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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Lenkunterstützung mittels eines Servo-Lenksystems in einem Kraftfahrzeug sowie ein Servo-Lenksystem.
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Derartige Servo-Lenksysteme sind in vielfältigen Ausführungsformen bekannt. Gemeinsam ist den meisten, dass diese einen Sensor zur Erfassung oder Ermittlung eines Handmoments an einer Lenkhandhabe aufweisen, wobei in Abhängigkeit des Handmoments eine Auswerte- und Steuereinheit bzw. ein Lenkungssteuergerät eine Hilfskraft bzw. ein Hilfsmoment berechnen, das von einem Aktor aufzubringen ist. Die Auswerte- und Steuereinheit erzeugt dann ein entsprechendes Steuersignal für den Aktor, so dass dieser die Hilfskraft bzw. das Hilfsmoment erzeugt. Der Aktor kann beispielsweise ein elektrischer Servo-Motor sein.
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Derartige Servo-Lenksysteme weisen eine Reibung auf, die zumindest teilweise durch die Hilfskraft kompensiert werden soll. Die entstehenden Reibkräfte setzen sich aus statischen Anteilen (Grundreibung), dynamischen Anteilen (Reibekräfte als Funktion von Lenkwinkel, Lenkwinkelgeschwindigkeit, Temperatur usw.) und unstetigen Anteilen z. B. im Verzahnungseingriff (Stick-Slip-Effekte) zusammen.
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Aus der
DE 10 2008 055 874 A1 ist eine Korrektureinrichtung in einem mit Reibung behafteten System wie einem Lenksystem bekannt, zur Korrektur einer durch die Reibung bedingten Abweichung von einer als Antwort auf eine Eingangsgröße des Systems erwarteten Ausgangsgröße des Systems, wobei die Korrektureinrichtung mit einem das aktuelle reale Reibverhalten des Systems beschreibenden Real-Reibmodell versehen ist, wobei die Korrektureinrichtung zusätzlich mit einem das erwünschte bzw. erwartete Reibverhalten des Systems beschreibenden Soll-Reibmodell versehen ist, wobei ein zur Korrektur der Ausgangsgröße des Systems dienendes erstes Korrektursignal am Ausgang der Korrektureinrichtung von der Differenz der Signale an dem Ausgang des Real-Reibmodells und des Soll-Reibmodells abhängig ist. Den Differenzbildern ist ein erster Gewichter nachgeschaltet, der das Differenzsignal in Abhängigkeit von Zustandsdaten der Lenkung wichtet. Weiter umfasst die Korrektureinrichtung einen Fahrsituationserkenner, welcher die aktuelle Fahrsituation des Fahrzeugs bestimmt, wobei das die aktuelle Fahrsituation des Fahrzeugs beschreibende Situationssignal am Ausgang des Fahrsituationserkenners einen zweiten Eingang eines zweiten Gewichters zugeführt ist, an dessen erstem Eingang das Ausgangssignal des ersten Gewichters anliegt, wobei das Ausgangssignal des zweiten Gewichters das erste Korrektursignal bildet. Der Fahrsituationserkenner ist mit einer Mehrzahl von Eingängen versehen, über welche Zustandsdaten des Fahrzeugs dem Fahrsituationserkenner getrennt zuführbar sind und der Fahrsituationserkenner aus den aktuellen Werten der Zustandsdaten die aktuelle Fahrsituation des Fahrzeugs bestimmt. Die möglichen Zustandsdaten sind beispielsweise die Temperatur und/oder die Fahrzeuggeschwindigkeit, wobei beispielsweise mittels der Temperatur auf eine Vereisung der Fahrbahn geschlossen werden kann. Des Weiteren geht die Temperatur auch als Eingangsgröße in die Reibmodelle ein.
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Nachteilig an der bekannten Korrekturvorrichtung ist der komplexe Aufbau.
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Der Erfindung liegt das technische Problem zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Lenkunterstützung zu schaffen, die mit geringem schaltungstechnischen und/oder rechentechnischen Aufwand eine wirkungsvolle Reibungskompensation ermöglichen.
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Die Lösung des technischen Problems ergibt sich durch die Gegenstände mit den Merkmalen der Ansprüche 1 und 6. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Hierzu umfasst das Servo-Lenksystem zur Lenkunterstützung in einem Kraftfahrzeug mindestens einen Sensor zur Erfassung oder Ermittlung eines Handmoments an einer Lenkhandhabe, mindestens eine Auswerte- und Steuereinheit und mindestens einen Aktor zur Erzeugung einer Hilfskraft, wobei die Auswerte- und Steuereinheit in Abhängigkeit des Handmoments und einer Fahrzeuggeschwindigkeit eine Sollkraft für die Hilfskraft ermittelt und dem Aktor ein Stellsignal zur Erzeugung der Sollkraft übermittelt, wobei die ermittelte Sollkraft mit einem Wichtungsfaktor korrigiert wird, der von einem Temperaturfaktor der Lenkung abhängig ist, wobei die Temperatur des Servo-Lenksystems mittels mindestens eines Temperatur-Sensors erfasst oder ermittelt wird. Dabei nutzt die Erfindung die Erkenntnis aus, dass insbesondere bei tiefen Temperaturen unter 0°C die Reibung weitgehend durch die Temperatur verursacht wird. Durch den Temperaturfaktor kann diese Reibung sehr einfach kompensiert werden, wobei keine komplexeren Reibmodelle benötigt werden, was erheblich Rechenleistung einspart. Der Temperaturfaktor liegt dabei beispielsweise zwischen 1 bis 4. Dabei kann vorgesehen sein, dass einer unteren Grenzwerttemperatur ein maximaler Temperaturfaktor (z. B. 4) und einer oberen Grenztemperatur ein minimaler Temperaturfaktor (z. B. 1) zugeordnet ist. D. h. dass bei Temperaturen unter der unteren Grenzwerttemperatur die Sollkraft nicht weiter erhöht wird bzw. oberhalb der oberen Grenzwerttemperatur nicht weiter reduziert wird. Dabei ist der Verlauf des Temperaturfaktors von der unteren Grenzwerttemperatur zur oberen Grenzwerttemperatur kontinuierlich monoton fallend oder stufenförmig abfallend. Die untere Grenzwerttemperatur liegt dabei vorzugsweise zwischen –40°C und –20°C. Die obere Grenztemperatur liegt vorzugsweise zwischen 10°C und 25°C.
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Dabei sei angemerkt, dass die Ausdrücke Hilfskraft bzw. Sollkraft synonym zu Hilfsmoment bzw. Sollmoment zu verstehen sind. Dabei kann der mindestens eine Temperatursensor direkt an der Servo-Lenkung angeordnet sein, um die Temperatur zu erfassen. Dies ist jedoch oft schwierig, so dass der oder die Temperatursensoren auch entfernt angeordnet sein können, wobei aufgrund der erfassten Temperatur auf die vorherrschende Temperatur an der Servo-Lenkung geschlossen werden kann, diese also ermittelt wird. Dabei kommen vorzugsweise mehrere Temperatursensoren zum Einsatz.
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In einer Ausführungsform ist der Wichtungsfaktor zusätzlich von einem Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor abhängig, wobei weiter vorzugsweise der Wichtungsfaktor als Produkt von Temperaturfaktor und Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor gebildet wird. Dies stellt unter anderem sicher, dass bei fehlerhaften Temperaturbestimmungen bei hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten die Sollkraft wirkungsvoll begrenzt ist. Somit bewirkt dieser Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor ein haptisch einwandfreies Verhalten und ein Verhindern von Lightsteering bei kalten Temperaturen und höheren Geschwindigkeiten. Der Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor variiert dabei vorzugsweise zwischen 1 und 0, wobei dieser bei einer unteren Grenzgeschwindigkeit 1 und bei einer oberen Grenzgeschwindigkeit 0 ist. Die untere Grenzgeschwindigkeit kann beispielsweise zwischen 0 und 10 km/h sein. Dabei sei angemerkt, dass bei Rückwärtsfahrten (z. B. beim Ausparken) der Geschwindigkeitsfaktor 1 konstant 1 sein kann oder aber auch eine Abstufung wie bei der Vorwärtsfahrt stattfinden kann. Hinsichtlich des Verlaufs des Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktors zwischen der unteren und der oberen Grenzgeschwindigkeit kann auf die Ausführungen zum Temperaturfaktor verwiesen werden.
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Die obere Grenzgeschwindigkeit liegt beispielsweise zwischen 60 und 100 km/h. Der obere Wert für den Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor kann auch größer 1 sein und zwischen 4 und 1 liegen. Bei Ausführungsformen mit einem Geschwindigkeitsfaktor kann darüber hinaus auch der Temperaturfaktor bis 0 gehen, also beispielsweise von 4 bis 0 variieren.
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In einer weiteren Ausführungsform ist der Wichtungsfaktor größer/gleich 1. So ist sichergestellt, dass die korrigierte Sollkraft nie geringer sein kann als die Sollkraft ohne Reibungskompensation. Aufgrund der Tatsache, dass, wenn der Temperaturfaktor und/oder der Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor kleiner 1 ist, auch das Produkt kleiner 1 werden kann, wird das Produkt mit einem Minimal-Faktor verglichen, wobei jeweils der größere Wert als Wichtungsfaktor verwendet wird. Vorzugsweise ist der Minimal-Faktor 1.
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In einer weiteren Ausführungsform sind der Temperaturfaktor und/oder der Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor als Kennlinie abgelegt. Die Kennlinie kann dabei fahrzeugspezifisch oder fahrzeugklassenspezifisch empirisch beispielsweise in einer Kältekammer ermittelt werden. Alternativ können diese auch als Look-up-Tabelle abgelegt sein.
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In einer weiteren Ausführungsform wird der Wichtungsfaktor anderen Fahrzeugfunktionen zur Verfügung gestellt. Beispielsweise wird der Wichtungsfaktor einer aktiven Rückstellung der Lenkhandhabe zur Verfügung gestellt. Durch Berücksichtigung des Wichtungsfaktors bzw. der Temperatur der Lenkung kann der Lenkwinkel genauer bestimmt werden, insbesondere wenn dieser indirekt bestimmt wird, beispielsweise aus einem Rotorlagewinkel-Signal eines Servomotors. Durch Berücksichtigung der Temperatur der Lenkung, die eine Ausdehnung eines Lenkungsgehäuses und einer Zahnstange zur Folge hat, kann dieser Fehler des Lenkwinkels minimiert werden. Somit können beispielsweise auch die lenkwinkelabhängigen Software-Endanschläge genauer eingestellt werden, wodurch ein kleinerer Wendekreis möglich ist. Auch ein elektrisches Stabilitätsprogramm ESP kann genauer regeln.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Die einzige Figur zeigt ein schematisches Blockschaltbild eines Teils einer Servo-Lenkung zur Lenkunterstützung in einem Kraftfahrzeug.
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Die Servo-Lenkung 1 umfasst eine Auswerte- und Steuereinheit 2, einen Sensor 3 zur Erfassung eines Handmoments MH an einer Lenkhandhabe, einen Fahrzeuggeschwindigkeitssensor 4 zur Erfassung der Fahrzeuggeschwindigkeit V sowie mindestens einen Sensor 5 zur Erfassung der Lenkungstemperatur TL. Dabei können einzelne oder alle Sensoren 3–5 redundant ausgebildet sein. Weiter umfasst die Servo-Lenkung 1 eine Einheit 6 zur Ermittlung eines Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktors FV eine Einheit 7 zur Ermittlung eines Temperaturfaktors FT; einen ersten Multiplizierer 8, einen Begrenzer 9 und einen zweiten Multiplizierer 10.
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Die Auswerte- und Steuereinheit 2 ermittelt mittels Kennlinien oder Gleichungen aus dem erfassten Handmoment MH und der Fahrzeuggeschwindigkeit eine Sollkraft KSOLL. Hierzu liegen beispielsweise verschiedene Kennlinien in der Auswerte- und Steuereinheit 2 vor, die eine Funktion der Sollkraft KSOLL über dem Handmoment MH darstellen, wobei die Fahrzeuggeschwindigkeit V als Parameter berücksichtigt wird.
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Liegt dann die erfasste Fahrzeuggeschwindigkeit V zwischen zwei abgelegten Parameterwerten für die Fahrzeuggeschwindigkeit V in der Auswerte- und Steuereinheit 2, so kann beispielsweise durch Interpolation zwischen den beiden Werten die richtige Sollkraft KSOLL bestimmt werden.
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In der Einheit 7 wird der aktuell erfassten Lenkungstemperatur TL ein Temperaturfaktor FT zugeordnet, wobei FT beispielsweise zwischen 4 und 0 liegt. Dabei wird der obere bzw. maximale Temperaturfaktor (z. B. 4) Lenkungstemperaturen TL kleiner/gleich einer unteren Grenztemperatur zugeordnet. Der untere bzw. minimale Temperaturfaktor TF (z. B. 0) wird Lenkungstemperaturen TL größer/gleich einer oberen Grenztemperatur zugeordnet. Beispielsweise liegt die untere Grenztemperatur zwischen –50°C und –30°C und die obere Grenztemperatur zwischen +15°C und +30°C. Zwischen der unteren Grenztemperatur und der oberen Grenztemperatur nimmt der Temperaturfaktor FT stetig oder gestuft ab.
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Entsprechend wird in der Einheit 6 ein Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor FV aus der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit V ermittelt. Der Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor FV liegt beispielsweise zwischen 1 und 0. Dabei existiert wieder ein unterer Grenzwert für die Fahrzeuggeschwindigkeit V von beispielsweise 0 bis 10 km/h. Für Fahrzeuggeschwindigkeiten V kleiner/gleich dem unteren Grenzwert ist FV = 1 bzw. maximal. Für Fahrzeuggeschwindigkeiten oberhalb einem oberen Grenzwert für die Fahrzeuggeschwindigkeit V ist FV = 0 bzw. minimal. Dabei sei angemerkt, dass der obere Grenzwert endlich ist. Zwischen der unteren und oberen Grenzgeschwindigkeit nimmt der Fahrzeuggeschwindigkeitsfaktor FV stetig oder gestuft ab. In dem Multiplizierer 8 wird dann das Produkt der beiden Faktoren gebildet. Dieses Produkt ist maximal, wenn die Lenkungstemperatur TL kleiner/gleich der unteren Grenztemperatur ist und die Fahrzeuggeschwindigkeit kleiner/gleich dem unteren Grenzwert für die Fahrzeuggeschwindigkeit V ist.
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Bei höheren Lenkungstemperaturen TL und/oder höheren Fahrzeuggeschwindigkeiten V kann das Produkt FV × FT jedoch kleiner 1 und sogar 0 werden. Daher wird das Produkt FV × FT in dem Begrenzer 9 mit einem Minimalfaktor FMIN verglichen, der beispielsweise 1 ist. Der jeweils größere Wert wird dann als Wichtungsfaktor FW ausgegeben. Im Multiplizierer 10 wird dann die Sollkraft KSOLL mit dem Wichtungsfaktor FW multipliziert, wobei das Ergebnis eine reibungskompensierte korrigierte Sollkraft KSOLL* ist, die dem Aktor dann zugeführt wird, also beispielsweise einem elektrischen Servomotor. Des Weiteren kann der Wichtungsfaktor FW und/oder das Produkt FV × FT auch weiteren Fahrzeugfunktionen an einem Signal-Ausgang 11 zur Verfügung gestellt werden, was durch den Pfeil angedeutet ist.
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Bei einer tiefen Lenkungstemperatur TL wird also beim Ausparken nach dem Motorstart beispielsweise eine vierfach vergrößerte Sollkraft KSOLL* erzeugt, die mit steigenden Lenkungstemperaturen TL bzw. höheren Fahrzeuggeschwindigkeiten abnimmt.
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Dabei sei angemerkt, dass zusätzlich der Sollkraft KSOLL bzw. der korrigierten Sollkraft KSOLL* ein zusätzlicher Offset aufaddiert werden kann, der zusätzlich die Reibung kompensiert. Auch dieser Offset kann dabei temperaturabhängig sein.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008055874 A1 [0004]