines Hindernis in der Umgebung des Fahrzeugs erfasst wird. Aus den kennzeichnenden Fahrdynamikgrößen des Fahrzeugs und der erfassten Umgebungsgröße wird eine Auslösebedingung zum Auslösen einer Warnung oder eines Bremseingriffs abgeleitet. Dabei handelt es sich bei den Fahrdynamikgrößen und der Umgebungsgröße um Daten, die den aktuellen Wert der Fahrzeugumgebung sowie den Zustand des Fahrzeugs beschreiben. Eine Warnung wird ausgelöst, wenn der Abstand des Fahrzeugs zum Hindernis einen Maximalabstand unterschreitet, der bei vorgegebener Fahrzeuggeschwindigkeit einer Erwartungsaufprallzeit entspricht.
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Nachteilig bei den bekannten Verfahren ist, dass die Kollisionsgefahr bei TTC-basierten Ansätzen auf einen einfachen Schwellwert abgebildet wird, bei dessen Unterschreitung Warnungen und/oder Maßnahmen eingeleitet werden. Mit anderen Worten, ist bei einem aktuellen Zeitpunkt die Zeit bis zur Kollision, die sich aus der aktuellen Relativgeschwindigkeit und dem Abstand zum Hindernis errechnet, kleiner als der vorgegebene Schwellwert, so wird eine Warnung und/oder eine Maßnahmen ausgelöst. Dies führt zu einem ungenauen Warnverhalten und Warnungen können zu früh oder zu spät erfolgen.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Aktionskonzept, bestehend aus Warnungen und/oder sonstigen Maßnahmen, wie beispielsweise Brems- und/oder Lenkeingriffe, auf Basis einer TTC zu schaffen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 9 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Bestimmung der Kollisionsgefahr eines Fahrzeugs mit einem möglichen Kollisionsobjekt im Umfeld des Fahrzeuges, wobei die Kollisionsgefahr auf einen TTC-Schwellwert abgebildet wird und eine Maßnahme zur Verhinderung oder Folgenminderung einer Kollision als Funktion des TTC-Schwellwerts ergriffen wird, ist der TTC-Schwellwert eine Funktion zumindest der folgenden Parameter:
- – Parameter TTC-Basiswert, der die Bremszeit des Fahrers auf einen Wert eines vorgegebenen Zeitintervalls abbildet,
- – Parameter TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit, der die Eigengeschwindigkeit des Fahrzeugs auf einen Wert eines vorgegebenen Zeitintervalls abbildet,
- – Parameter TTC-Relativgeschwindigkeit, der die Relativgeschwindigkeit zwischen Fahrzeug und Hindernis auf einen Wert eines vorgegebenen Zeitintervalls abbildet,
- – Parameter TTC-Relativbeschleunigung, der die Relativbeschleunigung zwischen Fahrzeug und Hindernis auf einen Wert eines vorgegebenen Zeitintervalls abbildet,
- – Parameter Reaktionszeit, der die Reaktionszeit des Fahrers auf einen Wert eines vorgegebenen Zeitintervalls abbildet, und
- – Parameter Überdeckungsgrad, der den seitlichen Versatz bzw. Querversatz des Fahrzeugs zum Hindernis auf einen Wert eines vorgegebenen Intervalls abbildet.
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Auf diese Weise hat die vollständige aktuelle Verkehrssituation bestehend aus dem Egofahrzeug und dem möglichen Kollisionsobjekt, üblicherweise ein weiteres Fahrzeug, Einfluss auf die aktuelle Warnschwelle TTC-Schwellwert, deren Wert so von den wesentlichen Situationsparametern beeinflusst wird. Mit dieser, an die Verkehrsituation angepassten Warnschwelle werden Fehlalarme vermieden oder verringert. Dabei ergeben sich die genannten Parameter aus bestimmbaren Größen der aktuellen Verkehrssituation, die auf jeweils vorgegeben Intervalle, d.h. Wertebereiche, abgebildet werden, so dass sich die der aktuellen Verkehrssituation angepasste Warnschwelle einfach bestimmen lässt.
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Vorzugsweise ist der TTC-Schwellwert, d.h. die Warnschwelle, eine lineare Funktion der Parameter TTC-Basiswert, TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit, TTC-Relativgeschwindigkeit, TTC-Relativbeschleunigung und Reaktionszeit. Der Parameter Überdeckungsgrad geht dabei als Faktor in die lineare Funktion ein. Auf diese Weise wird die Bestimmung der Warnschwelle weiter vereinfacht.
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Weiter bevorzugt wird eine Maßnahme ergriffen, wenn die durch die Relativgeschwindigkeit und dem Abstand zwischen Fahrzeug und möglichem Kollisionsobjekt definierte Zeit bis zur Kollision TTC kleiner oder gleich der Warnschwelle TTC-Schwellwert ist. Da die Warnschwelle die aktuelle Verkehrssituation wiedergibt und der aktuelle TTC-Wert dieser aktuellen Situation bekannt ist, kann das Verfahren flexibel auf eine sich ändernde Verkehrssituation reagieren, was bei einem festen Wert für die Warnschwelle nicht möglich ist.
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Vorzugsweise wird der TTC-Schwellwert gebildet aus der Summe der Parameter TTC-Basiswert, TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit, TTC-Relativgeschwindigkeit, TTC-Relativbeschleunigung und Reaktionszeit, wobei die Summe mit dem Überdeckungsgrad als Faktor multipliziert wird. Dabei wird der Wert des Überdeckungsgrades auf einen Wert des geschlossenen Intervalls [0, 1] begrenzt. Mit dieser Vorschrift werden alle Parameter gleichgewichtig behandelt, wobei der TTC-Schwellwert, d.h. die Warnschwelle, durch die Faktorisierung der Summe mit dem Faktor Überdeckungsgrad den Wert Null annimmt, wenn der Faktor Überdeckungsgrad den Wert Null hat und es daher keine Überdeckung des Egofahrzeugs mit dem möglichen Kollisionsobjekt gibt.
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Weiter bevorzugt wird der TTC-Schwellwert gebildet aus der Summe der Parameter TTC-Basiswert, TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit, TTC-Relativgeschwindigkeit und TTC-Relativbeschleunigung, wobei die Summe mit dem Faktor Überdeckungsgrad multipliziert wird und zu dieser faktorisierten Summe der Parameter Reaktionszeit addiert wird. Mit dieser Verknüpfung der Situationsparameter erfolgt keine Verknüpfung der Reaktionszeit des Fahrers mit der Seitenablage, so dass beispielsweise bei einem inaktiven Fahrer mit höherer Reaktionszeit der Wert der Warnschwelle nicht auf Null gehen kann.
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Weiter bevorzugt wird der TTC-Schwellwert gebildet aus der Summe der Parameter TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit, TTC-Relativgeschwindigkeit, und TTC-Relativbeschleunigung, wobei die Summe mit dem Überdeckungsgrad als Faktor multipliziert wird und zu dieser faktorisierten Summe die Parameter TTC-Basiswert und Reaktionszeit addiert werden. Bei dieser Verknüpfung werden die Parameter TTC-Basiswert und Reaktionszeit nicht mit dem Faktor Überdeckungsgrad verknüpft, so dass die Warnschwelle immer einen unteren Grenzwert beibehält.
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Weiter bevorzugt wird der TTC-Schwellwert gebildet aus der Summe der Parameter TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit, TTC-Relativgeschwindigkeit, Reaktionszeit und TTC-Relativbeschleunigung, wobei die Summe mit dem Faktor Überdeckungsgrad multipliziert wird und zu dieser faktorisierten Summe der Parameter TTC-Basiswert addiert wird. Mit dieser Verknüpfung bildet der TTC-Basiswert, der ein Maß für die Bremszeit des Fahrers bildet, die untere Grenze, auf die die Warnschwelle zurückgehen kann.
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Vorzugsweise werden die Parameter TTC-Basiswert, TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit, TTC-Relativgeschwindigkeit, TTC-Relativbeschleunigung jeweils durch eine lineare Funktion gebildet. Auf diese Weise kann das Verfahren einfach realisiert werden und die Situationsparameter können einfach in der Form von Kennlinien dargestellt werden. Dabei kann das Maß Überdeckungsgrad eine lineare oder nichtlineare Funktion des seitlichen Versatzes bzw. der Seitenablage des Fahrzeugs zum Hindernis sein.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung, die zur Durchführung des im Vorangegangenen erläuterten Verfahren zur Bestimmung der Kollisionsgefahr eines Fahrzeugs mit einem möglichen Kollisionsobjekt im Umfeld des Fahrzeuges eingerichtet und ausgelegt ist, umfasst
- – eine Einrichtung zur Umfelderfassung,
- – eine Einrichtung zur Bestimmung der Fahrzeugeigengeschwindigkeit,
- – eine Einrichtung zur Bestimmung der Relativgeschwindigkeit, Relativbeschleunigung, Abstand und Querversatz zwischen Fahrzeug und möglichem Kollisionsobjekt aus den Umfelddaten und der Fahrzeugeigengeschwindigkeit,
- – eine Einrichtung zur Bestimmung der Fahreraktivität, und
- – eine Einrichtung zur Bestimmung der Warnschwelle TTC-Schwellwert basierend auf Fahrzeugeigengeschwindigkeit, Relativgeschwindigkeit, Relativbeschleunigung, Abstand, Querversatz und Fahreraktivität.
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Weiter bevorzugt ermittelt die Einrichtung zur Bestimmung der Warnschwelle TTC-Schwellwert
den Parameter TTC-Eigengeschwindigkeit aus der Fahrzeugeigengeschwindigkeit,
den Parameter TTC-Basiswert aus der Relativgeschwindigkeit,
den Parameter TTC-Relativbeschleunigung aus Relativbeschleunigung,
den Parameter Überdeckungsgrad aus dem Querversatz, und
den Parameter Reaktionszeit aus der Fahreraktivität, wobei
die Ermittlung der Parameter anhand von vorgegebenen Kennlinien erfolgt.
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Weiter bevorzugt weist die Vorrichtung eine Einrichtung zur Ermittlung einer aktuellen Zeit bis zur möglichen Kollision, den TTC-Wert, auf, vergleicht den so ermittelten aktuellen TTC-Wert mit dem aktuellen TTC-Schwellwert in einer Vergleichseinrichtung und leitet anhand des Vergleichsergebnisses Maßnahmen ein.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnungen erläutert. Dabei zeigt
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1 eine Erläuterung des Parameters Überdeckungsgrad anhand zweier Verkehrssituationen,
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2 die Kennlinie des Parameters TTC-Basiswert in schematischer Darstellung,
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3 die Kennlinie des Parameters TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit in schematischer Darstellung,
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4 die Kennlinie des Parameters TTC-Relativgeschwindigkeit in schematischer Darstellung,
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5 die Kennlinie des Parameters TTC-Relativbeschleunigung in schematischer Darstellung, und
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6 eine schematische Blockdarstellung der Vorrichtung zur Bestimmung der Warnschwelle TTC-Schwellwert.
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Der Warnzeitpunkt, ab welchem bei einer vorhandenen Gefahr der Kollision eines Egofahrzeugs mit einem im Umfeld des Egofahrzeugs befindlichen Objekt wie einem weiteren Fahrzeug, Maßnahmen ergriffen werden, wird von mehreren Größen beeinflusst. Diese Faktoren sind die Eigengeschwindigkeit des Egofahrzeugs, die Relativgeschwindigkeit zwischen Egofahrzeug und Objekt, die Relativbeschleunigung zwischen Egofahrzeug und Objekt, dem Seitenversatz zwischen Egofahrzeug und Objekt sowie die Reaktionszeit des Fahrers.
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Aus diesen Größen lassen sich Parameter ableiten, mittels derer sich der Warnzeitpunkt bestimmen lässt, der als TTC-Schwellwert TTCSchw bezeichnet wird.
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Diese Parameter zur Ermittlung des TTC-Schwellwertes TTCSchw sind: Überdeckungsgrad Üdg, TTC-Basiswert TTCbasis, TTC-Eigengeschwindigkeit TTCvego, TTC-Relativgeschwindigkeit TTCvrel, TTC-Relativbeschleunigung TTCarel, Reaktionszeit Rt. Aus den genannten Parametern wird entsprechend den folgenden Vorschriften der TTC-Schwellwert TTCSchw gebildet:
- i) TTCSchw = Üdg·(TTCbasis + TTCvego + TTCvrel + TTCarel + Rt)
- ii) TTCSchw = Üdg·(TTCbasis + TTCvego + TTCvrel + TTCarel) + Rt
- iii) TTCSchw = TTCbasis + Üdg·(TTCvego + TTCvrel + TTCarel) + Rt
- iv) TTCSchw = TTCbasis + Üdg·(TTCvego + TTCvrel + TTCarel + Rt)
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Entsprechend den obigen Gleichungen ergibt sich für jeden Zeitpunkt ein TTC-Schwellwert, wobei die Gewichtung der einzelnen Parameter in den obigen Gleichungen i) bis iv) unterschiedlich ist. Für einen aktuellen Zeitpunkt t wird aus den aktuellen Parametern ein aktueller TTC-Schwellwert gebildet, der sozusagen die aktuelle Kollisionsgefahr darstellt. Ist der aktuelle TTC-Wert, der sich aus der Relativgeschwindigkeit des Egofahrzeugs bezüglich des Kollisionsobjektes und dem dazugehörigen Abstand ergibt, kleiner oder gleich dem aktuellen TTC-Schwellwert, so wird eine Maßnahme, wie beispielsweise eine Warnung, ergriffen.
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1 zeigt im oberen und unteren Teil eine oft auftretende kollisiongefährdende Verkehrssituation, anhand welcher der Parameter Überdeckungsgrad erläutert wird. Ein Egofahrzeug 1 befindet sich auf der rechten Spur 4 einer zwei Spuren 4, 5 aufweisenden Fahrbahn 3, wie beispielsweise einer Autobahn oder autobahnähnlichen Straße, wobei die beiden Fahrspuren 4, 5 durch eine Mittellinie 6 voneinander separiert sind. In Fahrtrichtung vor dem Egofahrzeug 1 fährt ein weiteres Fahrzeug 2, was als Funktion der Relativgeschwindigkeit zwischen den beiden Fahrzeugen 1, 2 ein mögliches Kollisionsobjekt darstellt.
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Der im oberen und unteren Teil der 1 dargestellte Querversatz 9 oder Seitenablage, der den seitlichen Abstand zwischen der rechten Außenkonturlinie 7 des Egofahrzeug 1 und der linken Außenkonturlinie 8 des möglichen Kollisionsobjekts 2 wiedergibt, ist unter Berücksichtigung der Objektbreite ein Maß für die Überdeckung der beiden Fahrzeuge 1, 2.
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Der obere Teil der 1 stellt eine Situation ohne Seitenversatz dar, in der sich das Egofahrzeug 1 dem vorausfahrenden Fahrzeug 2 mittig annähert. Aufgrund des hohen erforderlichen Querversatzes 9 kann der Fahrer die Situation der im oberen Teil der 1 dargestellten Verkehrssituation nur schwierig entschärfen und die Ausführung der dargestellten Ausweichtrajektorie 10 bedingt eine entsprechende Querbeschleunigung. Mit anderen Worten, die dargestellte Verkehrssituation mit dem nicht vorhandenen Seitenversatz impliziert eine hohe Kollisionsgefahr, so dass eine frühe Warnung notwendig ist. Dem Parameter Überdeckungsgrad dieser Verkehrssituation wird daher das Maß Eins zugewiesen.
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Der untere Teil der 1 zeigt eine zum oberen Teil ähnliche Verkehrssituation mit dem Unterschied, dass das Egofahrzeug 1 einen seitlichen Versatz, d.h. eine Seitenablage, gegenüber dem vorausfahrenden Fahrzeug 2 aufweist. Mit anderen Worten, das Egofahrzeug 1 fährt entlang der Mittellinie 6 auf das vordere Fahrzeug 2 auf und der als Doppelpfeil dargestellte Querversatz 9 ist entsprechend kleiner als in der im oberen Teil dargestellten Verkehrssituation. Aufgrund des geringeren Querversatzes 9 der unteren Verkehrssituation kann die Situation durch ein Ausweichen des Egofahrzeugs 1 entlang der Trajektorie 10 leichter entschärft werden. In der Situation mit seitlichem Versatz ist daher die Kollisionsgefahr geringer and eine im Vergleich zur Situation ohne Seitenversatz spätere Warnung sinnvoll. Da das Egofahrzeug in dem Beispiel das vorausfahrende Fahrzeug zur Hälfte überdeckt, kann dem Parameter Überdeckungsgrad dieser Situation ein Wert kleiner Eins, beispielsweise 0,5, zugewiesen werden.
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2 zeigt die Kennlinie des in Sekunden angegebenen Parameters TTC-Basiswert als Funktion der Relativgeschwindigkeit vrel in m/s zwischen Egofahrzeug 1 und möglichem Kollisionsobjekt 2 der 1, wobei die Relativgeschwindigkeit in üblicher Weise definiert ist als die Differenz zwischen der Eigengeschwindigkeit des möglichen Kollisionsobjektes 2 und der Eigengeschwindigkeit des Egofahrzeugs 1. Bei negativer Relativgeschwindigkeit verringert sich der notwendige Bremszeit des Fahrers des Egofahrzeugs 1 zur Verhinderung einer Kollision mit abnehmendem Betrag der Relativgeschwindigkeit, so dass in der Kennlinie der 2 der TTC-Basiswert positive Werte hat, die linear zur Relativgeschwindigkeit vrel = 0 hin abnehmen. Mit Erreichen der Relativgeschwindigkeit vrel = 0 ist keine Kollisionsgefahr mehr gegeben, so dass der TTC-Basiswert für Relativgeschwindigkeiten vrel ≥0 den Wert Null hat.
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3 zeigt eine beispielhafte Kennlinie für den zur Berechnung der Warnschwelle benötigten Parameter TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit TTCvego. Dieser Parameter TTCvego gibt die Abhängigkeit des TTC-Schwellwerts TTCschwell von der Fahrzeugeigengeschwindigkeit vego wieder. Bei hohen Eigengeschwindigkeiten vego ist eine frühere Warnung nötig als bei geringen Eigengeschwindigkeiten. Bei hohen Eigengeschwindigkeiten ist ein größer zu wählender Sicherheitsabstand notwendig. Der Wertebereich dieses Parameters in Sekunden ist das Intervall [0, 2s]. Im Beispiel der Kennlinie der 3 hat bis zu einer Geschwindigkeit von 20 m/s der Parameter TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit den Wert TTCvego = 0 s. Im Geschwindigkeitsbereich von 20 m/s bis 40 m/s steigt dieser Wert linear auf einen Wert von 0,5 s und behält diesen Wert für höhere Geschwindigkeiten bei.
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4 zeigt eine beispielhafte Kennlinie des Parameters TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit TTCvrel als Funktion der Relativgeschwindigkeit vrel zwischen Egofahrzeug 1 und möglichem Kollisionsobjekt 2. Dabei drückt der Parameter TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit die Abhängigkeit des Warnschwellwerts TTC-Schwellwert von der Relativgeschwindigkeit zwischen den beiden Fahrzeugen aus, wobei der Wertebereich durch das Intervall [0, 2s] gebildet wird. Bis zu einer Relativgeschwindigkeit von –10 m/s nimmt dieser Parameter einen konstanten Wert an und geht im Bereich von –10 m/s bis –5 m/s in linearer Weise auf den Wert Null zurück. Mit anderen Worten, ab einem vorgegebenen Wert der Relativgeschwindigkeit zwischen den beiden Fahrzeug trägt dieser Parameter nicht mehr zur Warnschwelle TTC-Schwellwert bei, während bei einer schnelleren Annäherung des Egofahrzeugs an das mögliche Kollisionsobjekt ein Beitrag geleistet wird. Bei relativ großen negativen Relativgeschwindigkeiten zwischen den beiden Fahrzeugen erfolgt so eine frühere Warnung des Fahrers oder eine frühere Maßnahme, was sich in dem Beitrag des Parameters zur Warnschwelle ausdrückt.
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5 zeigt eine beispielhafte Kennlinie des Parameters TTC-Relativbeschleunigung TTCarel als Funktion der Relativbeschleunigung arel zwischen dem Egofahrzeug 1 und dem weiteren Fahrzeug 2 der 1, der den Einfluss der Relativbeschleunigung arel zwischen den beiden Fahrzeugen 1, 2 der 1 auf die Warnschwelle TTC-Schwellwert ausdrückt. Dabei kann der Parameter TTCarel den Wertebereich [–1s, 2s] haben, wobei in der beispielhaften Kennlinie der 5 der Wertebereich durch das Intervall [0s, 0,25s] gebildet wird. Zu erkennen ist, dass bei betragsmäßig großen negativen Relativbeschleunigungen arel oberhalb von –4 m/s2, d.h. das Egofahrzeug 1 beschleunigt in Richtung des vorausfahrenden Fahrzeugs 2 der 1 bzw. das Fahrzeug 2 verzögert stärker als das Egofahrzeug 1, dieser Parameter TTCarel einen zeitlichen Beitrag zur Warnschwelle TTC-Schwellwert leistet, so dass bei größeren Beschleunigungen eine frühere Warnung erfolgt. Ist die negative Relativbeschleunigung arel hinreichend klein, so wird der Wert des Parameters auf Null gesetzt. Der Parameter leistet keinen Beitrag zur Warnschwelle TTC-Schwellwert. Ist die Relativbeschleunigung arel positiv, d.h. das Egofahrzeug 1 bremst, so gilt TTCarel = 0, da die Kollisionsgefahr aufgrund der fehlenden Relativbeschleunigung arel zumindest abnimmt.
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Schließlich beschreibt der Parameter Reaktionszeit Rt, der üblicherweise einen Wertebereich von [0s, 2s] aufweist, die Abhängigkeit der Warnschwelle TTC-Schwellwert von der Reaktionszeit des Fahrers des Egofahrzeugs 1 der 1. Über diesen Parameter kann der Einfluss der Fahreraktivität auf die Warnschwelle abgebildet werden.
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Die Reaktionszeit Rt wird aus der Beobachtung der Fahreraktivität abgeleitet, wobei ein aktiver Fahrer einen kleineren Beitrag zur Warnschwelle TTC-Schwellwert als ein inaktiver Fahrer leistet. Zur Beobachtung der Fahreraktivität können Fahrdynamikdaten, beispielsweise hinsichtlich Längs- und Querbeschleunigung, sowie Informationen über Blinkerbetätigung und Pedalaktivitäten herangezogen werden. Ferner kann die Fahreraktivität aus einer Müdigkeitserkennung abgeleitet werden, die beispielsweise Informationen einer Innenraumkamera verarbeitet. Dabei wird unterstellt, dass ein inaktiver Fahrer eine höhere Reaktionszeit als ein aktiver Fahrer hat, da ein inaktiver Fahrer mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest unkonzentriert ist. Folglich muss ein inaktiver Fahrer früher gewarnt werden, so dass der inaktive Fahrer einen höheren zeitlichen Beitrag zur Warnschwelle als ein aktiver Fahrer leistet. Wird beispielsweise eine dreistufige Klassifizierung der Fahreraktivität in aktiv, relativ aktiv und inaktiv vorgenommen, so wird jeder Aktivitätsstufe ein Reaktionszeitwert zugewiesen.
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6 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung in schematischer Darstellung. Dabei umfasst die Vorrichtung eine Einrichtung 21 zur Umfelderfassung, einer Einrichtung 20 zur Bestimmung der Fahrzeugeigengeschwindigkeit, und eine Einrichtung 22 zur Bestimmung der Fahreraktivität.
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Falls die Umfelderfassung im Umfeld ein Objekt detektiert, mit dem möglicherweise eine Kollision erfolgen kann, wird in einer weiteren, die Verkehrssituation analysierenden Einrichtung 23 aus den Daten der Umfelderfassung 21 und der Fahrzeugeigengeschwindigkeit der Einrichtung 20 die Relativgeschwindigkeit vrel, die Relativbeschleunigung arel, den Abstand und Querversatz 9 zwischen dem Egofahrzeug 1 und möglichem Kollisionsobjekt 2 der 1 errechnet.
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Aus den Daten der Einrichtung 23 zur Erfassung der Verkehrssituation wird in einer nachfolgenden Einrichtung 24 zur Bestimmung einer Warnschwelle der TTC-Schwellwert basierend auf den Größen Fahrzeugeigengeschwindigkeit, Relativgeschwindigkeit, Relativbeschleunigung, Abstand, Querversatz und Fahreraktivität bestimmt.
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Parallel dazu wird in einer Einrichtung 25 zur Bestimmung der Zeit bis zu einer möglichen Kollision der aktuelle TTC-Wert aus der Relativgeschwindigkeit und dem Abstand des Egofahrzeugs 1 zu dem möglichen Kollisionsobjekt 2 bestimmt. In einer Vergleichseinrichtung 26 wird der ermittelte TTC-Wert mit dem ermittelten TTC-Schwellwert der aktuellen Verkehrssituation verglichen. Ist der TTC-Wert gleich oder kleiner als der TTC-Schwellwert, so leitet eine Einrichtung 27 Maßnahmen wie beispielsweise eine Warnung und/oder einen Eingriff in die Fahrzeugsteuerung ein.
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Insbesondere wird in der Einrichtung zur Bestimmung der Warnschwelle TTC-Schwellwert:
- – der Parameter TTC-Eigengeschwindigkeit aus der Fahrzeugeigengeschwindigkeit,
- – der Parameter TTC-Basiswert aus der Relativgeschwindigkeit,
- – der Parameter TTC-Relativbeschleunigung aus der Relativbeschleunigung,
- – der Parameter Überdeckungsgrad aus dem Querversatz und
- – den Parameter Reaktionszeit aus der Fahreraktivität ermittelt, wobei die Ermittlung der Parameter anhand von Kennlinien erfolgt. Die dazu notwendigen Kennlinien können in einem entsprechenden Speicher abgelegt sein.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Egofahrzeug
- 2
- vorausfahrendes Fahrzeug (Kollisionsobjekt)
- 3
- Fahrbahn
- 4
- Fahrspur rechts
- 5
- Fahrspur links
- 6
- Markierung
- 7
- Kontur
- 8
- Kontur
- 9
- Querversatz
- 10
- Trajektorie
- 20
- Bestimmung Eigengeschwindigkeit
- 21
- Bestimmung Umfeld
- 22
- Bestimmung Fahreraktivität
- 23
- Bestimmung Verkehrsituationsdaten
- 24
- Bestimmung Warnschwelle TTC-Schwellwert
- 25
- Bestimmung aktueller TTC-Wert
- 26
- Vergleich TTC-Schwellwert – TTC-Wert
- 27
- Maßnahme
- TTCbasis
- TTC-Basiswert
- TTCvego
- TTC-Fahrzeugeigengeschwindigkeit
- TTCvrel
- TTC-Relativgeschwindigkeit
- TTCarel
- TTC-Relativbeschleunigung
- Üdg
- Überdeckungsgrad
- Rt
- Reaktionszeit
- vrel
- Relativgeschwindigkeit
- arel
- Relativbeschleunigung
- vego
- Fahrzeugeigengeschwindigkeit
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007013685 A1 [0003]
- DE 102010051203 A1 [0004]
- EP 1741079 B1 [0005]
- DE 102009012226 A1 [0006]