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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Straßenfahrzeugs, insbesondere eines Personenkraftwagens. Die Erfindung betrifft außerdem ein Straßenfahrzeug, das nach vorstehendem Betriebsverfahren betrieben werden kann.
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Aus der
DE 10 2009 059 803 A1 ist ein Straßenfahrzeug, nämlich ein Personenkraftwagen bekannt, der eine mehrere pyrotechnische Schubeinrichtungen umfassende Vorrichtung zur Radlasterhöhung während eines Notbremsvorgangs aufweist. Mit Hilfe einer derartigen Vorrichtung kann durch Auslösen der pyrotechnischen Schubeinrichtungen eine nach unten gerichtete Schubkraft erzeugt werden, die im Bereich eines Vorbaus des Fahrzeugs die Radlast signifikant erhöht, wodurch größere Längskräfte zwischen Vorderrädern des Fahrzeugs und einer Fahrbahn übertragen werden können, was zu einer Verbesserung der Bremsverzögerung genutzt werden kann.
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Pyrotechnische Schubeinrichtungen arbeiten naturgemäß nur vorübergehend und nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum, so dass sie nicht für normale Bremsvorgänge, also Betriebsbremsvorgänge, sondern nur für Notbremsvorgänge in Betracht kommen, um eine bevorstehende Kollision zu vermeiden bzw. um die Relativgeschwindigkeit und damit die kinetische Energie vor dem Zeitpunkt der Kollision zu reduzieren. Zur Identifizierung einer solchen Notbremssituation kann das jeweilige Fahrzeug mit einer entsprechenden Sensorik und Auswerteeinrichtung ausgestattet sein, mit deren Hilfe beispielsweise die Umgebung des Fahrzeugs überwacht werden kann.
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Aus der
DE 10 2005 062 279 A1 ist ein Straßenfahrzeug bekannt, das eine Vorrichtung zur Reibflächenerhöhung während eines Notbremsvorgangs aufweist, die eine auf eine Fahrbahn absenkbare Abstützeinheit umfasst. Beim bekannten Fahrzeug ist die Abstützeinheit als Bremskissen konzipiert, das pyrotechnisch aufblasbar bzw. ausdehnbar ist, um eine mit einem Bremsbelag ausgestattete Unterschale des Bremskissens schnell mit hohem Druck auf die Fahrbahn absenken zu können. Durch das Absenken der jeweiligen Abstützeinheit auf die Fahrbahn lässt sich die zur Übertragung von Bremskräften vorhandene Reibfläche zwischen Fahrzeug und Fahrbahn signifikant vergrößern, was eine Erhöhung der Bremsverzögerung ermöglicht. Da die Abstützeinheit nach unten drückt, kann sie gleichzeitig dazu genutzt werden, einen Bremsnickausgleich des Fahrzeugs zu bewirken, sofern die Abstützeinheit im Bereich eines Vorbaus des Fahrzeugs angeordnet ist. Während eines Bremsvorgangs erzeugen die Bremskräfte am Fahrzeug ein Bremsnickmoment, das dazu führt, dass sich das Fahrzeug im Bereich seines Vorbaus absenkt, während es im Bereich seines Hecks angehoben wird. Eine Absenkung des Vorbaus ist jedoch für einen Frontalcrash nicht erwünscht, da hierdurch die Gefahr eines Unterfahrens eines Hindernisses vergrößert wird. Auch sind die frontalen Knautschzonen des Fahrzeugs für eine definierte mittlere Höhenlage des Vorbaus bzw. für ein horizontal ausgerichtetes Fahrzeug optimiert.
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Die vorliegende Erfindung beschäftigt sich mit dem Problem, für ein Straßenfahrzeug bzw. für ein zugehöriges Betriebsverfahren eine verbesserte Ausführungsform anzugeben, die sich insbesondere durch eine höhere Fahrzeugsicherheit, insbesondere bei Notbremssituationen, auszeichnet.
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Dieses Problem wird erfindungsgemäß durch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf dem allgemeinen Gedanken, bei einem Straßenfahrzeug eine erste Notbremsvorrichtung, die mit zumindest einer pyrotechnischen Schubeinheit zur Radlasterhöhung arbeitet, mit einer zweiten Notbremsvorrichtung zu kombinieren, die mit zumindest einer auf eine Fahrbahn absenkbaren Abstützeinheit zur Reibflächenerhöhung arbeitet. Durch diesen Vorschlag werden am Fahrzeug somit zwei Notbremsvorrichtungen bereitgestellt, die beide zu einer Erhöhung der Bremsverzögerung genutzt werden können. Hierdurch lässt sich der für das Fahrzeug erforderliche Bremsweg signifikant reduzieren, was die Fahrzeugsicherheit erhöht. Die vorliegende Erfindung erschöpft sich jedoch nicht darin, die beiden grundsätzlich jeweils für sich bekannten Notbremsvorrichtungen gleichzeitig in einem Fahrzeug zu realisieren und während einer Notbremssituation parallel, also gleichzeitig zu verwenden. Die Erfindung geht vielmehr den Weg, die beiden grundsätzlich bekannten Notbremsvorrichtungen gezielt und intelligent miteinander zu koppeln, um so einen zusätzlichen Beitrag zur Sicherheit der Fahrzeuginsassen sowie des Fahrzeugs zu leisten. Im Einzelnen schlägt die Erfindung hierzu vor, die beiden Notbremsvorrichtungen so aufeinander abzustimmen, dass in einer Notbremssituation, also während eines Notbremsvorgangs zuerst wenigstens eine pyrotechnische Schubeinheit eingeschaltet wird, um so die Radlast zu erhöhen, um die gewünschte erhöhte Bremsverzögerung zu erzielen. Erst danach, also nach dem Einschalten der wenigstens einen Schubeinheit wird nur für den Fall, dass eine Kollision des Fahrzeugs mit einem Hindernis unvermeidbar erscheint, zumindest eine Abstützeinheit auf die Fahrbahn abgesenkt, um die Reibfläche zwischen Fahrbahn und Fahrzeug zu erhöhen und so die Bremsverzögerung zu erhöhen. Mit anderen Worten, falls die durch Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung erzielbare Bremsverzögerung ausreichen sollte, die Notbremssituation soweit zu entschärfen, dass eine Kollision des Fahrzeugs mit dem Hindernis vermieden werden kann, bleibt die zweite Notbremsvorrichtung deaktiviert, kommt also nicht zum Einsatz. Die Erfindung beruht hierbei auf der Erkenntnis, dass hohe Bremskräfte bei den Fahrzeuginsassen auch zu entsprechend hohen Kraftspitzen führen können, was mit einer erhöhten Verletzungsgefahr einhergehen kann. Beispielsweise können im Schulterbereich durch den Sicherheitsgurt Prellungen entstehen. Ebenso sind hohe Belastungen der Halswirbel und Nackenmuskulatur zu erwarten. Sofern also eine Kollision zwischen Fahrzeug und Hindernis vermieden werden kann, werden auch nur die erhöhten Bremskräfte aufgrund der Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung wirksam. Scheint dagegen eine Kollision zwischen Fahrzeug und Hindernis unvermeidbar, können durch die Aktivierung der zweiten Notbremsvorrichtung auch erhöhte Bremsverzögerungen in Kauf genommen werden, da die Kollision zwischen Fahrzeug und Hindernis ohnehin nochmals erhöhte Kraftspitzen erzeugt. Das hier vorgestellte Betriebsverfahren arbeitet somit mit zumindest zwei Eskalationsstufen für die Notbremssituation. In der ersten Eskalationsstufe wird die erste Notbremsvorrichtung aktiviert, beispielsweise um die Gefahr einer Kollision zwischen Fahrzeug und Hindernis zu reduzieren. Ist eine derartige Kollision unvermeidbar, kommt es zur zweiten Eskalationsstufe, in der die zweite Notbremsvorrichtung aktiviert wird. Reicht dagegen die Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung aus, die Kollisionsgefahr zu beseitigen, verbleibt das System in der ersten Eskalationsstufe und die zweite Notbremsvorrichtung wird nicht aktiviert.
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Entsprechend einer vorteilhaften Ausführungsform kann das jeweilige Schubelement am Fahrzeug so angeordnet sein, dass die damit erzielbare Radlasterhöhung zumindest im Bereich eines Vorbaus des Fahrzeugs erfolgt. Zusätzlich kann das jeweilige Abstützelement am Fahrzeug so angeordnet sein, dass die Reibflächenerhöhung zumindest im Bereich des Vorbaus erfolgt. Darüber hinaus kann die zweite Notbremsvorrichtung so konzipiert sein, dass die jeweilige Abstützeinheit während des Notbremsvorgangs soweit auf die Fahrbahn abgesenkt werden kann, dass das Fahrzeug im Bereich des Vorbaus gegenüber der Fahrbahn angehoben wird. Das Anheben des Vorbaus wirkt somit einem Bremsnickmoment entgegen und bewirkt im Idealfall einen Bremsnickausgleich. Bemerkenswert ist dabei, dass die erste Notbremsvorrichtung, wenn sie im Bereich des Vorbaus die Radlast erhöht, das Bremsnickmoment des Fahrzeugs signifikant verstärkt. Die nachfolgende, zusätzliche Aktivierung der zweiten Notbremsvorrichtung kann nun für den Crashfall, also für die unvermeidbar erscheinende Kollision zwischen Fahrzeug und Hindernis den Bremsnickausgleich realisieren, um das Fahrzeug für die Kollision optimal auszurichten.
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Grundsätzlich ist es dabei möglich, dass die jeweilige Abstützeinheit das gewünschte Anheben des Fahrzeugs auch dann bewirkt, wenn das jeweilige Schubelement noch eingeschaltet ist. In diesem Fall sind beide Notbremsvorrichtungen parallel aktiv. Die durch die erste Notbremsvorrichtung erhöhte Radlast führt dann in Verbindung mit der durch die zweite Notbremsvorrichtung erhöhten Reibfläche zu einer deutlich vergrößerten Bremswirkung und Bremsverzögerung am Fahrzeug. Alternativ ist es entsprechend einer vorteilhaften Ausführungsform möglich, vor dem Anheben des Fahrzeugs im Bereich des Vorbaus gegenüber der Fahrbahn durch das Absenken des jeweiligen Abstützelements das jeweilige Schubelement auszuschalten. Hierdurch werden die dem Anheben des Fahrzeugs entgegenwirkenden, radlasterhöhenden Kräfte des jeweiligen Schubelements reduziert bzw. ausgeschaltet, wodurch mit Hilfe des jeweiligen Abstützelements die gewünschte Anhebung des Fahrzeugs zum Bremsnickausgleich einfacher realisierbar ist. Darüber hinaus eröffnet diese Vorgehensweise auch die Möglichkeit, die beiden Notbremsvorrichtungen zeitlich hintereinander anzusteuern, also seriell zu betreiben und nicht parallel. Das bedeutet, dass die Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung zeitlich nach vorn verschoben werden kann, derart, dass während des Notbremsvorgangs zuerst mit Hilfe der ersten Notbremsvorrichtung eine erhöhte Bremsverzögerung in Verbindung mit einer erhöhten Radlast erzeugt wird und im Anschluss daran eine erhöhte Bremsverzögerung mit Hilfe der zweiten Notbremsvorrichtung durch eine erhöhte Reibfläche erzeugt wird. Hierdurch kann die Zeit, während der erhöhte Bremsverzögerungen wirksam sind, deutlich vergrößert werden, was insgesamt die Verzögerung des Fahrzeugs bei vergleichsweise niedrigen Kraftspitzen am Fahrgast optimiert. Wichtig ist dabei, dass die Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung zuerst erfolgt, da erst mit der nachfolgenden Aktivierung der zweiten Notbremsvorrichtung der Bremsnickausgleich realisierbar ist.
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Entsprechend einer anderen vorteilhaften Ausführungsform kann für den Fall, dass die erste Notbremsvorrichtung in einer Notbremssituation nicht zur Verfügung steht, sofort die wenigstens eine Abstützeinheit auf die Fahrbahn abgesenkt werden, um die Reibfläche zu erhöhen. Die erste Notbremsvorrichtung kann beispielsweise aufgrund eines Defekts oder aber aufgrund einer vorausgehenden anderen Notbremssituation, die zu einer Aktivierung der wenigstens einen Schubeinheit geführt hat, nicht zur Verfügung stehen. In diesem Fall wird der zeitliche Ablauf des Notbremsvorgangs so verändert, dass anstelle der ersten Notbremsvorrichtung gleich die zweite Notbremsvorrichtung aktiviert wird, also zu einem früheren Zeitpunkt als im Vergleich zum Normalfall, in dem die erste Notbremsvorrichtung zur Verfügung steht. Eine derartige Ausführungsform nutzt eine durch die beiden Notbremsvorrichtungen geschaffene Redundanz, um bei Ausfall der ersten Notbremsvorrichtung dennoch eine ausreichende Bremsverzögerung zur Reduzierung der Gefahren für Passagiere und Fahrzeug erzielen zu können.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung kann für den Fall, dass eine Kollision des Fahrzeugs mit einem Hindernis unvermeidbar erscheint, die jeweilige Abstützeinheit soweit auf die Fahrbahn abgesenkt werden, dass das Fahrzeug im Bereich des Vorbaus gegenüber der Fahrbahn angehoben wird. Wie bereits erläutert, kann durch diese Maßnahme ein Bremsnickausgleich realisiert werden, der das Fahrzeug für die unvermeidbare Kollision optimal, insbesondere horizontal, ausrichtet.
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Bei einer anderen Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass für den Fall, dass die zweite Notbremsvorrichtung in einer Notbremssituation nicht zur Verfügung steht, die jeweilige Schubeinheit über den Zeitpunkt hinaus eingeschaltet bleibt, zu dem die zweite Notbremsvorrichtung ein Anheben des Fahrzeugs im Bereich des Vorbaus bewirken würde, wenn sie zur Verfügung stände. Mit anderen Worten, für den Fall, dass die nachgeordnete zweite Notbremsvorrichtung nicht zur Verfügung steht, wird die Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung dahingehend modifiziert, dass die jeweilige Schubeinheit länger in Betrieb bleibt, um für einen längeren Zeitraum die erhöhten Radlasten zur Erhöhung der Bremsverzögerung bereitstellen zu können. Auch hier wird die durch die beiden grundsätzlich unabhängigen Notbremsvorrichtungen geschaffene Redundanz vorteilhaft genutzt.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die jeweilige Schubeinheit unmittelbar vor der Kollision des Fahrzeugs mit dem Hindernis ausgeschaltet werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass ein Schubstrahl der jeweiligen eingeschalteten Schubeinheit im Augenblick der Kollision nicht mehr vorhanden ist. Somit kann eine von der hohen Temperatur eines derartigen Schubstrahls ausgehende Gefahr für den Kollisionsvorgang reduziert werden.
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Entsprechend einer anderen vorteilhaften Ausführungsform kann eine mehrere, Rädern des Fahrzeugs zugeordnete, Radbremseinheiten aufweisende Betriebsbremsvorrichtung des Fahrzeugs in einer Notbremssituation so auf die Notbremsvorrichtung abgestimmt sein, dass während eines Notbremsvorgangs die Radbremseinheiten mit Notbremskräften an den Fahrzeugrädern angreifen, die größer sind als Normalbremskräfte, mit denen die Radbremseinheiten während eines Normalbremsvorgangs an den Fahrzeugrädern angreifen. Eine derartige Radbremseinheit umfasst üblicherweise Bremsbacken, die mit Hilfe eines hydraulischen und/oder elektromotorischen Antriebs gegen eine Bremsscheibe angedrückt werden können, um Bremskräfte in die Fahrzeugräder einzuleiten. Zur Vermeidung eines übermäßigen Verschleißes sorgt die Betriebsbremsvorrichtung dafür, dass die Radbremseinheiten während eines Normalbetriebs des Fahrzeugs zum Erzeugen von Normalbremskräften betätigt werden können. Die Erzeugung größerer Bremskräfte ist während des Normalbetriebs nicht erforderlich, da auch die Normalbremskräfte ausreichen, das jeweilige Fahrzeugrad zu blockieren. Ist jedoch bei aktivierter erster Notbremsvorrichtung die Radlast erhöht, lassen sich deutlich größere Bremskräfte zwischen Fahrbahn und Fahrzeugrad übertragen, so dass nunmehr auch größere Bremskräfte von den Radbremseinheiten auf die Fahrzeugräder übertragen werden können. Dementsprechend ermöglicht die Betriebsbremsvorrichtung für den Notbremsvorgang die Erzeugung höherer Notbremskräfte an den Fahrzeugrädern mit Hilfe der Radbremseinheiten.
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Ein erfindungsgemäßes Fahrzeug, bei dem es sich bevorzugt um einen Personenkraftwagen handelt, ist mit einer ersten Notbremsvorrichtung und mit einer zweiten Notbremsvorrichtung sowie mit einer Steuerungseinrichtung ausgestattet, wobei die Steuerungseinrichtung mit den beiden Notbremsvorrichtungen gekoppelt ist und außerdem zur Durchführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens ausgestaltet bzw. programmiert ist. Sofern außerdem eine Betriebsbremsvorrichtung der vorstehend genannten Art vorhanden ist, kann die Steuerungseinrichtung außerdem auch mit dieser Betriebsbremsvorrichtung gekoppelt sein.
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Entsprechend einer zweckmäßigen Weiterbildung kann die erste Notbremsvorrichtung eine erste Steuerung zum Steuern der wenigstens eines pyrotechnischen Schubeinheit aufweisen. Ferner kann die zweite Notbremsvorrichtung eine zweite Steuerung zum Steuern der wenigstens einen Abstützeinheit aufweisen. Die Steuerungseinrichtung des Fahrzeugs kann nun mit den beiden Steuerungen der Notbremseinrichtungen gekoppelt sein. Alternativ ist es ebenso möglich, dass wenigstens eine der beiden Steuerungen der Notbremseinrichtungen zumindest teilweise in die Steuerungseinrichtung des Fahrzeugs hardwaremäßig integriert und/oder softwaremäßig implementiert sind. Entsprechendes gilt dann auch für eine dritte Steuerung der Betriebsbremsvorrichtung zum Steuern der Radbremseinheiten.
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Die Abstützeinheit kann einen der Fahrbahn zugewandten Reibbelag aufweisen. Sie kann pyrotechnisch abgesenkt werden. Insbesondere kann sie an einem Gassack ausgebildet sein bzw. mit Hilfe eines derartigen Gassacks realisiert sein. Dabei kann der Gassack zweckmäßig pyrotechnisch aufgeblasen werden. Eine derartige Abstützeinheit, die mit Hilfe eines pyrotechnischen Gassacks absenkbar ist, kann auch als Bremskissen bezeichnet werden. Zweckmäßig ist die Abstützeinheit an einem Unterboden des Fahrzeugs, insbesondere im Bereich einer Vorderachse, angeordnet.
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Die jeweilige pyrotechnische Schubeinheit kann bezüglich einer Vertikalrichtung schräg angeordnet sein, derart, dass ein Schubstrahl der Schubeinheit auch eine nach vom gerichtete Komponente besitzt, so dass die mit Hilfe der Schubeinheit erzeugbaren Kräfte am Fahrzeug nach unten und nach hinten wirken. Zweckmäßig ist auf jeder Fahrzeugseite zumindest eine solche Schubeinheit angeordnet. Grundsätzlich können auf jeder Fahrzeugseite mehrere derartige Schubeinheiten angeordnet sein, die parallel oder in Reihe oder in beliebiger Kombination eingeschaltet werden können, um eine Optimierung bzw. Adaption der Radlasterhöhung abhängig von der jeweiligen Notbremssituation erzielen zu können.
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Weitere wichtige Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, aus den Zeichnungen und aus der zugehörigen Figurenbeschreibung anhand der Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert, wobei sich gleiche Bezugszeichen auf gleiche oder ähnliche oder funktional gleiche Bauteile beziehen.
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Es zeigen, jeweils schematisch,
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1 eine stark vereinfachte Seitenansicht eines Straßenfahrzeugs im Bereich eines Vorbaus,
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2 ein Ablaufdiagramm zur Veranschaulichung eines Betriebsverfahrens,
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3 ein Ablaufdiagramm zur Veranschaulichung des Betriebsverfahrens, jedoch bei einer anderen Ausführungsform.
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Entsprechend 1 umfasst ein Straßenfahrzeug 1, bei dem es sich bevorzugt um einen Personenkraftwagen handeln kann, eine erste Notbremsvorrichtung 2, eine zweite Notbremsvorrichtung 3 und eine Steuereinrichtung 4. Die erste Notbremsvorrichtung 2 umfasst zumindest eine pyrotechnische Schubeinheit 5, die bei ihrer Aktivierung eine Radlasterhöhung bewirkt. Im Beispiel sind auf jeder Fahrzeugseite mehrere derartige pyrotechnische Schubeinheiten 5 vorgesehen, die jeweils im Bereich eines Vorbaus 6 des Fahrzeugs 1 angeordnet sind. Die Schubeinheiten 5 sind am Fahrzeug 1 so angeordnet, dass sie im eingeschalteten Zustand einen Schubstrahl erzeugen, der das Fahrzeug 1 im Bereich des Vorbaus 6 vertikal nach unten gegen eine Fahrbahn 7 andrückt, um so die an Vorderrädern 8 wirkende Radlast zu erhöhen. Außerdem können die Schubeinheiten 5 optional so orientiert sein, dass zusätzlich eine nach hinten orientierte Kraft in das Fahrzeug 1 eingeleitet wird. Das bedeutet, dass der jeweilige Schubstrahl außerdem eine nach vorn orientierte Komponente enthält. Die Begriffe „vorne” und „hinten” beziehen sich auf eine in 1 durch einen Pfeil angedeutete Fahrtrichtung 9 des Fahrzeugs 1 bei Vorwärtsfahrt.
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Die zweite Notbremsvorrichtung 3 umfasst zumindest eine auf die Fahrbahn 7 absenkbare Abstützeinheit 10, mit deren Hilfe eine Reibfläche zwischen Fahrbahn 7 und Fahrzeug 1 erhöht werden kann. Die Abstützeinheit 10 ist im Bereich des Vorbaus 6 an einem Unterboden 11 des Fahrzeugs 1 angeordnet. Im Beispiel ist die Abstützeinheit 10 durch einen Reibungsbelag 12 gebildet, der mit Hilfe eines Gassacks 13 auf die Fahrbahn 7 absenkbar ist. Der Gassack 13 kann beispielsweise mittels einer hier nicht gezeigten pyrotechnischen Einrichtung aufgeblasen werden, um den Reibbelag 12 auf die Fahrbahn 7 abzusenken. Die auf diese Weise realisierte Abstützeinheit 10 kann auch als Bremskissen bezeichnet werden.
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Im Beispiel der 1 ist das Fahrzeug 1 außerdem mit einer Betriebsbremsvorrichtung 14 ausgestattet, die in üblicher Weise für jedes Fahrzeugrad 8 eine Radbremseinheit 15 aufweist, um auf konventionelle Weise Bremskräfte in das jeweilige Fahrzeugrad 8 einleiten zu können.
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Die Steuerungseinrichtung 4 kann nun auf geeignete Weise mit den beiden Notbremsvorrichtungen 2, 3 und mit der Betriebsbremsvorrichtung 14 gekoppelt sein. Im Beispiel ist die Steuerungseinrichtung 4 mit einer ersten Steuerung 16 verbunden, die zum Steuern der Schubeinheiten 5 dient. Ferner ist die Steuerungseinrichtung 4 mit einer zweiten Steuerung 17 gekoppelt, die zum Steuern der Abstützeinheit 10 dient. Außerdem ist die Steuerungseinrichtung 4 hier mit einer dritten Steuerung 18 gekoppelt, die zum Steuern der Radbremseinheiten 15 dient. In der Darstellung der 1 sind die Steuerungen 16, 17, 18 als separate Bauteile konzipiert, die separat zur Steuerungseinrichtung 4 vorgesehen sind. Ebenso ist es möglich, zumindest eine der Steuerungen 16, 17, 18 oder alle Steuerungen 16, 17, 18 zumindest teilweise hardwaremäßig in die Steuerungseinrichtung 4 zu integrieren und/oder softwaremäßig in die Steuerungseinrichtung 4 zu implementieren.
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Die hier vorgestellte Steuerungseinrichtung 4 ist zweckmäßig so ausgestaltet bzw. programmiert, dass sie das nachfolgend anhand der 2 und 3 näher erläuterte Verfahren zum Betreiben des Fahrzeugs 1 durchführen kann.
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In 2 kennzeichnet ein Block 19 eine Abfrage, nämlich die Frage, ob aktuell eine Notbremssituation vorliegt. Das Vorliegen einer Notbremssituation kann abhängig von Fahrzeugparametern und Umgebungsparametern überwacht werden. Insbesondere wird dabei überwacht, ob sich das Fahrzeug 1 einem stehenden oder bewegten Hindernis derart nähert, dass grundsätzlich eine Kollisionsgefahr besteht, wenn kein Lenkvorgang und/oder Bremsvorgang eingeleitet wird. Die Beantwortung dieser Frage kann positiv oder negativ ausfallen. Die Frage kann also mit „Ja” oder mit „Nein” beantwortet werden. In den 2 und 3 werden für die positiven Antworten, also für ein „Ja” Plussymbole (+) und für die negativen Antworten, also für ein „Nein” Minussymbole (–) verwendet.
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Fällt also die Abfrage, ob eine Notbremssituation vorliegt, negativ aus, führt ein Pfad 20 zur Abfrage 19 zurück, so dass diese wiederholt werden kann. Führt jedoch die Abfrage nach der Notbremssituation zu einem positiven Ergebnis, führt ein Pfad 21 zu einem Block 22, der die Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung 2 repräsentiert. Mit anderen Worten, im Falle einer Notbremssituation wird zumindest eine Schubeinheit 5 eingeschaltet. In der Regel werden dabei dann auch die Radbremseinheiten 15 aktiviert, um die erhöhte Radlast zum Erzeugen hoher Bremsverzögerungen zu nutzen. Nach dem Aktivieren der ersten Notbremsvorrichtung 2 folgt das Verfahren einem Pfad 23 zu einer Abfrage 24. Hier wird abgefragt, ob eine Kollision des Fahrzeugs 1 mit einem Hindernis unvermeidbar ist. Ist die Kollision unvermeidbar, folgt das Verfahren einem Pfad 25 bis zu einem Block 26, der die Aktivierung der zweiten Notbremsvorrichtung 3 repräsentiert. Mit anderen Worten, im Block 26 wird die Abstützeinheit 10 auf die Fahrbahn 7 abgesenkt, um die Reibfläche zu erhöhen. Anschließend führt ein Pfad 27 zu einem Block 28, der die Kollision des Fahrzeugs 1 mit dem Hindernis repräsentiert. Es ist klar, dass diese Kollision nicht zwangsläufig eintreten muss. In der Regel wird jedoch die vom System erkannte unvermeidbare Kollision mit höherer Wahrscheinlichkeit eintreten.
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Führt die Frage nach der Unvermeidbarkeit der Kollision im Block 24 jedoch zu einem negativen Ergebnis, folgt das System einem Pfad 29, der zu einer weiteren Abfrage 30 führt. In dieser weiteren Abfrage 30 wird geklärt, ob noch immer eine Notbremssituation vorliegt. Fällt diese Frage positiv aus, führt ein Pfad 31 zurück zum Block 22, so dass die Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung 2 aufrechterhalten bleibt. Fällt dagegen die Abfrage gemäß Block 30 negativ aus, folgt das Verfahren dem Pfad 32 zu einem Block 33, der das Deaktivieren der ersten Notbremsvorrichtung 2 repräsentiert. Im Einzelnen werden dann die Schubeinheiten 5 ausgeschaltet.
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3 veranschaulicht nun eine spezielle Ausführungsform des mit Bezug auf 2 grundsätzlich erläuternden Betriebsverfahrens.
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Zu Beginn wird wieder in einem Block 34 abgefragt, ob eine Notbremssituation vorliegt oder nicht. Fällt die Abfrage negativ aus, führt ein Pfad 35 das Verfahren zurück zum Ausgangspunkt, nämlich zur erneuten Abfrage 34. Fällt die Abfrage 34 dagegen positiv aus, führt ein Pfad 36 das Verfahren weiter zu einer Abfrage 37, in der geklärt wird, ob die erste Notbremsvorrichtung 2 überhaupt für einen Notbremsvorgang zur Verfügung steht. Ist dies der Fall, fällt die Abfrage 37 positiv aus und das Verfahren kann gemäß einem Pfad 38 zu einer weiteren Abfrage 39 gelangen, in der nun geklärt wird, ob die zweite Notbremsvorrichtung 3 zur Verfügung steht. Fällt auch diese Abfrage 39 positiv aus, folgt das Verfahren einem Pfad 40 und gelangt zu einem Block 41, der die Aktivierung der ersten Notbremseinrichtung 2 repräsentiert, also das Einschalten der Schubeinheiten 5. Anschließend folgt das Verfahren einem Pfad 42 und gelangt zu einem weiteren Abfrageblock 43, in dem die Frage geklärt wird, ob eine Kollision zwischen Fahrzeug 1 und Hindernis unvermeidbar ist. Führt diese Abfrage 43 zu einem positiven Ergebnis, gelangt das Verfahren entsprechend einem Pfad 44 zu einem Block 45, der die Aktivierung der zweiten Notbremsvorrichtung 3 bzw. das Absenken der Abstützeinheit 10 repräsentiert. im Anschluss kommt es gemäß dem Pfad 46 zur Kollision zwischen Fahrzeug 1 und Hindernis, die in 3 durch einen Block 47 repräsentiert ist. Auch hier ist grundsätzlich möglich, dass die Kollision letztlich nicht zwingend erfolgen muss, jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.
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Fällt die Abfrage 43 nach der erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Kollision zwischen Fahrzeug und Hindernis negativ aus, folgt das Verfahren einem Pfad 48 und gelangt zu einer Abfrage 49, in der geklärt wird, ob noch immer eine Notbremssituation vorliegt. Fällt diese Abfrage positiv aus, gelangt das Verfahren 3 entsprechend einem Pfad 50 zurück zum Block 41, der die Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung 2 betrifft, so dass die Schubeinrichtungen 5 eingeschaltet bleiben. Fällt dagegen besagte Abfrage 49 negativ aus, gelangt das Verfahren entsprechend einem Pfad 51 zum Block 52, der die Deaktivierung der ersten Notbremsvorrichtung 2, also das Ausschalten der Schubeinrichtungen 5 repräsentiert.
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Gelangt die frühere Abfrage 39 nach der Verfügbarkeit der zweiten Notbremsvorrichtung 3 zu einem negativen Ergebnis, steht die zweite Notbremsvorrichtung 3 nicht zur Verfügung. Dementsprechend folgt das Verfahren einem Pfad 53, der zu einem Block 54 führt, der die Aktivierung der ersten Notbremsvorrichtung 2, also das Einschalten der Schubeinrichtungen 5 repräsentiert. Anschließend gelangt das Verfahren gemäß einem Pfad 55 zu einer Abfrage 56, um zu klären, ob auch hier eine Kollision zwischen Fahrzeug 1 und Hindernis unvermeidbar erscheint. Fällt diese Frage positiv aus, folgt das Verfahren einem Pfad 57 und gelangt zu einem Block 58, der eine Abschaltung der Schubeinheiten 5 repräsentiert, bevor es gemäß einem Pfad 59 zur Kollision 47 kommt. Fällt die Abfrage nach der unvermeidbaren Kollision dagegen negativ aus, folgt das Verfahren einem Pfad 60, der zu einer Abfrage 61 führt, die klärt, ob nach wie vor eine Notbremssituation vorliegt. Ist dies der Fall, folgt das Verfahren einem Pfad 62 zurück zum Block 54, so dass die Einschaltung der Schubelemente 5 aufrechterhalten bleibt. Fällt diese Abfrage dagegen negativ aus, folgt das Verfahren einem Pfad 63, der zu einem Block 64 führt, der ebenfalls eine Abschaltung der Schubelemente 5 repräsentiert.
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Fällt dagegen die frühere Abfrage 37 nach der Verfügbarkeit der ersten Notbremsvorrichtung 2 negativ aus, folgt das Verfahren einem Pfad 65, der zu einem Block 66 führt, der die Aktivierung der zweiten Notbremseinrichtung 3 repräsentiert, also das Absenken der Abstützeinheit 10. Im Anschluss gelangt das Verfahren gemäß einem Pfad 67 zur Kollision 47.
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Die zweite Notbremsvorrichtung 3 kann so ausgelegt sein, dass sie einen Bremsnickausgleich am Fahrzeug 1 bewirkt. in diesem Fall erfolgt das Absenken des Abstützelements 10 auf die Fahrbahn 7 derart, dass dadurch im Bereich des Vorbaus 6 ein Anheben des Fahrzeugs 1 gegenüber der Fahrbahn 7 realisiert wird. Insbesondere wird dadurch das Fahrzeug 1 horizontal ausgerichtet.
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Zweckmäßig kann der in 2 mit 26 bezeichnete Block, der die Aktivierung der zweiten Notbremsvorrichtung 3 repräsentiert, auch das Ausschalten der Schubeinheiten 5 beinhalten, so dass das Absenken der Abstützeinheit 10 mit dem Ausschalten der Schubeinheiten 5 zusammenfällt oder sich daran anschließt. Entsprechendes gilt für den Block 45 in 3, der das Absenken der Abstützeinheit 10 repräsentiert. Auch dort kann zuvor oder simultan das Ausschalten der Schubeinheiten 5 bewirkt werden.
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Das in 3 im Block 66 gekennzeichnete Aktivieren der zweiten Notbremsvorrichtung 3 kann zeitlich früher erfolgen als das Aktivieren der zweiten Notbremsvorrichtung 3 im Block 45. Das in Block 58 charakterisierte Ausschalten der Schubeinheiten 5 kann zeitlich nach dem Einschalten der Abstützeinheit 10 in Block 45 erfolgen.
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Sofern die Steuerungseinrichtung 4 auch mit der dritten Steuerung 18 der Betriebsbremsvorrichtung 14 gekoppelt ist, kann auch hier eine Abstimmung mit den Notbremsvorrichtungen 2, 3 erfolgen, derart, dass während eines Notbremsvorgangs die Radbremseinheiten 15 mit Notbremskräften an den Fahrzeugrädern 8 angreifen, wobei diese Notbremskräfte größer sind als Normalbremskräfte, mit denen die Radbremseinheiten 15 während eines Normalbremsvorgangs an den Fahrzeugrädern 8 angreifen. Beispielsweise kann bei hydraulisch arbeitenden Radbremseinheiten der zur Verfügung stehende hydraulische Bremsdruck erhöht werden. Die Bremsdruckerhöhung kann dabei im Rahmen sogenannter Pre-Crash-Maßnahmen bereits im Vorfeld einer Notbremssituation durchgeführt werden. Weitere Pre-Crash-Maßnahmen sind beispielsweise eine Straffung der Sicherheitsgurte.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102009059803 A1 [0002]
- DE 102005062279 A1 [0004]