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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftstoffinjektors eines Einspritzsystems, bei dem ein Piezoaktor das Ventilelement eines Servoventils betätigt, das die Druckverhältnisse im Steuerraum des Injektors beeinflusst und dadurch die Bewegung von dessen Ventilnadel kontrolliert.
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Soll eine Einspritzung ausgelöst werden, wird der Piezoaktor mit elektrischer Ladung beaufschlagt. Aufgrund des piezoelektrischen Effektes dehnt sich der Aktor aus und übt eine Kraft auf das Ventilelement (den Ventilkolben) des Servoventils aus. Überschreitet die Aktorkraft die Gegenkraft (Druckkraft und Federkraft), öffnet sich das Steuerventil und der Druck im Steuerraum baut sich ab. Abhängig vom Verhältnis der in den Steuerraum einlaufenden oder aus dem Steuerraum austretenden Kraftstoffmenge ändern sich die Druckverhältnisse und über das entsprechende Flächenverhältnis die Kraftverhältnisse an der Ventilnadel, die sich entsprechend der resultierenden Kraft bewegt und die Einspritzlöcher freigibt.
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Zum Beenden der Einspritzung wird nach einer vorbestimmten Zeit der Piezoaktor entladen, das Steuerventil wird geschlossen, und der sich aufbauende Druck im Steuerraum verschließt über die Bewegung der Ventilnadel das Einspritzventil.
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Damit das Servoventil und somit der Injektor im nichtangesteuerten Zustand sicher geschlossen ist, wird bei der Herstellung der Injektoren der Abstand zwischen Piezoaktor und Ventilelement (Ventilkolben) auf ein vorbestimmtes Maß eingestellt. Dieser Vorhalt wird als Leerhub des Injektors bezeichnet, den der Aktor bei jeder Ansteuerung überwinden muss, bevor das Ventilelement in Bewegung versetzt wird. Die maximale Größe dieses Leerhubes ist durch den maximal zur Verfügung stehenden Hub des Antriebes (Piezoaktor) bestimmt.
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Eine Vielzahl von Randbedingungen, wie etwa Temperatur, Lastkollektiv und Verschleiß, verändert den injektorindividuellen Leerhub über Lebensdauer und Betriebszustand und verursacht hierdurch den Großteil der Mengentoleranzen der einzelnen Injektoren. Insbesondere hat das Lastprofil, in dem der Injektor betrieben wird, einen entscheidenden Einfluss auf die Leerhubveränderung der einzelnen Injektoren. Wird der Injektor vornehmlich im Niedriglastbetrieb verwendet, d.h. bei geringem Druck im Hochdruckbereich (Raildruck) und entsprechend geringer Ansteuerenergie, so wird der Leerhub der Injektoren abnehmen. Auf der anderen Seite führt ein häufiger Betrieb des Systems im Hochlastbereich zu einer Zunahme des Leerhubes.
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Im Stand der Technik sind Verfahren beschrieben, wie der aktuelle Leerhub der Injektoren im System unter Betriebsbedingungen ermittelt werden kann (
DE 10 2009 018 289 B3 ). Des Weiteren sind im Stand der Technik Verfahren (
DE 101 23 372 A1 ,
DE 100 12 607 A1 und
DE 199 05 340 A1 ) beschrieben, mit deren Hilfe die leerhubbedingten Mengentoleranzen der einzelnen Injektoren kompensiert werden können. Diese Verfahren kompensieren die Auswirkungen einer Leerhubveränderung auf die Einspritzmenge, korrigieren jedoch nicht den physikalischen Leerhub der Injektoren über die Lebensdauer derselben. Das bedeutet, dass diese Verfahren nur in einem begrenzten funktionalen Bereich der Injektoren anwendbar sind. Verlässt der Leerhub des Injektors diesen funktionalen Bereich, so führt dies zu einem Funktionsausfall der Injektoren und dadurch zu einem Systemausfall.
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In 1 sind diese Zusammenhänge verdeutlicht. Im oberen Diagramm ist der Zusammenhang zwischen dem physikalisch vorliegenden Leerhub des Injektors und der im System bestimmten Leerhubgröße (Leerhub-Feedbacksignal) dargestellt. Der Leerhub kann in einem weiten Bereich im System online bestimmt werden.
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Im unteren Diagramm ist der Zusammenhang zwischen dem im System bestimmten Leerhubsignal und der eingespritzten Kraftstoffmenge bei konstanten Betriebsbedingungen (Ansteuerzeit, Raildruck) gezeigt. Man erkennt deutlich, dass die eingespritzte Menge mit steigendem Leerhub abnimmt und mit fallendem Leerhub zunimmt.
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Hierbei sind drei Bereiche zu unterscheiden, die jeweils durch die gestrichelten Linien voneinander getrennt sind. Im Bereich 1 erkennt man eine überproportionale Mengenzunahme. Dies ist dadurch begründet, dass der Leerhub des Injektors die untere Funktionsgrenze unterschritten hat. Ein sicheres und reproduzierbares Schließen des Servoventils wird nicht mehr sichergestellt. Als Folge daraus zeigt sich eine überproportionale Zunahme der Einspritzmenge. Würde sich der Leerhub in diesem Fall weiter verringern, so wäre ein permanent offenstehendes Servoventil und demzufolge eine Dauereinspritzung oder im Fall des Startvorganges ein Fehler im Raildruckaufbau die Folge.
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Im Bereich 3 von 1 erkennt man eine überproportionale Abnahme der Einspritzmenge mit steigendem Leerhub. Auch hier verlässt der Leerhub seinen funktionalen Bereich. Die maximale Energie, die zum Ansteuern des Injektors aufgewendet werden kann, reicht im Bereich 3 nicht aus, um das Servoventil vollständig zu öffnen. Dadurch finden ein verspätetes Öffnen und ein verfrühtes Schließen des Injektors statt, was einer Mengenabnahme entspricht. Eine weitere Erhöhung des Leerhubes würde letztendlich dazu führen, dass das Servoventil des Injektors während der Ansteuerung geschlossen bleibt und keine Einspritzung ausgeführt wird.
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Im Bereich 2 befindet sich der Leerhub des Injektors in seinem funktional zulässigen Bereich. Die leerhubbedingte Mengenänderung zeigt eine lineare Abhängigkeit vom aktuellen Leerhub des Injektors. In diesem Bereich kann die Mengenänderung durch eine Anpassung der Ansteuerzeit in einfacher und genauer Weise kompensiert werden.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs beschriebenen Art zur Verfügung zu stellen, mittels dem ein Injektor besonders genau ansteuerbar ist.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen von Patentanspruch 1 gelöst.
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Erfindungsgemäß wird ein Verfahren vorgeschlagen, das einerseits die leerhubbedingte Mengenänderung korrigiert und andererseits den Leerhub des Injektors durch eine aktive Leerhubbeeinflussung über die gesamte Lebensdauer im funktionalen Bereich des Injektors hält. Des Weiteren führt das erfindungsgemäße Verfahren zu einer Reduzierung der Geräuschentwicklung der Injektoren während der Ansteuerung und zu einer Reduzierung der Empfindlichkeit der Injektoren in Bezug auf Schwankungen des Leckagegegendrucks im System.
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Es wird vorgeschlagen, das Ansteuerungsprofil des Injektors in zwei Teile, einen leerhubabhängigen Teil und einen servoventilabhängigen Teil, aufzuteilen. Der leerhubabhängige Teil der Ansteuerung hat dabei einerseits die Aufgabe, den Piezoaktor durch das Ansteuerprofil derart zu beeinflussen, dass sich der physikalische Leerhub über die Lebensdauer innerhalb enger physikalischer Grenzen bewegt, d.h. es wird eine aktive Beeinflussung des Driftverhaltens des Injektors über dessen Lebensdauer durchgeführt. Andererseits wird durch diese injektorindividuelle Ansteuerung die leerhubbedingte Mengenstreuung kompensiert.
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Dieser erste Teil der Ansteuerung erfolgt vorzugsweise unabhängig vom zweiten Teil der Ansteuerung, nämlich der zur Einspritzung notwendigen Ansteuerung.
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Zum Durchführen des leerhubabhängigen Teiles der Ansteuerung wird der Aktor des Injektors mit einer ersten Energie beaufschlagt, deren Höhe auf Basis des aktuellen Leerhubes bestimmt wird, wobei hiervon ein Sicherheitsabstand abgezogen wird.
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Der erste Teil der Ansteuerung wird vorzugsweise mit einem geringen Stromgradienten durchgeführt, da diese erste Ansteuerung nicht zeitkritisch ist. Dieser geringe Stromgradient während des Vorhubes und die Tatsache, dass die zur Öffnung des Servoventils notwendige Energie sich reduziert (Gesamtenergie = Energie-Vorhub + Energie_Ansteuerung_Servoventil), führen zu einer Reduzierung der Geräuschemissionen des Injektors während der Ansteuerung.
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Zum Durchführen des servoventilabhängigen Teiles der Ansteuerung wird der Piezoaktor mit einer zweiten Energie beaufschlagt, die mithilfe einer systemdruckabhängigen Vorsteuerung bestimmt wird. Dieser servoventilabhängige Teil der Ansteuerung hat die Aufgabe, das Servoventil bei einer angeforderten Einspritzung sicher und vollständig unter allen Betriebsbedingungen zu öffnen und zu schließen. Die dazu benötigte Energie ist von der Ausführungsform des Ventils abhängig.
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Bei druckbelasteten Servoventilen steigt die notwendige Energie mit dem Druck im Hochdruckbereich des Systems, da dieser Druck beim Öffnen des Ventils zunächst überwunden werden muss. Bei druckausgeglichenen Ventilen hingegen ist die benötigte Energie unabhängig vom jeweiligen Druck im Hochdruckbereich (Raildruck), also konstant.
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Generell ist die notwendige Energiemenge für den zweiten Teil der Ansteuerung unabhängig vom Leerhub des Injektors und einfach beispielsweise durch eine Vorsteuerkennlinie bestimmbar. Das Ansteuerprofil zur Ausführung der eigentlichen Einspritzung ist also immer konstant, und zwar vorzugsweise über die gesamte Lebensdauer des Injektors.
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Erfindungsgemäß wird somit eine Voransteuerung des Injektors durchgeführt, um den individuell verschiedenen Leerhub des Injektors zu kompensieren. Diese Voransteuerung des Injektors hat ferner den Vorteil, dass die Empfindlichkeit des Injektors gegenüber Leckage-Gegendruckschwankungen reduziert wird. Der Leckagedruck des Injektors beeinflusst die Dynamik zum einen statisch durch die zusätzliche Kraft, die auf den Aktor ausgeübt wird, aber auch dadurch, dass die Flüssigkeitssäule während der Ansteuerung beschleunigt werden muss.
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Die Aufteilung der Aktorbewegung in einen leerhubabhängigen und einen leerhubunabhängigen (servoventilabhängigen) Teil führt dazu, dass der zur eigentlichen Ansteuerung des Servoventils zurückzulegende Weg verringert wird und dass dieser Weg für alle Injektoren gleich ist, also nicht mehr vom Leerhub abhängig ist.
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Vorzugsweise wird der Injektor auf eine leerhubabhängige Position des Aktors angesteuert, sobald das dem Injektor zugeordnete Segment selektiert wird. Des Weiteren wird der Aktor des Injektors vorzugsweise nach der ersten Einspritzung nur bis auf ein leerhubabhängiges Niveau zurückbewegt. Bevor das dem Injektor zugeordnete Segment endet, wird der Aktor vollständig entladen (Sicherheitskonzept).
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist gut mit den bekannten Verfahren zur Leerhubbestimmung kombinierbar, so dass einerseits die Genauigkeit der Mengenzumessung gesteigert wird und andererseits der Funktionsbereich des Injektors durch die aktive Beeinflussung der Leerhubdrift garantiert wird.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispieles in Verbindung mit der Zeichnung im Einzelnen erläutert. Es zeigen:
- 1 den Einfluss der Leerhubänderung im Injektor auf die eingespritzte Kraftstoffmenge bei konstanter Ansteuerzeit und konstantem Druck im Hochdruckbereich;
- 2 eine schematische Darstellung in Bezug auf die Bestimmung der Energieniveaus für Vorhub und Einspritzung für ein druckbelastetes Servoventil;
- 3 ein optimiertes Ansteuerprofil zur aktiven injektorindividuellen Beeinflussung des Leerhubes; und
- 4 die Anwendung einer optimierten Ansteuerung für servogetriebene Piezoinjektoren und den Einfluss auf die Leerhubdrift.
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Auf 1 wurde bereits vorstehend Bezug genommen. Beide Diagramme zeigen den funktional zulässigen Bereich eines Injektors, der mit der Ziffer 2 gekennzeichnet ist. Bei dem beschriebenen Verfahren wird der Leerhub des Injektors durch eine aktive Leerhubbeeinflussung über die gesamte Lebensdauer in diesem funktionalen Bereich des Injektors gehalten.
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In 2 ist anhand eines Ausführungsbeispieles der Informationsfluss dargestellt, der zur Bestimmung der segmentindividuellen Ansteuerparameter durchzuführen ist. Der aktuelle Leerhub und der Raildruck bestimmen das Energieniveau des Vorhubes (leerhubabhängiger Teil der Ansteuerung). Das Energieniveau der eigentlichen Einspritzung (servoventilabhängiger Teil der Ansteuerung) wird bei dem hier beschriebenen Ausführungsbeispiel eines druckbelasteten Servoventils aus einer linear vom Druck im Hochdruckbereich (Raildruck) abhängigen Funktion bestimmt.
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In 3 ist schematisch die Aktorspannung der Piezoaktoren für zwei Injektoren (maximaler Leerhub und minimaler Leerhub) während der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren optimierten Ansteuerung dargestellt. Das Vorhubniveau (leerhubabhängiger Teil der Ansteuerung) ist entsprechend dem aktuellen injektorindividuellen Leerhub angepasst. Auf diese Weise werden sämtliche Aktoren der Injektoren vor der eigentlichen Ansteuerung (servoventilabhängiger Teil der Ansteuerung) physikalisch auf die gleiche Ausgangsposition gebracht. Das hat zur Folge, dass ein leerhubbedingter Unterschied in der eigentlichen Ansteuerung, die eine Einspritzung bedingt, vollständig ausgeglichen wird. Die Ansteuerung zur Vor- und Haupteinspritzung ist für beide Injektoren gleich.
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Aufgrund der Dauer und Höhe der leerhubabhängigen Ansteuerung erfahren die Injektoren eine Repolarisierung der Piezokeramik derart, dass Injektoren mit großem Leerhub durch dieses Verfahren verlängert werden und sich die Piezoaktoren der Injektoren mit geringem Leerhub verkürzen. Dieser Vorgang vollzieht sich langsam während mehrerer Stunden der Ansteuerung. Deshalb wird das Verfahren kontinuierlich während des Betriebes des Systems angewendet.
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In 4 ist die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens auf zwei Injektoren mit maximalem und nominalem Leerhub gezeigt. Der Injektor mit maximalem Leerhub erfährt aufgrund der bedarfsgerechten Ansteuerung eine Reduzierung des Leerhubes in Richtung des Injektors mit nominalem Leerhub. Der Effekt der Leerhubbeeinflussung bleibt auch während der Ruhephase des Systems (Phasen, in denen das Einspritzsystem nicht betrieben wird) zumindest teilweise bestehen (Langzeitdrift). Allerdings verlieren die Injektoren einen Teil der Leerhubdrift während der Ruhephasen, so dass das Verfahren kontinuierlich durchgeführt wird, um den Injektor im funktionalen Bereich zu halten.
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Der Injektor mit nominalem Leerhub bleibt während des angewendeten Lastkollektives nahezu konstant. Die Ansteuerung führt in dem betrachteten Zeitraum nicht zu einer merklichen Leerhubdrift.