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Die Erfindung bezieht sich auf einen Liegestuhl bzw. -sessel, insbesondere an einer Rückwärtswaschanlage eines Frisörsalons, mit einer beweglichen Rückenlehne, welche zwischen einer relativ vertikalen ersten Endlage (Sitzstellung) und einer relativ horizontalen zweiten Endlage (Liegestellung), vorzugsweise stufenlos, verstellbar ist.
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Bei Rückwärtswaschanlagen für Frisörsalons ist üblicherweise ein verstellbarer Liegestuhl bzw. -sessel mit einem hinter der Rückenlehne angeordneten Waschbecken kombiniert. Der der Rückenlehne benachbarte Rand des Waschbeckens dient dabei als Kopf- bzw. Nackenstütze für den im Liegestuhl bzw. -sessel sitzenden Frisörkunden. Derartige Rückwärtswaschanlagen werden nicht nur beim Haarewaschen benutzt, wobei jeweils eine kurze Benutzungszeit gegeben ist, sondern auch bei vergleichsweise zeitaufwändigen Haarbehandlungen, beispielsweise beim Haarfärben. Hier müssen die Färbeprodukte über längere Zeit auf das oftmals nasse Haar einwirken. Um diese Haarbehandlung für den Kunden komfortabel auszugestalten, ist es üblich, den Liegestuhl bzw. -sessel der Rückwärtswaschanlage während der Einwirkungszeit in eine Liegestellung zu bringen, in der der nasse Haarschopf des Kunden in das Waschbecken abtropfen kann, während der Kopf des Kunden auf dem kopfseitigen Beckenrand abgestützt ist.
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Derartige Rückwärtswaschanlagen sind grundsätzlich bekannt und werden auf dem Markt zur Einrichtung von Frisörsalons serienmäßig angeboten.
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Allerdings ist der Komfort für den Kunden bislang unbefriedigend, weil sich die Rückenlehne bei Verstellung des Liegestuhls bzw. -sessels relativ zum Rücken des Kunden in Aufwärtsrichtung verschiebt. Dieser „Hemdauszieheffekt” beruht im Wesentlichen darauf, dass die Lehne bei ihrer Verstellung relativ zur Sitzfläche um eine Querachse schwenkt, die von der die Hüftgelenke des jeweiligen Kunden durchsetzenden Querachse mehr oder weniger weit abweicht.
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Grundsätzlich ähnliche Probleme können bei prinzipiell beliebigen Liegestühlen bzw. -sesseln auftreten, beispielsweise bei Behandlungsstühlen bzw. -sesseln im Medizinbereich. Bei derartigen Behandlungsstühlen ist allerdings oftmals lediglich eine verstellbare Behandlungsliege vorgesehen, deren Lehnen und Sitzflächen starr miteinander verbunden sind, wobei die Liege lediglich in eine relativ aufrechte Lage schwenkbar ist, in der sich der Patient mit weniger großer Mühe auf die Liege legen bzw. die Liege verlassen kann. Eine vergleichbare Ausbildung der Stühle bzw. Sessel an Rückwärtswaschanlagen ist dagegen für Frisörkunden unzumutbar, da keine wirkliche Sitzposition möglich ist.
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Der vorgenannte Hemdauszieheffekt wurde bislang bei der Konstruktion von Liegestühlen nicht berücksichtigt.
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Aus der
DE 70 333 49 U ist es bekannt, die Rückenlehne eines Liegestuhls mit einer Federanordnung zu kombinieren, die die Lehne bei deren Verstellung gegen den Rücken des Sitzenden spannt, derart, dass während der Verstellung der Lehne ständig ein Gleichgewichtszustand zwischen der Anlehnkraft des Sitzenden und der Federkraft gegeben ist. Dadurch soll erreicht werden, dass der Sitzende mühelos die optimale Liegestellung bestimmen und erreichen kann, welche dann durch eine Arretiervorrichtung gesichert wird.
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Aus der
DE 1 914 840 A ist ein Liegestuhl bekannt, bei dem sich die Sitzfläche bei Verstellung der Rückenlehne in Stuhllängsrichtung verschiebt, derart, dass der auf der Rückenlehne ruhende Kopf des Sitzenden im Wesentlichen nur eine Vertikalbewegung während der Verstellung der Rückenlehne ausführt. Dadurch soll erreicht werden, dass eine den Sitzenden behandelnde Person ihre Position bei Behandlung des Sitzenden nicht verändern muss, wenn die Lehne verstellt wird.
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Aufgabe der Erfindung ist es, bei einem Liegestuhl bzw. -sessel der eingangs angegebenen Art den „Hemdauszieheffekt” zu unterbinden.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die Rückenlehne bei ihrer Verstellung in die Liegestellung in Richtung ihres sitzflächenseitigen Endes und bei Verstellung in die Sitzstellung in Richtung ihres sitzflächenfernen Endes verschiebbar ist.
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Die Erfindung beruht auf dem allgemeinen Gedanken, eine Längsverschiebung der Rückenlehne in Richtung der Sitzfläche und in Richtung ihres Kopfendes zu ermöglichen, derart, dass die Rückenlehne bei Veränderung ihrer Neigung relativ zum Rücken des Benutzers des Stuhles bzw. Sessels unbeweglich bleibt. Hierbei hat sich herausgestellt, dass regelmäßig kleine Verschiebewege genügen, um den wünschenswerten Komfort für den Benutzer des Stuhles bzw. Sessels zu erreichen. Dabei ist vorteilhaft, dass die Verschiebewege weitestgehend unabhängig von einer Korpulenz des Benutzers des Stuhles bzw. Sessels sind, weil auch sehr korpulente Personen am Rücken im Vergleich zum Bauch nur eine relativ geringe Fettschicht besitzen.
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Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgen die Verschiebungen der Rückenlehne in Richtung ihres sitzflächenseitigen Endes sowie in Richtung ihres sitzflächenfernen Endes mittels Zwangssteuerung, so dass auf den Benutzer des Stuhls bzw. Sessels bei dessen Verstellung zwischen Sitz- und Liegestellung praktisch keinerlei Kräfte in einer zur Sitzlehnenebene parallelen Richtung ausgeübt werden.
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Die Zwangssteuerung lässt sich konstruktiv einfach ausführen, da es genügt, wenn der Verschiebeweg der Rückenlehne im Wesentlichen proportional zur Veränderung der Neigung der Rückenlehne ist.
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In besonders zweckmäßiger Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass Sitzfläche und Rückenlehne simultan verstellbar sind, wobei die Sitzfläche in Aufwärtsrichtung anhebbar ist, wenn die Rückenlehne in Richtung der Liegestellung verstellt wird.
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Insbesondere bei Rückwärtswaschanlagen ist zweckmäßigerweise vorgesehen, dass die Rückenlehne bei Veränderung ihrer Neigung um einen im Wesentlichen stationären Schwenkachsenbereich am Kopfende der Rückenlehne schwenkt. Für wünschenswerte Lageänderungen des Waschbeckens in Anpassung an die Neigung der Rückenlehne kann ein stationäres Gestell zur Halterung des Waschbeckens dienen, wobei dessen Neigung gegebenenfalls automatisch analog zu den Relativbewegungen zwischen stationärem Gestell und Teilen des Liegestuhls bzw. -sessels bei dessen Verstellung in die Liegestellung angepasst wird.
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Im Übrigen wird hinsichtlich bevorzugter Merkmale der Erfindung auf die Ansprüche und die nachfolgende Erläuterung der Zeichnung verwiesen, anhand der eine besonders bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Liegestuhls bzw. -sessels näher beschrieben wird.
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Schutz wird nicht nur für angegebene oder dargestellte Merkmalskombinationen, sondern auch für prinzipiell beliebige Kombinationen der angegebenen bzw. dargestellten Einzelmerkmale beansprucht.
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In der Zeichnung zeigt:
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1 eine schematisierte Seitenansicht einer Rückwärtswaschanlage mit einem erfindungsgemäßen Liegestuhl bzw. -sessel in Sitzstellung und
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2 eine der 1 entsprechende Darstellung, wobei der Liegestuhl bzw. -sessel den Liegezustand einnimmt.
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In beiden Figuren nimmt eine verstellbare Beinauflage ihre obere, horizontale Lage ein. Selbstverständlich kann diese Beinauflage, insbesondere in der Sitzstellung des Liegestuhls bzw. -sessels, ihre abwärts geklappte Vertikallage einnehmen.
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Gemäß der Zeichnung besitzt die dargestellte Rückwärtswaschanlage 1 ein verstellbares Waschbecken 2 und einen Liegestuhl bzw. -sessel 3, welcher dem Waschbecken 2 mit seiner Rückseite zugewandt ist.
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Der Liegestuhl bzw. -sessel 3 besitzt ein stabiles stationäres Basisgestell 4 sowie ein daran höhenbeweglich angeordnetes Sitzflächengestell 5, welches mit dem Basisgestell 4 über eine Parallelogrammlenkeranordnung 6 verbunden ist. Diese Parallelogrammlenkeranordnung 6 besitzt auf jeder Seite des Sitzflächengestells 5 einen oberen Parallelogrammlenker 7 sowie einen unteren Parallelogrammlenker 8. Diese Lenker 7 und 8 sind mit dem Basisgestell 4 über Gelenke 9 und 10 und mit dem Sitzflächengestell über Gelenke 11 und 12 jeweils um zur Zeichnungsebene senkrechte Querachsen schwenkbar verbunden. Die Gelenke 9 bis 12 bilden bei einer exakten Parallelogrammlenkeranordnung 6 die Eckpunkte eines Parallelogramms. Damit wird gewährleistet, dass das Sitzflächengestell 5 bei seiner Aufwärts- oder Abwärtsbewegung immer eine rein translatorische Bewegung ausführt, das heißt, dass das Sitzflächengestell 5 insbesondere keinerlei Rotation um eine Querachse des Liegestuhls bzw. -sessels 3 ausführt.
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Grundsätzlich kann auch eine von den Eckpunkten eines exakten Parallelogramms abweichende Anordnung der Gelenke 9 bis 12 vorgesehen sein. Dies ist gleichbedeutend damit, dass die oberen und unteren Parallelogrammlenker 7 und 8 unterschiedliche wirksame Längen besitzen. Dies hat zur Folge, dass das Sitzflächengestell 5 bei einer Aufwärts- oder Abwärtsbewegung eine mehr oder weniger ausgeprägte Rotationsbewegung um eine Querachse des Liegestuhls bzw. -sessels ausführt, das heißt die Sitzfläche ändert mehr oder weniger ausgeprägt ihre Neigung.
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Zur Aufwärts- und Abwärtsbewegung des Sitzflächengestells 5 ist zwischen dem Basisgestell 4 und dem Sitzflächengestell 5 im dargestellten Beispiel ein selbsthemmendes Spindelaggregat 13 angeordnet, welches mittels eines Elektromotors antreibbar ist.
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Der Sitzfläche 14 des Sitzflächengestells 5 ist eine Rückenlehne 15 zugeordnet, die zwischen den oberen Lenkern 7 der Parallelogrammlenkeranordnung an mit diesen Lenkern 7 verbundenen Schienen verschiebbar angeordnet ist, derart, dass sich die Rückenlehne 5 in Richtung ihres sitzflächenseitigen Endes bzw. in Richtung ihres waschbeckenseitigen Endes verschieben lässt. Der Zweck dieser Verschiebbarkeit wird weiter unten erläutert. Da die Gelenke 9 der oberen Parallelogrammlenker 7 am Basisgestell 4 jeweils nahe des lehnenseitigen Randes des Waschbeckens 2 angeordnet sind, behalten das waschbeckenseitige Ende der Rückenlehne 15 und der zugewandte Rand des Waschbeckens 2 bei Höhenverstellung des Sitzflächengestells 5 immer eine zueinander benachbarte Stellung. Ein auf dem Liegestuhl bzw. -sessel 3 sitzender bzw. liegender Nutzer kann also auch bei Höhenverstellung des Sitzflächengestells 5 immer eine Lage beibehalten, bei der sein Hinterkopf über dem Waschbecken 2 positioniert ist.
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Wenn bei einem normalen Stuhl bzw. Sessel die Neigung der Sitzlehne relativ zur Sitzfläche verändert wird, tritt regelmäßig ein „Hemdauszieheffekt” ein, weil sich der Rücken des Benutzers des Stuhls bzw. Sessels relativ zur Lehne mehr oder weniger stark verschiebt. Diese Verschiebung wird dadurch verursacht, dass der Benutzer regelmäßig bei Verstellung der Lehnenneigung mit seinem Rücken in Anlage an der Lehne bleibt, wobei der Oberkörper des Benutzers um eine dessen Hüftgelenke durchsetzende Querachse schwenkt, während die Lehne gleichzeitig um eine davon abweichende Querachse schwenkt.
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Bei dem erfindungsgemäßen Liegestuhl bzw. -sessel 3 wird der genannte Hemdauszieheffekt durch eine zwangsgesteuerte Verschiebung der Lehne 15 bei einer Höhenverstellung des Sitzflächengestells 5 vermieden:
An zumindest einem der oberen Parallelogrammlenker 7 ist eine Lasche 16 um eine Querachse 17 schwenkbar angeordnet. Vorzugsweise ist an beiden oberen Parallelogrammlenkern 7, das heißt auf beiden Seiten des Sitzflächengestells 5 jeweils eine Lasche 16 vorgesehen. Die Lasche 16 bildet bezüglich der Querachse 17 einen doppelarmigen Hebel, wobei der untere Hebelarm der Lasche 16 einen Kulissenschlitz 18 aufweist, der mit einer Rolle 18' am unteren Parallelogrammlenker 8 zusammenwirkt. Am oberen Hebelarm der Lasche 16 ist eine Rolle 19' angeordnet, die in einen Kulissenschlitz 19 eines mit der Lehne 15 fest verbundenen Lappens eingreift.
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Bei Höhenverstellung des Sitzflächengestells 5 und der damit verbundenen Schwenkung der Parallelogrammlenker 7 und 8 um ihre Gelenke 9 und 10 am Basisgestell 4 führen die Parallelogrammlenker 7 und 8 eine Längsverschiebung relativ zueinander aus, mit der Folge, dass die jeweilige Lasche 16 um die Querachse 17 am jeweiligen Parallelogrammlenker 7 schwenkt, wobei die Rückenlehne 15 in ihren Schienenführungen an den oberen Parallelogrammlenkern 7 zwangsverschoben wird, und zwar in Richtung ihres sitzflächenseitigen Endes bei Aufwärtsbewegung des Sitzflächengestells 5 und in Richtung ihres waschbeckenseitigen Endes bei Abwärtsbewegung des Sitzflächengestells 5.
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Durch entsprechende Dimensionierung der wirksamen Hebelarme der Lasche 16, das heißt durch entsprechende Bemessung der Abstände der Rollen 18' und 19' von der Längsachse des jeweiligen oberen Parallelogrammlenkers 7 wird dann erreicht, dass das Maß der Verschiebung der Rückenlehne 15 den oben genannten Hemdauszieheffekt kompensiert.