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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft Lenksysteme und Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems mit einer Lenkunterstützung. Die Erfindung betrifft weiterhin Lenksysteme, bei denen für bestimmte Fahrzeugfunktionen autonome Lenkeingriffe realisiert werden können.
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Technischer Hintergrund
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Bei Lenksystemen für Kraftfahrzeuge mit Lenkunterstützung wird ein Handlenkmoment, das von einem Fahrer eines Kraftfahrzeugs auf ein Lenkrad des Lenksystems ausgeübt wird, durch ein von einem Lenkunterstützungsantrieb bereitgestelltes Lenkunterstützungsmoment ergänzt, um ein erhöhtes Lenkmoment zur Durchführung einer gewünschten Lenkbewegung zu erhalten. Die Lenkunterstützung kann durch weitere zugeordnete Lenkfunktionen beeinflusst werden, um den Komfort und die Sicherheit der Lenkunterstützung zu erhöhen. Die Lenkunterstützung und die weiteren Lenkfunktionen greifen über den Lenkunterstützungsantrieb durch Vorgabe einer Lenkunterstützungsgröße, beispielsweise einer Lenkunterstützungskraft bzw. eines Lenkunterstützungsmoments, in die Lenkung ein.
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Neben der bloßen Lenkunterstützung und den weiteren Lenkfunktionen sind weitere Fahrassistenzfunktionen bekannt, die Lenkeingriffsfunktionen beinhalten, die automatische Lenkeingriffe in dem Lenksystem vornehmen können. Beispielsweise wird für Parkassistenzsysteme eine automatische Querführung des Fahrzeugs zugelassen, so dass die Lenkung des Kraftfahrzeugs ohne Lenkvorgaben des Fahrers vorgenommen wird. Eine Spurhalteassistenzfunktion ermöglicht, das Fahrzeug durch automatische Lenkeingriffe in einer Fahrspur zu halten.
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Die Lenkeingriffsfunktionen stellen oftmals von extern eine Soll-Lenkstellungsgröße zur Verfügung, auf die eine Lenkpositionsregelung die Lenkung einstellen soll. Die Soll-Lenkstellungsgröße kann einem erwünschten Radlenkwinkel oder einer gewünschten Lenkradstellung oder einer davon abhängigen Größe entsprechen.
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Da mehrere der das Lenksystem beeinflussenden Lenkfunktionen und Lenkeingriffsfunktionen gleichzeitig oder wechselweise aktiv sein können, kann dies dazu führen, dass während Übergangssituationen, bei denen beispielsweise eine Vorgabe einer Soll- Lenkstellungsgröße und eine Vorgabe einer Lenkunterstützungsgröße gleichzeitig vorliegen, keine zufriedenstellende Umsetzung für die Ansteuerung des Lenkunterstützungsantriebs erreicht wird.
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Insbesondere erfolgt bei Aktivierung einer Lenkeingriffsfunktion aufgrund der aktiven Lenkpositionsregelung in der Regel ein merklicher Eingriff durch den Lenkunterstützungsantrieb, die sich haptisch am Lenkrad für den Fahrer bemerkbar macht. Es ist jedoch notwendig, dass bei zunehmender Anzahl von verschiedenen in das Lenksystem eingreifenden Lenkeingriffsfunktionen eine Schnittstelle zur Verfügung steht, die den Eingriff von Lenkeingriffsfunktionen zulässt und die Übergänge zwischen einer herkömmlichen Steuerung durch die Lenkfunktionen und einer durch die Lenkeingriffsfunktion bewirkten Lenkpositionsregelung ermöglicht, ohne dass eine unerwünschte Haptik auftritt.
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Weiterhin soll der Applikationsaufwand der in das Lenksystem eingreifenden Lenkeingriffsfunktionen verringert werden, indem diese für alle Fahrassistenzfunktionen nur durch Vorgabe der Lenkstellungsgröße für einen Eingriff in das Lenksystem verwendet werden kann. Eine Haptik des Lenksystems sollte dann nicht in den Fahrerassistenzfunktionen, sondern ausschließlich durch das Lenksystem vorgegeben werden. Dadurch können die Abhängigkeiten bei der Applikation verschiedener externer Lenkeingriffsfunktionen reduziert werden, was zu geringerem Aufwand während der Entwicklung, insbesondere bei verschiedenen Systemvarianten, führt.
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Die Druckschrift
DE 10 2006 025 254 A1 offenbart eine elektromechanische Lenkung mit einer Lenkempfehlung zur Stabilisierung des Fahrzeugs in einer stabilitätskritischen Fahrsituation, die am Lenkrad als Moment haptisch zur Anzeige bringbar ist, umfassend: einen Motor zur Bereitstellung eines Unterstützungsmoments in Abhängigkeit eines Stellsignals, das aus einem Lenkbefehlsignal generiert wird, wobei ein die Lenkempfehlung repräsentierendes Signal, welches aus erfassten Fahrzeugparametern ermittelt wird, unmittelbar auf das Stellsignal des Motors aufgeschaltet ist.
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Die Druckschrift
DE 10 2007 011 275 A1 offenbart ein Verfahren zur Umsetzung einer Lenkmomentenempfehlung für ein Spurhalteassistenzsystem mit einer elektromechanischen Lenkung, wobei eine Handmomentenanforderung und eine Momentenempfehlung erfasst wird, wobei die Handmomentenanforderung über eine Lenkunterstützungsfunktionseinheit einem Servomotor der elektromechanischen Lenkung und die Momentenempfehlung direkt dem Servomotor der elektromechanischen Lenkung zugeführt wird.
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Die Druckschrift
EP 2 778 019 A2 offenbart ein Steuersystem zur Bereitstellung eines Hilfsdrehmoments, das Folgendes umfasst: ein Regelalgorithmusmodul, das ein korrigierendes Lenkmoment auf der Grundlage eines Zielfahrzeugzustands und eines geschätzten Fahrzeugzustands berechnet; und ein Komfortbegrenzungsmodul, das ein Handraddrehmoment empfängt, wobei das Komfortbegrenzungsmodul ein begrenztes korrigierendes Lenkdrehmoment auf der Grundlage des korrigierenden Lenkdrehmoments und des Handraddrehmoments berechnet, wobei das begrenzte Lenkdrehmoment einen zulässigen Betrag des durch das Steuersystem bereitgestellten Unterstützungsdrehmoments darstellt.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems zur Verfügung zu stellen, dass, wenn Lenkfunktionen basierend auf einem aufgebrachten Handmoment und Lenkeingriffsfunktionen von Fahrerassistenzfunktionen konkurrierende Vorgabegrößen bereitstellen, eine Zusammenführung beider Vorgabegrößen so vorgenommen wird, dass ein unerwünschtes haptisches Verhalten des Lenksystems vermieden wird.
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Offenbarung der Erfindung
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Diese Aufgabe wird durch das Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems gemäß Anspruch 1 sowie durch das Lenksystem gemäß dem nebengeordneten Anspruch gelöst.
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Weitere Ausgestaltungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Gemäß einem ersten Aspekt ist ein Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems eines Kraftfahrzeugs vorgesehen, mit folgenden Schritten:
- - Ermitteln einer Lenkunterstützungsgröße abhängig von einem von einem Fahrer des Kraftfahrzeugs aufgebrachten Handmoment;
- - Ermitteln einer Lenkeingriffsgröße abhängig von einer Soll-Lenkstellungsgröße einer Lenkeingriffsfunktion, wobei sowohl die Lenkunterstützungsgröße als auch die Lenkeingriffsgröße eine Kraft oder ein Moment zum Bereitstellen durch einen Lenkunterstützungsantrieb angeben;
- - Ermitteln einer Vorgabestellgröße abhängig von der Lenkunterstützungsgröße, von der Lenkeingriffsgröße und abhängig von dem aufgebrachten Handmoment gemäß einer Haptikfunktion;
- - Ansteuern des Lenkunterstützungsantriebs basierend auf der Vorgabestellgröße.
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Eine Idee des obigen Verfahrens besteht darin, für externe Lenkeingriffsfunktionen eine Haptikfunktion in dem Lenksystem zur Verfügung zu stellen, mit der eine Lenkunterstützungsgröße von Lenkfunktionen des Lenksystems und eine Soll-Lenkstellungsgröße der Lenkeingriffsfunktion in einer Haptikfunktion so berücksichtigt werden, dass diese in geeigneter Weise in eine Vorgabestellgröße für den Lenkunterstützungsantrieb umgesetzt werden. Die Vorgabestellgröße bestimmt eine Lenkunterstützungskraft bzw. ein Lenkunterstützungsmoment, die durch den Lenkunterstützungsantrieb bereitgestellt werden. Dabei soll insbesondere das haptische Verhalten des Lenksystems bei wechselnden Fahrereingriffen und Eingriffen der Lenkeingriffsfunktionen so gestaltet werden, dass der Fahrer einerseits bestmöglich durch die Lenkeingriffe der Lenkeingriffsfunktionen unterstützt wird und andererseits bei Aufbringen eines Handmoments möglichst gering durch die automatischen Lenkeingriffe gestört wird.
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Die Berücksichtigung der durch die aktive Lenkeingriffsfunktion bereitgestellte Soll-Lenkstellungsgröße und der vom Handmoment des Fahrers abhängigen Lenkunterstützungsgröße erfolgt gemäß dem obigen Verfahren abhängig von einem momentanen vom Fahrer aufgebrachten Handmoment.
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Die Kombination der Lenkstellungsgröße und der Lenkstellungsgröße und der Lenkunterstützungsgröße erfolgt so, dass bei keinem Fahrereingriff, d.h. einem aufgebrachten Handmoment von 0 Nm, die Vorgabestellgröße zur Ansteuerung des Lenkunterstützungsantriebs vollständig durch eine Lenkpositionsregelung bereitgestellt wird, während bei einem Handmoment, das einem vorgegebenen maximalen Handmoment entspricht oder dieses übersteigt, die Vorgabestellgröße ausschließlich durch die Lenkfunktionen des Lenksystems bestimmt wird. Dies ermöglicht es, abhängig von dem Handmoment die durch die externen Lenkeingriffsfunktionen gewünschten Lenkeingriffe dann umzusetzen, wenn kein Handmoment durch den Fahrer aufgebracht wird bzw. das Handmoment durch den Fahrer gering ist und bei größerem Widerstand des Fahrers gegen die durch die aktive Lenkeingriffsfunktion geforderte Bewegung der Lenkung zunehmend die Lenkfunktionen zu berücksichtigen, die den Fahrer bei der Lenkbewegung unterstützen. Mit anderen Worten wird zwischen einer Lenkeingriffsgröße und einer Lenkunterstützungsgröße als Sollstellgröße zur Ansteuerung des Lenkunterstützungsantriebs übergeblendet.
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Dies ermöglicht eine angepasste Haptik, die dem Fahrer auf Wunsch die Kontrolle über die Lenkung gegen die Lenkeingriffe der Lenkeingriffsfunktionen zurückgibt, abhängig von der Höhe des aufgebrachten Handmoments.
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Weiterhin kann die Vorgabestellgröße abhängig von einem Verhältnis des Handmoments zu einem für die Lenkeingriffsfunktion vorgegebenen maximalen Handmoment ermittelt werden.
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Insbesondere kann das maximale Handmoment durch ein gesamtes maximal zulässiges Handmoment und einen für die Lenkeingriffsfunktion vorgegebenen Haptikfaktor bestimmt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass für Handmomente, die kleiner gleich als das maximale Handmoment sind, die resultierende Vorgabegröße durch
bestimmt wird, wobei HM dem Handmoment, HM
max dem maximalen Handmoment,
einem Anpassungsfaktor, LUG der Lenkunterstützungsgröße und LEG der Lenkeingriffsgröße entsprechen, und wobei bei Handmomenten, die größer sind als das maximale Handmoment die Lenkunterstützungsgröße als Vorgabestellgröße bestimmt wird.
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Insbesondere kann die Vorgabestellgröße durch eine mit dem Anpassungsfaktor beaufschlagte Größe beaufschlagt werden, die sich durch eine vorgegebene Lenkunterstützungsfunktion bei dem maximalen Handmoment ergibt.
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Weiterhin kann ein Term, insbesondere eine Differenz, der mit der Lenkunterstützungsgröße und der Lenkeingriffsgröße gebildet wird, und zumindest einen Teil der Vorgabestellgröße ausmacht, begrenzt und/oder gradientenbegrenzt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist eine Steuereinheit, insbesondere ein Lenkungssteuergerät, vorgesehen, das ausgebildet ist, zum:
- - Ermitteln einer Lenkunterstützungsgröße abhängig von einem von einem Fahrer des Kraftfahrzeugs aufgebrachten Handmoment;
- - Ermitteln einer Soll-Lenkeingriffsgröße abhängig von einer Lenkstellunggröße einer Lenkeingriffsfunktion, wobei sowohl die Lenkunterstützungsgröße als auch die Lenkeingriffsgröße eine Kraft oder ein Moment zum Bereitstellen durch einen Lenkunterstützungsantrieb angeben;
- - Ermitteln einer Vorgabestellgröße abhängig von der Lenkunterstützungsgröße, von der Lenkeingriffsgröße und abhängig von dem aufgebrachten Handmoment;
- - Ansteuern des Lenkunterstützungsantriebs basierend auf der Vorgabestellgröße.
- - Gemäß einem weiteren Aspekt ist ein Lenksystem vorgesehen, umfassend:
- - eine Zahnstange, die mit gelenkten Rädern verbunden ist, wobei auf die Zahnstange ein von einem Fahrer ausgeübtes Handmoment einwirkt,
- - die obige Steuereinheit;
- - einen Lenkunterstützungsantrieb, der ausgebildet ist, um auf die Zahnstange eine Lenkantriebskraft aufzubringen.
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Figurenliste
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Ausführungsformen werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Lenksystems eines Kraftfahrzeugs;
- 2 ein Funktionsdiagramm für eine Funktion zur Berücksichtigung einer externen Soll-Lenkstellungsgröße für das Bereitstellen einer Vorgabestellgröße zur Ansteuerung des Lenkunterstützungsantriebs;
- 3 ein Funktionsdiagramm für eine mögliche Ausgestaltung der Haptikfunktion; und
- 4 einen Verlauf einer Faktoranpassungsfunktion.
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Beschreibung von Ausführungsformen
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In 1 ist eine schematische Darstellung eines Lenksystems 1 gezeigt. Das Lenksystem 1 weist eine Zahnstange 2 auf, die mit gelenkten Rädern 3 in an sich bekannter Weise gekoppelt ist, so dass diese gemäß einer vorgegebenen Lenkstellung, z.B. in Form eines Lenkwinkels oder einer Zahnstangenposition durch eine translatorische Bewegung der Zahnstange 2 gestellt werden können.
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Die Zahnstange 2 ist über eine erste mechanische Kopplung 4 mit einer Lenkwelle 5 gekoppelt, über das ein über ein Lenkrad 7 manuell aufgebrachtes Handmoment HM auf die Lenkstange 2 als eine auf die Zahnstange 2 wirkende Lenkkraft aufgebracht werden kann.
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Es ist weiterhin ein Lenkunterstützungsantrieb 6 vorgesehen, der einen Stellmotor 61 aufweist, der über eine zweite mechanische Kopplung 62 mit der Zahnstange 2 insbesondere mit einem Kopplungsbereich 8 der Zahnstange 2 gekoppelt ist. Der Stellmotor 61 kann insbesondere als eine elektronisch kommutierte Maschine ausgebildet sein. Über den Lenkunterstützungsantrieb 6 kann durch Ansteuern des Stellmotors 61 eine Lenkunterstützungskraft auf die Zahnstange 2 aufgebracht werden.
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Weiterhin ist eine Steuereinheit 10 vorgesehen, die mit dem Lenkunterstützungsantrieb 6 verbunden ist, um die Lenkunterstützungskraft entsprechend einer Vorgabestellgröße SG gesteuert bereitzustellen.
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Weiterhin kann ein geeigneter Sensor, z.B. ein Momentensensor 11 an der Lenkwelle 5, vorgesehen sein, um das ausgeübte Handmoment HM zu messen. Das Handmoment HM kann auch durch andere geeignete Mittel gemessen werden.
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In der Steuereinheit 10 werden Lenkfunktionen ausgeführt, die abhängig von dem aufgebrachten Handmoment HM und von weiteren das Fahrzeug und/das Lenksystem betreffende Parameter, wie z.B. die Fahrzeuggeschwindigkeit, eine Lenkunterstützungsgröße bereitstellen, die der Lenkunterstützungskraft oder einem Lenkunterstützungsmoment entspricht. Die Lenkfunktionen umfassen eine Lenkunterstützungsfunktion, die ein vom Fahrer aufgebrachtes Handmoment mit einer durch eine vorgegebene Lenkunterstützungskennlinie angegebenen Verstärkung verstärkt, und weitere Lenkfunktionen, wie eine Anschlagbegrenzungsfunktion, eine Mittenstellungsfunktion und dergleichen.
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In 2 ist schematisch ein Funktionsdiagramm zur Veranschaulichung der in der Steuereinheit 10 durchgeführten Funktionen dargestellt. Die Steuereinheit 10 weist einen Lenkfunktionsblock 21 auf, dem das Handmoment HM und ein oder mehrere weitere das Fahrzeug und/das Lenksystem betreffende Parameter FP zugeführt werden, um Lenkfunktionen, wie beispielsweise die Lenkunterstützungsfunktion und die weiteren Lenkfunktionen auszuführen. Die Lenkfunktionen stellen eine gemeinsame Lenkunterstützungsgröße LUG bereit, die einem Summierglied 23 zugeführt wird.
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Von Lenkeingriffsfunktionen, die beispielsweise in einer extern zu dem Lenksystem 1 vorgesehenen Fahrassistenzfunktion ausgeführt werden können, wird der Steuereinheit 10 eine Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll bereitgestellt. Die Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll kann einer Position bzw. Stellung des Lenksystems entsprechen, beispielsweise einer Zahnstangenposition, einem Radlenkwinkel, einem Lenkradwinkel oder davon abhängigen Größen.
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Bei mehreren aktiven Lenkeingriffsfunktionen wird eine Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll aus den entsprechend bereitgestellten Soll-Lenkstellungsgrößen LSGSoll gemäß einer vorgegebenen Priorisierung der Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll ausgewählt. In Übergangszuständen mit mehreren aktiven Lenkeingriffsfunktionen kann aus mehreren Soll-Lenkstellungsgrößen eine resultierende Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll gebildet werden.
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Die Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll wird einem Lenkpositionsregler 22 zugeführt, der beispielsweise zweistufig ausgebildet sein kann. Die zweistufige Ausbildung kann eine erste Regelstufe 221 vorsehen, der von einem ersten Differenzglied 222 eine Lenkstellungsdifferenz ΔLSG zwischen der Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll und einer tatsächlich gemessenen Ist-Lenkstellungsgröße LSGIst, wie beispielsweise einer Ist-Zahnstangenposition, einem Ist-Radlenkwinkel oder einem Ist-Lenkradwinkel, zugeführt wird. Die erste Regelstufe 221 kann beispielsweise als eine PID-Regelstufe ausgebildet sein.
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Ausgangsseitig der ersten Regelstufe 221 erhält man eine Soll-Lenkgeschwindigkeit VLGSoll, die einem nicht invertierenden Eingang eines zweiten Differenzgliedes 223 zugeführt wird. Dem invertierenden Eingang des zweiten Differenzgliedes 223 wird die Ist-Lenkgeschwindigkeitsgröße VLGIst zugeführt, die beispielsweise der momentanen Bewegungsgeschwindigkeit der Zahnstange 2 entsprechen kann. Auf diese Weise wird eine Lenkgeschwindigkeitsdifferenz ΔVLG ermittelt
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Die resultierende Lenkgeschwindigkeitsdifferenz ΔVLG wird der zweiten Regelstufe 224 zugeführt, die ebenfalls als PID-Regelstufe ausgeführt sein kann, um eine Lenkeingriffsgröße LEG zu erhalten. Die Lenkeingriffsgröße LEG stellt eine Ansteuergröße für den Lenkunterstützungsantrieb dar, die zur Umsetzung der Lenkstellungsregelung, d.h. zum Einnehmen der Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll durch den Lenkunterstützungsantrieb 6 geeignet ist.
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Insgesamt wird in dem Lenkpositionsregler 23 eine Lenkpositionsregelung durchgeführt, die basierend auf einer Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll eine Lenkeingriffsgröße LEG generiert, die als Vorgabestellgröße SG für die Ansteuerung des Lenkunterstützungsantriebs 6 dienen könnte.
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Der erste und der zweite Reglerblock sind vorzugsweise als PID-Regler vorzusehen. Andere Reglerstrukturen sind dabei auch grundsätzlich möglich. Die Reglerverstärkungen werden so gewählt, dass die Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll eine schnelle, stabile und ausreichend robuste Einregelung der von der Lenkeingriffsfunktion geforderten Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll ermöglicht. Dabei können zusätzliche Teilfunktionen zum Einsatz kommen, u.a. eine Fahrzeuggeschwindigkeitsabhängigkeit von Reglerparametern, auch eine Anpassung der Verstärkung bei sehr schneller Änderung der Soll-Lenkstellungsgröße LSGSoll kann implementiert sein. Weiterhin kann eine Vorsteuerung vorgesehen sein.
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Die Lenkpositionsregelung ermöglicht es, die Soll-Lenkstellungsgröße auch bei Wirkung einer oder mehrerer Störgrößen robust einzuregeln. Eine solche Störgröße kann beispielsweise ein Eingriff des Fahrers am Lenkrad sein.
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Es liegen nun in dem Lenksystem 1 zwei an sich konkurrierende Vorgabegrößen für die Ansteuerung des Lenkunterstützungsantriebs vor, nämlich die Lenkunterstützungsgröße LUG und die Lenkeingriffsgröße LEG. Ebenso wie die Lenkunterstützungsgröße LUG kann die Lenkeingriffsgröße LEG eine Lenkeingriffskraft oder ein Lenkeingriffsmoment angeben.
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Es ist ein Haptikblock 24 vorgesehen, dem die Lenkunterstützungsgröße LUG, die Lenkeingriffsgröße LEG, das Fahrerhandmoment HM und ein maximales Handmoment HM
max zugeführt werden. Das maximale Handmoment HM
max entspricht einem Handmoment, das zur vollständigen Überwindung eines durch eine Lenkeingriffsfunktion bewirkten Lenkeingriffs benötigt wird, d.h. bei Vorliegen eines Handmoments HM in Höhe von oder mehr als das maximale Handmoment HM
maxsoll die Lenkeingriffsfunktion keine Auswirkungen auf die Ansteuerung des Lenkunterstützungsantriebs 6 haben. Die im Wesentlichen in dem Haptikblock 24 ausgeführte Haptikfunktion H(HM) kann sein:
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Es wird deutlich, dass bei keinem aufgebrachten Handmoment HM = 0 die Vorgabestellgröße SG zur Ansteuerung des Lenkunterstützungsantriebs 6 vollständig der Lenkeingriffsgröße LEG entspricht und bei einem Handmoment HM, das im Wesentlichen dem maximalen Handmoment HMmax entspricht oder dieses übersteigt, die Vorgabestellgröße SG ausschließlich der Lenkunterstützungsgröße LUG entspricht. Bei Handmomenten zwischen 0 und dem vorgegebenen maximalen Handmoment HMmax ist die Vorgabestellgröße SG ein Wert, der sich sowohl aus der Lenkunterstützungsgröße LUG als auch der Lenkeingriffsgröße LEG entsprechend einem von dem Handmoment HM und dem vorgegebenen maximalen Handmoment HMmax sich ergebenden Faktor ergibt.
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3 zeigt ein Funktionsdiagramm für eine mögliche Ausgestaltung der Haptikfunktion.
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Die Vorgabe des maximalen Handmoments HMmax kann entsprechend der gewählten Lenkeingriffsfunktion mit einem Haptikfaktor HAF ermittelt werden. In diesem Fall ist ein gesamtes maximales Handmoment HMmaxges als das für alle Lenkeingriffsfunktionen maximal mögliche Handmoment vorgegeben, während der Haptikfaktor HAF vorgesehen ist, um in einem parametrierbaren Haptikfaktor-Anpassungsblock 25 einen modifizierten Haptikfaktor HAFmod bereitzustellen, mit dem das gesamte maximale Handmoment HMmaxges multipliziert wird, um das für die momentan aktive Lenkeingriffsfunktion vorgegebene maximale Handmoment HMmax zu erhalten. Der modifizierte Haptikfaktor HAFmod stellt einen Faktor zwischen 0 und 1 dar, so dass das das maximale Handmoment HMmax bezüglich des gesamten maximalen Handmoments HMmaxges reduziert ist.
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In einem Divisionsblock 27 wird das momentane Handmoment HM durch das maximale Handmoment HM
max dividiert und im applizierbaren Kennfeld in einem Faktor-Anpassungsblock 28 mit einer Faktoranpassungsfunktion in Faktorwerte F umgesetzt, die Werte zwischen 0 und 1 annehmen können. Selbst bei Handmomenten HM, die größer sind als das maximale Handmoment HM
max, wird dann als Faktorwert F ein Wert von 1 zugewiesen, so dass im Prinzip eine Formung und eine Begrenzung für den Faktorwert F durchgeführt wird. Die Kennlinie in dem Faktor-Anpassungsblock 28 dient dazu, den Gradienten und Verlauf der Einblendung der Reglergrößenreduktion festzulegen. Der Faktorwert F ergibt sich aus der vorgegebenen Faktoranpassungsfunktion
und wird an ein Multiplikationsglied 29 angelegt, dessen Ausgang mit einem invertierenden Eingang eines dritten Differenzglieds 30 verbunden ist. In
4 ist ein beispielhafter Verlauf der Faktoranpassungsfunktion
dargestellt. Man erkennt, dass der maximale Funktionswert 1 beträgt und der Verlauf der Faktoranpassungsfunktion bei Werten unter HM
max s-förmig verläuft.
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Das maximale Handmoment HMmax wird weiterhin einem Kennlinienblock 31 zugeführt, in dem das maximale Handmoment HMmax abhängig z.B. von einer Fahrzeuggeschwindigkeit v modifiziert wird. Dies kann durch geeignete Applikation bestehen, wobei das maximale Handmoment HMmax in ein maximales Reglermoment RMmax umgesetzt wird. Das maximale Reglermoment kann umso kleiner gewählt werden, je höher die Fahrzeuggeschwindigkeit v ist. Die Kennlinie des Kennlinienblocks 31 kann deiner Lenkunterstützungskennlinie für die Verstärkungsfaktoren für das Handmoment HM entsprechen oder davon verschieden vorgegeben sein.
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Die Lenkunterstützungsgröße LUG wird einem invertierenden Eingang eines vierten Differenzglieds 32 zugeführt, und die Lenkeingriffsgröße LEG einem nicht invertierenden Eingang des vierten Differenzglieds 32. Am Ausgang des vierten Differenzglieds 32 erhält man eine Differenzgröße DG=(LEG-LUG) zwischen der Lenkeingriffsgröße LEG und der Lenkunterstützungsgröße LUG.
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Für den Lenkpositionsregler stellt die Lenkunterstützungsgröße LUG eine bekannte Störgröße dar. Auf oben beschriebene Art und Weise wird die Differenzgröße DG so gestaltet, dass diese um die LUG und andere bekannte Störgrößen bereinigt wird. Das führt zu einer höheren Reglergenauigkeit und Regelgüte.
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Die Differenzgröße DG wird einem Begrenzungsblock 34 zugeführt, der abhängig von dem modifizierten Haptikfaktor HAFmod eine Begrenzung der Differenzgröße DG und eine Begrenzung des Gradienten d(LEG-LUG)/dt der Differenzgröße LEG-LUG vornimmt, um eine modifizierte Differenzgröße DG` zu erhalten. Dies dient zur Verbesserung der Reglerstabilität des Haptikreglers und dazu, Sprünge bei der Ansteuerung des Lenkunterstützungsantriebs 6 zu vermeiden.
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In dem Begrenzungsblock wird die Kraft DG auf einen dem modifizierten Haptikfaktor HAFmod entsprechenden Wert begrenzt. Bei einem sehr geringen Wert des modifizierten Haptikfaktor HAFmod wird nur eine geringe Kraft DG` zugelassen.
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Der Ausgang des Begrenzungsblocks 34, d.h. die modifizierte Differenzgröße DG`, ist an einem nicht invertierenden Eingang des dritten Differenzgliedes 30 angelegt. Weiter liegt der Ausgang des Begrenzungsblocks 23 an dem nicht invertierenden Eingang eines fünften Differenzgliedes 35 an. An dem invertierenden Eingang des fünften Differenzgliedes 35 liegt die maximale Reglergröße RMmax an. Der Ausgang des fünften Differenzgliedes 35 wird dem Multiplikationsglied 29 zugeführt, wo die Differenz aus der modifizierten Differenzgröße DG' und dem maximalen Reglergröße RMmax mit dem Faktorwert F multipliziert wird. Die Lenkunterstützungsgröße LUG und der Ausgang des dritten Differenzgliedes 30 sind dem Summierglied 22 zugeführt, um die Vorgabestellgröße SG bereitzustellen.
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Der Haptikfaktor HAF wird von der bestimmten Lenkeingriffsfunktion, die die Lenkeingriffsgröße bereitstellt, vorgegeben und stellt ein Maß der Spürbarkeit des Lenkeingriffs für den Fahrer dar. Der Haptikfaktor HAF kann beispielsweise weiterhin in Abhängigkeit von der Position des Fahrzeugs in der Fahrspur vorgegeben werden. Abhängig von der Lenkeingriffsfunktion kann der Haptikfaktor HAF auch variieren, in Abhängigkeit davon, ob der Fahrer gerade in gleicher Wirkrichtung wie die Lenkpositionsregelung oder gegen diesen arbeitet. Allgemein kann die Höhe des Haptikfaktors HAF vom Fahrerassistenzsystem in Abhängigkeit von der jeweiligen Fahrsituation vorgegeben werden.
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Die von der Fahrereingriffsfunktion vorgegebene Spürbarkeit wird durch den Haptikfaktor HAF vorgegeben. Dieser Haptikfaktor HAF hat einen Wertebereich zwischen 0 und 1 und wird mit dem gesamten maximal möglichen Handmoment HMmaxges multipliziert, um das maximale Handmoment HMmax zu erhalten. Dies entspricht dem maximalen Moment, das der Fahrer am Lenkrad spüren kann. Mit Hilfe des Haptikfaktors HAF wird weiterhin eine Begrenzung der Reglerausgangskraft durchgeführt, was dazu benutzt wird, das Zuschalten der Lenkpositionsregelung für den Fahrer haptisch angenehm vorzunehmen. Der Regleranteil wird dann in Abhängigkeit von der aktuell anliegenden Lenkunterstützungsgröße LUG schneller oder langsamer ein- bzw. ausgerampt.
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Weiterhin wird eine Lenkunterstützungskennlinie KL in dem Kennlinienblock 31 vorgesehen, um eine Lenkunterstützungsgröße LUG als maximales Reglermoment RMmax zu berechnen, welche bei einem definierten maximalen Handmoment HMmax aufgebracht wird. Diese berechnete Lenkunterstützungsgröße dient im Folgenden als maximale Lenkunterstützungsgröße für den Fall, dass der Fahrer mit einem Handmoment HM größer als das maximale Handmoment HMmax gegen den Lenkeingriff der Lenkeingriffsfunktion eingreift.
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Bei geringeren Handmomenten HM wird zwischen der nicht begrenzten Reglergröße, die der modifizierten Differenzgröße DG` entspricht, auf die zuvor bestimmte maximal zulässige Reglergröße RMmax übergeblendet. Diese Überblendung ist nur erforderlich, wenn die Reglergröße die zulässige maximale Reglergröße RMmax überschreitet. Durch dieses Vorgehen kann sichergestellt werden, dass die Reglergröße nur begrenzend oder erhöhend auf die Störgrößen kompensierte Reglergröße wirkt. Von der Reglergröße werden die bekannten Störgrößen abgezogen, wodurch die Stellgenauigkeit erhöht werden kann und ein direkter Kraftanstieg beim Gegenlenken durch den Fahrer erreicht werden kann. Zu diesen Störgrößen zählt u.a. die Kraft, die aus dem Handmoment HM resultiert.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Lenksystems
- 2
- Zahnstange
- 3
- gelenkten Räder
- 4
- erste mechanische Kopplung
- 5
- Lenkwelle
- 6
- Lenkunterstützungsantrieb
- 61
- Stellmotor
- 62
- zweite mechanische Kopplung
- 7
- Lenkrad
- 8
- Kopplungsbereich
- 10
- Steuereinheit
- 11
- Momentensensor
- HM
- Handmoment
- 21
- Lenkfunktionsblock
- FP
- Fahrzeug und/das Lenksystem betreffende Parameter
- LUG
- Lenkunterstützungsgröße
- 22
- Lenkpositionsregler
- 221
- erste Regelstufe
- 222
- erstes Differenzglied
- 223
- zweites Differenzglied
- 224
- zweite Regelstufe
- 23
- Summierglied
- ΔLSG
- Lenkstellungsdifferenz
- LSGSoll
- Soll-Lenkstellungsgröße
- LSGIst
- Ist-Lenkstellungsgröße
- VLGSoll,
- Soll-Lenkgeschwindigkeit
- VLGIst
- Ist-Lenkgeschwindigkeitsgröße
- ΔVLG
- Lenkgeschwindigkeitsdifferenz
- LEG
- Lenkeingriffsgröße
- 24
- Haptikblock
- HMmax
- maximales Handmoment
- 25
- Haptikfaktor-Anpassungsblock
- 27
- Divisionsblock
- 28
- Faktor-Anpassungsblock
- 29
- Multiplikationsglied
- 30
- drittes Differenzglied
- 31
- Kennlinienblock
- 32
- viertes Differenzglied
- 34
- Begrenzungsblock
- 35
- fünftes Differenzglied