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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Zwischenverbindung der Synthese von 4-{5-[Bis-(2-chlorethyl)amino]-1-methyl-1H-benzoimidazol-2-yl}butansäure (Bendamustin). Dabei wird ein 4-(1-Methyl-5-amino-1H-benzimidazol-2-yl)butansäurealkylester mit einem 2-Haloethanol in einem wässrigen Essigsäure/Acetat-Puffersystem bei pH-Werten zwischen 4 und 6 zum 4-{5-[Bis-(2-hydroxyethyl)amino]-1-methyl-1H-benzimidazol-2-yl}butansäurealkylester umgesetzt.
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Bendamustin wird der Gruppe der Alkylantien, insbesondere den N-Lost-Derivaten, zugeordnet. Als antitumorales Chemotherapeutikum wird es sowohl zur Behandlung von hämatologischen Tumoren, wie Non-Hodgkin- und Hodgkin-Lymphomen, Mantelzelllymphomen, chronischer lymphatischer Leukämie oder multiplen Melanomen, als auch zur Behandlung von soliden Tumoren, wie Mammakarzinomen oder kleinzelligen Bronchialkarzinomen, eingesetzt.
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Die Verbindung wurde 1963 erstmalig von Ozegowski und Krebs beschrieben (siehe Ozegowski W, Krebs D. Aminosäureantagonisten. III. ω-[Bis-(β-chloräthyl)-amino-benzimidazolyl-(2)]-propion- bzw. -buttersäuren als potentielle Cytostatika. 1963 Jun; 20 (3–4): 178–186, sowie die darin zitierten Verweise) und unter dem Namen Cytostasan in Verkehr gebracht. 1993 wurde es Deutschland unter dem Namen Ribomustin zugelassen. 2008 wurde die Verbindung von der FDA zur Behandlung des B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms und der chronischen lymphatischen Leukämie zugelassen.
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Zahlreiche Syntheserouten zur Darstellung von Bendamustin sind im Stand der Technik bekannt.
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In
WO2010042568 wird die Synthese von Bendamustin ausgehend von 1-Methylamino-2,4-dinitrobenzen oder 2,4-Dinitroanilin beschrieben. Die Alkylierung der 1-Methyl-5-amino-benzimidazolverbindung erfolgt unter reduzierenden Bedingungen z.B. durch Chloressigsäure in Gegenwart von Boran.
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DD34727 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von N1-substituierten Bendamustin-Derivaten, wobei die Alkylierung der 1-Methyl-5-amino-benzimidazolverbindung durch Ethylenoxid erfolgt.
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In
WO2012007966 und IPCOM000185126D wird der Umsatz der 1-Methyl-5-amino-benzimidazolverbindung in Gegenwart von anorganischen Basen, wie Natrium- oder Kaliumcarbonat, beschrieben. Die Produktausbeuten liegen bei diesen Reaktionsbedingungen bei ca. 50 %. Dabei entstehen Nebenprodukte, wie z.B. 4-[5-(2-Hydroxyethyl)amino)1-methyl-1H-benzimidazol-2-yl]butansäurealkylester, deren Anteil bis zu 15 %, bezogen auf die Produktmenge, betragen kann.
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WO2011079193 beschreibt ebenfalls den Umsatz der 1-Methyl-5-amino-benzimidazolverbindung in Gegenwart einer organischen Base. Hier liegen die Produktausbeuten bei ca. 70 %.
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Die bekannten Verfahren zur Herstellung von Bendamustin weisen eine Reihe von Nachteilen auf, wie zum Beispiel die Bildung von Nebenprodukten oder geringe Ausbeuten. Einige Verfahrensschritte können nicht in großen Maßstäben oder industriellen Verfahren umgesetzt werden. Oftmals wird Ethylenoxid, ein giftiges und hochexplosives Gas, während der Synthese verwendet. Der Einsatz dieses Gases ist aus Gründen der Arbeitssicherheit unvorteilhaft.
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Vor diesem Hintergrund ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, Mittel und Verfahren zur Verfügung zu stellen, welche die ökonomische Darstellung von Bendamustin unter Vermeidung der Nachteile des Stands der Technik ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird durch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche gelöst.
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Überraschenderweise wurde bei Versuchen zur Optimierung der Alkylierungsreaktion der Amino-benzimidazol-Zwischenverbindung (1) gefunden, dass die Alkylierung ohne Zusatz einer organischen Base bei pH-Werten unter 9,1 in wässrigen Puffersystemen, insbesondere in Acetat/Essigsäurepuffer, mit gegenüber den im zitierten Stand der Technik verbesserten Ausbeuten und Reinheiten abläuft.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung wird die Verbindung 4-(1-Methyl-5-amino-1H-benzimidazol-2-yl)butansäurealkylester (1, CAS-Nr. 3543-73-5 (R = Ethyl-)) mit einem 2-Haloethanol in einem wässrigen Essigsäure/Acetat-Puffersystem bei pH-Werten < 9,1 zu 4-{5-[Bis-(2-hydroxyethyl)amino]-1-methyl-1H-benzimidazol-2-yl}butansäurealkylester (2, CAS-Nr. 3543-74-6 (R = Ethyl-)) alkyliert, wobei R Methyl-, Ethyl-, Propyl- oder Butyl- bedeutet.
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2-Haloethanol umfasst insbesondere die Verbindungen 2-Fluorethanol, 2-Chlorethanol, 2-Bromethanol oder 2-Iodethanol. Vorzugsweise wird die Alkylierung mit 2-Bromethanol oder 2-Chlorethanol durchgeführt, am meisten bevorzugt ist 2-Bromethanol.
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Gemäß einer alternativen Ausführungsform wird die Reaktion zur Herstellung von 4-{5-[Bis-(2-hydroxyethyl)amino]-1-methyl-1H-benzimidazol-2-yl}butansäurealkylester (2) in einem C1-C4-Alkylalkohol durchgeführt, wobei insbesondere Methanol, Ethanol, 1-Propanol, 2-Propanol, 1-Butanol, 2-Methyl-1-Propanol, 2-Butanol oder 2-Methylpropan-2-ol verwendet werden.
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Gemäß einer Ausführungsform wird die Alkylierung bei pH-Werten zwischen 4 und 8 durchgeführt, vorzugsweise bei pH-Werten zwischen 4 bis 6, insbesondere bei pH-Werten zwischen 4,5 und 5,5, wobei der pH-Wert durch den Zusatz von Pufferlösungen oder Hydrogencarbonaten eingestellt wird, insbesondere durch den Zusatz eines wässrigen Essigsäure/Acetat-Puffersystems.
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Unter den hier beschriebenen Reaktionsbedingungen werden Produktausbeuten von bis zu 85 % erreicht, was eine deutliche Steigerung verglichen mit den bisher beschriebenen Verfahren bedeutet.
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Gemäß einer Ausführungsform wird die Verbindung (2) nachfolgend mit einem geeigneten Chlorierungsmittel zu 4-{5-[Bis-(2-chlorethyl)amino]-1-methyl-1H-benzoimidazol-2-yl}butansäurealkylester (3, CAS-Nr. 87475-54-5 (R = Ethyl-)) umgesetzt, wobei R Methyl-, Ethyl-, Propyl- oder Butyl- bedeutet.
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Gemäß einer Ausführungsform wird als Chlorierungsmittel Sulfurylchlorid (SO2Cl2), Phosphoroxychlorid (POCl3), Phosphortrichlorid (PCl3) oder Phosphorpentachlorid (PCl5), insbesondere Thionylchlorid (SOCl2) verwendet.
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Gemäß einer Ausführungsform wird die Reaktion in Gegenwart von Chlorkohlenwasserstoffen, insbesondere Dichlormethan oder Trichlormethan, durchgeführt. Die Reaktion ist auch in aromatischen Lösungsmitteln durchführbar, insbesondere Toluol oder Chlorbenzol.
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Gemäß einer Ausführungsform liegt das Produkt (3) als wasserlösliches Hydrochlorid oder als analoges Salz vor.
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Gemäß einer Ausführungsform wird die Verbindung (3) zu 4-{5-[Bis-(2-chlorethyl)amino]-1-methyl-1H-benzoimidazol-2-yl}butansäure (4, Bendamustin, CAS-Nr. 16506-27-7) hydrolysiert.
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Gemäß einer Ausführungsform wird die Hydrolyse mit wässriger Salzsäure durchgeführt.
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Gemäß einer Ausführungsform liegt das Produkt (4) als wasserlösliches Hydrochlorid (CAS-Nr. 3543-75-7) oder als analoges Salz vor.
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Beschreibung der Abbildungen
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1 zeigt die Alkylierung von 4-(1-Methyl-5-amino-1H-benzimidazol-2-yl)butansäureethylester (1) zu 4-{5-[Bis-(2-hydroxyethyl)amino]-1-methyl-1H-benzimidazol-2-yl}butansäureethylester (2).
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2 zeigt die Chlorierung und anschließende Hydrolyse von 4-{5-[Bis-(2-hydroxyethyl)amino]-1-methyl-1H-benzimidazol-2-yl}butansäureethylester (2) zu 4-{5-[Bis-(2-chlorethyl)amino]-1-methyl-1H-benzoimidazol-2-yl}butansäure (4, Bendamustin) über die Zwischenstufe 4-{5-[Bis-(2-chlorethyl)amino]-1-methyl-1H-benzoimidazol-2-yl}butansäureethylester (3).
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Beispiele
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Beispiel 1: Synthese von 4-{5-[Bis-(2-hydroxyethyl)amino]-1-methyl-1H-benzimidazol-2-yl}butansäureethylester (2)
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Zu einer Lösung von Verbindung (1) (5,00 g, 19 mmol) in einem Gemisch aus Essigsäure (6,84 g, 114 mmol)/Natriumacetat (9,35 g, 114 mmol) und Wasser (100 g) wird Bromethanol (9,50 g, 76 mmol) gegeben. Der Reaktionsansatz wird auf 60–70 °C erwärmt und ca. 12 h bei dieser Temperatur gehalten. Der Umsatz wird per Dünnschichtchromatographie verfolgt. Bei komplettem Umsatz des Ausgangsstoffes wird der Ansatz abgekühlt, mit NaOH auf pH 8–9 gebracht und mit Dichlormethan (ca. 100 ml) extrahiert. Das Extrakt wird mit Wasser (50 ml) gewaschen und im Vakuum eingeengt. Zum zurückbleibenden Öl wird Ethylacetat (75 ml) gegeben. Das Gemisch wird erwärmt, bis eine klare Lösung entstanden ist und langsam auf 0 °C abgekühlt, wobei das Produkt kristallisiert. Das Produkt wird filtriert, mit wenig Ethylacetat gewaschen und im Vakuum getrocknet. Die Ausbeute an Verbindung (2) beträgt 5,48 g (82 % der Theorie).
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Das erhaltene Rohprodukt wird vor der weiteren Umsetzung aus Ethylacetat umkristallisiert. Dabei beträgt die Ausbeute 4,93 g (90 % der Theorie).
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Beispiel 2: Synthese von 4-{5-[Bis-(2-hydroxyethyl)amino]-1-methyl-1H-benzimidazol-2-yl}butansäureethylester (2)
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Zu einer Lösung von Verbindung (1) (5,00 g, 19 mmol) in Wasser (100 g) wird Bromethanol (9,50 g, 76 mmol) gegeben. Der Reaktionsansatz wird auf 60–70 °C erwärmt und ca. 12 h bei dieser Temperatur gehalten. Der pH-Wert der Reaktion wird verfolgt und durch sukzessive Zugabe von wässriger Natriumacetat-Lösung im Bereich 4–6 gehalten. Der Umsatz wird per Dünnschichtchromatographie verfolgt. Bei komplettem Umsatz des Ausgangsstoffes wird der Ansatz abgekühlt, mit NaOH auf pH 8–9 gebracht und mit Dichlormethan (ca. 100 ml) extrahiert. Das Extrakt wird mit Wasser (50 ml) gewaschen und im Vakuum eingeengt. Zum zurückbleibenden Öl wird Ethylacetat (75 ml) gegeben. Das Gemisch wird erwärmt bis eine klare Lösung entstanden ist und langsam auf 0 °C abgekühlt, wobei das Produkt kristallisiert. Das Produkt wird filtriert, mit wenig Ethylacetat gewaschen und im Vakuum getrocknet. Die Ausbeute an Verbindung (3) beträgt 5,68 g (85 % der Theorie).
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Das erhaltene Rohprodukt wird vor der weiteren Umsetzung aus Ethylacetat umkristallisiert. Dabei beträgt die Ausbeute 5,00 g (88 % der Theorie).
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Beispiel 3: Synthese von 4-{5-[Bis-(2-chlorethyl)amino]-1-methyl-1H-benzoimidazol-2-yl}butansäure (4, Bendamustin)
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Eine Lösung von Verbindung (2) (5,00 g, 14 mmol) in 40 ml Methylenchlorid wird bei 5 °C mit Thionylchlorid (4,26 g, 36 mmol) versetzt. Anschließend wird die Lösung 16 h bei Umgebungstemperatur gerührt. Das Lösungsmittel wird durch Destillation unter Vakuum entfernt. Das dabei entstandene braune Öl wird mit 45 ml 37 %-iger Salzsäure und 30 ml Wasser versetzt und 30 min auf 95 °C erhitzt. Anschließend werden 0,9 g Aktivkohle zugegeben und 10 min bei 95 °C gerührt. Das Produkt wird filtriert und im Vakuum soweit eingeengt, bis ein trockenes Produkt entsteht. Anschließend erfolgt die Kristallisation der Verbindung (4) in 20 ml Wasser. Das Produkt wird filtriert, mit Wasser und Aceton gewaschen und 2 h bei 50 °C im Vakuum getrocknet. Die Ausbeute an Verbindung (4) beträgt 4,3 g (11 mmol) mit einem Gehalt > 99 % (73 % d. Theorie).