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Die Erfindung betrifft einen Dichtring zur Abdichtung zweier relativ zueinander drehbarer Teile, wobei der Dichtring aus einem elastischen Teil und einem Träger besteht, der Träger ein Befestigungsteil zur Befestigung am ersten der beiden drehbaren Teile aufweist und zum Tragen des wenigstens zwei benachbarte Dichtlippen ausbildenden elastischen Teils vorgesehen ist. Des Weiteren betrifft die Erfindung eine Kassettendichtung und ein Wälzlager mit einem derartigen Dichtring oder mit einer derartigen Kassettendichtung.
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Ein derartiger Dichtring kommt im Maschinenbau an verschiedenen Stellen zum Einsatz, beispielsweise dann wenn zwei zueinander rotierbare Teile, meist Maschinenteile, bewegt werden und abgedichtet werden müssen. Erfordert der Grad der Abdichtung einen schleifenden Dichtkontakt, so bieten sich sogenannte Radialwellendichtringe oder ähnliche Dichtringe an. Die Dichtringe weisen dabei einen Befestigungsteil auf, der zur Befestigung, beispielsweise über einen Presssitz, vorgesehen ist und in ein elastisches Teil haltendes Endstück übergeht, welches bei radial zueinander angeordneten Maschinenteilen dann auch radial verläuft.
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Durch den Dichtring können Wälzlager, beziehungsweise deren Wälzraum mit den empfindlichen Laufflächen in axialer Richtung abgedichtet werden, wobei auch andere schmutzeintragempfindliche Bauteile oder Maschinen abgedichtet werden können.
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Als Beispiel aus dem Bereich der Radialwälzlager seien die Radlager genannt, die einerseits die Radlagerung sicherstellen müssen, aber mittels einer Dichtung auch den Schutz der Lagerung vor der Außenwelt gewährleisten.
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Aus der
JP 2008 - 240 949 A ist eine Dichtung zur Abdichtung zweier relativ zueinander drehbarer Teile bekannt. Die Dichtung besteht aus einem elastischen Teil und einem Träger, an welchem Dichtlippen vorgesehen sind. Zwischen den Dichtlippen ist eine Ausnehmung vorgesehen.
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Aus der
DE 10 2009 043 031 A1 ist eine Kassettendichtung bekannt, die einen Dichtring aufweist, wobei der elastische Teil des Dichtrings drei Dichtlippen ausbildet, die jeweils für einen schleifenden Dichtkontakt mit einem weiteren Blech der Kassettendichtung vorgesehen sind. Zwei dieser Dichtlippen sind als radiale Dichtlippen ausgeführt und eine Dichtlippe liegt an einem scheibenförmigen Endstück axial an. An derartigen Dichtringen ist problematisch, dass die Auslegung einer axialen Dichtlippe, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer radialen Dichtlippe liegt, immer von der Ausbildung der radialen Dichtlippe anhängt. Ebenso können Ausführungen der radialen Dichtlippe auf die Dichtwirkung der axialen Dichtlippe wirken, weil das elastische Teil Vorspannungskräfte zwischen den beiden genannten Lippen unterstützt.
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Auch aus der
EP1 994 294 B1 ist eine Kassettendichtung bekannt, deren Axiallippe mit einer Feder belastet ist und über einen Drehpunkt mit einer radialen Dichtlippe wechselwirkt. Daran ist beispielsweise nachteilhaft, dass bei der axialen Dichtlippe eine sehr hohe Dichtungskraftbeaufschlagung stattfindet, bevor an der radialen Dichtlippe die Vorspannung erzielt ist, die für eine Dichtung optimal ist. Auf diese oder auf andere Weise ist das Design der einen oder anderen Dichtlippe von dem Nachbarn abhängig.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Beaufschlagung der Dichtkraft bei den verwendeten Dichtlippen auf dem für den Dichtring erforderlichen Niveau zu halten, womit Reibungsenergie bzw. Materialverlust reduziert und die Lebensdauer erhört werden kann, ohne auf sonstige vorteilhafte Eigenschaften des Dichtringes verzichten zu müssen.
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Diese Aufgabe wird bei einem Dichtring der eingangs genannten Art dadurch gelöst, dass ein die beiden Dichtlippen verbindendes Teilstück des elastischen Teils eine Ausnehmung derart ausbildet, dass Vorspannkräfte, die aus einer Lippenspannung resultieren, nicht von einer ersten der beiden auf eine zweite der beiden Dichtlippen oder umgekehrt übertragbar ist.
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Der elastische Teil ist am Träger befestigt, indem dieser beispielsweise anvulkanisiert oder angeklebt wurde. Ferner kann der elastische Teil auch statische Dichtungen im Bereich des Befestigungsbereiches des Trägers ausbilden. Weitere Funktionen des elastischen Teils, wie z. B. ein Beitrag zur Spaltdichtung innerhalb einer Kassettendichtung, können ohne Weiteres realisiert werden.
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Bei den beiden drehbaren Teilen kann es ich um Maschinenteile handeln, die bei einem Wälzlager typischerweise aus Außenring und Innenring bestehen bzw. aus einer Radnabe ein einem feststehenden Teil.
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Das elastische Teil des Dichtrings weist zwei radial benachbarte Dichtlippen auf, die durch ihren Ansatz am Träger befestigt sind und in unmittelbarer Nachbarschaft von diesem abgehen. Erfindungsgemäß weist jedoch ein die beiden Dichtlippen verbindendes Teilstück des elastischen Teils eine Ausnehmung aus. Diese Ausnehmung ist derart angeordnet, dass eine Kraft von der einen Dichtlippe nicht auf die benachbarte Dichtlippe übertragen werden kann. Die Problematik entsteht meist dadurch, dass die Dichtlippen am Ansatz in der Regel nicht weit auseinander liegen können, weil beispielsweise eine große Anzahl von Dichtlippen abgeht oder weil der Träger nicht sehr viel Befestigungsfläche bietet.
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Aufgrund der Ausnehmung sind Vorspannungskräfte, die aus einer Lippenvorspannung resultieren, nicht von einer ersten der beiden auf eine zweite der beiden Dichtlippen oder umgekehrt übertragbar. Das fehlende Material verhindert die Ausbreitung der Kräfte in die benachbarte Dichtlippe hinein.
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Eine Lippenvorspannung entsteht dadurch, dass eine Dichtlippe durch die Position und Anordnung des Dichtrings zu einer elastischen Verformung gezwungen wird, wobei das elastische Teil entgegen der aufgewendeten Kraft versucht, die ausgebildete Lippe in ihre unbelastete Ausgangsform zu bringen. Auf diese Weise kann in Kombination mit der dichtenden Auflagefläche eine gewisse Kraftdichte bzw. ein gewisses Reibmoment im schleifenden Dichtkontakt bewerkstelligt werden. Aufgrund der Ausnehmung wird der sich ausbreitenden Kraft, die auch die Ansätze der benachbarten Lippen erreicht, entzogen. Eine Ausbreitung durch den deutlich massiveren Träger, der meist aus einem Metall besteht, ist aufgrund dessen Armierungsfunktion nicht möglich.
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Die Erfindung ist dadurch weiter verbessert, indem die Ausnehmung der Anwendung entsprechend ausgebildet wird, um eine weitere Entkopplung der Lippenvorspannungen zu erreichen. Erfindungsgemäß ist die Ausnehmung einseitig vom Träger begrenzt. Die durch den Träger begrenzte Seite bezogen auf die Rotationsachse der sich drehenden Teile, insbesondere eines Wälzlagers, begrenzt die Ausnehmung axial, wobei der Träger der offenen Seite der Ausnehmung gegenüberliegt. Auf diese Weise trennt die Ausnehmung die beiden Ansätze der Dichtlippen, die zur Verankerung derselben am Träger dienen.
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Erfindungsgemäß ist die Ausnehmung radial vom elastischen Teil begrenzt. Somit kann sich beispielsweise eine abwechselnde Anordnung von Ausnehmungen und solide ausgefüllten Abschnitten ergeben, womit der Grad der Entkopplung sehr einfach festzulegen ist. Beispielsweise kann die Ausnehmung sehr kurz sein bzw. mit sehr vielen weiteren Ausnehmungen in Umfangsrichtung derart zusammenwirken, dass das Teilstück zwischen den beiden Ansätzen der Dichtlippen derart geschwächt wird, dass Kräfte nur weitgehend abgefangen werden. Auf diese Weise ist die Kopplung zwischen den beiden Dichtlippen über die Länge der Ausnehmungen in Umfangsrichtung regulierbar.
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Wie bereits vorher erwähnt, kann die Ausnehmung in axialer Richtung offen sein, jedoch ist es auch denkbar, dass beispielsweise zwei radiale Lippen auf die erfindungsgemäße Weise entkoppelt werden, indem Ausnehmungen vorgesehen werden, die in radialer Richtung offen sind.
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Bevorzugt ist ein Reibmoment der ersten Dichtlippe unabhängig von der Lebensdauer bedingten Vorspannungskraft der zweiten, radial außen liegenden Dichtlippe. Je länger der Dichtring, beispielsweise in einem Radlager, betrieben wird, verursacht der Materialabtrag an einer Dichtlippe in der Regel auch deren Entlastung von der Vorspannungskraft, wobei wiederum die benachbarte Dichtlippe in Mitleidenschaft gezogen würde, wenn die Ausnehmung oder die Ausnehmungen nicht entkoppelnd wirken würden.
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Erfindungsgemäß ist die Ausnehmung beidseitig radial vom elastischen Teil begrenzt. Dabei muss der Ring nicht unterbrochen sein, sondern kann in Umfangsrichtung ununterbrochen bleiben. Eine derartige Durchgängigkeit kann dann auch vom elastischen Teil erwartet werden, indem das elastische Teil beidseitig radial die Ausnehmung begrenzt. Dies ist der Fall, wenn die erste und zweite Dichtlippe eine radiale und eine axiale Dichtlippe darstellen. Entsprechend ist eine beidseitig axiale Begrenzung des elastischen Teils möglich, wenn es gilt, zwei radiale Dichtlippen voneinander zu entlasten.
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Als mittlere Dicke einer Dichtlippe wird die Dicke angesehen, die eine Dichtlippe in einer Schnittebene längs zur Rotationsachse aufweist, wobei von dem Ansatz der Dichtlippe bis zu deren Dichtkontakt über den Abstand gemittelte Dicke für die Mittelung berücksichtigt wird.
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Vorteilhafter Weise muss die erste und/oder zweite Dichtlippe nicht notwendigerweise auf einem der drehbaren Teile aufliegen, sondern kann auch auf einem Schleuderring oder einem anderen Ring derart aufliegen, dass ein optimaler Dichtkontakt entsteht. Beispielsweise kann dieser Kontakt mit einem rostfreien Material bewerkstelligt werden, welches zu einer längeren Lebensdauer des Dichtrings bzw. einer Kassettendichtung, sofern der Dichtring in dieser verbaut ist, führen kann.
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Der Einsatz des Dichtrings oder der genannten Kassettendichtung ist in einem Wälzlager, insbesondere Kegelrollenlager oder Schrägkugellager, wie z. B. einem Radlager, möglich.
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Weitere vorteilhafte Ausbildungen und bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung sind der Figurenbeschreibung und/oder den Unteransprüchen zu entnehmen.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand der in der Figur dargestellten Ausführungsbeispiele näher beschrieben und erläutert.
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Figurenliste
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- Die Figur zeigt eine Kassettendichtung mit einem Dichtring 4, der zwischen einem ersten Teil 1 und einem zweiten Teil 2 angeordnet ist, wobei eines der genannten Teile 1,2 relativ zum anderen um eine Rotationsachse, die nicht abgebildet ist, drehbar ist. Die Kassettendichtung ist in einer Schnittebene gezeigt, die längs zur Rotationsachse angeordnet ist.
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Der Träger 20 besteht aus einem radialen Endstück 18, welches zum Einpressen des Dichtrings 4 verwendet wird, einem Befestigungsteil 5 und einem radial nach innen extendierenden Endstück 14, welches die schleifenden Dichtlippen 8, 9, 10 trägt.
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Das elastische Teil 13 bildet eine statische Dichtung 7 zwischen dem Befestigungsteil 5 und dem ersten Teil 1 aus. Ferner trägt es zur Spaltdichtungsfunktion bei, indem der innere, anliegende Teil 11 mit dem Endstück 16 des Schleuderrings 3 einen Spalt ausbildet.
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In diesem Ausführungsbeispiel bildet Teil 2 das drehende Teilstück, wobei Teil 1 fest steht. Alternativ kann es sich auch umgekehrt verhalten.
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Die Rückhaltenase 21 verläuft entlang der Umfangsrichtung und wird in regelmäßigen Abständen von einer Ausnehmung unterbrochen, wobei keine Dichtwirkung, sondern lediglich ein Montagevorteil entsteht, ohne eine Wassersackbildung zu unterstützen.
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Die radiale Dichtlippe 8 kontrolliert den Schmiermittelausfluss aus dem innenliegenden abgedichteten Raum eines Kegelrollenlagers beziehungsweise Schrägkugellagers. Die radiale Dichtlippe 10 ist durch die Spiralfeder 17 federbelastet und weist mit dem größten Reibmoment auch die Hauptdichtfunktion auf. Alternativ kann diese Spiralfeder auch weggelassen werden, sodass das Reibmoment allein durch die lippeneigene Vorspannung aufrecht erhalten wird.
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Aufgrund der Ausnehmung 12, die in Umfangsrichtung immer wieder von elastischem Material des elastischen Teils abgewechselt wird, entsteht eine Entkopplung der Dichtlippen 9 und 10, wobei das Reibmoment der Dichtlippe 9 so weit verringert wird, dass deren Lebensdauer entscheidend verlängert ist.
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Aus diesem Grund kommen insbesondere keine Schmutzpartikel in den Kontaktbereich der radialen Dichtlippe 10, womit ein frühzeitiger, verstärkter Materialabtrag dieser Lippe effektiv verhindert werden kann. Natürlich verhält es sich so, dass die radiale Dichtlippe 10 aufgrund der Entkopplung durch die Ausnehmung 12 ein größeres Reibmoment auf dem Befestigungsstück 15 des Schleuderrings 3 verursacht, jedoch ist dieses Reibmoment ohne Weiteres sehr genau über die Spiralfeder 17 oder alternativ über die Lippenkonstruktion einstellbar, sodass auch dieses gering gehalten werden kann und darüber hinaus die Fremdpartikel durch die axiale Dichtlippe 9 von der Dichtlippe 10 noch länger effektiv abgehalten werden können. Insgesamt ergibt sich dadurch ein vorteilhaftes Zusammenspiel der beiden Dichtlippen 9 und 10, welches auf die Ausnehmung 12 zurückzuführen ist. Nunmehr kann der Grad der Entkopplung auch durch die Umfangslänge der Ausnehmung 12 oder über die zwischengeordneten Unterbrechungen reguliert werden. Der maximale Grad der Entkopplung ist erreicht, wenn die Ausnehmung 12 in Umfangsrichtung nicht mehr begrenzt bzw. unterteilt wird, sondern einen ununterbrochenen Ring darstellt.
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Vorteilhafterweise kann der zylindrische Abschnitt 6 des Schleuderrings 3 eine axiale Kröpfung aufweisen, womit einerseits Raum für die Nase 21 entsteht und andererseits die axiale Dichtlippe 9 kürzer ausgeführt werden kann.
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Zusammenfassend betrifft die Erfindung einen Dichtring 4 zur Abdichtung zweier relativ zueinander drehbarer Teile 1, 2, wobei der Dichtring aus einem elastischen Teil und einem Träger 20 besteht und der Träger 20 eine Armierungsfunktion innehat. Ziel ist es, die Dichtwirkung und auch die Lebensdauer des Dichtringes 4 zu verbessern. Dazu schlägt die Erfindung vor, dass ein die beiden Dichtlippen 9,10 verbindendes Teilstück des elastischen Teils eine Ausnehmung 12 derart ausbildet, dass am Ansatz der Dichtlippen 9,10 keine Kräfte übertragbar sind, die durch die jeweilige Lippenvorspannung entstehen können. Die so erzielte Entkopplung führt zu einer besseren Einstellung des Reibmomentes und zu einer längeren Lebensdauer des ersten schleifenden Dichtkontaktes zur Außenwelt hin.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- feststehendes Teil
- 2
- drehbares Teil
- 3
- Schleuderring
- 4
- Dichtring
- 5
- Befestigungsteil
- 6
- Radialteil
- 7
- statische Dichtung
- 8
- radiale Dichtlippe
- 9
- axiale Dichtlippe (entlastet)
- 9'
- axiale Dichtlippe (vorgespannt)
- 10
- radiale Dichtlippe
- 11
- elastische Labyrinthdichtung
- 12
- Ausnehmung
- 13
- elastischer Teil
- 14
- radiales Endstück
- 15
- Befestigungsabschnitt
- 16
- radiales Endstück
- 17
- Feder
- 18
- Einpresshilfe
- 19
- Ansatz der axialen Dichtlippe
- 20
- Träger
- 21
- Nase
- 22
- Ansatz der radialen Dichtlippe