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Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Chemie und betrifft ein Verfahren zur Entwässerung von Suspensionen, wie es beispielsweise zur Entwässerung von Schlämmen oder anderen Suspensionen in der Papierindustrie oder zur Wasseraufbereitung eingesetzt wird.
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Zur Entwässerung von Suspensionen sind zahlreiche Verfahren bekannt.
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Die Abtrennung von Partikeln aus Abwässern und technischen Trüben und damit die Entwässerung dieser Dispersionen ist ein weit verbreiteter Prozess in der Technik, zum Beispiel in der Papierindustrie, der Wasserwirtschaft oder bei der Aufbereitung von Klärschlämmen oder Kieswaschwässern. In allen diesen Fällen werden suspendierte Feststoffe aus wässrigen Systemen mit Hilfe von Flockungshilfsmitteln abgetrennt. Bei der Abtrennung kommen sowohl anorganische Salze als auch wasserlösliche Polymere (Polyelektrolyte) zum Einsatz. Zur Verbesserung des Prozessablaufes oder des Trennergebnisses gibt es eine Vielzahl von Lösungen, z.B. wird eine bessere Abtrennung und schnellere Sedimentation der sehr feinen Partikel durch Anwendung eines Mehrkomponenten-Flockungsmittels erreicht [
JP 2000 140 861 A1 ].
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Durch die Anwendung neuer Polykationen mit höherer Molmasse oder mit zusätzlich hydrophoben Anteilen kann das sogenannte Flockungsfenster verbreitert und der Prozess störunabhängiger gemacht werden [
DE 10 2005 009 809 A1 ].
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Derartige Polyelektrolyte werden auch für die Anwendung für weitere Trennprozesse empfohlen, z.B. für Suspensionen mit hohen Anteilen an Begleitstoffen (Tenside, Stabilisatoren, Farbstoffe o.ä.) z.B. für Abwässer der Pharma- oder Textilindustrie.
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Aufgrund ständig steigender Energiepreise besteht das Interesse, insbesondere in der Abwasserwirtschaft, wenn die entwässerten Schlämme anschließend verbrannt werden, oder auch in der Papierindustrie, wo es nach dem Aufbringen eines Papierstriches um die Trocknung dieses Auftrages geht, den Feststoffgehalt der zu entwässernden Suspensionen so hoch wie möglich zu treiben.
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Gemäß
DE 10 2008 034 678 A1 ist ein Entwässerungsverfahren bekannt, bei dem das zu entwässernde Produkt aus der Papierindustrie mit einem Polymer behandelt wird, das bei Veränderung der physikalischen Umgebungsbedingungen seine Struktur verändert. Dabei werden während der Entwässerung die physikalischen Umgebungsbedingungen soweit verändert, dass sie die Strukturveränderungsbedingungen des Polymers erfüllen.
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Derartige Polymere sind als LCST-Polymere (Lower Critical Solution Temperature-Polymere) bekannt. Diese Polymere sind bei einer niedrigen Temperatur in einem flüssigen Medium löslich, fallen aber oberhalb der LCST-Temperatur aus dem flüssigen Medium aus.
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Die Wirkungsweise von LCST-Polymeren ist derart, dass beispielsweise bei Temperaturerhöhung diese Polymere eine Konformationsänderung in Form von Polymereknäueln auftritt (siehe
Fig. 1; Sun et al., Angew. Chem. Int. Ed. 43 (2004), pp. 357–360). Fig. 1
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Nachteilig bei den bekannten Entwässerungsverfahren ist, dass die Entwässerung noch nicht ausreichend und nicht vollständig ist.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Entwässerung von Suspensionen anzugeben, bei dem eine deutlich größere Entwässerung erreicht wird.
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Die Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Entwässerung von Suspensionen werden zu einer Suspension gleichzeitig oder nacheinander ein Flockungsmittel oder ein Flockungsmittelgemisch und ein Polymer oder ein Polymergemisch zugegeben, wobei das Polymer oder das Polymergemisch bei Veränderungen der Temperatur eine Strukturveränderung realisiert (LCST-Polymer).
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Vorteilhafterweise wird erst das Flockungsmittel oder das Flockungsmittelgemisch in die Suspension eingebracht und nachfolgend das LCST-Polymer zugegeben.
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Ebenfalls vorteilhafterweise wird das Flockungsmittel oder das Flockungsmittelgemisch gleichzeitig mit dem LCST-Polymer zugegeben.
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Weiterhin vorteilhafterweise wird ein LCST-Polymer eingesetzt, welches bei Temperaturerhöhung eine Strukturveränderung realisiert.
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Und auch vorteilhafterweise wird ein LCST-Polymer eingesetzt, welches bei einer Erniedrigung der Temperatur eine Strukturveränderung realisiert.
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Von Vorteil ist es auch, wenn als LCST-Polymer Poly-N-Alkylacrylamid, Polyalkylenoxid, Poly(N-isopropylacrylamid), Ethyl-(hydroxyethyl)-Cellulose, Poly(N-Vinylcaprolactam) und/oder Poly(N-Vinylpyrrolidon) eingesetzt werden.
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Und auch von Vorteil ist es, wenn als Flockungsmittel ein biologisch unbedenkliches Mittel und als LCST-Polymer ein biologisch abbaubares Polymer eingesetzt wird.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung wird es erstmals möglich, Suspensionen sehr gut und häufig nahezu vollständig zu entwässern.
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Erreicht wird dies im Wesentlichen durch die gleichzeitige oder nacheinander folgende Zugabe eines Flockungsmittels oder eines Flockungsmittelgemisches und eines Polymers oder eines Polymergemisches zu der Suspension, wobei das Polymer oder das Polymergemisch bei Veränderungen der Temperatur eine Strukturveränderung realisiert.
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Nachfolgend werden die Polymere oder Polymergemische, die bei Veränderungen der Temperatur eine Strukturveränderung realisieren, thermosensitive Polymere oder LCST-Polymere genannt.
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Diese Kombination von Flockungsmitteln und LCST-Polymeren, die bei Veränderung der Temperatur eine Strukturveränderung realisieren, ist bisher nicht bekannt. Überraschenderweise führt die Kombination beider Prozesse zu einer deutlich verbesserten Entwässerung.
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Bekanntermaßen ist der alleinige Einsatz von Poly (N-Vinylcaprolactam) als LCST-Polymer für Entwässerungsprozesse nur möglich, wenn der pH-Wert der Suspension erniedrigt und der Stickstoff protoniert wird (Somasundaran et al: Langmuir, 2005, 21 (26), pp 12096–12099). Nur dann tritt die Entwässerungswirkung ein.
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Durch die Kombination des Prozesses mit einem Flockungsmittel ist eine Einstellung des pH-Wertes der Suspension nicht zwingend erforderlich.
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Dabei läuft die Flockung der festen Bestandteile der Suspension nach dem bekannten Flockungsmechanismus ab.
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Auch die Wirkungsweise der LCST-Polymere folgt den bekannten Mechanismen. Das erfindungsgemäße Verfahren ist keine Mehrfachflockung, da tatsächlich neben den Flockung ein weiterer Mechanismus mit anderen Wirkungen abläuft.
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Die gemeinsame oder nacheinander folgende Zugabe beider Stoffe führt zu einer deutlichen Beschleunigung des Entwässerungsprozesses und gleichzeitig zu einer deutlich höheren Entwässerung. Die Sedimentation des Feststoffes erfolgt deutlich schneller und führt zu einem kompakteren Sediment.
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Das Sediment enthält weniger Wasser und führt so zu einer Energieeinsparung bei einer möglichen nachfolgenden Verbrennung, z.B. von Klärschlamm oder bei einer Trocknung des Sediments. Jedes % Wasser das in dem Sediment verringert werden kann, führt zu einer immensen Energieeinsparung.
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Solche LCST-Polymere, die erfindungsgemäß eingesetzt werden können, sind beispielsweise Poly-N-Alkylacrylamid, Polyalkylenoxid, Poly(N-isopropylacrylamid), Ethyl-(hydroxyethyl)-Cellulose, Poly(N-Vinylcaprolactam) und/oder Poly(N-Vinylpyrrolidon).
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Zur Optimierung des erfindungsgemäßen Verfahrens können höhere Temperaturen für die Strukturveränderung des LCST-Polymers eingesetzt werden.
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In der Industrie weisen die meisten zu entwässernden Suspensionen bereits eine höhere Temperatur von 30–60° C auf. So beträgt die Temperatur von Klärschlamm ca. 30°C und die von Papiersuspensionen oder Suspensionen für den Papierstrich 25–60 °C. Damit ist eine zusätzliche Energiezufuhr zur Aktivierung des thermosensitiven Polymers nicht notwendig.
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Weitere Vorteile der erfindungsgemäßen Lösung sind, dass
- – ein optimales Trennergebnis in Form einer vollständigen Partikelabtrennung bei kompakten Sediment und sehr hohen Sedimentationsgeschwindigkeiten erreicht wird,
- – keine anspruchsvollen neuen, sondern handelsübliche, relativ preiswerte Polykationen einsetzbar sind,
- – ebenfalls bekannte LCST-Polymere einsetzbar sind,
- – ein einfaches Verfahrensregime realisiert wird.
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Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass bioabbaubare und thermosensitive Flockungsmittel zur Bildung von kompakten Sedimenten eingesetzt werden können. Insbesondere die Kombinationen von Chitosan als Flockungsmittel und Poly(N-vinylcaprolactam) (PVCL) als thermosensitives Polymer ist vorteilhaft, da beide Polymere als biologisch unbedenklich gelten und biologisch abbaubar sind. Chitosan wirkt antibakteriell und entzündungshemmend. Bei PVCL entspricht die Temperatur, die zu einer Strukturveränderung führt, in etwa der Körpertemperatur des Menschen.
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Ebenso ist bei dem erfindungsgemäßen Verfahren von Vorteil, dass durch die bessere Entwässerung eine höhere Kompaktierung des Sediments und damit auch eine Anreicherung der im Sediment enthaltenen Stoffe erreicht wird. Dies ist beispielsweise für Metallionen in der kosmetischen oder pharmazeutischen Industrie oder in der Medizin von Bedeutung. So kann beispielsweise Zink als Schutz gegen Sonnenstrahlen in einer deutlich höheren Konzentration auf die Haut aufgebracht werden.
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Andererseits kann die bessere Entwässerung auch zu einer besseren Entfernung von schädlichen Stoffen, wie Metallionen aus der Suspension und dem Endprodukt führen.
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Nachfolgend wird die Erfindung an zwei Ausführungsbeispielen näher erläutert.
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Dabei zeigt
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1 eine schematische Darstellung des Sedimentationsergebnisses nach den verschiedenen Verfahrensstufen
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Beispiel 1
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10 ml einer 1%igen Suspension aus Siliziumdioxid werden mit 30 µl einer 0,1% Chitosanlösung als Flockungsmittel und 250 µl einer 0,1 %igen Lösung des LCST-Polymers Poly(N-isopropylacrylamid) versetzt und gerührt. Die Messung des pH-Werte nach der Zugabe ergab einen Wert von pH 5,4.
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Nachfolgend wird die Temperatur der Mischung auf 40 °C erhöht und die Strukturveränderung des Polymers führt zu einer deutlich schnelleren Sedimentation und einem sehr klaren Überstand. Die Trübungswerte der Kombination Chitosan mit LCST Polymer betrugen 20 NTU. Im Vergleich dazu ist die Trübung mit Chitosan als alleiniges Flockungsmittel bei 96 NTU.
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Das Sediment ist bei Zugabe von Poly(N-isopropylacrylamid) im Vergleich zu Siliziumdioxid welches nur mit Chitosan geflockt wurde, um 10% kompakter.
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Beispiel 2
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20 ml einer 1%igen Suspension aus Siliziumdioxid wird mit 60µl einer 0,1% Chitosanlösung (CH) als Flockungsmittel unter Rühren gemischt. Nach einer Sedimentationszeit von 20 min wird von dem klaren Überstand 10 ml entfernt. Danach wird als LCST-Polymer Poly(N-Vinylcaprolactam) (C) in verschiedenen Mengen einer 0,1 %igen Lösung zugegeben und gerührt. Nachfolgend wird die Temperatur der Mischung auf 40 °C erhöht und die Strukturveränderung des LCST-Polymers C führt zu einer deutlich schnelleren Sedimentation. Diese ist mit 3461 %/h etwa dreifach höher im Vergleich zur Sedimentationsgeschwindigkeit, wenn nur Flockungsmittel CH verwendet wird. Die alleinige Zugabe des LSCT Polymers C zeigt mit 1,5 %/h keine Flockungswirkung. Auswertung der integralen Transmission:
Probenname | Sedimentationsgeschwindigkeit v in %/h |
Silika + CH 0.2 mg/g | 1271 |
Silika + CH 0.2 mg/g + C 0.4 mg/g | 3219 |
Silika + CH 0.2 mg/g + C 0.8 mg/g | 3461 |
Silika + C 1.2 mg/g | 1,5 |
Silika | 2,6 |
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Beispiel 3:
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50 ml einer Suspension aus Kaolin mit einem Feststoffgehalt von 5 g/l wird mit 0.05 ml einer 1%igen Chitosanlösung als Flockungsmittel unter Rühren gemischt. Danach wird als LCST-Polymer 0,1-%iges Poly(N-Vinylcaprolactam) in einer Menge von 1,2 ml zugegeben und gerührt. Die Messung des pH-Wertes nach der Zugabe ergab einen Wert von pH 5.6.
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Nachfolgend wird die Temperatur der Mischung auf 40 °C erhöht und die Strukturveränderung des Polymers führt zu einer deutlich sichtbaren weiteren Sedimentation und Verfestigung des Sedimentes. Das Sediment ist bei Zugabe von Poly(N-Vinylcaprolactam) im Vergleich zu Kaolin welches nur mit Chitosan geflockt wurde, um 33% kompakter.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- JP 2000140861 A1 [0003]
- DE 102005009809 A1 [0004]
- DE 102008034678 A1 [0007]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Fig. 1; Sun et al., Angew. Chem. Int. Ed. 43 (2004), pp. 357–360 [0009]
- Somasundaran et al: Langmuir, 2005, 21 (26), pp 12096–12099 [0024]