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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln eines an einer Lenkhandhabe durch einen Aktor aufzubringenden Lenkmoments der im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 genannten Art sowie ein Kraftfahrzeug mit einem elektromechanischen Lenksystem der im Oberbegriff des Patentanspruchs 2 genannten Art.
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Kraftfahrzeuge können mit elektromechanischen Lenksystemen ausgestattet werden, bei welchen keine mechanische bzw. hydraulische Kopplung zwischen dem Lenkrad und der gelenkten Fahrzeugachse vorliegt (Steer-by-Wire, bzw. Fremdkraftlenkung). Dadurch erhält der Fahrer keine haptische Rückmeldung über das an den gelenkten Rädern wirkende Lenkmoment. Diese Rückkopplung erfüllt allerdings wichtige Aufgaben: Einerseits erhält der Fahrer Informationen, die ihm eine Einschätzung des aktuellen fahrdynamischen Zustands ermöglichen, andererseits werden durch das Rückstellmoment am Lenkrad schnelle, ungewollte Lenkvorgaben des Fahrers verhindert, so dass die Fahrsicherheit vergrößert ist.
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Es ist daher üblich, bei derartigen elektromechanischen Lenksystemen das Lenkmoment nachzubilden und mittels eines Aktors an der Lenkhandhabe aufzubringen. Hierfür muss zunächst das aufzubringende Lenkmoment ermittelt werden. Ein Verfahren zum Ermitteln mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 ist beispielsweise durch die
DE 199 12 169 A1 offenbart.
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Dort wird der Strom bzw. die Kraft einer den Lenkwinkel einstellenden Kraftmaschine mittels hierfür eigens ausgebildeten Sensoren gemessen. Die Messwerte werden dann zur Berechnung des an der Lenkhandhabe aufzubringenden Lenkmoments berücksichtigt. Dies ist allerdings aufwändig und teuer, da eine entsprechende Sensorik in dem Kraftfahrzeug bereitgestellt werden muss.
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Die gattungsbildende
DE 10 2008 036 730 A1 beschreibt ein elektromechanisches Lenksystem, welches eine Lenkhandhabe zum Vorgeben eines Lenkwinkels, wenigstens einen Aktor zum Einstellen des vorgegebenen Lenkwinkels, zumindest einen weiteren Aktor zum Aufbringen eines Lenkmoments an der Lenkhandhabe sowie wenigstens eine Steuereinheit umfasst, welche den weiteren Aktor ansteuert, wobei die Steuereinheit dazu ausgelegt ist, bei einem Festlegen eines Steuersignals zum Ansteuern des weiteren Aktors einen Sollwert für eine Steuergröße zum Einstellen des Lenkwinkels zu berücksichtigen.
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Die
DE 102 49 718 A1 offenbart ein elektromechanisches Lenksystem, welches eine Lenkhandhabe zum Vorgeben eines Lenkwinkels, wenigstens einen Aktor zum Einstellen des vorgegebenen Lenkwinkels, zumindest einen weiteren Aktor zum Aufbringen eines Lenkmoments an der Lenkhandhabe sowie wenigstens eine Steuereinheit umfasst, welche den weiteren Aktor ansteuert, wobei die Steuereinheit dazu ausgelegt ist einen Soll-Istwert-Vergleich für den von dem Aktor auf die Vorderräder aufgebrachten Lenkwinkel durchzuführen und in Abhängigkeit der Soll-Istwert-Abweichung mittels des weiteren Aktors eine Handkraft an der Lenkhandhabe zu simulieren. Für den Soll-Istwert-Vergleich werden jedoch zusätzliche Kraftaufnehmer in der Lenkung benötigt, welche die Bereitstellungskosten erhöhen.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Ermitteln eines an einer Lenkhandhabe durch einen Aktor aufzubringenden Lenkmoments der eingangs genannten Art bereitzustellen, welches einfacher durchführbar ist und durch welches Kosten bei der Kraftfahrzeugherstellung einsparbar sind.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß dem Patentanspruch 1 sowie durch ein Kraftfahrzeug gemäß dem Patentanspruch 2 gelöst.
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Es ist Erkenntnis der vorliegenden Erfindung, dass das an einer Lenkhandhabe durch einen Aktor aufzubringende Lenkmoment auch sehr genau ermittelbar ist, wenn anstelle von tatsächlich gemessenen Werten für eine zum Einstellen eines Lenkwinkels wichtige Steuergröße Sollwerte für diese Steuergröße zum Ermitteln des Lenkmoments berücksichtigt werden.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird deshalb das Lenkmoment in Abhängigkeit von einem Sollwert für eine Steuergröße zum Einstellen eines Lenkwinkels ermittelt. Das Verfahren ist somit ohne aufwändige und teuere Messsensorik durchführbar.
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Beispielsweise kann eine Kraftmaschine zum Einstellen des Lenkwinkels durch eine Steuereinheit gesteuert werden. Diese Steuereinheit übermittelt nach der Vorgabe des Fahrers an der Lenkhandhabe Steuersignale an die Kraftmaschine. Die Steuersignale umfassen nun einen Sollwert für die Steuergröße, welcher durch die Kraftmaschine zum Einstellen des Lenkwinkels genutzt wird, bzw. sie stellen einen solchen Sollwert dar. Oftmals kann davon ausgegangen werden, dass der Sollwert für die Steuergröße dem anschließend für die Steuergröße messbaren Istwert entspricht. Der Sollwert kann also zusätzlich auch einfach dafür genutzt werden, das Lenkmoment zu ermitteln, welches an der Lenkhandhabe aufgebracht werden muss, um dem Fahrer möglichst genaue Informationen über den Fahrzustand bzw. den Straßenzustand zu übermitteln.
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Das Lenkmoment wird in Abhängigkeit von einem Sollwert für eine Kraft ermittelt werden, welche durch eine Kraftmaschine zum Einstellen des Lenkwinkels erzeugt werden soll. Dadurch ist das an der Lenkhandhabe aufzubringende Lenkmoment mittels des Sollwerts sehr genau und einfach ermittelbar. Die Kraft, welche durch die Kraftmaschine zum Einstellen des Lenkwinkels tatsächlich aufgebracht wird, entspricht in der Regel dem Sollwert, welcher in der Steuereinheit zum Übermitteln der Steuersignale ermittelt bzw. verwendet wird.
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Ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug umfasst ein elektromechanisches Lenksystem, welches eine Lenkhandhabe zum Vorgeben eines Lenkwinkels aufweist. Mittels wenigstens eines Aktors ist ein durch den Fahrer an der Lenkhandhabe vorgegebener Lenkwinkel einstellbar. Des Weiteren weist das Kraftfahrzeug einen weiteren Aktor zum Aufbringen eines Lenkmoments an der Lenkhandhabe sowie eine diesen weiteren Aktor ansteuernde Steuereinheit auf. Diese ist nun dazu ausgelegt, bei einem Ermitteln eines Steuersignals zum Ansteuern des weiteren Aktors einen Sollwert für eine Steuergröße zum Einstellen des Lenkwinkels, der der durch den Aktor erzeugten Kraft zum Einstellen des Lenkwinkels entspricht, zu berücksichtigen. Hierdurch kann das Lenkmoment sehr einfach, kostengünstig und genau ermittelt werden.
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Nachfolgend wird eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens unter Bezug auf die Zeichnung beschrieben. Es zeigen:
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1 eine schematische Schrittfolge des erfindungsgemäßen Verfahrens; und
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2 ein schematisches Regelkreisschema einer elektromechanischen Fremdkraftlenkung zur Verwendung mit dem erfindungsgemäßen Verfahren.
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Bei einem Fahrzeug mit einem elektromechanischen Lenksystem wird beim Lenken durch den Fahrer zunächst an einer Lenkhandhabe eine Lenkvorgabe vorgenommen (Schritt S10). Diese Lenkvorgabe wird in an sich bekannter Weise durch Sensoren erfasst und an eine Steuereinheit übermittelt. Selbige ermittelt dann einen Sollwert für eine Kraft, welche ein Stellmotor zum Einstellen des Lenkwinkels aufbringen muss, um die Lenkvorgabe des Fahrers umzusetzen (Schritt S12).
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Bei der Ermittlung des Sollwerts können in an sich bekannter Weise außer der Lenkvorgabe des Fahrers weitere Größen wie beispielsweise die Geschwindigkeit des Fahrzeugs oder eine aktuelle Gierrate des Fahrzeugs oder dergleichen berücksichtigt werden. Es können auch beispielsweise zuvor festgelegte Kennlinien oder Kennfelder verwendet werden, mittels derer einer Lenkvorgabe eine bestimmte Sollkraft unter Berücksichtigung weiterer Größen einfach zugeordnet werden kann.
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Die derart ermittelte Sollkraft wird nun mehrfach verwendet. Zum einen übermittelt die Steuereinheit Steuersignale an den Stellmotor zum Einstellen des Lenkwinkels, so dass aufgrund des Wertes für die Sollkraft ein entsprechender Lenkwinkel eingestellt wird (Schritt S14). Außerdem wird der Wert für die Sollkraft dazu benutzt, ein Lenkmoment zu ermitteln, welches durch einen weiteren Aktor an der Lenkhandhabe aufgebracht werden soll, um dem Fahrer eine Information über eine aktuelle Fahrsituation zu übermitteln (Schritt S16). Dies kann durch die gleiche Steuereinheit, oder auch durch eine weitere Steuereinheit geschehen.
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Das so ermittelte Lenkmoment wird dann mittels des Aktors an der Lenkhandhabe aufgebracht (Schritt S18). Hierdurch ist auch bei elektromechanischen Lenksystemen auf einfache Weise eine Information über den Fahrzustand bzw. Straßenzustand durch Aufbringen des Lenkmoments an der Lenkhandhabe an den Fahrer übermittelbar.
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2 zeigt ein Regelkreisschema einer derartigen elektromechanischen Fremdkraftlenkung. Die zu regelnde Größe ist hierbei die Position der Räder des Kraftwagens, welche durch Motoren einer Radaktorik 10 eingestellt wird. Die Sollwertvorgabe hierzu erfolgt über ein Lenkrad 12 mit einem Winkelsensor, welches Eingaben des Fahrers aufnimmt und an einen Lageregler 14 für die Motoren der Radaktorik 10 weitergibt. Über ein Mischglied 16 wird dem Lageregler 14 zudem die Ist-Position der Räder, wie sie von der Radaktorik 10 gemeldet wird, zugeführt. Aus der gegenwärtigen Ist-Position der Räder und der Soll-Vorgabe, welche aus der Lenkradposition gewonnen wird, ermittelt der Lageregler 14 eine Sollkraft, die von den Motoren der Radaktorik 10 ausgeübt werden soll. Als Störgröße 18 wirken zudem äußere Kräfte, die beispielsweise durch den Fahrbahnzustand und dessen Veränderungen hervorgerufen werden, auf die Radaktorik 10 ein. Durch die Rückmeldung der Ist-Position der Räder an den Lageregler 14 werden solche Störgrößen 18 bei der Regelung berücksichtigt, sodass die Radaktorik 10 stets den gewünschten Sollwinkel der Räder hält.
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Das bislang beschriebene System umfasst noch keine Kraftrückmeldung an das Lenkrad. Daher wird die vom Lageregler 14 ermittelte Sollkraft an eine Berechnungseinheit 20 übermittelt, welche daraus auf beschriebene Weise ein Lenkmoment ermittelt, welches am Lenkrad aufzubringen ist. Auf Grundlage des so ermittelten Lenkmoments wird ein Lenkmomentenaktor 22, beispielsweise ein auf das Lenkrad wirkender Elektromotor, angesteuert, welcher dieses Moment am Lenkrad aufbringt, sodass der Fahrer des Kraftwagens die gewünschten Informationen über Fahrzustand bzw. Straßenzustand in Form einer haptischen Rückmeldung erhält.