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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Antriebsvorrichtung für eine Spritzgießmaschine und eine Spritzgießmaschine mit einer solchen Antriebsvorrichtung.
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Vorrangige Beispiele gattungsgemäßer Antriebsvorrichtungen sind Auswerfervorrichtungen und Kernzüge.
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Auswerfervorrichtungen dienen dem Auswerfen von halbverfestigten oder ganz verfestigten Spritzgießteilen aus einer Kavität eines Spritzgießwerkzeugs. Vor allem, wenn das Spritzgießprodukt Hinterschneidungen aufweist, kann es beim Auswerfen zu Problemen kommen. Zum Beispiel ist bei der automatischen Produktion von Schraubkappen für Getränkeflaschen eine gewisse Auswerferkraft notwendig. D. h., um diese Schraubkappen mit Innengewinde vom Negativteil (mit Außengewinde) des Spritzgießwerkzeugs zu lösen, streifen Auswerferstifte das noch nicht gänzlich ausgehärtete Spritzgießteil von der einen Werkzeughälfte des Spritzgießwerkzeugs ab. Da der Kunststoff noch nicht gänzlich ausgehärtet ist, weitet sich die Schraubkappe und lässt sich somit über das Negativgewinde der kavitätbildenden Werkzeughälfte streifen und kehrt danach wieder in die ursprüngliche Form zurück.
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Wird allerdings der Zyklus gestoppt oder tritt ein Fehler auf, kann es passieren, dass das Spritzgussteil am bzw. im Werkzeug auskühlt bzw. stark aushärtet, wodurch ein Abstreifen nur mehr erschwert möglich ist und es zu Verklemmungen beim Auswerfen kommt. Damit kommt es zu einem Stillstand beim Auswerfevorgang, der beispielsweise durch das händische Herausdrehen des verklemmten Spritzgießproduktes gelöst werden kann. Dies ist allerdings ein sehr zeitaufwändiger und ineffizienter Vorgang.
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Kernzüge dienen der Ausbildung relativ komplizierter Formgestaltungen im Werkzeug. Auch hier kann die Problematik des Verklemmens auftreten, was die Rückbewegung des betroffenen Kernes aus dem Werkzeug verhindert.
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In der
AT 508 658 A4 wird eine Auswerfervorrichtung vorgeschlagen, bei welcher ein Motorkraftbegrenzer zur Begrenzung der vom Antriebsmotor ausgeübten Auswerferkraft vorgesehen ist, der bei Vorliegen eines verklemmten Spritzgießteils wegschaltbar ist. Es wird also gezielt ein im Vergleich zu den Anforderungen des Normalbetriebs wesentlich überdimensionierter Antriebsmotor verbaut. Ein solcher überdimensionierter Antriebsmotor ist natürlich teurer als ein für den Normalbetrieb ausreichender Antriebsmotor und er baut üblicher Weise größer, sodass der Platzbedarf wächst.
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Bei einer Vorrichtung zur Energieversorgung von Antrieben gemäß
DE 10 2007 052 233 A1 haben die mit Energie zu versorgenden Antriebe jeweils einen Leistungssteller, vorzugsweise einen Frequenzumrichter. Die Frequenzumrichter müssen auf die Spitzenlast des jeweiligen Prozesses ausgelegt werden, auch wenn die Spitzenlast nur für eine relativ kurze Zeit auftritt. Die Frequenzumrichter sind damit überdimensioniert. Um den Energiebedarf gering zu halten, hat die Vorrichtung wenigstens einen zusätzlichen, auf Spitzenlast ausgelegten Leistungssteller. Er kann jedem Antrieb zugeschaltet werden. Mit diesem zusätzlichen Leistungssteller kann jeder antriebsseitige Leistungssteller elektrisch verbunden werden. Die Dauerleistung wird von den antriebsseitigen Leistungsstellern erbracht. Benötigt einer der Antriebe eine Spitzenlast, dann wird er mit dem zusätzlichen Leistungssteller verbunden, der die Spitzenlast erbringt und an den Antrieb liefert. Es ist auch möglich, zur Erzeugung einer Spitzenlast für einen der Antriebe wenigstens zwei Leistungssteller von nicht aktiven Antrieben parallel zu schalten. Dadurch kann der aktivierte Antrieb mit der notwendigen Spitzenleistung versehen werden. Die Vorrichtung wird hauptsächlich auf dem Gebiet der Versorgung von elektrischen Antrieben mit Energie eingesetzt, die seriell für eine kurze Zeit eine große Spitzenleistung benötigen.
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In einem Extruder oder Kneter der US 2009 / 0 135 016 A1 werden Lastwerte (Drehmoment) an einem Eingangswellenabschnitt einer Schneckenwelle von einem am Eingangswellenabschnitt installierten Lastdetektor erfasst, und dann wird ein Überlastzustand aus einem Lastmittelwert und einem Lastamplitudenwert der erfassten Lastwerte bestimmt und die Ausgabe eines „Abnormal“-Alarms und/oder das Stoppen der Schneckenwellenrotation werden durchgeführt, wenn eine Überlastdauer eines Überlastzustands eine vorbestimmte Zeit überschreitet. Auf diese Weise wird die Schraubenwelle vor Ermüdungsbruch geschützt, der durch Aufbringen einer Last verursacht wird, die eine vorgesehene mechanische Festigkeit nicht überschreitet, aber einen Ermüdungsbruch verursacht.
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DE 43 45 034 A1 offenbart eine Spritzgießmaschine mit elektrischem Antrieb sowie Verfahren zur Führung derselben. Es wird vorgeschlagen, auf Spritzgießmaschinen mit elektrischem Antrieb die lineare Bewegung der Spritzschraube zu steuern. Die gewünschte Position oder die gewünschte Drehzahl des Servomotors wird gemäß einer entsprechend spezifizierten Formulierung gesteuert oder geregelt. Anstelle der bisherigen Drehmomentregelung wird durch die Auslegung sichergestellt, dass eine ausreichende Drehmomentreserve vorhanden ist. Alle niederfrequenten Schwingungen des Systems, die durch das elastische Verhalten der flüssigen Polymerschmelze verursacht werden, werden vollständig eliminiert und die Einspritzparameter werden viel stärker gesteuert, so dass jetzt auch extrem dünnwandige Teile mit hoher Präzision hergestellt werden können. Folglich können das Anwendungspotential von elektrisch angetriebenen Spritzgießmaschinen stark erhöht und die entsprechenden Vorteile genutzt werden. Ebenfalls vorgeschlagen werden ein neuartiger Mehrfachantrieb für mindestens zwei, insbesondere für drei oder mehr Achsen mit entsprechenden Antriebssteuerungen, ein Datenübertragungssystem und ein Maschinencomputer. Die Prozesssequenz wird im Maschinencomputer definiert und als entsprechende Sollwerte vorgegeben. Diese werden über das Datenübertragungssystem einem Formulierungsspeicher einer Antriebsintelligenz zugeführt, der mehrere Achsen koordiniert steuert und/oder regelt.
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Aufgabe der Erfindung ist es, dem Benutzer das Bewegen der Antriebsteile relativ zu den Spritzgießteilen im Werkzeug auch unter schwierigen Bedingungen zu gestatten, insbesondere das Auspressen schwer entformbarer Teile aus dem Werkzeug oder den Rückzug von Kernen aus dem Werkzeug zu ermöglichen, ohne auf einen größeren und leistungsstärkeren Motor zurück greifen zu müssen.
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Diese Aufgabe wird durch eine Antriebsvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und eine Spritzgießmaschine mit einer solchen Antriebsvorrichtung gelöst.
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Die Erfindung nutzt die an sich bekannte Erkenntnis, dass Elektromotoren, insbesondere Servomotoren und vor allem permanent erregte Synchronmotoren, unter Beachtung der thermischen Verhältnisse der Wicklungsköpfe kurzzeitig überlastet werden dürfen, ohne dass irreversible Schädigungen der Motorwicklung oder eine Entmagnetisierung zu befürchten sind.
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An sich könnte man daher der Auffassung sein, dass eine Überwachung der Temperatur der Wicklungsköpfe des Elektromotors, insbesondere des permanent erregten Synchronmotors, eine sichere Erkennung einer drohenden Überhitzung und damit die Vermeidung irreversible Schäden gestatten sollte.
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Es hat sich jedoch überraschend herausgestellt, dass dies nicht der Fall ist, da offenbar das thermische Verhalten der Wicklungsköpfe unter Umständen eine hohe Dynamik entwickelt und nicht ausreichend schnell über einen Temperatursensor durch die Steuervorrichtung des Antriebsmotors erkannt werden kann.
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Hier setzt die Erfindung an, da die Steuervorrichtung die Aktivierung des Überlastbetriebsmodus für den Antriebsmotor nur dann gestattet, wenn bestimmte, im elektronischen Speicher der Steuereinrichtung abgelegte Freigabebedingungen, bei welchen eine irreversible Schädigung des Antriebsmotors ausgeschlossen ist, erfüllt sind.
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Da anzunehmen ist, dass der Bediener den Überlastbetriebsmodus nur im Notfall (z. B. beim Verkleben von Bauteilen im Einstellbetrieb) und selten (bei Vorliegen eines verklemmten Spritzgießteils) verwenden wird und diese Nutzung keinen Anspruch auf Zyklen-Festigkeit haben muss, ist der Ansatz legitim.
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Die Vorteile der Erfindung sind im Vergleich zum Stand der Technik unmittelbar einsichtig:
- - kostengünstiger, normal dimensionierter Antriebsmotor
- - unveränderter Platzbedarf des Antriebsmotors
- - gleiche Mechanik der Antriebsteile einsetzbar
- - Funktionalität des Überlastbetriebsmodus durch Steuervorrichtung darstellbar
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Die im elektronischen Speicher der Steuervorrichtung, welche als Teil einer Steuervorrichtung der gesamten Spritzgießmaschine ausgebildet sein kann, abgelegten Freigabebedingungen sind wahlweise oder kumulativ:
- - die Anzahl bereits erfolgter Aktivierungen des Überlastbetriebsmodus
- - die Dauer einer einzelnen Aktivierung des Überlastbetriebsmodus
- - die gesamte Dauer bereits erfolgter Aktivierungen des Überlastbetriebsmodus innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums
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Weitere vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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Die benötigte Sensorik kann beispielsweise im Antriebsmotor integriert sein.
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Zusätzlich kann ein Temperatursensor zur Bestimmung der Temperatur der Wicklungsköpfe des Antriebsmotors vorgesehen sein, wobei im elektronischen Speicher der Steuereinrichtung ein Grenzwert für die Temperatur abgelegt ist, bei dessen Vorliegen und/oder bei dessen Überschreitung die Steuereinrichtung die Aktivierung des Überlastbetriebsmodus verhindert oder abbricht. Die Verwendung einer Grenzwerttemperatur als alleinige Freigabebedingung ist aber - wie oben beschrieben - nicht ausreichend.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich anhand der Figuren und der dazugehörigen Beschreibung. Dabei zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung der Schließseite einer Spritzgießmaschine,
- 2 eine schematische Darstellung eines Kernzugs einer Spritzgießmaschine und
- 3a-c Ablaufdiagramme.
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Die 1 zeigt eine schematische Darstellung der Schließseite einer Spritzgießmaschine mit einer Auswerfervorrichtung 1 beim Auswerfen eine Spritzgießteils 5.
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Generell weist die Schließseite der dargestellten Spritzgießmaschine eine feststehende Formaufspannplatte 20 und eine bewegbare Formaufspannplatte 21 mit dazwischen angeordnetem, wenigstens zweiteiligem Spritzgießwerkzeug 7 auf. Zwischen den hier zwei Hälften des Spritzgießwerkzeugs 7 ist die Kavität 6 ausgeführt, in welcher zuvor das Spritzgießteil 5 durch Einspritzen von thermoplastischer Kunststoffschmelze mittels der Einspritzdüse 22 gebildet wurde.
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Die Auswerfervorrichtung 1 umfasst einen als permanent erregten Synchronmotor ausgebildeten Antriebsmotor 3, welcher über eine Spindel 13 die Auswerferplatte 2 translatorisch antreibt.
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An dieser Auswerferplatte 2 sind die bewegbare Formaufspannplatte 21 durchsetzende Auswerferstifte 4 angeordnet, welche an ihrem vorderen Ende Auswerferstiftfortsätze 23 aufweisen, die direkt am Spritzgießteil 5 angreifen und bei translatorischer Bewegung dieses Spritzgießteil 5 über den Gewindekern der linken Werkzeughälfte 7 abstreifen können. Die Auswerferplatte 2 ist an einer Auswerferplattenführung 29 verdrehsicher geführt. Die linke Werkzeughälfte 7 weist die Negativform des Innengewindes 25 für die herzustellende Schraubkappe in Form eines Außengewindes 24 auf, dessen Hinterschneidungen beim Abstreifen eines zu stark erkalteten bzw. ausgehärteten Spritzgießteils 5 (hier eine Schraubkappe) zu Problemen wie beispielsweise Verklemmungen führen kann
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Liegt eine Verklemmung des Spritzgießteils 5 vor, wirkt beim versuchten Auswerfen eine Gegenkraft über die Auswerferstiftfortsätze 23 und Auswerferstifte 4 auf die Auswerferplatte 2. An einem dieser genannten Teile kann ein Detektor 31 angeordnet sein (bevorzugt an der Auswerferplatte 2 wie in dargestellt), welcher die Gegenkraft detektiert.
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Der Detektor 31 gibt ein entsprechendes Signal an die Steuereinrichtung 33 weiter, welche gegebenenfalls den Auswerfermotor 3 in den Überlastbetriebsmodus schaltet. Dadurch kann ein bereits vollständig ausgehärtetes bzw. verklemmtes Spritzgießteil 5 jederzeit vom Spritzgießwerkzeug 7 entfernt werden, ohne zu lange Zyklusunterbrechungen notwendig zu machen. Die Steuereinrichtung 33 steht mit einer Steuerung 37 der gesamten Spritzgießmaschine in Verbindung. Sie kann auch in dieser ausgebildet sein.
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Anstelle der Anordnung eines Detektors 31 kann - vorzugsweise bei elektrischen Spritzgießmaschinen - auch der Motorstrom überwacht werden. Hierfür kann der Stromsensor 31' verwendet werden. Es ist auch möglich, einen von einem Bediener betätigbaren, nicht dargestellten Schalter vorzusehen, über den die Aktivierung des Überlastbetriebsmodus beantragt wird.
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Die 2 unterscheidet sich von der 1 nur dadurch, dass hier die Antriebsvorrichtung als Kernzug 34 ausgebildet ist. Die beiden Kerne 35, 36 werden hier in die Kavität 6 eines Spritzgießwerkzeugs 7 eingeschoben, um die Herstellung eines T-Profils zu ermöglichen. Auch hier kann es zu einem Ankleben oder Verklemmen des Spritzgießteils 5 kommen, was das Herausbewegen der Kerne 35, 36 behindern würde.
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Die 3a und die 3b zeigen mögliche Abläufe in der Steuereinrichtung 33 unter Verwirklichung der oben diskutierten Kriterien. Bei den Abläufen der 3a und 3b erfolgt jeweils eine Freigabe des Überlastbetriebsmodus (hier als „Boostfunktion“ bezeichnet) nur dann, wenn alle der in den Kästchen 38 angegebenen Kriterien erfüllt sind. Im gezeigten Fallbeispiel wird die Freigabe des Überlastbetriebsmodus sowohl durch den Ablauf der 3b als auch durch den Ablauf der 3c gesperrt, weil einerseits die Wicklungstemperatur zu hoch ist und andererseits die maximal zulässige Anzahl n max von Aktivierung innerhalb der vergebenen Zeitspanne erreicht wurde.
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Zu bemerken ist, dass die Abläufe der 3a und 3b grundsätzlich auch jeweils für sich allein realisiert werden können, der Ablauf der 3b (Temperaturüberwachung) aber nur in Kombination mit zumindest einem der Abläufe der 3a und 3b realisiert wird.
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Bevorzugt ist vorgesehen, dass alle drei Abläufe stets gleichzeitig realisiert werden und zur Freigabe des Überlastbetriebsmodus daher alle drei Abläufe ihre Freigabe geben müssen.