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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Verwendung einer Stahllegierung zur Herstellung eines Panzerbauteils sowie ein nach dieser Verwendung hergestelltes Panzerbauteil.
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Insbesondere bei Fahrzeugen ist es bekannt diese gegen Beschuss mit Bauteilen aus Stahl zu panzern, indem eine spezielle Panzerstahlsorte ausgewählt wird. Ein Beispiel eines zur Herstellung eines Panzerbauteils verwendeten Stahls ist in der
DE 10 2005 014 298 B4 gegeben.
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Allerdings nahm neben dem Schutz von Fahrzeugen gegen Beschussbedrohungen in den letzten Jahren die Bedrohung durch Ansprengen rasant zu. So wurde, gerade in Krisenregionen, der Einsatz selbstgebauter Sprengvorrichtungen (IED- Improvised explosive devices) vermehrt beobachtet. Beispielsweise werden freiverfügbare Chemikalien, wie Düngermittel genutzt, um daraus Sprengstoffe herzustellen. Aber auch die Kombination verschiedenster Munitionsarten, wie Artilleriegranaten oder Fliegerbomben werden gezielt mit Strengstoffen zur Detonation gebracht. Da die Verwendungen unterschiedlicher Munitionsarten die resultierende Sprengkraft stark variieren lassen, ist die Auslegung der Fahrzeugpanzerung deutlich erschwert. Während konventionelle metallische Systeme Beschusssicherheit vorwiegend durch hohe Materialhärten sicherstellen, werden die Anforderungen an die Duktilität der verwendeten Werkstoffe in den vergangenen Jahren durch veränderte Bedrohungslagen in Krisengebieten beeinflusst. Um die Ansprengsicherheit relevanter Fahrzeugstrukturen wie Böden, Seitenwände und Dächer zu verbessern, ist werkstoffseitig eine Erhöhung der Duktilität notwendig.
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Aus dem Stand der Technik sind bereits Flachplatten mit einer erhöhten Duktilität bekannt. Dies sind beispielsweise der ARMOX 440T von der SSAB oder der Secure 450 von ThyssenKrupp.
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Dieses Material wird in Form von Platten verkauft, die zumeist schnell, z.B. mit Wasser abgeschreckt wurden, so dass die erreichbaren Abkühlraten deutlich höher als bei Warmformprozessen mit integrierter Werkzeugabkühlung sind. Eine Studie mit dem in dieser Klasse häufig verwendeten ARMOX440T (SSAB) zeigte, dass durch Warmformen sowohl die Härte als auch die Festigkeit reduziert werden, sodass diese außerhalb der geforderten Grenzen liegen. Zudem wird die Beschussperformance nach dem Warmformen im Vergleich zum Anlieferungszustand verändert, das heißt die zur vollständig martensitischen Umwandlung benötigten Abkühlraten können aufgrund des verwendeten Legierungskonzept nicht erreicht werden.
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Aufgabe der Erfindung ist es somit, die Formgebungsgrenzen ballistischer Stähle zu erweitern um ein Panzerbauteil, insbesondere für ein Fahrzeug herstellen zu können, das eine hervorragende Kombination aus Härte und Duktilität aufweist und dadurch sowohl die geforderten mechanischen Eigenschaften aufweist und als auch die geforderten ballistischen Eigenschaften aufweist.
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Gemäß einem ersten Aspekt wird diese Aufgabe gelöst durch eine Verwendung einer Stahllegierung, die sich, ausgedrückt in Gewichtsprozent, zusammensetzt aus
Kohlenstoff: | 0,17–0,22 % |
Silizium: | 0,1 bis 1,0% |
Mangan | 0,3 bis 2,5% |
Phosphor | max. 0,05% |
Schwefel | max. 0,01% |
Aluminium | max. 0,08% |
Chrom | 0,5 bis 2,5% |
Molybdän | 0,1 bis 1,0% |
Nickel | 0,5 bis 3,0% |
Kupfer | max. 0,3% |
Titan | max. 0,1% |
Bor | max. 0,003% |
Niob | 0,001 bis 0,1% |
Stickstoff | max. 0,1% |
Kobalt | 0,001–1,0% |
Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen, zur Herstellung eines Panzerbauteils, insbesondere für ein Fahrzeug.
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Das Panzerbauteil kann auch als Panzerungsbauteil bezeichnet werden und wird im Folgenden auch einfach als Bauteil bezeichnet. Das Fahrzeug, für das das erfindungsgemäße Panzerbauteil verwendet werden kann, ist insbesondere ein Kraftfahrzeug, beispielsweise ein Personenkraftwagen, Transportkraftfahrzeug, Bus oder Panzer. Vorzugsweise stellt das Panzerbauteil ein Karosseriebauteil dar. Das erfindungsgemäße Panzerbauteil kann auch ein Strukturbauteil, das heißt ein Bauteil mit komplexer Struktur wie beispielsweise eine B-Säule sein. Bei den Personenkraftwagen und Bussen oder Transportkraftfahrzeugen kann das Panzerbauteil insbesondere als Ersatz oder Aufbau für reguläre Karosseriebauteile verwendet werden.
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Soweit nicht anders angegeben, bezeichnen alle Prozentangaben der Legierungselemente die Gewichtsprozente des Legierungselementes in der Legierung.
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Kohlenstoff wird erfindungsgemäß vorzugsweise zugegeben, um eine entsprechende Härte bei der martensitischen Umformung des Bauteils zu erhalten. Hierbei hat sich gezeigt, dass ein Kohlenstoffgehalt von 0,17–0,22 %, vorzugsweise von 0,19–0,22 %, bevorzugt ist. Mit diesem Kohlenstoffgehalt kann zum einen die gewünschte Härte erreicht werden und zum anderen wird die Schweißbarkeit durch die dennoch relativ geringe Menge an Kohlenstoff nur geringfügig beeinflusst.
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Silizium wird erfindungsgemäß in einem Bereich von 0,1–1,0%, vorzugsweise in einem Bereich von 0,3–0,4% zugegeben.
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Mangan wird erfindungsgemäß im Bereich von 0,3 bis 2,5%, vorzugsweise im Bereich von 0,5–0,65%, beispielsweise im Bereich von 0,55–0,65% oder 0,5–0,6% zugegeben. Mangan begünstigt die Erhöhung der Festigkeit und die Erhöhung der Durchhärtbarkeit, so dass auch Bauteile mit einer größeren Materialstärke hergestellt werden können. Wegen der in der Regel negativen Auswirkung von Mangan auf die Schweißbarkeit ist der Gehalt von Mangan, der für die festigkeitssteigernde Wirkung benötigt wird, auf 2,5% beschränkt. Weiterhin führt ein verhältnismäßig geringer Mangan-Gehalt zu einer reduzierten Seigerungsneigung. Zudem ist Mangan kostengünstig. Allerdings ist durch die Obergrenze des Mangangehaltes der Einfluss von Mangan, durch den die Legierung spröde wird, minimiert.
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Verunreinigungen, wie Phosphor, Schwefel und Kupfer werden erfindungsgemäß gering gehalten. Insbesondere ist der Phosphorgehalt auf max. 0,05%, vorzugsweise auf max. 0,01% begrenzt. Der Schwefelgehalt ist erfindungsgemäß auf max. 0,01%, vorzugsweise auf max. 0,002% begrenzt und der Kupfergehalt ist erfindungsgemäß auf max. 0,3%, vorzugsweise auf max. 0,15% oder 0,1% begrenzt.
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Durch die geringen Gehalte an Verunreinigungen kann eine hohe Reinheit der Korngrenzen sicher gestellt werden.
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Molybdän wird erfindungsgemäß in einem Bereich von 0,1 bis 1,0%, vorzugsweise von 0,25 bis 0,4%, beispielsweise im Bereich von 0,3 bis 0,4 oder im Bereich von 0,25 bis 0,35% zugegeben. Durch die Zugabe von Molybdän wird zum einen die Festigkeit des Bauteils verbessert und zum anderen die Anlassbeständigkeit des Bauteils erhöht.
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Nickel wird erfindungsgemäß in einem Bereich von 0,5 bis 3,0%, vorzugsweise von 1,45 bis 2,6, beispielsweise im Bereich von 1,45–1,55% oder im Bereich von 2,2–2,6%, zugegeben. Durch die Zugabe von Nickel wird die Zähigkeit erhöht und die Härtbarkeit, insbesondere Durchhärtbarkeit, verbessert.
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Chrom wird erfindungsgemäß in einem Bereich von 0,5 bis 2,5%, vorzugsweise in einem Bereich von 1,35 bis 2,2%, beispielsweise im Bereich von 1,8–2,2% oder im Bereich von 1,35–1,45% zugegeben. Durch die Zugabe von Chrom wird insbesondere die Härtbarkeit verbessert.
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Kobalt wird erfindungsgemäß in einem Bereich von 0,001–1,0%, vorzugsweise im Bereich von 0,002–0,55%, beispielsweise im Bereich von 0,002–0,005 oder im Bereich von 0,45–0,55% zugegeben. Durch die Zugabe von Kobalt wird insbesondere die Zähigkeit verbessert und die Martensitstarttemperatur angehoben.
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Da Kobalt die Zähigkeit bei hochdynamischer Belastung verbessert, kann ein Teil des Nickelgehaltes durch einen zunehmenden Anteil an Kobalt substituiert werden. Gemäß eine Ausführungsform wird die Substitution daher nur in gewissen Spannen entsprechend des in Gleichung 1 dargestellten Zusammenhanges durchgeführt. Weil Nickel für die Härtbarkeit des Werkstoffes benötigt wird, ist die Substitution nur bis zu einem minimalen Nickel-Gehalt von 0,5 Gew-% möglich. Ni = –2,0 Co3 + 2,0 Co2 – 2,0 Co + 2,5 (Gleichung 1) Niob wird erfindungsgemäß in einem Bereich von 0,001–0,1%, vorzugsweise in einem Bereich von 0,03 bis 0,05% zugegeben. Durch die Zugabe von Niob kann die Duktilität erhöht werden und zudem die Festigkeit durch Bildung verteilter Karbide erhöht werden. Zudem ist Niob ein schwacher Oxidbildner, so dass Oxide weitestgehend vermieden werden können, welche bei der Verwendung anderer Karbidbildner zur Kornfeinung, wie beispielsweise von Titan nicht ausgeschlossen werden kann. Somit können durch die Zugabe von Niob Verunreinigungen vermieden werden, die als Rissstarter dienen könnten. Weiterhin wird durch die Zugabe von Niob die Übergangstemperatur von spröde zu duktil um bis zu 40°C bei einem Niobgehalt von 0,04% reduziert. Dennoch wird der Niobgehalt erfindungsgemäß verhältnismäßig gering gehalten, da die Form der Niobkarbide und Niobkarbonitride, die sich ausbilden, kantiger oder eckiger sind als andere, wie beispielsweise Vanadiumkarbide. Der Maximalgehalt an Niob ist daher auf das Maß begrenzt, das für die Kornfeinung benötigt wird, insbesondere auf 0,1% vorzugsweise aber 0,05% oder 0,04%. Darüber hinaus weist Niob gegenüber Vanadium den Vorteil auf, dass dieses kostengünstiger ist.
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In der Legierung können weiterhin Aluminium, Titan, Bor und Stickstoff enthalten sein. Sofern Aluminium enthalten ist, liegt dieses in einem Gehalt von maximal 0,08%, vorzugsweise max. 0,025% vor. Da Aluminium zusätzlich zu Niob zugegeben wird, kann dadurch die Festigkeit weiter gesteigert werden.
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Sofern Titan enthalten ist, liegt dieses in einem Gehalt von maximal 0,1%, vorzugsweise max. 0,005% vor. Titan kann erfindungsgemäß zusätzlich oder alternativ zu Niob zur Kornfeinung beitragen.
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Sofern Bor enthalten ist, liegt dieses in einem Gehalt von maximal 0,003% vor. Sofern Stickstoff enthalten ist, liegt dieser in einem Gehalt von maximal 0,1%, vorzugsweise max. 0,012% vor.
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Die Einflüsse der weiteren Legierungselemente sind bekannt und deren Gehalte wurden entsprechend der wesentlichen Legierungselementen unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflussung gewählt. Im Rahmen eines Projektes wurden verschiedenste Legierungen auf Basis eines Cr-Ni Konzeptes getestet, wobei die erfindungsgemäßen Güten, sowohl die mechanischen als auch die geforderten Beschussanforderungen erfüllt haben.
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Zudem hat sich die erfindungsgemäß verwendete Legierung als vorteilhaft bezüglich des Warmformens erwiesen, beispielsweise bezüglich der 3-D Formgebung und der Reduzierung von Schweißnähten. Insbesondere wird durch die erfindungsgemäße Legierung eine Legierung bereitgestellt, die bei den in einem Werkzeug einstellbaren Abkühlbedingungen zu den geforderten mechanischen Eigenschaften führt und den ballistischen Prüfungen standhält.
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Die hier vorgestellte Legierungszusammensetzung weist die geforderten mechanischen und ballistischen Eigenschaften nach der Warmformung auf.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform liegt in der Stahllegierung Kobalt in einer Menge, ausgedrückt in Gewichtsprozent, von 0,002–0,55%, beispielsweise im Bereich von 0,002–0,01% oder im Bereich von 0,45 bis 0,55% vor. Wie oben bereits ausgeführt wird durch die Zugabe von Kobalt insbesondere die Zähigkeit verbessert und die Martensitstarttemperatur angehoben. Durch die erfindungsgemäß bevorzugten Gehaltsbereiche von Kobalt können diese Effekte auch unter Berücksichtigung der weiteren Legierungselemente erzielt werden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist die Stahllegierung, ausgedrückt in Gewichtsprozent, die bei der erfindungsgemäßen Verwendung eingesetzt wird, zusammengesetzt aus
Kohlenstoff: | 0,19–0,22 % |
Silizium: | 0,3 bis 0,4% |
Mangan | 0,5 bis 0,65% |
Phosphor | max. 0,012% |
Schwefel | max. 0,003% |
Aluminium | max. 0,025% |
Chrom | 1,35 bis 2,2% |
Molybdän | 0,25 bis 0,4% |
Nickel | 1,45 bis 2,6% |
Kupfer | max. 0,15% |
Titan | max. 0,005% |
Bor | max. 0,003% |
Niob | 0,03 bis 0,05% |
Stickstoff | max. 0,012% |
Kobalt | 0,002–0,55% |
Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist die Stahllegierung, ausgedrückt in Gewichtsprozent, die bei der erfindungsgemäßen Verwendung eingesetzt wird, zusammengesetzt aus
Kohlenstoff: | 0,19–0,22 % |
Silizium: | 0,3 bis 0,4% |
Mangan | 0,55 bis 0,65% |
Phosphor | max. 0,012% |
Schwefel | max. 0,003% |
Aluminium | max. 0,025% |
Chrom | 1,8 bis 2,2% |
Molybdän | 0,3 bis 0,4% |
Nickel | 2,2 bis 2,6% |
Kupfer | max. 0,1% |
Titan | max. 0,005% |
Bor | max. 0,003% |
Niob | 0,03 bis 0,05% |
Stickstoff | max. 0,012% |
Kobalt | 0,002–0,01% |
Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist die Stahllegierung, ausgedrückt in Gewichtsprozent, die bei der erfindungsgemäßen Verwendung eingesetzt wird, zusammengesetzt aus
Kohlenstoff: | 0,19–0,22 % |
Silizium: | 0,3 bis 0,4% |
Mangan | 0,5 bis 0,6% |
Phosphor | max. 0,012% |
Schwefel | max. 0,003% |
Aluminium | max. 0,025% |
Chrom | 1,35 bis 1,45% |
Molybdän | 0,25 bis 0,35% |
Nickel | 1,45 bis 1,55% |
Kupfer | max. 0,15% |
Titan | max. 0,005% |
Bor | max. 0,003% |
Niob | 0,03 bis 0,05% |
Stickstoff | max. 0,012% |
Kobalt | 0,45–0,55% |
Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.
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Vorzugsweise wird bei der erfindungsgemäßen Verwendung der Legierung eine Warmformung durchgeführt, durch die die angestrebten mechanischen und ballistischen Eigenschaften des Panzerbauteils eingestellt werden. Die vorliegende Erfindung betrifft somit auch ein Verfahren zur Herstellung eines Panzerbauteils, bei dem die erfindungsgemäß angegebene Legierung verwendet wird. Ausführungen zu sowie Vorteile und Merkmale der erfindungsgemäßen Verwendung gelten daher – soweit anwendbar auch für das Verfahren zur Herstellung eines Panzerbauteils und umgekehrt.
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Erfindungsgemäß kann vorzugsweise vorgesehen sein, dass zur Herstellung des Panzerbauteils das Panzerbauteil oder ein Halbzeug auf eine Temperatur über den AC1 Punkt, bevorzugt oberhalb des AC3 Punktes der Legierung erwärmt wird und anschließend abgeschreckt wird. Durch das Abschrecken erfolgt das Härten des Bauteils. Bei diesem Verfahren kann beispielsweise eine erfindungsgemäße Legierung im Stahlwerk warm gewalzt werden. Anschließend an den Warmwalzprozess kann der Stahl, beispielsweise noch im Walzwerk, als Tafel durch Abschrecken gehärtet werden. Es ist daher gut möglich mit der erfindungsgemäßen Legierung eine gehärtete Flachplatte als Panzerbauteil herzustellen. Da Formoperationen dann nur noch eingeschränkt möglich sind, müssen Teile aus der Flachplatte gegebenenfalls lasergeschnitten und miteinander verbunden werden.
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Vorzugsweise ist daher vorgesehen, dass zur Herstellung des Panzerbauteils das Halbzeug auf eine Temperatur über den AC1 Punkt, bevorzugt oberhalb des AC3 Punktes der Legierung erwärmt wird und ein Umformschritt eine Warmformung darstellt, die in einem Werkzeug vorgenommen wird.
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Als Warmformung wird erfindungsgemäß eine Formgebung für das Bauteil in einem Werkzeug bei erhöhter Temperatur verstanden, das mit einem zumindest teilweise Abkühlen des Bauteils in dem Werkzeug verbunden ist.
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Als Halbzeug wird im Sinne der Erfindung eine Zwischenstufe des Panzerbauteils verstanden. Insbesondere wird als Halbzeug das Panzerbauteil vor einer Warmformung verstanden. Das Halbzeug kann eine Platine, Platte, Bramme oder dergleichen darstellen. Das Halbzeug besteht dabei aus der erfindungsgemäß verwendeten Legierung.
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Der Umformschritt des Warmformens kann gemäß einer Ausführungsform den letzten Umformschritt darstellen. Als letzter Umformschritt wird im Sinne der Erfindung die aktive Formgebung, insbesondere spanlose Umformung, durch beispielsweise Prägen, Pressen, Tiefziehen und dergleichen verstanden. Eine spanende Umformung oder Bearbeitung, wie beispielsweise ein randseitiges Beschneiden oder Trennen kann auch nach dem Härten des Bauteils, das durch das Abkühlen erfolgt, vorgenommen werden.
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Durch das Erhitzen auf eine Temperatur oberhalb des AC1 Punkt, bevorzugt oberhalb des AC3 Punktes der gewählten Legierung wird das Halbzeug oder Bauteil austenitisiert. Vorzugsweise wird das Halbzeug oder Bauteil so lange erhitzt, bis das gesamte Gefüge austenitisiert ist.
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Durch die erfindungsgemäße Legierungszusammensetzung können bei dieser Warmformung mit den in einem Werkzeug einstellbaren Abkühlbedingungen die geforderten mechanischen Eigenschaften erzielt werden und das Bauteil kann den ballistischen Prüfungen standhalten. Indem die Härtung in dem Werkzeug stattfindet kann eine gute Maßhaltigkeit erzielt werden. Hierbei kann es ausreichen, dass das Abkühlen in dem Werkzeug soweit erfolgt, dass kein oder nur noch ein vernachlässigbarer Verzug beim Öffnen des Werkzeuges auftritt. Ein Abkühlen auf Raumtemperatur kann dann auch im geöffneten Werkzeug oder außerhalb des Werkzeuges stattfinden. Damit sind auch komplex geformte Bauteile mit guter Maßhaltigkeit möglich. Somit wird die Anzahl erforderlicher Schweißnähte auch bei komplexen Bauteilen verringert.
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Gemäß einer Ausführungsform wird zur Herstellung des Panzerbauteils als Halbzeug eine Platine aus ungehärtetem Material bereit gestellt, aus dieser Platine in einem oder mehreren Umformschritten ein Bauteil geformt, wobei das Halbzeug vor dem Umformschritt des Warmformens auf eine Temperatur über den AC1 Punkt, bevorzugt über den AC3 Punkt der Legierung erhitzt wird und wobei das über den AC1 Punkt, bevorzugt über den AC3 Punkt erhitzte Halbzeug in einem Presswerkzeug umgeformt und gleichzeitig unter Verbleib in dem Presswerkzeug gehärtet wird.
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Bei dieser Ausführungsform kann das warm gewalzte Band aus dem Stahlwerk im weichen Zustand verwendet werden. Bei einer im ungehärteten Zustand aus dem Band entnommenen Platine ist gegebenenfalls noch ein Kaltumformen möglich. Gleichzeitig ist die Platine aus der erfindungsgemäßen Legierung durch Warmformen und Werkzeughärten gut formbar und härtbar. Dies wurde oben bereits erläutert. Für den Warmformprozess wird das Halbzeug, das eine Platine oder das vorgeformte Bauteil darstellen kann, vor dem Umformschritt des Warmformens auf eine Temperatur über den AC1 Punkt, bevorzugt über den AC3 Punkt der Legierung erhitzt aus dem Ofen genommen und zur Presse transportiert, und dann das zumindest noch über AC1 erhitzte, bevorzugt über AC3 erhitzte, Halbzeug in einem Pressenwerkzeug umgeformt und gleichzeitig unter Verbleib in dem Werkzeug gehärtet. Wie oben beschrieben, ist es nicht erforderlich, dass die Härtung bis zur Martensitfinishtemperatur in dem Werkzeug durchgeführt wird. Vielmehr kann auch im geöffneten Werkzeug oder außerhalb des Werkzeuges ein Abkühlen auf Raumtemperatur stattfinden. Das Werkzeug kann erfindungsgemäß gekühlt oder ungekühlt sein.
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Erfindungsgemäß kann das Bauteil nach dem Härten angelassen werden. Ein Anlassen ist allerdings nicht zwingend erforderlich.
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Gemäß einer Ausführungsform wird das Panzerbauteil nach dem Härten einem Kaltumformschritt unterzogen. Es hat sich gezeigt, dass bei der erfindungsgemäß verwendeten Legierung eine deutliche Verbesserung der Kaltumformbarkeit im gehärteten Zustand gegeben ist. In diesem Fall stellt der Kaltumformschritt den letzten Umformschritt dar. Der Schritt des Warmformens, bei dem das Härten im Werkzeug erfolgt, ist in diesem Fall der vorletzte Umformschritt.
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Vorzugsweise weist das Panzerbauteil nach dem letzten Umformschritt, vorzugsweise nach dem Warmformen, eine Härte von 400–480 HBW und eine Kerbschlagarbeit von mehr als 35J auf.
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Die vorliegende Erfindung betrifft gemäß einem weiteren Aspekt auch ein Panzerbauteil, insbesondere für ein Fahrzeug, das nach der erfindungsgemäßen Verwendung hergestellt wurde und insbesondere aus der erfindungsgemäß verwendeten Legierung besteht.
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Vorteile und Merkmale der Verwendung und des Herstellungsverfahrens gelten – soweit anwendbar – entsprechend für das erfindungsgemäße Panzerbauteil und umgekehrt.
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Insbesondere weist das Panzerbauteil und die verwendete Legierung eine Warmformstahlgüte mit einer Härte höher 400HBW und erhöhter Duktilität (Kerbschlagarbeit, auch bei einer Temperaturen von –40 °C, über 35J) auf, wodurch ein Schutz gegen Ansprengungen sicher gestellt werden kann. Diese Eigenschaften werden bei dem erfindungsgemäßen Panzerbauteil vorzugsweise durch einen Warmformprozess erzielt, bei dem besonders bevorzugt die Abkühlung in dem Werkzeug erfolgt. HBW gibt hierbei die Härte nach Brinell an, wobei vorzugsweise mit einer Wolframkarbid Hartmetallkugel (W) getestet wird.. Der Kugeldurchmesser kann beispielsweise 2,5 mm betragen und eine Prüfkraft von 187,5kp kann verwendet werden. Allerdings könnten auch andere Kugeldurchmesser und Prüfkräfte verwendet werden. Die Härteprüfung wird insbesondere nach der Norm DIN EN ISO 6506-1 durchgeführt. Die Kerbschlagarbeit wird insbesondere nach dem Charpy Verfahren nach DIN EN ISO 148-1 (Januar 2011) ermittelt.
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Vorzugsweise weist das Panzerbauteil eine Wandstärke von mehr als 5mm, vorzugsweise von mehr als 7mm, besonders bevorzugt von mehr als 8mm auf. Eine solche Wandstärke ist bei der erfindungsgemäßen verwendeten Legierung möglich, da diese eine Abkühlung in einem Werkzeug mit geringeren Abkühlgeschwindigkeiten zulässt als dies bei anderen Legierungen möglich ist. Durch die geringere Abkühlgeschwindigkeit und die Legierungselemente kann ein Durchhärten gewährleistet werden.
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Das Panzerbauteil stellt vorzugsweise ein dreidimensional geformtes Bauteil dar. Bei einem dreidimensional geformten Bauteil können komplexe Bauteile bereits bei der Warmumformung gebildet werden. Dies bedeutet, dass zusätzliche Schweißverbindungen nicht oder nur bedingt erforderlich sind.
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Gemäß einer Ausführungsform stellt das Panzerbauteil einen Boden, eine Seitenwand oder ein Dach oder einen Teil dieser Fahrzeugteile dar. Diese Fahrzeugteile sind bei Angriffen besonderen Belastungen ausgesetzt und es ist daher vorteilhaft, wenn diese Fahrzeugteile die erfindungsgemäß erreichbaren Eigenschaften, insbesondere hohe Härte und hohe Duktilität aufweisen.
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Insbesondere der Boden von Fahrzeugen wird bei der Detonation selbstgebauter Sprengsätze extremen Belastungen ausgesetzt. Damit das Fahrzeug diesen Bedrohungen standhalten kann, müssen Fahrzeugböden neben einer hohen Härte, die für einen zusätzlich möglichen Beschuss wichtig ist, auch eine hohe Duktilität aufweisen, die eine dynamische Durchbiegung erlaubt und gleichzeitig das Versagen der Struktur verhindert. Aufgrund dieser neuen Anforderung wurden die technischen Vorschriften erweitert, sodass insbesondere für diesen Anwendungsfall eine neue Stahlgüte, die eine erhöhte Kerbschlagarbeit erfordert, eingeführt wurde. Allerdings muss neben dieser erhöhten Kernschlagarbeit auch weiterhin eine Durchschusshemmung gegen Hartkernbeschuss gegeben sein. Da hierfür eine bestimmte Härte Vorauszusetzen ist, in der Regel aber ein umgekehrt proportionaler Zusammenhang zwischen Zähigkeit und Härte zu beobachten ist, stellt die Herstellung einer derartigen, warmformbaren Güte große Herausforderungen an das Legierungskonzept, die durch die erfindungsgemäß verwendete Legierung erfüllt werden.
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Mit der vorliegenden Erfindung kann eine Reihe von Vorteilen erzielt werden. Insbesondere werden die gewünschten Werkstoffeigenschaften durch die beim Warmformen vorliegenden Abkühlbedingungen eingestellt. Indem die gewünschten Eigenschaften vorzugsweise in einem Warmformprozess eingestellt werden, erfordert die erfindungsgemäß verwendete Legierung – im Vergleich zu bekannten Panzerstählen – niedrigere kritische Abkühlraten. Zudem wird eine Kombination von hoher Härte (400–480 HBW) und hoher Duktilität (Kerbschlagarbeit >35J) erzielt. Es können beispielsweise warmgeformte Fahrzeugböden in großen Abmessungen mit idealen Eigenschaften hergestellt werden.
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Das erfindungsgemäße Legierungskonzept weist zwar einen höheren Kohlenstoffäquivalent als einige bekannte Legierungen auf und beeinflusst damit die Schweißbarkeit. Allerdings weist die Legierung immer noch eine gute Schweißbarkeit auf. Zudem kann die Notwendigkeit von Schweißnähten aufgrund der Möglichkeit der Warmumformung bei der erfindungsgemäß verwendeten Legierung verringert werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102005014298 B4 [0002]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Norm DIN EN ISO 6506-1 [0045]
- DIN EN ISO 148-1 (Januar 2011) [0045]