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GEBIET DER ERFINDUNG
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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen mit Gas befüllbaren bzw. aufblasbaren Gassack, bevorzugt Airbag in einem Fahrzeug, umfassend eine Hauptkammer mit einem maximalen Volumen V1, um in einer Unfallsituation zumindest den ersten Aufprall eines Fahrzeuginsassen aufzufangen, und mindestens eine Druckentlastungskammer mit einem maximalen Volumen V2, wobei im Falle von mehreren Druckentlastungskammern V2 die Summe der jeweiligen maximalen Einzelvolumina der Druckentlastungskammern ist, um einen im Betriebszustand des Gassacks maximal auftretenden Gasdruck pmax in der Hauptkammer auf einen Gasarbeitsdruck po zu reduzieren, wobei der Betriebszustand nach 20 bis 40 ms, bevorzugt rund 30 ms nach Beginn der Einleitung von einem mittels eines Gasgenerators erzeugten Gas in die Hauptkammer beginnt und mehrere Sekunden, vorzugsweise 5 bis 6 s andauert, und wobei die Hauptkammer mit der mindestens einen Druckentlastungskammer über eine einen Überströmquerschnitt aufweisende Überströmleitung verbunden ist.
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Außerdem bezieht sich die vorliegende Erfindung auf die Verwendung eines erfindungsgemäßen Gassacks zur Rückhaltung von Insassen in einem Fahrzeug.
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STAND DER TECHNIK
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Gas- bzw. Luftsäcke (Airbags) sind als Sicherheitseinrichtung in modernen Fahrzeugen nicht mehr wegzudenken. Im Falle eines Unfalls werden die Gassäcke explosionsartig aufgeblasen, wobei das Aufblasen pyrotechnisch oder mittels Kaltgas, bevorzugt Helium, das unter hohem Druck, z.B. mit 620 bar, in einer Kartusche gespeichert ist, erfolgt. Die aufgeblasenen Gassäcke fangen den Aufprall eines Fahrzeuginsassen auf bzw. halten diesen zurück.
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Jedoch kann auch ein zu hoher Gasdruck im aufgeblasenen Gassack ein Verletzungsrisikodarstellen. Hierbei ist insbesondere eine bedingt durch den hohen Gasdruck im Gassack zu hohe Rückprallgeschwindigkeit (Geschwindigkeit beim „Rebound“) eines Insassen nach der Intrusion in den aufgeblasenen Gassack zu nennen. D.h. ein maximal auftretender Gasdruck pmax ist zwar zum Zeitpunkt der Intrusion des Insassen in den Gassack sinnvoll, jedoch ist dieser maximal auftretende Gasdruck pmax bereits beim „Zurückfedern“ des Insassen aus dem aufgeblasenen Gassack nachteilig, da aufgrund der dabei auftretenden Beschleunigungen die biomechanischen Belastungsgrenzen des Insassen überschritten werden können.
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Hinzu kommt, dass insbesondere beim Aufblasen des Gassacks mittels Kaltgases das absolute Druckmaximum mitunter erst nach dem für die Insassenrückhaltung relevanten Zeitraum, beispielsweise erst nach 500 bis 1000 ms nach Beginn der Freisetzung des Kaltgases, erreicht wird. Dies verursacht eine unnötige Bauteil- bzw. Nahtbelastungen, ohne Nutzen für die Insassenrückhaltung. Dabei können die Nähte, die den maximal auftretenden Gasdruck pmax kurzfristig aushalten, bei einem länger anhaltenden maximalen Gasdruck pmax reißen.
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Andererseits ist ein gewisser lang anhaltender Druck, im Folgenden Gasarbeitsdruck po genannt, insbesondere beim Einsatz der Gassäcke an der Fahrzeugseite im Bereich der Türe bzw. des Fensters zum Schutz des Kopfes von Vorteil bzw. erwünscht. Dies deshalb da im Falle eines Überschlags („Rollover“) der Insasse, insbesondere dessen Kopf, über mehrere Sekunden lang, typischerweise 5 bis 6 s, vor einem Herausschleudern aus dem Fahrzeug geschützt werden muss. D.h. hier ist der lang anhaltende Druck des Kaltgases grundsätzlich ein Vorteil gegenüber der pyrotechnischen Befüllung von Gassäcken. Im letzteren Fall kühlt das zum Füllen verwendete Verbrennungsgas über solch lange Zeitspannen ab, wodurch der Druck im Gassack stark reduziert wird und die Schutzwirkung des Gassacks verloren geht.
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Aufgrund der Forderung, dass ein Gasarbeitsdruck po über einen Zeitraum von mehreren Sekunden gehalten werden soll, ist der Einsatz einer Abströmöffnung zum Abblasen des Gases in die Umgebung, um den maximal auftretenden Gasdruck pmax auf den Gasarbeitsdruck po zu reduzieren, nicht geeignet. Hierbei würde vor allem der Druck entweder zu stark reduziert oder es müsste von Anfang an ein unverhältnismäßig hoher Gasdruck erzeugt bzw. eine sehr große Gasmenge freigesetzt werden.
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Gemäß der
DE 10 2007 011 983 A1 besteht eine Möglichkeit trotz Vermeidung des Abblasens in die Umgebung, den Gassack Volumenänderungsarbeit zur Reduzierung des Gasdrucks verrichten zu lassen, in der Einteilung des Gassacks in eine Hauptkammer und eine damit über ein Überströmventil verbundene Druckentlastungskammer. Hierbei öffnet das Überströmventil erst bei einer festgelegten Druckdifferenz zwischen Haupt- und Druckentlastungskammer und/oder ändert mit zunehmender Druckdifferenz seinen Querschnitt. Nachteilig an dieser Lösung ist das aufwendig herzustellende Überstromventil.
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Aus der
EP 1 679 235 A1 ist ein Gassack bekannt, der eine Vielzahl von sich im Wesentlichen in vertikaler Richtung erstreckenden ersten Kammern aufweist. Der Gassack umfasst des Weiteren eine zweite Kammer, die über eine Überströmleitung mit einer der ersten Kammern verbunden ist und als Druckentlastungskammer dient. Der Innendruck der zweiten Kammer beginnt dabei 1s nach Aufblasen des Gassacks anzusteigen. Die zweite Kammer liegt auf einem virtuellen Band, entlang dessen der Gassack bei einem Aufblasen gespannt wird.
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Die
JP 2003 - 320 920 A beschreibt einen Gassack, der eine Druckkontrollkammer aufweist, die über einen Verbindungskanal mit einer Hauptkammer verbunden ist. Wenn im Auslösefall der Kopf eines Insassen auf die Hauptkammer aufprallt, strömt ein Teil des Gases durch den Verbindungskanal in die Druckkontrollkammer.
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Die
DE 10 2009 053 381 A1 offenbart eine Insassenschutzvorrichtung für ein Fahrzeug mit einem mehrkammrigen Airbag, der mehrere Primärkammern aufweist, die zeitlich vor wenigstens einer mit wenigstens einer Primärkammer mittelbar oder unmittelbar strömungsverbundenen Sekundärkammer aufblasbar sind. Dabei sind im Bereich der Strömungsverbindung zur Sekundärkammer wenigstens ein das Ausströmen oder Rückströmen des in die Sekundärkammer eingeströmten Gases im Wesentlichen verhinderndes oder verzögerndes Sekundärkammer-Absperrelement vorgesehen. Weiter ist den Primärkammern wenigstens ein Primärkammer-Absperrelement zugeordnet, das im aufgeblasenen Zustand der Primärkammern ein Überströmen des Gases zwischen wenigstens einem Teil der Primärkammern in Abhängigkeit von vorgegebenen Crash- bzw. Unfallparametern wenigstens zeitweise oder dauerhaft im Wesentlichen sperrt.
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AUFGABE DER ERFINDUNG
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, einen Gassack mit Druckentlastung zu schaffen, um einerseits die Gefahr des Versagens des Gewebes oder von Nähten zu verringern sowie die Verletzungsgefahr zu reduzieren, und andererseits einen gewissen Gasarbeitsdruck über mehrere Sekunden halten zu können. Insbesondere soll die Druckentlastung ohne Abblasen des Gases in die Umgebung, durch Einsatz einer Druckentlastungskammer erfolgen, wobei auf den Einsatz von aufwendigen Überströmventilen verzichtet werden soll.
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DARSTELLUNG DER ERFINDUNG
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Diese Aufgaben werden durch einen Gassack mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und eine Verwendung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 10 gelöst.
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Erfindungsgemäß werden danach diese Aufgaben dadurch gelöst, dass ein Gassack, bei dem es sich bevorzugt um einen Airbag in einem Fahrzeug handelt, eine Hauptkammer mit einem maximalen Volumen V1 und mindestens eine Druckentlastungskammer mit einem maximalen Volumen V2 aufweist. Im Falle von mehreren Druckentlastungskammern bezeichnet V2 die Summe der jeweiligen maximalen Einzelvolumina der Druckentlastungskammern.
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Zweck der Hauptkammer ist es, in einer Unfallsituation zumindest den ersten Aufprall (im Fachjargon auch „first impact“ genannt) eines Fahrzeuginsassen aufzufangen. Dabei kann die Hauptkammer selbstverständlich Unterteilungen in mehrere Bereiche aufweisen, die aber alle dem genannten Zweck dienen. Falls es gelingt, den Druck in der Hauptkammer hinreichend lange hinreichend hoch zu halten, kann die Hauptkammer mitunter auch weitere Aufpralle des Fahrzeuginsassen (nach dessen erstem Aufprall) auffangen.
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Die mindestens eine Druckentlastungskammer ist mit der Hauptkammer über eine Überströmleitung mit einem Überströmquerschnitt verbunden. Dabei bezeichnet der Überströmquerschnitt die minimale Querschnittsfläche, die für das Überströmen von der Hauptkammer in die mindestens eine Druckentlastungskammer zur Verfügung steht.
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Die Überströmleitung ist dabei jedenfalls für das Gas ständig - insbesondere ab dem Zeitpunkt des Beginns der Einleitung des Gases in die Hauptkammer - durchlässig bzw. offen, d.h. auf ein Ventil zwischen Hauptkammer und Druckentlastungskammer wird verzichtet.
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Während des Betriebszustands ist der Überströmquerschnitt vom Gasdruck im Wesentlichen unabhängig und ändert sich während des Betriebszustands des Gassacks im Wesentlichen zeitlich nicht. Hierbei ist als Betriebszustand jener Zustand des Gassacks zu verstehen, der unmittelbar vor der Intrusion eines Insassen, also ca. 20 bis 40 ms, bevorzugt rund 30 ms, nach Beginn der Freisetzung des den Gassack aufblasenden Gases beginnt und dann zumindest mehrere Sekunden lang, typischerweise 5 bis 6 s, andauert. Das Gas wird dabei von einem Gasgenerator freigesetzt, welcher aus einer Kartusche mit unter hohem Druck stehenden Kaltgas besteht. Die Freisetzung dieses Kaltgases erfolgt üblicherweise durch Zündung einer Zündpille, wodurch beispielsweise ein die Kartusche abdichtendes Dichtelement zerstört wird. Unmittelbar darauf wird das Gas in die Hauptkammer eingeleitet.
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Die Überströmleitung ist in der Hauptkammer an einer Stelle angeordnet, an welcher das Gas erst relativ spät ankommt. Auf diese Weise wird der Gasdruckverlauf in der Hauptkammer im Zeitraum zwischen Aufblasen und Intrusion eines Insassen in den Gassack bzw. in die Hauptkammer des Gassacks - also bis zum Erreichen des Betriebszustandes des Gassacks - nicht bzw. nur wenig beeinflusst. D.h. zum Zeitpunkt der Intrusion hat die Hauptkammer ihr maximales Volumen V1 erreicht, und vorzugsweise herrscht in der Hauptkammer im Wesentlichen ein maximal auftretender Gasdruck pmax. Erst nach der Intrusion wird der Gasdruck im Gassack bzw. in der Hauptkammer durch das Überströmen des Gases durch die Überströmleitung in die Druckentlastungskammer auf einen Gasarbeitsdruck p0 reduziert. Dabei geschieht das Überströmen kontrolliert, da das Überströmen durch die Geometrie der Überströmleitung und die Anordnung der Druckentlastungskammer gezielt beeinflusst werden kann.
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D.h. obwohl das Gas nicht in die Umgebung abbläst und somit mögliche Anforderungen an die Dichtheit des Gassacks problemlos erfüllt werden, kann der Gassack dennoch Volumenarbeit verrichten, um die Rückprallgeschwindigkeit eines Insassen nach dessen Intrusion im Zuge des ersten Aufpralls zu reduzieren. Damit reduziert sich auch die gesamte Geschwindigkeitsänderung bzw. der Beschleunigungsverlauf, womit insgesamt die Insassenbelastung einschließlich des HIC (Head Injury Criterion)-Werts reduziert wird.
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Entsprechend ist es bei einem erfindungsgemäßen mit Gas befüllbaren bzw. aufblasbaren Gassack, bevorzugt Airbag in einem Fahrzeug, umfassend eine Hauptkammer mit einem maximalen Volumen V1, um in einer Unfallsituation zumindest den ersten Aufprall eines Fahrzeuginsassen aufzufangen, und mindestens eine Druckentlastungskammer mit einem maximalen Volumen V2, wobei im Falle von mehreren Druckentlastungskammern V2 die Summe der jeweiligen maximalen Einzelvolumina der Druckentlastungskammern ist, um einen im Betriebszustand des Gassacks maximal auftretenden Gasdruck pmax in der Hauptkammer auf einen Gasarbeitsdruck po zu reduzieren, wobei der Betriebszustand nach 20 bis 40 ms, bevorzugt rund 30 ms nach Beginn der Einleitung von einem mittels eines Gasgenerators erzeugten Gas in die Hauptkammer beginnt und mehrere Sekunden, vorzugsweise 5 bis 6 s andauert, und wobei die Hauptkammer mit der mindestens einen Druckentlastungskammer über eine einen Überströmquerschnitt aufweisende Überströmleitung verbunden ist, vorgesehen, dass die Überströmleitung für das Gas, ab dem Zeitpunkt des Beginns der Einleitung des Gases in die Hauptkammer betrachtet, ständig offen ist.
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D.h. das Gas kann von der Hauptkammer in die Druckentlastungskammer überströmen, ohne dass hierfür ein Mindestdruck in der Hauptkammer nötig wäre, beispielsweise um ein Ventil zu öffnen. Genauer erfolgt das Ereignis des Überströmens des Gases unabhängig vom Gasdruck in der Hauptkammer. Selbstverständlich sind die Details des Strömungsvorganges, wie z.B. das Geschwindigkeitsprofil der Strömung durch die Überströmleitung, sehr wohl vom Druck in der Hauptkammer bzw. vom Unterschied zwischen dem Gasdruck in der Hauptkammer und in der mindestens einen Druckentlastungskammer abhängig.
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Im Falle von mehreren Druckentlastungskammern können diese „in Serie geschaltet“ sein, sodass nur eine erste Druckentlastungskammer über eine Überströmleitung mit der Hauptkammer verbunden ist. Die restlichen Druckentlastungskammern sind in diesem Fall nur untereinander verbunden, z.B. schließt jede weitere Druckentlastungskammer an die unmittelbar vorherige an. Alternativ ist natürlich auch eine Ausführungsform möglich, wo jede Druckentlastungskammer über eine Überströmleitung mit der Hauptkammer verbunden ist. Daher ist es bei einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gassacks vorgesehen, dass im Falle von mehreren Druckentlastungskammern jede Druckentlastungskammer über eine Überströmleitung mit der Hauptkammer verbunden ist.
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Um ein zu schnelles Abströmen des Gases aus der Hauptkammer in die Druckentlastungskammer zu verhindern, ist der Überströmquerschnitt der Überströmleitung so klein dimensioniert, dass dieser als Drosselung wirkt. Dies wird erreicht, indem der Überströmquerschnitt nicht größer als rund 3,8 cm2 ist. Im Falle eines kreisförmigen Überströmquerschnitts entspricht dies einem maximalen Durchmesser von rund 2,2 cm. Es ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass der Überströmquerschnitt nicht größer als rund 3,8 cm2 ist
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Schließlich ist es bei einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gassacks vorgesehen, dass sich die Größe des Überstromquerschnitts während des Betriebszustands im Wesentlichen zeitlich nicht ändert.
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Beim eingesetzten Gas handelt es sich, wie gesagt, um Kaltgas, insbesondere um Helium. Anders als bei pyrotechnischer Befüllung ist somit im Betriebszustand die näherungsweise Annahme konstanter Temperatur gerechtfertigt. Damit lässt sich bei bekanntem maximalem Gasdruck p
max und gewünschtem Gasarbeitsdruck po ein für die Druckreduktion notwendiges Zusatzvolumen V' anhand der idealen Gasgleichung abschätzen, wonach das Produkt aus Druck und Volumen bei konstanter Temperatur konstant ist. D.h. es gilt
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Durch algebraisches Umformen folgt somit für das Zusatzvolumen V':
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Bei der Auslegung des maximalen Volumens V
2 der mindestens einen Druckentlastungskammer orientiert man sich an V', wobei sich in der Praxis Werte für V
2 zwischen 50% und 150%, vorzugweise zwischen 75% und 125%, von V' als vorteilhaft erweisen. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, V
2 etwas kleiner als V' zu dimensionieren, wenn mit Druckverlusten aufgrund nicht perfekt dichter Nähte zu rechnen ist. Andererseits kann eine Dimensionierung von V
2 größer als V' vorteilhaft sein, wenn hierdurch beispielsweise - in Verbindung mit der genauen Platzierung der Druckentlastungskammer - ein weiterer Aufprall eines Fahrzeuginsassen, d.h. ein Aufprall eines Fahrzeuginsassen nach dessen erstem Aufprall in einer Unfallsituation, aufgefangen werden kann. Entsprechend ist es bei einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gassacks vorgesehen, dass das maximale Volumen V
2 der mindestens einen Druckentlastungskammer zwischen 50% und 150%, vorzugsweise zwischen 75% und 125% von V' liegt, wobei V' gegeben ist durch:
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In der Praxis hat es sich als zielführend erwiesen, wenn im Betriebszustand der maximal auftretende Gasdruck pmax um ca. 30% reduziert wird. Mit einem solchen Gasarbeitsdruck p0 bleibt der Gassack soweit gefüllt, dass er seine Schutzwirkung, insbesondere beim Einsatz an der Fahrzeugseite im Kopfbereich eines Insassen gegen ein Herausschleudern des Insassen, über mehrere Sekunden lang, typischerweise 5 bis 6 s, erfüllen kann. Entsprechend ist es bei einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gassacks vorgesehen, dass der Gasarbeitsdruck po zwischen 65% und 85%, bevorzugt zwischen 67% und 75%, des maximal auftretenden Gasdrucks pmax beträgt.
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Beim Einsatz als Kopfschutz an der Fahrzeugseite, insbesondere im Bereich von Seitenfenstern, kommen typischerweise Gassäcke mit einem Volumen zwischen 15 und 35 l, vorzugsweise um die 19 l, zum Einsatz. Bei größeren Fahrzeugen, beispielsweise Bussen, werden jedoch auch 60 l oder sogar 110 l große Gassäcke verwendet. Beim Einsatz von Kaltgas bewegen sich die maximal auftretenden Gasdrücke pmax üblicherweise im Bereich von ungefähr 0,6 bis 0,7 bar, vorzugsweise 0,65 bar. Gewünschte Gasarbeitsdrücke p0 liegen zwischen 0,4 und 0,55 bar, vorzugsweise bei 0,45 bar.
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Entsprechend ist es bei einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gassacks vorgesehen, dass der maximale Gasdruck pmax zwischen 0,6 bar und 0,7 bar, bevorzugt 0,65 bar beträgt.
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Weiters sieht eine besonders bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gassacks vor, dass der Gasarbeitsdruck p0 zwischen 0,4 und 0,55 bar, bevorzugt 0,45 bar beträgt.
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Schließlich sieht eine besonders bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gassacks vor, dass das maximale Volumen V1 der Hauptkammer zwischen 15 und 35 l, bevorzugt 19 l beträgt.
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Geht man von einem Gasarbeitsdruck p0 gleich 65% von pmax aus, so ergibt sich für V' eine Größe von rund 54% von V1. V2 sollte in diesem Fall also in einem Größenbereich von rund 27% bis rund 81% von V1 liegen. Für einen Gasarbeitsdruck po gleich 85% von pmax erhält man für V' eine Größe von rund 18% von V1. Entsprechend sollte V2 in einem Größenbereich von rund 9% bis rund 27% von V1 liegen. D.h. V2 kann für die avisierten Gasarbeitsdrücke p0 insgesamt in einem Bereich von rund 9% bis rund 81% von V1 liegen. In der Praxis erweist sich jedoch meist eine Dimensionierung der Größe von V2 im Bereich von rund 15% bis rund 50% von V1 als ausreichend. Daher ist es bei einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Gassacks vorgesehen, dass das maximale Volumen V2 der mindestens einen Druckentlastungskammer zwischen 15% und 50% von V1 beträgt.
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Wie bereits erwähnt, ist die Druckreduktion vor allem nach dem ersten Aufprall, also nach der ersten Intrusion eines Fahrzeuginsassen in den Gassack wichtig. Entsprechend ist die mindestens eine Druckentlastungskammer zu Beginn des Betriebszustands nicht oder nur wenig mit Gas gefüllt. Ihr Volumen bzw. die Summe der Einzelvolumina ist zu diesem Zeitpunkt daher kleiner als das maximale Volumen V2. Daher ist es erfindungsgemäß vorgesehen, dass das Volumen der mindestens einen Druckentlastungskammer, d.h. im Falle von mehreren Druckentlastungskammern die Summe der jeweiligen Einzelvolumina, zu Beginn des Betriebszustandes kleiner als V2 ist. Dementsprechend vergrößert das in die mindestens eine Druckentlastungskammer überströmende Gas das Volumen der mindestens einen Druckentlastungskammer während des Betriebszustandes, wobei im Falle von mehreren Druckentlastungskammern die Summe der jeweiligen Einzelvolumina während des Betriebszustandes durch das überströmende Gas vergrößert wird.
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Die mindestens eine Druckentlastungskammer ist so dimensioniert und die Positionierung der Überstromleitung so gewählt, dass V2 erst nach rund 50 ms, vorzugsweise nach rund 80 ms nach Beginn des Betriebszustandes erreicht wird. Auf diese Weise wird die Rückprallgeschwindigkeit („Rebound“) des Fahrzeuginsassen aus dem Gassack gedämpft. Daher ist es erfindungsgemäß vorgesehen, dass das Volumen der mindestens einen Druckentlastungskammer, d.h. im Falle von mehreren Druckentlastungskammern die Summe der jeweiligen Einzelvolumina, nach rund 80 ms, vorzugsweise nach rund 50 ms nach Beginn des Betriebszustandes V2 beträgt. Dementsprechend vergrößert das in die mindestens eine Druckentlastungskammer überströmende Gas das Volumen der mindestens einen Druckentlastungskammer bis rund 80 ms, vorzugsweise bis rund 50 ms nach Beginn des Betriebszustandes bis zum maximalen Volumen V2, wobei im Falle von mehreren Druckentlastungskammern die Summe der jeweiligen Einzelvolumina bis rund 80 ms, vorzugsweise bis rund 50 ms nach Beginn des Betriebszustandes durch das überströmende Gas bis zum maximalen Volumen V2 vergrößert wird.
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Wird der Gassack an der Fahrzeugseite zum Schutz des Kopfes eines Insassen verwendet, ist es, wie bereits festgehalten, besonders bei Überschlägen, die mehrere Sekunden dauern können, wichtig, dass ein Herausschleudern des Kopfes bzw. des Insassen unterbunden wird. Hierfür ist die Spannung des Gassacks, der an der Fahrzeugkarosserie befestigt ist, ausschlaggebend, wobei die Spannung durch das Aufblasen bzw. den Gasdruck erzeugt wird. Die Spannung des Airbags kann durch geschickte Anordnung der Druckentlastungskammer im Betriebszustand verbessert werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Druckentlastungskammer Bereiche des Gassacks miteinander verbindet, die außerhalb der mindestens einen Hauptkammer liegen. Typischerweise liegt die Druckentlastungskammer bzw. der größte Teil der Druckentlastungskammer relativ zur mindestens einen Hauptkammer möglichst weit unter dieser, und die Längsachse der Druckentlastungskammer erstreckt sich im Wesentlichen horizontal. Geometrisch wirkt sich diese Anordnung so aus, dass Außenflächen der mindestens einen Hauptkammer und der Druckentlastungskammer aneinander anschließen bzw. miteinander verbunden, beispielsweise vernäht oder verwoben sind.
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Indem nun das Gas aus der Hauptkammer in die mindestens eine Druckentlastungskammer überströmt, vergrößert sich deren Volumen bis auf den Maximalwert V2, und der Gassack wird gespannt.
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Vor allem bei Überschlägen, kann mit dem erfindungsgemäßen Gassack, der im Betriebszustand einen Gasarbeitsdruck über mehrere Sekunden lang hält, ein Herausschleudern des Insassen vermieden werden. Das Aufrechterhalten des Gasarbeitsdrucks funktioniert insbesondere gut, wenn Kaltgas zum Aufblasen des Gassacks verwendet wird. Entsprechend sieht eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens vor, dass als Gas Kaltgas, bevorzugt Helium, verwendet wird.
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Der erfindungsgemäße Gassack eignet sich insbesondere um Insassen eines Fahrzeugs seitlich, in deren Kopfbereich zu schützen. Daher ist erfindungsgemäß die Verwendung eines erfindungsgemäßen Gassacks in einem Fahrzeug als Seitengassack bzw. Seitenairbag im Kopfbereich von Fahrzeuginsassen vorgesehen.
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Da auch in der mindestens einen Druckentlastungskammer nach Erreichen des maximalen Volumens V2 im Idealfall der gewünschte Gasarbeitsdruck po herrscht, kann die mindestens eine Druckentlastungskammer dazu verwendet werden, einen oder mehrere Aufpralle eines Fahrzeuginsassen nach dem ersten Aufprall aufzufangen. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass die mindestens eine Druckentlastungskammer in einem Bereich angeordnet ist, wo ein späterer Aufprall eines Fahrzeuginsassen überhaupt stattfinden kann. Die Druckentlastungskammer kann jedoch keinen ersten Aufprall auffangen, da sie zu Beginn des Betriebszustandes, also zum Zeitpunkt des ersten Aufpralls, nicht hinreichend aufgeblasen bzw. gefüllt ist. Daher ist es bei einer bevorzugten Verwendung des erfindungsgemäßen Gassacks vorgesehen, dass die Druckentlastungskammer in einer Unfallsituation zumindest einen zweiten Aufprall eines Fahrzeuginsassen auffängt.
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Figurenliste
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Die Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Die Zeichnungen sind beispielhaft und sollen den Erfindungsgedanken zwar darlegen, ihn aber keinesfalls einengen oder gar abschließend wiedergeben.
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Dabei zeigt:
- 1 ein Diagramm eines typischen Druckverlaufs in einem Gassack nur mit Hauptkammer, ohne Druckentlastungskammer, wobei der Gassack mit Kaltgas gefüllt wird
- 2 eine Schnittansicht eines erfindungsgemäßen Gassacks
- 3 eine vergrößerte Detailansicht des Bereichs A aus 2
- 4 den Bereich A mit einer alternativen Anordnung der Druckentlastungskammer
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WEGE ZUR AUSFÜHRUNG DER ERFINDUNG
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Im Diagramm, welches in 1 gezeigt wird, ist der gemessene Verlauf des Druckes p in einer Hauptkammer eines Gassacks, der in einem Fahrzeug als Sicherheitseinrichtung im Bereich der Seitenscheiben auf Insassenkopfhöhe zum Einsatz kommt und keine Druckentlastungskammer aufweist, als Funktion der Zeit t dargestellt. Der Zeitnullpunkt wird durch den Beginn des Einleitens des Gases (in die Hauptkammer) bestimmt, was durch ein Ereignis wie z.B. einen Unfall bzw. einen Aufprall des Fahrzeugs ausgelöst wird. Das Volumen der Hauptkammer liegt im aufgeblasenen Zustand bzw. im Betriebszustand, der bereits nach ca. 30 ms erreicht wird, bei 19 l.
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Die Füllung erfolgt im in 1 gezeigten Fall mittels Kaltgas. Dies hat zur Folge, dass das Druckmaximum pmax von ca. 0,65 bar erst nach ca. 0,5 bis 1 s erreicht wird. Doch auch nach 1 s sinkt der Druck p nicht wesentlich ab und beträgt jedenfalls über den gesamten dargestellten Zeitraum nach 1 s noch deutlich über 0,6 bar. Dieser hohe Druck über so eine lange Zeitdauer stellt u.a. eine große Belastung für die Nähte des Gassacks dar. Um ein Reißen der Nähte zu verhindern, wäre eine Reduktion des Drucks p auf einen Gasarbeitsdruck p0 von beispielsweise 0,45 bar wünschenswert.
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Dies kann bei einem in
2 dargestellten Gassack 1 durch eine zusätzlich vorhandene Druckentlastungskammer 3 mit einem maximalen Volumen V
2 erreicht werden. Diese ist über eine Überströmleitung 4 mit der wesentlich größeren Hauptkammer 2 mit einem maximalen Volumen V
1 verbunden, wobei das maximale Volumen V
1 der Hauptkammer 2 durch Abnäher 12 des Gassackgewebes begrenzt wird. Die Dimensionierung der Druckentlastungskammer 3 erfolgt unter Zuhilfenahme der Formel
wobei das Zusatzvolumen V' zur Orientierung genommen wird und das maximale Volumen V
2 in einem Intervall rund um V' gewählt wird. Das Intervall beträgt zwischen 50% und 150% von V', vorzugsweise zwischen 75% und 125% von V'.
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Zur Befestigung des Gassacks 1 an der Fahrzeugkarosserie, z.B. an dessen A-, B- und/oder C-Säule, sind Befestigungslaschen 13 vorgesehen.
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Die Hauptkammer 2 weist einen Anschluss 11 für einen (nicht dargestellten) Gasgenerator, im gezeigten Ausführungsbeispiel eine Kaltgaskartusche, auf. Relativ zu diesem Anschluss 11 ist ein Einmündungsabschnitt 6 (vgl. 3) der Überstromleitung 4, mit dem diese an die Hauptkammer 2 anschließt, so angebracht, dass das einströmende Gas möglichst nicht direkt zum Einmündungsabschnitt 6 gelangt. Hierdurch wird zunächst, d.h. bis zum Erreichen des Betriebszustands, ein Druckverlauf erreicht, der nicht Wesentlich von jenem eines Gassacks 1 ohne Druckentlastungskammer 3 abweicht.
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In 3 ist der in 2 strichliert eingezeichnete Bereich A vergrößert dargestellt, sodass z.B. der Einmündungsabschnitt 6 und dessen Strömungsquerschnitt 16, durch den das Kaltgas von der Hauptkammer 2 in die Überströmleitung 4 strömen kann, gut erkennbar ist. Ebenso ist erkennbar, dass die Überströmleitung 4 einen Überströmquerschnitt 5 aufweist. Dieser stellt die minimale Querschnittsfläche für das überströmende Gas dar und ist folglich nicht größer als der Strömungsquerschnitt 16 des Einmündungsabschnitts 6. Ebenso ist der dargestellte Überströmquerschnitt 5 nicht größer also ein Strömungsquerschnitt 17 eines Austrittsabschnitts 7, mit dem die Überströmleitung 4 an die Druckentlastungskammer 3 anschließt. Konkret hat es sich als zweckmäßig erwiesen, den Überströmquerschnitt 5 nicht größer als rund 3,8 cm2 zu machen, d.h. im Falle eines kreisförmigen Überströmquerschnitts 5 ist der Durchmesser nicht größer als rund 2,2 cm.
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Die eingezeichneten Pfeile illustrieren den Strömungsverlauf des Kaltgases, wie es beispielsweise durch den Strömungsquerschnitt 17 des Austrittsabschnitts 7 von der Überströmleitung 4 in die Druckentlastungskammer 3 strömt.
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Darüber hinaus sind in 3 besonders gut Körperkanten 18 einzelner Gewebelagen des Gassacks 1 zu erkennen, die vorzugsweise durch eine Naht 19 (vgl. 2) verbunden werden.
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Um im Falle eines Fahrzeugüberschlags möglichst lange den Gassack 1 gespannt zu halten und so einen Schutz gegen ein Herausschleudern eines Fahrzeuginsassen zu gewährleisten, ist in einem weiteren Ausführungsbeispiel eine spezielle Anordnung der Druckentlastungskammer 3 vorgesehen. 4 illustriert diesen Fall, wobei sich die Darstellung auf den Bereich A konzentriert. Im Gegensatz zu 3 ist in 4 die Druckentlastungskammer 3 möglichst weit unten angeordnet. Sie erstreckt sich dabei annähernd horizontal und verbindet einen ersten 14 und einen zweiten Bereich 15 der Hauptkammer 2. Dabei ist die Druckentlastungskammer 3 mit dem ersten Bereich 14 und bevorzugt auch mit dem zweiten Bereich 15 vernäht oder verwoben. Hierdurch entsteht ein Bereich 10, der von Außenflächen 8 der Hauptkammer 2 und von Außenflächen 9 der Druckentlastungskammer 3 vollständig umrandet ist und außerhalb des Gassacks 1 liegt.
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Die Befüllung der Druckentlastungskammer 3 - die eingezeichneten Pfeile illustrieren hierzu wieder die Strömungsrichtung des Kaltgases - bewirkt eine Zunahme des Volumens der Druckentlastungskammer 3 bis zum maximalen Volumen V2, was wiederum ein Verkürzen bzw. Spannen der Bereiche 14 und 15 der Hauptkammer 2 und damit der Hauptkammer 2 bzw. des Gassacks 1 insgesamt nach sich zieht. Hierdurch wird eine Rückhaltewirkung des Gassacks 1 verstärkt und ein Herausschleudern von Fahrzeuginsassen bei einem Überschlag - auch wenn dieser mehrere Sekunden lang andauert - weitgehend verunmöglicht.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Gassack
- 2
- Hauptkammer
- 3
- Druckentlastungskammer
- 4
- Überströmleitung
- 5
- Überströmquerschnitt
- 6
- Einmündungsabschnitt
- 7
- Austrittsabschnitt
- 8
- Außenfläche der Hauptkammer
- 9
- Außenfläche der Druckentlastungskammer
- 10
- Bereich außerhalb des Gassacks
- 11
- Anschluss für Gasgenerator
- 12
- Abnäher
- 13
- Befestigungslasche
- 14
- erster Bereich der Hauptkammer
- 15
- zweiter Bereich der Hauptkammer
- 16
- Strömungsquerschnitt des Einmündungsabschnitts
- 17
- Strömungsquerschnitt des Austrittsabschnitts
- 18
- Körperkante einer einzelnen Gewebelage
- 19
- Naht zur Verbindung zweier Gewebelagen
- V'
- Zusatzvolumen
- V1
- Volumen der Hauptkammer
- V2
- Volumen der Druckentlastungskammer
- pmax
- maximal auftretender Gasdruck
- p0
- Gasarbeitsdruck