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Die Erfindung betrifft ein Verfahren, eine Anordnung und ein Computerprogramm zur Erkennung von Ableitungen ereigniskorrelierter Potenziale einer neuronalen Aktivität, beispielsweise des Gehirns.
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Evozierte und ereigniskorrelierte Potenziale sind ein etabliertes Werkzeug der objektiven neurologischen Diagnostik. Weltweit werden in Kliniken verschiedenster Fachrichtungen täglich viele medizinische Entscheidungen aufgrund von evozierten und ereigniskorrelierten Potenzialen gefällt. Evozierte und ereigniskorrelierte Potenziale (EKP, Englisch „event-related potentials”, ERP genannt) bezeichnen Potenzialunterschiede bzw. Wellenformen im Elektroenzephalogramm (EEG), die entweder durch Reizung eines Sinnesorgans oder eines peripheren Nervs ausgelöst werden oder mit kognitiven Prozessen, wie beispielsweise Aufmerksamkeit oder Sprachverarbeitung, korreliert sind. Mit dem Begriff EKP werden im Folgenden evozierte, ereigniskorrelierte und induzierte Potenziale zusammengefasst.
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EKPs haben im EEG eine sehr kleine Amplitude von einigen wenigen μV. Um daher die EKPs im ereignisunabhängigen Spontan-EEG mit einer Amplitude von etwa 50 bis 100 μV sichtbar machen zu können, müssen die gemessenen EEG-Signale mit Hilfe von Methoden der Signalanalyse ausgewertet werden. Dazu werden im einfachsten Fall mehrere Realisierungen eines EKPs gemittelt. Das Spontan-EEG wird dabei als stochastisches Störsignal betrachtet, das von dem Reiz oder dem kognitiven Prozess unabhängig und dessen Mittelwert Null ist. Hingegen sind die interessierenden EKPs zeitlich an den Reiz bzw. den kognitiven Prozess gekoppelt.
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Das EKP zeigt nach jedem Reiz bzw. kognitiven Prozess nahezu den gleichen Verlauf. Durch die wiederholte Darbietung eines Reizes bzw. die Wiederholung eines kognitiven Prozesses und die Mittelung des nachfolgenden EEG-Segments strebt die unabhängige Aktivität gegen Null, während das EKP aufsummiert wird. Die Anzahl der in der Praxis notwendigen Realisierungen hängt von dem Signal-Rausch-Verhältnis ab und ist je nach Sinnesmodalität und physikalischen Charakteristika verschieden. Bei beispielsweise einem durch Lichtblitze ausgelösten Potenzial genügen etwa 50 Reize, während zur Messung der frühen akustischen Hirnstammpotenziale etwa 1000 bis 2000 Reize dargeboten werden müssen. Die Auswertung der EKPs berücksichtigt die Form der Welle, die Wellenhöhe (Amplitude) und die Laufzeit (Latenz).
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Je nachdem, wie lange nach einem Ereignis eine Komponente im EEG auftritt, kann man diese verschiedenen Gehirnregionen zuordnen. Grob gilt folgende Einteilung: frühe Komponenten (0–10 ms) werden dem Hirnstamm, mittlere Komponenten (bis 100 ms) dem Thalamus und späte oder langsame Komponenten (bis 200 ms) dem Cortex zugeordnet.
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Um die Signalqualität der EKPs zu verbessern, werden schon seit einiger Zeit alternative Methoden der Signalanalyse verwendet. Mit ihnen lassen sich beispielweise Veränderungen in den Schwingungsstärken (Zeit-Frequenz-Analyse, Wavelet-Analyse), in der Synchronisation oder in der Kohärenz über die Einzelmessungen nachweisen. Vielversprechend ist auch die Analyse der Momentanphase von EKPs für verschiedene neurodiagnostische Anwendungen. Beispielsweise wird in F. Corona-Strauss et al. „Phase Stability Analysis of Chirp Evoked Auditory Brainstem Response by Gabor Frame Operators”, IEEE Transactions on Neural Systems and Rehabilitation Engineering, Vol. 17, No. 6, December 2009 eine Überlegenheit der Momentanphasenanalyse belegt. Dabei kommt die Momentanphasenanalyse auch im Rahmen der sogenannten „Novelty Detection” zum Einsatz, wobei sich das EEG-Messsystem selbst an die Messbedingungen anpasst. Die Reaktion auf einen Reiz wird dabei als „Novelty” gewertet, wohingegen die normale Bedingung inklusive der Umgebungsstörungen als „Standard” gewertet wird.
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Momentanphasen haben eine zirkulare Verteilung, die für eine statistische Auswertung die Anwendung der linearen Statistik verbietet. Zur Auswertung kommt daher die zirkulare Statistik, im Englischen auch „directional statistic” genannt, zum Einsatz. Die Tatsache, dass 0° und 360° identische Winkel sind, hat zur Folge, dass beispielweise 180° nicht der richtige Mittelwert von 2° und 358° sein kann. Daraus folgt, dass für einige Datentypen, wie zum Beispiel für zeitlich periodische, besondere mathematische Verfahren erforderlich sind. Beispielsweise müssen für die Mittelwertsbildung trigonometrische Funktionen verwendet werden.
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In D. J. Strauss et al. „Denoising of single-trial matrix representations using 2D nonlinear diffusion filtering”, Journal of Neuroscience Methods, 185: 284–292, 2010 wird beschrieben, wie aktuelle 2D Verfahren der Bildverarbeitung zur Verbesserung der Darstellung von EKPs genutzt werden können. Kern des 2D Ansatzes ist dabei eine Matrix-Darstellung von Einzelsweeps mit EKP, wie in 1 dargestellt.
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1 zeigt links oben die Amplitude A in mV mehrerer abgeleiteter Einzelsweeps in Abhängigkeit der Zeit T in s. Einzelsweeps sind einzelne Antworten auf einen auditiven Burst-Reiz, wobei N die Nummer des Sweeps bezeichnet. Rechts unten zeigt 1 das gemittelte Potenzial aus 100 Einzelsweeps, das häufig zur Analyse von späten auditorischen EKPs eingesetzt wird. Rechts oben zeigt 1 Einzelsweeps in einer Matrix angeordnet. Dabei ist die normierte Amplitude in Graustufen kodiert, von schwarz (= 0) bis weiß (= 1). Die Spur der dominanten N1 und P2 Welle dieses Potenzials sind deutlich zu erkennen. Informationen über Latenz- und Amplitudenvariationen können im Gegensatz zu dem gemittelten Potenzial aus der Einzelsweep-Matrix entnommen werden.
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Eigene Erfahrungen zeigen, dass die quantitative Bewertung der Messqualität von EKPs in der praktischen Nutzung von akustisch evozierten Potenzialen zu diagnostischen Zwecken an Bedeutung gewinnt. Hersteller entsprechender neurodiagnostischer EEG-Systeme wissen, dass ihre Systeme oftmals durch nicht ausreichend geschultes Personal bedient werden, was eine schlechte Ableitung zur Folge hat. Häufig kommt es zu einer schlechten ”Präpäration” des Patienten oder zu einer unzureichenden Vermeidung von Störeinflüssen, wie zum Beispiel eine schlechte Erdung des Systems oder elektromagnetische Störfelder.
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Daher spiegeln die so abgeleiteten Messkurven nur unzureichend neurophysiologische/elektrophysiologische Prozesse wider und die diagnostische Auswertung durch einen Arzt gestaltet sich schwierig. Als mit der Messqualität korreliertes Maß steht in der Regel häufig nur die Anzahl von Aktefakten zu Verfügung. Hierbei wird in der Regel lediglich die Amplitudenüberschreitung eines bestimmten Schwellwerts als Aktefakt bewertet und gezählt. Dadurch können lediglich grobe Störungen erkannt und bewertet werden. Seit ein paar Jahren wird in Normen für neurodiagnostische Systeme im Rahmen der Hördiagnostik ein Maß zur Bewertung der Messqualität gefordert.
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In Yin Fen Low et al. ”The Role of Attention in the Tinnitus Decompensation: Reinforcement of a large Scale Neural Decompensation Measure”, Proceedings of the 29th Annual Int. Conference of the IEEE EMBS, August 2007, Seiten 2485–2488 wird u. a. beschrieben, Zeit-Skalen Beziehungen von Momentanphasen Informationen eines Singlesweep zu verwenden.
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Die Qualität und die Stabilität von Stimulusantworten in Bezug auf die Phaseninformation wurden untersucht.
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Die Auswertung von EKPs kann unter anderem auch für die Einstellung von Hörgeräten bedeutsam sein. Beispielsweise offenbart die Druckschrift
DE 10 2009 060 093 A1 ein Verfahren und eine Anordnung zur automatischen, rekursiven Anpassung eines von einer Person getragenen Hörgeräts. Die Anordnung umfasst eine Stimuli-Generatoreinheit, die an das Hörgerät einen akustischen Reiz abgibt, und eine Signalerfassungseinheit mit einem Sensor, die eine neuronale Aktivität des Gehirns aufgrund des akustischen Reizes erfasst. Die Anordnung umfasst des Weiteren eine Rechen- und Steuereinheit, die ein Maß der Höranstrengung aus der erfassten neuronalen Aktivität ermittelt und daraus Änderungen von Hörgeräteparametern bestimmt, sowie eine Hörgerätesteuereinheit, die die Hörgeräteparameter ändert. Die Rechen- und Steuereinheit veranlasst wiederholt die Stimuli-Generatoreinheit zum Abgeben eines Hörreizes und die Hörgerätesteuereinheit zum Ändern eines Hörgeräteparameters, bis das Maß der Höranstrengung einen vorgebbaren Schwellwert unterschreitet. Dadurch können auf sehr robuste und verlässliche Weise Hörgeräte objektiv und automatisch angepasst werden. Notwendig ist auch hier, dass die akustisch evozierten Potenziale exakt erfasst werden bzw. deren Qualität beurteilt werden kann.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren, ein Computerprogramm und eine Anordnung anzugeben, die ereigniskorrelierte Potenziale in der Ableitung von neuronalen Aktivitäten des Gehirns erkennen.
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Gemäß der Erfindung wird die gestellte Aufgabe mit den Verfahren, dem Computerprogramm sowie der Anordnung der unabhängigen Patentansprüche gelöst.
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Kern der Erfindung ist die Auswertung einer Phasenspur in einer 2D-Matrixdarstellung von Einzelsweeps mit Hilfe einer zirkulären Statistik. Neben dem bereits bekannten Verfahren zur Rauschminderung von EKPs im Zeitbereich, eröffnet der 2D Ansatz erfindungsgemäß die Möglichkeit zur Bewertung der Signalqualität mittels direktionaler Verteilungen der Momentanphase in einer geeignet transformierten Einzelsweep Matrix-Darstellung. In den Matrix-Darstellungen von Einzelsweeps können die EKPs zu sehr komplexen Spuren führen.
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Beispielsweise sind in 2 auditorisch evozierte Einzelsweeps in Matrixdarstellung, die aus einem Auditory Streaming Experiment gewonnen wurden, dargestellt. Dabei müssen Zielsilben in Babble Noise erkannt werden. Das Erkennen der Zielsilbe wird durch das Drücken eines Knopfes quittiert. In 2 oben sind Einzelsweeps N in Abhängigkeit der Zeit T in ms als elektroenzephalografische Antwort auf die Zielsilben dargestellt. In 2 unten sind die Einzelsweeps N absteigend nach der Reaktionszeit sortiert. Besonderes für spätere Komponenten (P300) sind deutlich komplexe 2D Strukturen zu erkennen, die teilweise beispielsweise mit Verhaltensparametern korrelieren, wie die geordnete Spur im P300 Bereich in der 2 unten zeigt.
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Neben der beschriebenen 2D-Matrixdarstellung ergeben sich diese Spuren auch für die Momentanphase, wie in 3 für die Einzelsweeps N in Abhängigkeit der Zeit T in ms dargestellt. Zu sehen sind die Momentanphasen der Einzelsweep Matrix aus 2 unten mit einer nach der Reaktionszeit sortierten EKP Einzelsweep-Sequenz (= Vielzahl von Einzelsweeps) für eine Darstellung im Zeitbereich, wobei die Phase in Graustufen dargestellt ist (schwarz = –Pi, weiß = +Pi). Die sich ergebende direktionale Phasenspur ist mit einer weißen Linie gekennzeichnet. Phasenspuren werden definiert durch ähnliche Phasenwerte in der durch Sweeps N sich ergebenden Struktur in der bezüglich der Momentanphase transformierten Version der Einzelsweep-Matrixdarstellung.
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Diese direktionalen 2D-Phasenspuren können nun zur Bewertung des Grads der neuronalen Synchronisation und zur Bewertung der Qualität eines EKP Signals herangezogen werden. Im Falle der Spontanaktivität ergeben sich keine derartigen Phasenspuren. Die Qualität einer Phasenspur kann nun durch die zirkuläre Statistik bewertet werden. Lassen sich solche Phasenspuren nicht extrahieren, kann die Auswertung auch entlang einer vertikalen Linie in dem für das entsprechende EKP relevanten Zeitbereich angenähert erfolgen.
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Die Erfindung beansprucht ein Verfahren zur Erkennung von Ableitungen ereigniskorrelierter Potenziale einer neuronalen Aktivität, mit Ermitteln einer signifikanten Abweichung der zeitaufgelösten Momentanphase aus einer Zeit-Skalenbeziehung der Momentanphasen einer aus einer 2D-Einzelsweep-Matrixdarstellung von Einzelsweep-Sequenzen mit Reizdarbietung extrahierten Phasenspur oder eines bestimmbaren Bereichs der 2D-Einzelsweep-Matrixdarstellung von einer uniformen Momentanphasenverteilung der Zeit-Skalenbeziehung der Momentanphasen mindestens einer Einzelsweep-Sequenz ohne Reizdarbietung, wobei das Ermitteln einer signifikanten Abweichung mit Hilfe einer zirkulären Statistik erfolgt und wobei eine signifikante Abweichung auf ein ereigniskorreliertes Potenzial in den Einzelsweep-Sequenzen nach Reizdarbietung hinweist.
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Die Erfindung beansprucht auch ein Verfahren zur Erkennung von Ableitungen ereigniskorrelierter Potenziale einer neuronalen Aktivität, mit Ermitteln einer signifikanten Abweichung der zeitaufgelösten Momentanphase aus einer Zeit-Skalenbeziehung der Momentanphasen einer aus einer 2D-Einzelsweep-Matrixdarstellung von Einzelsweep-Sequenzen mit Reizdarbietung extrahierten Phasenspur oder eines bestimmbaren Bereichs der 2D-Einzelsweep-Matrixdarstellung von einem durch spontane neuronale Aktivität gewonnenen Referenzwert, wobei das Ermitteln einer signifikanten Abweichung mit Hilfe einer zirkulären Statistik erfolgt und wobei eine signifikante Abweichung auf ein ereigniskorreliertes Potenzial in den Einzelsweep-Sequenzen nach Reizdarbietung hinweist.
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In einer weiteren Ausführungsform erfolgt das Ermitteln der Abweichung für eine Einzelsweep-Sequenz von geradzahligen Reizdarbietungen und eine Einzelsweep-Sequenz von ungeradzahligen Reizdarbietungen getrennt.
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In einer Weiterbildung kann das Verfahren auf einem Expertensystem oder einer Lernmaschine zur autonomen Erkennung eines ereigniskorrelierten Potenzials ausgeführt und/oder das ereigniskorrelierte Potenzial auf einer Anzeigeeinheit angezeigt werden.
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Des Weiteren kann die neuronalen Aktivität durch ein Elektroenzephalogramm oder ein Magnetoenzephalogramm erfasst werden.
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Die Erfindung beansprucht des Weiteren ein Computerprogramm mit Programmcodemitteln, um alle Verfahrensschritte gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren durchführen zu können, wenn das Programm auf einem Computer oder einem digitalen Signalprozessor ausgeführt wird.
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Außerdem beansprucht die Erfindung eine Anordnung zur Erkennung von Ableitungen ereigniskorrelierter Potenziale einer neuronalen Aktivität. Die Anordnung umfasst eine Stimuli-Generatoreinheit, die mindestens einen Reiz darbietet, eine Signalerfassungseinheit mit mindestens einem Sensor, die eine neuronale Aktivität aufgrund des Reizes erfasst, sowie eine Rechen- und Steuereinheit, die das erfindungsgemäße Verfahren ausführt.
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Weitere Besonderheiten und Vorteile der Erfindung werden aus den nachfolgenden Erläuterungen mehrerer Ausführungsbeispiele anhand von schematischen Zeichnungen ersichtlich.
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Es zeigen:
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1: eine 2D-Matrixdarstellung von Einzelsweeps,
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2: auditorisch evozierte Einzelsweeps in einer 2D-Matrixdarstellung,
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3: Momentanphasen einer 2D Einzelsweep-Matrixdarstellung geordnet nach der Reaktionszeit,
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4: ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zur Ermittlung eines ersten Qualitätsmaßes für Ableitungen ereigniskorrelierter Potenziale von neuronalen Aktivitäten des Gehirns,
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5: eine Darstellung von Einzelsweeps ohne Stimulation eines ersten Patienten,
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6: eine Darstellung von Einzelsweeps mit 30 dB SPL Stimulation eines ersten Patienten,
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7: eine Darstellung von Einzelsweeps mit 40 dB SPL Stimulation eines ersten Patienten,
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8: eine Darstellung von Einzelsweeps ohne Stimulation eines zweiten Patienten,
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9: eine Darstellung von Einzelsweeps mit 30 dB SPL Stimulation eines zweiten Patienten,
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10: eine Darstellung von Einzelsweeps mit 40 dB SPL Stimulation eines zweiten Patienten und
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11: eine Anordnung zur Ermittlung eines ersten Qualitätsmaßes für Ableitungen ereigniskorrelierter Potenziale von neuronalen Aktivitäten des Gehirns.
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4 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Ausführungsbeispiels eines Verfahrens zur Ermittlung eines ersten Qualitätsmaßes für Ableitungen ereigniskorrelierter Potenziale von neuronalen Aktivitäten des Gehirns. Eine Testperson wird wiederholt einem auditorischen Reiz (= Stimulus) ausgesetzt. Mittels Elektroenzaphalographie werden Ableitungen der EKPs (= Einzelsweeps) ermittelt. Die so ermittelten Einzelsweeps werden in einer 2D-Matrix S zeitlich aufgelöst dargestellt, wobei die Amplituden in Graustufen gewandelt sind. Mittels einer komplexwertigen Zeit-Skalen Transformation, beispielsweise einer Wavelet-Transformation, wird die 2D-Matrix S in eine 2D-Matrix der Momentanphasen W umgewandelt. Durch 2D-Bildverarbeitung können eine oder mehrere Phasenspuren (= Punkte ähnlicher Phase) extrahiert werden. Optional kann eine Initialisierung mit einem festen Zeitintervall in der Matrix W erfolgen. Dadurch erfolgt eine Selektion von Phasenwerten WS, die für die weiteren Schritte verwendet werden.
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Es gibt nun zwei Möglichkeiten: eine Auswertung ohne Selbstkalibrierung und eine Auswertung mit Selbstkalibrierung. Bei der Variante ohne Selbstkalibrierung wird mit Hilfe der zirkulären Statistik eine zirkuläre Gleichverteilung der Phasenwerte WS überprüft. Dabei lautet die Nullhypothese, dass es sich um eine Gleichverteilung handelt. Bei der Variante mit Selbstkalibrierung wird mit Hilfe der zirkulären Statistik die zirkuläre Richtung der Phasenwerte WS mit Stimulation und ohne Stimulation (= Sweeps der Spontanaktivität) überprüft. Dabei lautet die Nullhypothese, dass es sich um die gleiche Richtung handelt.
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Aus der Überprüfung ergibt sich ein Signifikanzwert p, der bei hoher Abweichung von der Gleichverteilung bzw. der gleichen Richtung klein ist. Die Messqualität der Einzelsweeps ist nun umgekehrt proportional zum Signifikanzwert. Ein kleiner Signifikanzwert p bedeutet also eine hohe Messqualität. Zur besseren Auswertung wird das erste Qualitätsmaß QM, das die Messqualität angibt, durch exp(–s·p) angegeben und ist auf das Intervall [0, 1] normiert. s gibt einen Normierungsfaktor an.
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Ist nun das erste Qualitätsmaß QM größer als ein Schwellwert t entlang der Phasenspur oder für eine vorbestimmte Anzahl von X Zeitpunkten aus Y Zeitpunkten, ist die Messqualität der gemessenen EKPs ausreichend. Dadurch können auch EKPs sicher und robust erkannt werden.
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Das Verfahren kann für ungeradzahlige Reizdarbietungen und für geradzahlige Reizdarbietungen getrennt erfolgen. Es ergeben sich somit zwei erste Qualitätsmaße QM. Aus den so ermittelten zwei ersten Qualitätsmaßen QM kann beispielweise durch Korrelation ein zweites Qualitätsmaß ermittelt werden.
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Die 5 bis 7 zeigen Ergebnisse von Messungen auditorisch evozierter Hirnstammpotenziale einer ersten Person sowie ihre Auswertung. 5 zeigt Ergebnisse von Einzelsweeps ohne Stimulation, 6 mit einer 30 dB SPL Stimulation (leise Stimulation, schwache Signale) und 7 mit einer 40 dB SPL Stimulation (etwas lautere Stimulation, klarere Signale).
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Die 8 bis 10 zeigen Ergebnisse von Messungen auditorisch evozierter Hirnstammpotenziale einer zweiten Person sowie ihre Auswertung. 8 zeigt die Ergebnisse von Einzelsweeps ohne Stimulation, 9 mit einer 30 dB SPL Stimulation (leise Stimulation, schwache Signale) und 10 mit einer 40 dB SPL Stimulation (etwas lautere Stimulation, klarere Signale).
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In den 5 bis 10 stellen die vier dargestellten Diagramme jeweils folgenden Sachverhalt dar:
Das Diagramm links oben zeigt den Mittelwert der Amplitude A in mV von 1500 Einzelsweeps im Zeitbereich über die Zeit T in ms aufgetragen. Die Zeitachsen zeigen 768 Abtastwerte gewonnen mit einer Abtastfrequenz von 19,2 kHz.
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Das Diagramm rechts oben zeigt die Einzelsweep Matrix-Darstellung entsprechend dem Diagramm links oben, wobei N die Sweep-Nummer und T die Zeit in ms bezeichnet.
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Das Diagramm links unten zeigt die 2D-Matrix der Momentanphasen ermittelt durch eine geeignete Wavelet-Transformation der Einzelsweep Matrix-Darstellung aus dem Diagramm rechts oben (4. Ableitung der komplexen Gaußfunktion als Wavelet, Skala = 25).
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Das Diagramm rechts unten zeigt das erste Qualitätsmaß QM der Messqualität, die proportional zu 1/p ist. Der p-Wert ist der Signifikanzwert des zirkulären Rayleigh Tests, der die Abweichung von einer uniformen Verteilung bewertet bzw. angibt. Für eine bessere Auswertung und Darstellung wird das erste Qualitätsmaß QM durch exp(–s·p) auf das Intervall [0, 1] normiert. Hier erfolgt die Normierung mit s = 200. s ist spezifisch für die Applikation und das Messsystem.
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Das Maximum des ersten Qualitätsmaßes QM ergibt sich unter der Phasenspur, die durch eine direktionale oder nichtlokale Bildverarbeitung aus der Einzelsweep Matrix-Darstellung der Momentanphasen extrahiert werden kann. In den 5 bis 10 liegt eine einfache vertikale Phasenspur vor. Bei Überschreiten eines geeignet gewählten Schwellwerts t, beispielsweise t = 0,2, kann die Qualitätskontrolle zusätzlich mit der Detektion von EKPs komplettiert werden. Liegt das erste Qualitätsmaß QM über dem Schwellwert t, liegen verwertbare EKPs vor.
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11 zeigt das Blockschaltbild einer Anordnung zur Ermittlung eines ersten Qualitätsmaßes für Ableitungen ereigniskorrelierter Potenziale einer neuronalen Aktivität. Mit einer Stimuli-Generatoreinheit 1 werden auditorische Reize (Stimuli) einer Testperson 2 mittels Kopfhörern 6 dargeboten. Mit einer EEG-Einheit, umfassend eine Signalerfassungseinheit 3 mit Sensoren 5, wird die neuronale Aktivität des Gehirns aufgrund des dargebotenen Reizes erfasst (sogenannte Ableitungen der EKPs). Mit einer Rechen- und Steuereinheit 4 wird das oben beschriebene Verfahren durchgeführt und das erste Qualitätsmaß QM ermittelt. Die Anordnung dient gleichzeitig auch zum sicheren Erkennen von EKPs.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Stimuli-Generatoreinheit
- 2
- Testperson
- 3
- Signalerfassungseinheit
- 4
- Rechen- und Steuereinheit
- 5
- Sensor
- 6
- Kopfhörer
- A
- Amplitude
- N
- Nummer des Einzelsweeps
- T
- Zeit
- QM
- erstes Qualitätsmaß
- p
- Signifikanz
- t
- Schwellwert