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Dentalschienen, deren Herstellung und deren Verwendung
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Die vorliegende Erfindung den Einsatz von thermoplastisch verformbaren Folien zur Herstellung von Dentalschienen. Dentalschienen sind üblicherweise starre, dem Kiefer des Patienten angepasste Schienen und kommen zur Behandlung unterschiedlichster Indikationen zum Einsatz, beispielsweise zur Therapie von Zahnknirschen und zur Korrektur von Zahn- und Kieferfehlstellungen sowie zur Behandlung anderer Indikationen aus dem Bereich CMD (Cranio Mandibuläre Dysfunktion). Auch gegen Schlafapnoe und zum Schutz von Verletzungen im Sport werden Zahnschienen verwendet.
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Dentalschienen können in der Kieferorthopädie z. B. als Aufbiss-Schienen, als Dehnplatten oder als Retentionsschienen zur Korrektur von Zahnfehlstellungen oder als andere herausnehmbare kieferorthopädische Geräte eingesetzt werden. Zur Behandlung von Schlafatmungsregulationsstörungen können Zahnschienen ebenfalls eingesetzt werden. Um die auftretenden Kräfte aufzufangen, ist ein perfekter Sitz dieser medizinischen Hilfsmittel auf den Zähnen erforderlich. Die Schiene muss also genau zum Kiefer des Patienten formschlüssig passen.
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Eine Fertigungsmethode von Zahnschienen geht von Monomeren oder Präpolymeren aus, die nach Einbringen in eine Form gehärtet werden. Bei diesen bekanntem Verfahren werden Monomere oder Präpolymere in Gussformen eingebracht, die dem Kiefer des Patienten nachgebildet sind. Durch Zugabe von Initiatoren und/oder durch Lichthärtung werden diese Verbindungen polymerisiert und ausgehärtet. Dabei erfolgt häufig keine vollständige Polymerisation der polymerisierbaren Verbindungen. Aufgrund der unvollständigen Polymerisationsreaktion können bei Gebrauch einer so hergestellten Dentalschiene Restmonomere oder Additive in den Mundraum gelangen und zu unerwünschten Nebenreaktionen führen.
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Eine weitere Fertigungsmethode von Zahnschienen verwendet Folien aus thermoplastischen Kunststoffen. Dieses hat zu einer Verbesserung der Dentalschienen geführt. Bei dieser Herstellungsweise werden thermoplastisch verformbare Folien eingesetzt und es kommt üblicherweise das Tiefziehverfahren zum Einsatz. Dabei wird eine bei Raumtemperatur feste Folie über ihren Erweichungspunkt erhitzt und die weiche Folie dann über ein individuell angefertigtes Kiefermodell des Patienten gezogen, wo sie abkühlt und erstarrt. Der Einsatz von Vakuumverformung oder Druckverformung ist ebenfalls möglich. In
DE 195 11 064 A1 wird eine Tiefziehvorrichtung für dentale Zwecke beschrieben, bei der thermoplastische Folien im Tiefziehverfahren verarbeitet werden.
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Weitere Dentalschienen aus unterschiedlichsten thermoplastischen Kunststoffen sowie Kits aus Abdrucklöffel und Materialien für die Dentalschiene werden in
WO 2006/009745 A1 , in
WO 2005/046503 A1 , in
DE 10 2006 056 983 A1 und
DE 20 2011 004 264 U1 beschrieben.
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Entscheidend für die Qualität der Dentalschiene ist die Abformgenauigkeit des Kiefermodells. Die Schiene muss dem Kiefer des Patienten exakt angepasst sein, da sie über einen längeren Zeitraum, beispielsweise mehrere Nächte, getragen werden muss, um den therapeutischen Effekt zu erzielen.
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Es können auch Folienverbunde aus zwei oder mehr unterschiedlichen Kunststoffmaterialien eingesetzt werden. Ein Beispiel für die Herstellung von mehrschichtigen Dentalfolien durch Tiefziehen findet sich in
WO 2010/043419 A1 .
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Tiefziehfolien werden in unterschiedlichen Formen und Größen angeboten. Die Folienform richtet sich dabei nach dem verwendeten Tiefziehgerät, der gewünschten Wandstärke und nach dem angestrebten therapeutischen Zweck.
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Aus ästhetischen Gründen wird ein glasklares Kunststoffmaterial bevorzugt, da die Dentalschiene dann unauffällig getragen werden kann.
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Handelsübliche Folien sind für die Verwendung in Tiefziehgeräten vorkonfektioniert. Als Kunststoff werden beispielsweise PMMA, PETG, CP, PE, PP, PS, PC, PVC (Bezeichnung nach DIN-ISO 1043) verwendet. Zudem werden kautschukartige Produkte wie EVA, SBS oder TPU verwendet. Beispiele sind in den Katalogen von Anbietern wie Erkodent Erich Kopp GmbH (Pfalzgrafenweiler) oder Scheu Dental GmbH (Iserlohn) zu finden.
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Zusätzlich finden Folienverbunde aus zwei oder mehr Schichten Verwendung. Im Handel sind z. B. Verbunde aus SBS/EVA, PETG/TPU, PS/PVC/PS sowie aus anderen Materialkombinationen.
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Um ihren therapeutischen Zweck erfüllen zu können, werden Dentalschienen über einen längeren Zeitraum im Mundraum gehalten. Dabei verbleiben die Dentalschienen jeweils mehrere Stunden täglich im Mundraum. Die Dauer der Anwendung kann mehrere Monaten betragen. Die Schienen werden bei einer Temperatur von etwa 37°C langanhaltend vom körpereigenen Speichel umspült. Der Speichel enthält sowohl Enzyme wie auch Salze. Dazu kommt noch der Kontakt mit Nahrungsmitteln, Getränken und mit enzymatischen Spaltprodukten derselben.
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Es ist daher von größter Bedeutung, dass die verwendeten Kunststoffe unter diesen Einsatzbedingungen keine Stoffe abgeben, die zu unerwünschten Wirkungen beim Benutzer führen können (vergl. Reichl, „Zur Toxikologie und Allergologie von Zahnkunststoff-Materialien", ZMK).
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Nun ist bekannt, dass Acrylate, die Grundstoffe von PMMA und ähnlichen Polymeren aus denen wiederum handelsübliche Folien für das Tiefziehen hergestellt werden, starke Allergieauslöser sind (vergl. Forschungsbericht 299 61 219 BMUNR, UBA-FB 000574 S. 269 ff.). Zahnärzten und Mitarbeitern wird die Benutzung von Körperschutzmitteln empfohlen. Die Migration von Monomeren kann bekanntermaßen bei Protheseträgern zu Allergien im Mundraum führen (vergl. Maxkors, Meiners, Taschenbuch der zahnärztlichen Werkstoffkunde S. 283).
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Die Verwendung von Polymethylmethacrylat (PMMA) als Material von Dentalschienen kann also mit Risiken verbunden sein. Ähnlich verhält es sich mit dem Folienmaterial Polycarbonat (PC). Es ist bekannt, dass aus PC Bisphenol-A in Wasser migrieren kann (vgl. Piringer O. G. und Baner A. L. in Plastic Packaging Materials for Food, S. 383 ff). Bisphenol-A kann hormonähnliche Wirkungen im menschlichen Organismus entfalten. Die Möglichkeit einer oralen Aufnahme durch Migration von Bisphenol-A aus Zahnschienen in den Speichel sollte vermieden werden.
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Aus dem häufig verwendeten Copolyester PET-G können Terephthalsäure und cyclische Oligomeren migrieren (vergl. Piringer O. G., Baner Al., Begley T. H. und Dennison et al. in Food Additives and Contaminants 7 (1990) 79 sowie Castle L. und Mayo A. in Journal of Food Protection 52 (1989) 337 „Migration of Poly(ethylene terephthlate) (PET) oligomers from PET Plastics into Fonds during Microwave and Conventional Cookig and into Bottled Beverages"). Ein langanhaltender Kontakt sollte also auch hier vermieden werden.
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Ähnlich verhalten sich Polystyrol (PS), Polyethylen-vinylacetat (EVA), Polyvinylchlorid (PVC) und adere Kunststoffe (vgl. Piringer O. G., Baner A. L., Plastic Packaging Materials for Food, S. 383 ff), die für die Herstellung von Dentalschienen verwendet werden.
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Neben dem Risiko der Migration unerwünschter Stoffe in den Speichel weisen die herkömmlich eingesetzten Produkte eine Wasseraufnahme auf, die zu Dimensionsänderungen führen kann. Der passgenaue formschlüssige Sitz der Dentalschiene ist für den Erfolg der Therapie wesentlich. Die Herstellung der Dentalschiene erfolgt anhand eines Modells, das dem Kiefer des Patienten nachgebildet wurde. Dafür werden die Folien vor der Verarbeitung getrocknet, dann auf Verarbeitungstemperatur gebracht und schließlich über die Form gezogen.
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In der dauerhaft feuchten Umgebung des Mundraums nehmen die Kunststoffe, aus denen die Dentalschiene besteht, dann bis zur Sättigung Wasser auf. Dadurch ändert sich das Volumen der Dentalschiene und die Passgenauigkeit verringert sich bzw. ist nicht mehr gegeben. Bei PMMA liegt die Wasseraufnahme bis zur Sättigung bei 2 Gew.%, bei PET-G bei 0,6 Gew.% und bei Polycarbonat ebenfalls bei 0,6 Gew.%. Durch die hohe Wasseraufnahme ändert sich nicht nur die Geometrie des Formteils, sondern auch die mechanische Festigkeit wird vermindert.
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Durch die lange Verweilzeit im Mundraum und den unvermeidbaren Kontakt mit Nahrungsmitteln können sich selbst bei vorschriftsmäßiger Pflege Bakterien auf der Dentalschiene ansiedeln. Eiweiße und andere Stoffe können an der Oberfläche anhaften. Dadurch kommt es zur Bildung von unangenehmen Gerüchen und von unangenehmen Geschmacksempfindungen durch die Dentalschiene. Diese Problematik ist bei allen konventionellen Kunststoffprodukten gegeben.
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Die üblichen Reinigungsmittel wirken oftmals unzureichend, so dass eine Sterilisation der Schiene bei längerem Gebrauch erforderlich sein kann. Dabei werden unterschiedliche Verfahren, wie die Sterilisierung mit Dampf, Ethylenoxid oder energiereicher Strahlung eingesetzt. Die derzeit hauptsächlich verwendeten Kunststoffe PMMA, PET-G und PC sind aber für eine wiederholte Sterilisierung nicht geeignet. Besonders die einfach durchzuführende und weite verbreitete Dampfsterilisation schädigt bei wiederholter Anwendung diese Polymeren (
BASF, Technical Information, TI-KTU/AS-28, „Resistance of Ultramid, Ultraform and Ultradur to Chemicals" und Bayer MaterialScience, „Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Makrolon Formteilen", sowie
Domininghaus H., „Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften", 7. Auflage, S. 530). Die daraus hergestellten Produkte reagieren auf den Sterilisierungsprozess insbesondere bei mehrfacher Anwendung mit Verfärbung und Versprödung. Die Zahnschiene wird dann unbrauchbar.
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Aufgrund der oben genannten Mängel, besteht das Bedürfnis nach einem Material, das diese Mängel nicht oder nur in sehr geringem Umfange aufweist.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist die Bereitstellung eines Kunststoffes, der günstige Verarbeitungseigenschaften in der Tiefziehverarbeitung aufweist, der eine hervorragende Abformgenauigkeit des Formmodells ermöglicht und der hervorragende Anwendungseigenschaften besitzt. Zudem muss das Material über eine hohe mechanische Festigkeit und Kriechfestigkeit auch in dauerhaft feuchter Umgebung verfügen, um den therapeutischen Zweck der Kieferformung erfüllen zu können. Aus dem Material sollten während des Gebrauchs keine Stoffe in den Speichel migrieren, die zu unerwünschten Reaktionen führen können. Da das Material längere Zeit im Mundraum verbleibt, ist eine Biokompatibilität nach den Vorschriften in DIN EN ISO 10993 erforderlich. Außerdem muss das Material beständig gegen die üblichen Reinigungsmittel und Reinigungsprozesse für Kunststoff-Dentalschienen sein. Darüber hinaus soll das Material glasklar sein, um ein unauffälliges Tragen der daraus gefertigten Dentalschiene zu ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch den Einsatz von Polymeren, welche sich von Cycloolefinen ableiten, zur Herstellung von Dentalschienen.
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Die Erfindung betrifft daher Dentalschienen enthaltend mindestens einen thermoplastischem Kunststoff, der sich von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren ableitet.
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Bei den erfindungsgemäß eingesetzten von Cycloolefinen abgeleiteten Polymeren, handelt es sich um an sich bekannte Polymere. Dabei kann es sich um Hompolymere oder um Copolymere abgeleitet von zwei oder mehr unterschiedlichen Monomeren handeln.
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Die von Cycloolefinen abgeleiteten Polymeren werden durch ringöffnende oder insbesondere durch ringerhaltende Copolymerisation hergestellt, vorzugsweise durch Copolymerisation von cyclischen Olefinen, wie Norbornen, mit nichtcyclischen Olefinen, wie alpha-Olefinen, z. B. Ethylen. Neben diesen Monomeren können gegebenenfalls weitere ethylenisch ungesättigte Monomere eingesetzt werden, welche z. B. funktionellen Gruppen aufweisen, beispielsweise mit Epoxid-, Carbonsäure- oder Säureamidgruppen funktionalisiert sind, oder welche mehrere ethylenisch ungesättigte Gruppen aufweisen.
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Durch die Wahl der Katalysatoren kann in an sich bekannter Weise gesteuert werden, ob der olefinische Ring des cyclischen Monomeren bei der Polymerisation erhalten bleibt oder geöffnet wird. Beispiele für Verfahren der ringöffnenden Polymerisation von Cycloolefinen findet man in
EP 0 827 975 A2 . Beispiele für Katalysatoren, die hauptsächlich bei ringerhaltender Polymerisation eingesetzt werden, sind Ziegler-Natta-Katalysatoren oder Metallocen-Katalysatoren. Eine Übersicht über mögliche chemische Strukturen der von Cycloolefinen abgeleiteten Polymeren findet sich beispielsweise in
Pure Appl. Chem., Vol. 77, No. 5, pp. 801–814 (2005).
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Unter dem Begriff „von Cycloolefinen abgeleitete Polymere” sind im Rahmen dieser Beschreibung auch solche Polymere zu verstehen, welche nach der Polymerisation einer Hydrierung unterworfen worden sind, um noch vorhandene Doppelbindungen zu reduzieren.
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Bei den erfindungsgemäß eingesetzten Polymeren handelt es sich um Thermoplaste, die gegebenenfalls vernetzbare Gruppen aufweisen und die sich durch eine außerordentlich hohe Transparenz auszeichnen.
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Die Glasübergangstemperatur (nachstehend auch „Tg” genannt) der Cycloolefinen abgeleiteten Polymeren kann vom Fachmann in an sich bekannter Weise durch Auswahl von Art und Menge von cyclischen und nichtcyclischen Monomeren eingestellt werden. So ist beispielsweise bei Norbornen-Ethylen-Copolymeren bekannt, dass die Glasübergangstemperatur umso höher ist, je höher der Anteil an Norbornen-Komponente im Copolymeren ist. Entsprechendes gilt für Kombinationen anderer cyclischer Monomerer mit nichtcyclischen Monomeren.
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Unter Glasübergangstemperatur ist im Rahmen der vorliegenden Beschreibung die nach ISO 11373 mit der Differential-Scanning-Calorimetrie (DSC) Methode bestimmte Größe zu verstehen, wobei die Aufheizgeschwindigkeit 10 K/Minute beträgt.
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Vorzugsweise werden Polymere, welche sich von Cycloolefinen ableiten, ganz besonders bevorzugt Cycloolefin-Copolymere, mit Glasübergangstemperaturen zwischen –25°C und 250°C, bevorzugt zwischen 40°C und 250°C, besonders bevorzugt zwischen 50°C und 200°C eingesetzt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Dentalschiene werden Cycloolefin-Copolymere verwendet, die sich von der Copolymerisation von mindestens einem Cycloolefin der allgemeinen Formel (I) mit mindestens einem alpha-Olefin der Formel (II) ableiten
worin
n 0 oder 1 bedeutet,
m für 0 oder eine positive ganze Zahl ist, insbesondere 0 oder 1,
R
1, R
2, R
3, R
4, R
5, R
6 unabhängig voneinander Wasserstoff, Halogen, Alkylgruppen, Cycloalkylgruppen, Arylgruppen und Alkoxygruppen bedeuten,
R
7, R
8, R
9, R
10, R
11, R
12, R
13, R
14, R
15, R
16 unabhängig voneinander Wasserstoff und Alkylgruppen bedeuten,
R
17, R
18, R
19, R
20 unabhängig voneinander Wasserstoff, Halogen und Alkylgruppen bedeuten,
wobei R
17 und R
19 auch aneinander gebunden sein können, derart daß sie einen einfachen Ring oder ein Ringsystem mit mehreren Ringen bilden, wobei der Ring oder die Ringe gesättigt oder ungesättigt sein können,
worin R
21 und R
22 unabhängig voneinander Wasserstoff und Alkylgruppen bedeuten.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform werden Cycloolefin-Copolymere eingesetzt, die sich von Verbindungen der Formeln I und II ableiten, worin n 0 ist, m 0 oder 1 bedeutet, R21 und R22 beide Wasserstoff bedeuten oder R21 Wasserstoff ist und R22 eine Alkylgruppe mit einem bis acht Kohlenstoffatomen ist, und R1, R2, R5 bis R8 und R15 bis R20 vorzugsweise Wasserstoff bedeuten.
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In einer ganz besonders bevorzugten Ausführungsform werden Cycloolefin-Copolymere eingesetzt, welche sich von Verbindungen der Formeln I und II ableiten, worin die Verbindung der Formel I Norbornen oder Tetracyclododecen ist und die Verbindung der Formel II Ethylen und/oder Propylen ist.
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Ganz besonders bevorzugt werden Copolymere des vorstehend definierten Typs eingesetzt, wobei deren Copolymerisation in Gegenwart eines Metallocenkatalysators erfolgt ist.
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Bevorzugte Typen von Cycloolefin-Copolymeren sind in der
DE 102 42 730 A1 beschrieben. Ganz besonders bevorzugt lassen sich als Cycloolefin-Copolymere die Typen Topas
® 9506, Topas
® 8007, Topas
® 6013, Topas
® 6015 und Topas
® E140 (Topas Advanced Polymers GmbH, Frankfurt am Main) einsetzen.
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Die Herstellung der erfindungsgemäß bevorzugt eingesetzten Copolymerisate erfolgt unter ringerhaltender Polymerisation, d. h. die bi- oder polycyclische Struktur der eingesetzten Monomereinheiten bleiben bei der Polymerisation erhalten. Beispiele für Katalysatoren sind Titanocen-, Zirkonocen- oder Hafnocen-Katalysatoren, die in der Regel kombiniert mit Aluminoxanen als Co-Katalysatoren eingesetzt werden. Dieser Herstellungsweise ist bereits vielfach beschrieben, beispielsweise in dem weiter oben erwähnten Patentdokument.
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Typische Beispiele für von Cycloolefinen abgeleitete Polymere sind Copolymere aus Norbornen oder Tretracyclododecen mit Ethylen. Derartige Polymere sind kommerziell erhältlich, beispielsweise unter den Handelsnamen APEL®, ARTON®, TOPAS®, ZEONEX® oder ZEONOR®.
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Bevorzugt sind Produkte, die von den oben beschriebenen Monomeren der Formeln I und II abgeleitet sind, wobei diese Monomeren I:II im Molverhältnis von 95:5 bis 5:95 eingesetzt worden sind und die gegebenenfalls noch geringe Anteile von Struktureinheiten aufweisen, beispielsweise bis zu 10 Mol.%, bezogen auf die gesamte Monomermenge, welche von weiteren Monomeren, wie Propen, Penten, Hexen, Cyclohexen und/oder Styrol abgeleitet sind.
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Besonders bevorzugt sind Produkte, die im wesentlichen Norbornen und Ethylen bestehen, und die gegebenenfalls noch geringe Anteile von Struktureinheiten aufweisen, welche von weiteren Monomeren, wie Propen, Penten, Hexen, Cyclohexen und/oder Styrol abgeleitet sind.
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Die erfindungsgemäße Dentalschiene kann in Analogie zu bekannten Dentalschienen durch Tiefziehen von Folien enthaltend von Cycloolefinen abgeleitete Polymere hergestellt werden.
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Es lassen sich aber auch grundsätzlich andere Herstellungsverfahren bzw. Formgebungsverfahren einsetzen, solange dadurch eine Dentalschiene enthaltend ein von Cycloolefinen abgeleitetes Polymer erzeugt wird.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Dentalschienen umfassend die Schritte:
- i) Erwärmen einer thermoplastischen Folie enthaltend ein von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleitetes Polymer über die Glastemperatur dieses Polymers,
- ii) Inkontaktbringen der erwärmten thermoplastischen Folie an das Kiefermodell unter Ausbildung einer Dentalschiene für eine Zeitspanne, bis die thermoplastische Folie auf eine Temperatur unterhalb ihrer Glasübergangstemperatur abgekühlt ist, und
- iii) Entnehmen der aus der thermoplastischen Folie gebildeten Dentalschiene aus dem Kiefermodell.
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Die Erfindung betrifft alternativ auch ein Verfahren zur Herstellung von Dentalschienen umfassend die Schritte:
- i) Erwärmen einer thermoplastischen Folie enthaltend ein von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleitetes Polymer über die Glastemperatur dieses Polymers,
- iv) Applizieren der thermoplastischen Folie mit einem mit einem knetbaren Material beschichteten Abdrucklöffel in einem Patientenmund,
- v) Anlegen der thermoplastischen Folie an wenigstens einen Zahn unter Ausbildung einer Dentalschiene für eine Zeitspanne, bis die thermoplastische Folie auf eine Temperatur unterhalb ihrer Glasübergangstemperatur abgekühlt ist, und
- vi) Entnehmen des Abdrucklöffels, des knetbaren Materials und der aus der thermoplastischen Folie gebildeten Dentalschiene aus dem Patientenmund.
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Bei den erfindungsgemäß eingesetzten Folien kann es sich um ein- oder mehrschichtige Folien aus von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleiteten Polymeren handeln.
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Es kann sich aber auch um Verbunde aus Folien aus von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleiteten Polymeren und aus Folien aus anderen Kunststoffen handeln, z. B. aus solchen Kunststoffen, die bislang bereits zur Herstellung von Dentalschienen eingesetzt worden sind, wie um zwei- oder mehrschichtige Verbunde mit anderen Kunststoffen. Die Folien können mono- oder biaxial verstreckt sein.
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Die vorteilhaften Eigenschaften der Folien aus von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleiteten Polymeren, wie durch ringöffnende oder durch ringerhaltende (Co)polymerisation von Cycloolefinen gegebenenfalls in Kombination mit acyclischen Olefinen hergestellte (Co)polymere, können auch im zwei- oder mehrschichtigen Verbund mit anderen Polymeren genutzt werden. Folien aus von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleiteten Polymeren können dabei als Deckschicht oder als eine von mehreren Kernschichten oder Trägerschichten genutzt werden. In einem Verbund aus mehreren Schichten kann beispielsweise die Schicht aus von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleitetem Polymer als Deckschicht dienen und durch die hervorragende Feuchtigkeitsbeständigkeit innenliegende Lagen aus anderen Polymeren gegen Hydrolyse schützen und die Migration von unerwünschten Stoffen verhindern. Besonders günstig ist die hohe Oberlächenhärte der von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleiteten Polymere. Diese verhindert, dass Rillen oder sonstige Kratzer das Produkt unansehnlich machen. Die hohe mechanische Festigkeit der von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleiteten Polymere, insbesondere der Cycloolefin-Copolymere, kann als Kernschicht oder Trägerschicht mehrlagigen Verbunden eine höhere Festigkeit verleihen.
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Besonders bevorzugt werden Verbunde aus Folien aus von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleiteten Polymeren und aus Folien aus Polymethylmethacrylat, Polyethylenterephthalat, Polybutylenterephthalat, Polycarbonat, Polypropylen und Polyethylen eingesetzt.
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Die erfindungsgemäß eingesetzten Folien besitzen eine Dicke, weiche neben der Tiefziehfähigkeit die mechanische Stabilität der daraus gefertigten Dentalschiene sicherstellt. Typische Foliendicken bewegen sich im Bereich von 0,05 mm bis 10 mm, insbesondere von 0,1 mm bis 5 mm. Diese Angaben beziehen sich auf Einzelfolien. Bei Folienverbunden werden typischerweise zwei bis fünf Folien miteinander kombiniert. Typische Dicken von Folienverbunden bewegen sich im Bereich von 0,1 mm bis 50 mm, vorzugsweise von 0.2 mm bis 25 mm.
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Die erfindungsgemäß eingesetzten Folien und die daraus hergestellten Dentalschienen aus den genannten Polymermaterialien haben keine messbare Wasseraufnahme (< 0,01 Gew.%) sind daher dimensionsstabil beim Einsatz im Mundraum. Die erfindungsgemäßen Dentalschienen sind beständig gegen Speichel und die üblichen Reinigungsmittel für Dentalschienen. Eine Migration von organischen Stoffen in Speichel ist nicht nachweisbar (Test mit Speichelersatzflüssigkeit nach DIN 53160). Die hohe mechanische Festigkeit, beispielsweise von 2600 bis 3000 MPa, ermöglicht die erwünschte therapeutische Korrektur.
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Darüber hinaus sind die erfindungsgemäßen Dentalschienen ausgezeichnet biokompatibel. Eiweiße bleiben nicht auf der Materialoberfläche haften. Die Geruchsbildung im Mundraum wird dadurch erheblich vermindert. Die verwendeten Kunststoffmaterialien sind glasklar durchsichtig und ermöglichen das unauffällige Tragen der Dentalschiene.
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Die Erfindung betrifft auch die Verwendung von Polymeren, die von mindestens einem Cycloolefin und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren Monomeren abgeleitet sind, zur Herstellung von Dentalschienen, insbesondere in der Form von Folien aus Polymeren, die von Cycloolefinen abgeleitet sind.
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Die erfindungsgemäß eingesetzten Folien können in den handelsüblichen Tiefziehanlagen verarbeitet werden.
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Die nachfolgenden Beispiele beschreiben die Erfindung. Eine Einschränkung ist dadurch nicht beabsichtigt.
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Beispiel 1
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Eine Folie aus TOPAS® 9596F-04 mit der Stärke von 1 mm wurde auf eine Temperatur von 25°C über ihre Tg erwärmt. Die erwärmte Folie wurde über das abzuformende Tiefziehmodell gebracht und durch Anlagen von Vakuum an die Form angelegt. Nach dem Abkühlen wurde der so hergestellte Formkörper von der Form getrennt und seine Maße bestimmt.
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Der Formkörper wurde für 6 Stunden in einem Wasserbad von 37°C aufbewahrt, danach entnommen und die Maße erneut bestimmt. Die Maßabweichung zum Formkörper direkt nach der Verarbeitung betrug in Längs- und Querrichtung weniger als 0,05 mm.
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Beispiel 2
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Eine Folio aus TOPAS® 8007F-04 mit der Stärke von 1,5 mm wurde auf eine Temperatur von 25°C über ihre Tg erwärmt. Die erwärmte Folio wurde über das abzuformende Tiefziehmodell gebracht und durch Anlagen von Vakuum an die Form angelegt. Nach dem Abkühlen wurde der so hergestellte Formkörper von der Form getrennt und seine Maße bestimmt.
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Der Formkörper wurde für 6 Stunden in einem Wasserbad von 37°C aufbewahrt, danach entnommen und die Maße erneut bestimmt. Die Maßabweichung zum Formkörper direkt nach der Verarbeitung betrug in Längs- und Querrichtung weniger als 0,05 mm.
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Beispiel 3
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Eine Folio aus TOPAS® 6015F-04 mit der Stärke von 1,5 mm wurde auf eine Temperatur von 25°C über ihre Tg erwärmt. Die erwärmte Folie wurde über das abzuformende Tiefziehmodell gebracht und durch Anlagen von Vakuum an die Form angelegt. Nach dem Abkühlen wurde der so hergestellte Formkörper von der Form getrennt und seine Maße bestimmt.
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Der Formkörper wurde für 6 Stunden in einem Wasserbad von 37°C aufbewahrt, danach entnommen und die Maße erneut bestimmt Die Maßabweichung zum Formkörper direkt nach der Verarbeitung betrug in Längs- und Querrichtung weniger als 0,05 mm.
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Beispiel 4
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Eine Folie aus TOPAS® 6017F-04 mit der Stärke von 2 mm wurde auf eine Temperatur von 25°C über ihre Tg erwärmt. Die erwärmte Folie wurde über das abzuformende Tiefziehmodell gebracht und durch Anlagen von Vakuum an die Form angelegt. Nach dem Abkühlen wurde der so hergestellte Formkörper von der Form getrennt und seine Maße bestimmt.
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Der Formkörper wurde für 6 Stunden in einem Wasserbad von 37°C aufbewahrt, danach entnommen und die Maße erneut bestimmt. Die Maßabweichung zum Formkörper direkt nach der Verarbeitung betrug in Längs- und Querrichtung weniger als 0,05 mm.
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Beispiel 5
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Eine Folie aus TOPAS® E140 mit der Stärke von 2,5 mm wurde auf eine Temperatur von 25°C über ihre Tg erwärmt. Die erwärmte Folie wurde über das abzuformende Tiefziehmodell gebracht und durch Anlagen von Vakuum an die Form angelegt. Nach dem Abkühlen wurde der so hergestellte Formkörper von der Form getrennt und seine Maße bestimmt.
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Der Formkörper wurde für 6 Stunden in einem Wasserbad von 37°C aufbewahrt, danach entnommen und die Maße erneut bestimmt. Die Maßabweichung zum Formkörper direkt nach der Verarbeitung betrug in Längs- und Querrichtung weniger als 0,05 mm.
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Beispiel 6
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Eine Folie aus TOPAS® 6013E-04 mit der Stärke von 0,5 mm wurde auf eine Temperatur von 25°C über ihre Tg erwärmt. Die erwärmte Folie wurde über das abzuformende Tiefziehmodell gebracht und durch Anlagen von Vakuum an die Form angelegt. Nach dem Abkühlen wurde der so hergestellte Formkörper von der Form getrennt und seine Maße bestimmt.
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Der Formkörper wurde für 6 Stunden in einem Wasserbad von 37°C aufbewahrt, danach entnommen und die Maße erneut bestimmt. Die Maßabweichung zum Formkörper direkt nach der Verarbeitung betrug in Langs- und Querrichtung weniger als 0,05 mm.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 19511064 A1 [0004]
- WO 2006/009745 A1 [0005]
- WO 2005/046503 A1 [0005]
- DE 102006056983 A1 [0005]
- DE 202011004264 U1 [0005]
- WO 2010/043419 A1 [0007]
- EP 0827975 A2 [0028]
- DE 10242730 A1 [0038]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- DIN-ISO 1043 [0010]
- Reichl, „Zur Toxikologie und Allergologie von Zahnkunststoff-Materialien”, ZMK [0013]
- Forschungsbericht 299 61 219 BMUNR, UBA-FB 000574 S. 269 ff. [0014]
- Maxkors, Meiners, Taschenbuch der zahnärztlichen Werkstoffkunde S. 283 [0014]
- Piringer O. G. und Baner A. L. in Plastic Packaging Materials for Food, S. 383 ff [0015]
- Piringer O. G., Baner Al., Begley T. H. und Dennison et al. in Food Additives and Contaminants 7 (1990) 79 [0016]
- Castle L. und Mayo A. in Journal of Food Protection 52 (1989) 337 „Migration of Poly(ethylene terephthlate) (PET) oligomers from PET Plastics into Fonds during Microwave and Conventional Cookig and into Bottled Beverages” [0016]
- Piringer O. G., Baner A. L., Plastic Packaging Materials for Food, S. 383 ff [0017]
- BASF, Technical Information, TI-KTU/AS-28, „Resistance of Ultramid, Ultraform and Ultradur to Chemicals” und Bayer MaterialScience, „Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Makrolon Formteilen” [0021]
- Domininghaus H., „Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften”, 7. Auflage, S. 530 [0021]
- DIN EN ISO 10993 [0023]
- Pure Appl. Chem., Vol. 77, No. 5, pp. 801–814 (2005) [0028]
- ISO 11373 [0032]
- DIN 53160 [0052]