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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Beatmungsgerät mit einem Ventilator zur Lieferung von Atemgas unter Druck, der von einer den Ventilator steuernden Steuereinheit vorgegeben wird, und mit Sensoren zur Aufnahme eines respiratorischen Atemaktivitätssignals, das an die Steuereinheit weitergeleitet wird, wobei die Steuereinheit dazu eingerichtet ist, ein Verfahren zur automatischen Steuerung des Beatmungsgerätes durchzuführen, um abwechselnd zwischen zwei Beatmungsphasen (Inspiration und Exspiration) umzuschalten, indem das erfasste respiratorische Atemaktivitätssignal in einer Beatmungsphase von der Steuereinheit auf ein Schwellenkriterium für die Umschaltung in die nächste Beatmungsphase hin untersucht und bei erfülltem Schwellenkriterium von der einen in die andere Beatmungsphase umgeschaltet wird.
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Die künstliche Beatmung mit Beatmungsgeräten zielt darauf ab, die Atemmuskulatur eines Patienten zu entlasten und eine hinreichende Sauerstoffversorgung und Kohlendioxid-Elimination zu gewährleisten. Dies kann durch vollständige Übernahme der Atemaktivität durch das Beatmungsgerät oder bei unterstützenden Verfahren durch teilweise Übernahme der Atemaktivität durch das Beatmungsgerät geschehen, wobei bei den letzteren unterstützenden Verfahren eine vorhandene Atemaktivität des Patienten unterstützt oder verstärkt wird. Dazu enthalten die Beatmungsgeräte einen Ventilator zur Lieferung von Atemgas mit einem Druck, der von einer Steuereinheit vorgegeben wird. Ferner sind Sensoren vorhanden, die pneumatische Atemsignale zeitabhängig erfassen, zum Beispiel Atemwegsdruck, Volumenstrom (Flow) des Atemgases und Volumen (das sich aus der Integration des Flow ergibt), und diese an die Steuereinheit weiterleiten.
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Angesichts der Zunahme von chronischen Lungenkrankheiten und der Forderung nach einer verbesserten Therapie ist die nicht-invasive Atemunterstützung bei verbesserter Interaktion von Patient und Ventilator eine maßgebliche Anforderung an moderne Beatmungsgeräte. Eine wesentliche Aufgabe ist dabei die Herstellung der zeitlichen Synchronität zwischen der geräteseitigen Unterstützung und der patienteneigenen Atemaktivität. In der Vergangenheit wurden spontan atmende Patienten häufig sediert, um die Beatmung korrekt einzustellen und Synchronität zwischen Patient und Beatmungsgerät zu erzwingen. Diese Vorgehensweise ist nach heutigem Wissen nicht mehr akzeptabel, da Risiken der Lungenschädigung durch die Beatmung eingegangen werden müssen.
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Für eine verbesserte Synchronisation zwischen der Atemaktivität des Patienten und der Ventilatoraktion ist es wichtig, den Beginn der Inspiration und den Beginn der Exspiration in der Atemaktivität des Patienten frühzeitig und sicher zu detektieren. Die Atemphasendetektion ist besonders bei Neonaten und COPD-Patienten mit herkömmlichen Verfahren oft fehlerhaft oder verspätet und führt zu erhöhter Atemarbeit bis hin zur Erschöpfung.
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Für eine künstliche Beatmung, die in verbesserter Weise die Patientenatemaktivität berücksichtigen soll, ist es aus
DE 10 2007 062 214 B3 bekannt, neben pneumatischen Atemaktivitätssignalen elektromyographische Signale durch Elektroden am Brustkorb aufzunehmen und daraus elektromyographische Atemaktivitätssignale abzuleiten (EMG-Signale). Diese EMG-Signale sind unabhängig von den pneumatischen Atemaktivitätssignalen und stellen daher eine unabhängige Informationsquelle dar, die zur Erfassung des Beginns der Inspiration und Exspiration verwendet werden kann. Allerdings werden die EMG-Signale nicht selten von Störungen wie zum Beispiel dem EKG-Signal des Herzens, Bewegungsartefakten oder sogenanntes Übersprechen (Muskelaktivität, die nichts mit dem respiratorischen System des Patienten zu tun hat) überlagert.
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Eine Auslösung oder Triggerung von Atemhüben auf Grundlage von EMG-Signalen ist in
U.S. 6,588,423 B1 beschrieben. Hier wird das EMG-Rohsignal vorverarbeitet und zur Triggerung schließlich ein Intensitätsmaß (Root Mean Square) des EMG-Signals verwendet, wobei eine – bezogen auf einen Atemzug – feste Schwelle verwendet wird.
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In der Praxis ist jedoch auch das vorverarbeitete EMG-Signal meist störungsanfälliger als pneumatische Signale (Druck oder Volumenstrom). Eine solche Störungsanfälligkeit oder Volatilität erschwert die Umschaltung oder Auslösung (Triggerung) von Atemhüben bei Verwendung von Trigger-Schwellen, da fälschlich zu viele Atemhübe ausgelöst werden können (sogenannte Auto-Trigger) oder zu spät ausgelöst werden können (sogenannte Delayed oder Missed Trigger).
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Die Behaftung der Signale mit Störungen lässt sich zwar durch geeignete Filterungen (z.B. mittels gleitender Mittelwertbildung) der Signale vermindern, was aber für den Verwendungszweck zur Umschaltung zwischen Beatmungsphasen den großen Nachteil einer zusätzlichen Signalverzögerung zur Folge hätte.
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In
DE 102 12 497 A1 wird allgemein darauf hingewiesen, dass zu Beginn einer Einatmungsphase eine Fortsetzung der Einatmungsphase wesentlich wahrscheinlicher als deren vorzeitiges Ende ist und dass kurz vor einem Ende der Ausatemphase ein erneuter Beginn einer Einatemphase eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweist. Grundsätzlich gelte, dass mit einer zunehmenden Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des die Beatmungsphase auslösenden Ereignisses die Triggerschwelle abgesenkt werden kann, da der Einfluss von Störungen zum einen unwahrscheinlicher wird und darüber hinaus selbst bei einer Fehlauslösung aufgrund einer auftretenden Störung das Resultat dieser Fehlumschaltung aufgrund der zeitlichen Nähe zu einem korrekten Umschaltzeitpunkt deutlich weniger störend ist als eine Fehlumschaltung zu einem völlig falschen Zeitpunkt. Darüber hinaus werden allerdings keine weiteren Angaben gemacht, wie und mit welchem zeitlichen Verlauf bis zu welchem zeitlichen Zielpunkt ein dynamischer Schwellenverlauf zeitlich ausgeführt werden soll.
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In
DE 101 03 810 A1 ist ein Gerät zur Behandlung von Schlaf-Apnoe beschrieben, das während Inspirationsphasen einen konstanten Inspirationsdruckpegel und während Exspirationsphasen einen konstanten Exspirationsdruckpegel liefert. Es ist weiter beschrieben, dass die Atemphasenerkennung durch einen Schwellenwertvergleich mit einem sich zeitlich von einem vergleichsweise hohen Wert zu einem relativ niedrigen Wert ändernden Schwellenwert erfolgt. Diese entspricht dem zuvor beschriebenen Stand der Technik, wonach kurz nach Umschaltung einer Beatmungsphase die Wahrscheinlichkeit, dass eine erneute Umschaltung in die nächste Beatmungsphase erfolgen soll, relativ gering ist und deshalb ein hoher Schwellenwert verwendet werden kann, um Störungen sicher zu unterdrücken, während die Schwelle mit zunehmender Dauer der gegenwärtigen Beatmungsphase abgesenkt werden muss.
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US 2008/0283060 A1 beschreibt ein Beatmungsgerät, bei dem während der Inspiration eine sich erhöhende Schwelle gesetzt wird, bei deren Unterschreiten durch den Volumenstrom in die Exspiration umgeschaltet wird. Eine Variation der Schwelle während der Exspiration ist nicht vorgesehen.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Beatmungsgerät mit automatischer Steuerung des Beatmungsgerätes anzugeben, die einerseits eine empfindliche Umschaltung in die nächste Beatmungsphase ermöglicht, andererseits fälschliche Umschaltungen von der Inspiration in die Exspiration bzw. von der Exspiration in die Inspiration möglichst gering hält, indem eine an die momentane Beatmungssituation gut angepasste dynamische Schwelle verwendet wird.
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Diese Aufgabe wird durch ein Beatmungsgerät mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen des Verfahrens sind in den Unteransprüchen aufgeführt.
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Erfindungsgemäß ist die Steuereinheit dazu eingerichtet, in einer Exspirationsphase einen dynamischer Schwellenwertverlauf für die Umschaltung in eine Inspirationsphase zu verwenden, der nach Beginn der gegenwärtigen Exspirationsphase die Schwelle für eine ausgewählte inspiratorische Refraktärzeit, d.h. bis zu einem Zeitpunkt ti1 auf so hohen Werten hält, dass ein Umschalten in die Inspiration zu einem so frühen Zeitpunkt unmöglich ist. Danach wird der Schwellenverlauf monoton fallend auf einen inspiratorischen Schwellenzielwert zum erwarteten Phasendauermaximum ti2 abgesenkt und in die Inspirationsphase umgeschaltet, sobald das Atemaktivitätssignal den Schwellenverlauf für die Inspiration übersteigt.
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Die Steuereinheit ist weiter dazu eingerichtet, in einer Inspirationsphase einen dynamischen Schwellenverlauf für die Umschaltung in eine Exspirationsphase zu verwenden, der nach Beginn der gegenwärtigen Inspirationsphase für eine ausgewählte kurze exspiratorische Refraktärzeit, d.h. bis zum Zeitpunkt te1 auf so niedrigen Werten gehalten wird, dass in dieser frühen Phase ein Umschalten in die Exspiration unmöglich ist. Danach wird der Schwellenverlauf monoton steigend auf einen exspiratorischen Schwellenzielwert zum erwarteten Phasendauermaximum te2 angehoben und in die Exspirationsphase umgeschaltet, sobald das Atemaktivitätssignal unter den Schwellenverlauf über die Exspiration fällt.
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In diesem Zusammenhang werden von der Steuereinheit jeweils die Phasendauern der Inspirations- und Exspirationsphasen oder die Atemzugsdauer (Summe aus Inspirationsphase und Exspirationsphase für einen Atemzug) gespeichert. Die erwarteten Phasendauermaxima ti2 und te2 werden aus den Verteilungen der Phasendauern (bei Bezug auf den Beginn der jeweiligen Beatmungsphase) oder aus der Verteilung der Atemzugsdauern (bei Bezug auf den Beginn der vorherigen Beatmungsphase) abgeleitet, vorzugsweise als p-Quantil der Verteilung, wobei der Parameter P vorab festgesetzt wird und einen hohen Wert nahe bei 1 hat, z.B. 0,95, was bedeutet, dass der Zeitpunkt des erwarteten Phasendauermaximums so gelegt ist, dass in 95% der Fälle der vorhergehenden Beatmungsphasen das tatsächliche Phasenende zu diesem Zeitpunkt bereits erreicht war. Alternativ kann eine Gauß-Verteilung angenommen werden und das erwartete Phasendauermaximum auf eine vorgegebene Anzahl von Standardabweichungen oberhalb des Mittelwertes in dieser Verteilung festgelegt werden, z.B. 2,5 σ.
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Die Zeitpunkte des Endes der inspiratorischen und exspiratorischen Refraktärzeiten ti1 und te1 und die erwarteten Phasendauermaxima ti2 und te2 können auf den Zeitpunkt der Umschaltung in die gegenwärtige Beatmungsphase als Zeitnullpunkt bezogen sein. Alternativ kann der Verlauf des Atemaktivitätssignals über wenigstens die Dauer einer Beatmungsphase gespeichert werden und der Beginn der gegenwärtigen Beatmungsphase im Nachhinein durch Untersuchung des Verlaufs des Atemaktivitätssignals in einem Zeitraum um den Zeitpunkt der Umschaltung in die gegenwärtige Beatmungsphase herum bestimmt werden. Aufgrund einer genaueren Untersuchung des Signalverlaufs des Atemaktivitätssignals kann der tatsächliche Beginn der gegenwärtigen Beatmungsphase im Nachhinein genauer bestimmt werden als in Echtzeit der Triggerzeitpunkt der Umschaltung des Beatmungsgerätes. Aus den Verteilungen der Phasendauern ergeben sich auch die Medianwerte tim und tem als 0,5-Quantile, die als Erwartungswerte für die Phasendauern der Inspiration und der Exspiration angesehen werden können.
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Der Schwellenzielwert wird aus den Amplitudenverteilungen der Atemaktivitätssignale zum Zeitpunkt der mittleren Phasendauern tim und tem, wobei tim der Medianwert der inspiratorischen Phasendauern und tem der Medianwert der exspiratorischen Phasendauern ist. In den Amplitudenverteilungen zu diesen Zeitpunkten können die Schwellenzielwerte als p-Quantil oder unter Annahme einer Gaußverteilung als (im Allgemeinenen nichtganzzahliges) Vielfaches der Standardabweichung relativ zum Mittelwert festgelegt werden. Zum Beispiel kann der inspiratorische Schwellenzielwert als 0,05-Quantil in der Amplitudenverteilung zum Zeitpunkt tim festgelegt werden, d.h. der Schwellenzielwert liegt so, dass 95% der Atemaktivitätssignalamplituden zum Zeitpunkt tim oberhalb die Schwellezielwertes liegen. Der exspiratorische Schwellenzielwert kann als 0,95-Quantil in der Amplitudenverteilung zum Zeitpunkt tem festgelegt werden, d.h. der Schwellenzielwert liegt so, dass 95% der Atemaktivitätssignalamplituden zum Zeitpunkt tem unterhalb des exspiratorischen Schwellenzielwertes liegen
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist die Steuereinheit weiter dazu eingerichtet, die Werte des Atemaktivitätssignals zu einer Mehrzahl von Zeitpunkten während der Inspiration ti j ∊ [ti1, tim] (j = 1, ... n) und während der Exspiration te k ∊ [te1, tem] (k = 1, ... h) zu speichern und als Amplitudenverteilungen der Signalwerte des Atemaktivitätssignals zu dieser Mehrzahl von Zeitpunkten zu speichern. Diese Amplitudenverteilungen können auf folgende Weise zur Führung des Schwellenverlaufs auf den Schwellenzielwert verwendet werden. Hierzu wird zunächst ausgenutzt, dass die Verteilung der Phasendauern einer Wahrscheinlichkeitsdichte entspricht, die (durch Integration) in eine Verteilungsfunktion V(t) umgewandelt werden kann, welche dann vom niedrigsten Punkt der Dichtefunktion (der kürzesten beobachteten Phasendauer) von 0 bis zum äußersten Endpunkt der Verteilung (der längsten beobachteten Phasendauer) auf 1 ansteigt. Der jeweilige Wert dieser Verteilungsfunktion gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit bis zu dem jeweiligen Zeitpunkt eine Umschaltung in die nächste Beatmungsphase erfolgt sein müsste. Die zeitlich zunehmende Wahrscheinlichkeit der Umschaltung kann in entsprechend abnehmende Schwellen in den Amplitudenverteilungen des Atemaktivitätssignals zu der Mehrzahl von aufeinanderfolgenden Zeitpunkten so übertragen werden, dass die Wahrscheinlichkeit der Umschaltung nach der Verteilungsfunktion der Phasendauern der Wahrscheinlichkeit folgt, mit der nach der Amplitudenverteilung das Schwellenkriterium zur Umschaltung erfüllt ist.
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Zum Beispiel können die Schwellen in den Amplitudenverteilungen so gesetzt werden, dass die Verteilungsfunktion der Phasendauern V(t) zu der Mehrzahl von Zeitpunkten ti j ∊ [ti1, tim] und te k ∊ [te1, tem] ein p-Quantilkriterium in den Atemaktivitätssignalverteilungen definiert, wobei p ein Funktion von V(t) ist, p = F(V(t)). Dabei ist F(V(t)) eine Funktion der Verteilungsfunktion, die im Allgemeinen im Wesentlich linear mit der Verteilungsfunktion variiert, im Einfachsten Fall die Identität F(V(t)) = V(t) für die Exspiration und die Spiegelung F(V(t)) = 1 – V(t) für die Inspiration.
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Alternativ können die Schwellen als (im Allgemeinen nicht-ganzzahlige) Anzahl A(V(t
i j)) und A(V(t
e k)) von Standardabweichungen relativ zum Mittelwert einer Gaußverteilung so gesetzt werden, dass die Wahrscheinlichkeit des Phasenendes nach der Verteilung der Phasendauern der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung des Schwellenkriteriums in den Amplitudenverteilungen entspricht. A(V(t)) ist eine vorab bestimmte Funktion, die die Anzahl der Standardabweichungen festlegt, so dass die Wahrscheinlichkeit des Phasenendes nach der Verteilung der Phasendauern der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung des Schwellenkriteriums in den Amplitudenverteilungen entspricht; diese Funktion kann z.B. so gewählt werden, dass die Wahrscheinlichkeit des Phasenendes nach der Verteilungsfunktion der Phasendauern V(t) zu einem Zeitpunkt t der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung des Schwellenkriteriums in der Amplitudenverteilung folgt, wozu dass (tabellierte) Gauß´sche Fehlerintegral:
![Figure DE102010055243B4_0002](https://patentimages.storage.googleapis.com/d4/1f/a0/8e808cb0409dac/DE102010055243B4_0002.png)
verwendet werden kann, das angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit in einer Gaußverteilung ein Wert oberhalb einer Wertes u liegt. Z.B. liegen in einer Gaußverteilung 68% der Einträge innerhalb von 1σ, 95% innerhalb von 2σ und 99.7% innerhalb von 3σ (σ = Standardabweichung).
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Als Beispiel wird die Funktion F(V(t)) = 1 – V(t) in der Inspiration und F(V(t)) = V(t) in der Exspiration gesetzt. In den Histogrammen der Amplitudenverteilungen des Atemaktivitätssignals zu den Zeiten ti j ∊ [ti1, tim] und te k ∊ [te1, tem] werden die Schwellen dann so gesetzt, dass sie ein (1 – V(ti j))-Quantil in der Amplitudenverteilung in der Inspiration und ein V(te k)-Quantil in der Exspiration festlegen. Zum Beispiel liege der erste Zeitpunkt nach ti 1 aus der Mehrzahl von Zeitpunkten so, dass der Wert der Verteilungsfunktion V(ti 1) dann 0,05 (entsprechend 5%) beträgt, was eine Wahrscheinlichkeit von 5% für ein tatsächliches Phasenende entspricht. In der zugehörigen Amplitudenverteilung des Atemaktivitätssignals zu diesem Zeitpunkt wird in diesem Beispiel nun die Schwelle so festgelegt, dass sie ein (1 – 0,05)-Quantil bildet, also 5% der Amplituden oberhalb der festgelegten inspiratorischen Schwelle und 95% unterhalb davon liegen. Bei einem nächsten Zeitpunkt ti 2 betrage nun der Wert der Verteilungsfunktion der Phasendauern 0,25; dann wird die inspiratorische Schwelle in der Amplitudenverteilung zu diesem nächsten Zeitpunkt als (1 – 0,25)- oder 0,75-Quantil gesetzt, so dass 25% der Amplituden Werte oberhalb der Schwelle und 75% unterhalb davon liegen. Die Schwelle wird also so gesetzt, dass die Wahrscheinlichkeit der Umschaltung in die nächste Beatmungsphase genau der Wahrscheinlichkeit folgt, die sich aus der Verteilung der Phasendauern für ein Phasenende ergibt. Diese Verfahrensweise wird fortgesetzt bis der Wert der Verteilungsfunktion der Phasendauern 0,5 erreicht hat, was dann einer Schwelle in den Amplitudenverteilungen zu diesem Zeitpunkt mit einem p-Quantilwert mit p = 0,5 entspricht.
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In den Intervallen zwischen den Zeitpunkten aus der Mehrzahl von Zeitpunkten kann der Schwellenverlauf interpoliert werden, bspw. kann der Schwellenverlauf jeweils linear zu dem Schwellenwert zum nächsten Zeitpunkt aus der Mehrzahl von Zeitpunkten geführt werden.
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Anschließend wird die Schwelle auf den Schwellenzielwert abgesenkt, der aus der Amplitudenverteilung zu dem Zeitpunkt abgeleitet werden kann, zu dem die Verteilungsfunktion der Phasendauern den Wert 0,5 hat, d.h. es wird auch in dem Zeitraum, nachdem die Verteilungsfunktion den Wert 0,5 erreicht hat, die Verteilung zu jenem Zeitpunkt zugrunde gelegt und die Schwelle nun auf den Schwellenzielwert in dieser Verteilung abgesenkt. Dieser Schwellenzielwert wird wie oben beschrieben als p-Quantil in der Amplitudenvertelung zum Zeitpunkt tim, z.B. als 0,05-Quantil festgelegt, was bedeutet, dass 95% der Atemaktivitätssignalamplituden zum Zeitpunkt tim oberhalb die Schwellenzielwertes liegen. Dieser Verfahrensweise liegt die Überlegung zugrunde, dass nach der mittleren Phasendauer (entsprechend dem Wert der Verteilungsfunktion von 0,5) bereits zunehmend Atemaktivitätssignale aus beginnenden Inspirationen enthalten sind, so dass die Verteilungen zunehmend Einflüsse von bereits wieder begonnenen neuen Beatmungsphasen enthalten und somit nicht mehr das Verhalten zu Ende gehender Beatmungsphasen mit sehr langen Phasendauern widerspiegeln.
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Auch hier kann die Führung auf den Zielwert über mehrere Stützstellen erfolgen, d.h. zu mehreren Zeitpunkten aus dem Intervall [ti1, tim] bzw. [te1, tem] wird die Schwelle z.B. als (1 – V(t))-Quantil in der Amplitudenverteilung für den Zeitpunkt tim für die inspiratorische Schwelle und als V(t)-Quantil in der Amplitudenverteilung für den Zeitpunkt tem für die exspiratorische Schwelle geführt. Zwischen den Zeitpunkten aus der Mehrzahl von Zeitpunkten kann der Schwellenverlauf wiederum interpoliert werden.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der zugehörigen Zeichnungen erläutert, in denen:
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1 Atemaktivitätssignale als Funktion der Zeit zeigt, die für eine Vielzahl von Atemzyklen überlagert sind, und
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2 das Atemaktivitätssignal als Funktion der Zeit mit den zugehörigen Schwellenverläufen zeigt.
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Im vorliegenden Beispiel wird als Atemaktivitätssignal ein Elektromyographisches Signal (EMG-Signal) verwendet, das über Elektroden am Brustkorb aufgenommen wird und das die mit der Atmung verbundene Muskelaktivität repräsentiert.
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Es wird vorzugsweise ein vorverarbeitetes EMG-Signal verwendet. Eine solche Vorverarbeitung des EMG-Rohsignals erfolgt in bekannter Weise derart, dass das EMG-Rohsignal von Störsignalen (z.B. EKG, Bewegungsartefakte, Netzbrummen) befreit und schließlich eine Hüllkurvendetektion durchgeführt wird. Eine Hüllkurvendetektion kann zum Beispiel durch eine „Gleichrichtung“ und anschließende Tiefpassfilterung erfolgen, wobei die „Gleichrichtung“ durch eine den Betrag abbildende Operation (z.B. Quadrierung oder reine Betragsbildung) vorgenommen wird. Nach einer Tiefpassfilterung erhält man dann die Hüllkurve (Envelope), d.h. die den Signalverlauf des Rohsignals einhüllende Kurve. Eine bevorzugte Realisierung der Hüllkurvendetektion ist die Bildung des sogenannten RMS (Root Mean Square) über die Länge eines gleitenden Zeitfensters. Das Konzept der EMG-Amplitudenschätzung, das unter dem Begriff „Hüllkurvendetektion“ verstanden wird, ist ausführlich in Merletti, R. Parker P. A.: Electromyography. Physiology, Engineering, and Noninvasive Applications. IEEE Press, Wiley Interscience, 2004, ab Kapitel 6.4 bzw. Seite 139 ff, beschrieben.
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Ein solches EMG-Hüllkurvensignal wurde über eine Vielzahl von Atemzyklen aufgenommen und in der Darstellung von 1 überlagert. Dabei wurden die einzelnen Signale so überlagert, dass der sich nach Beginn der Inspiration durch Untersuchung des vorhergehenden Atemaktivitätssignals ergebende genaue Zeitpunkt des Inspirationsbeginns (bei etwa 1.9 s in 1) auf einen gemeinsamen Zeitpunkt gelegt sind und insofern die aufeinanderfolgenden Beatmungsphasen in der Darstellung von 1 „synchronisiert“ sind.
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Erfindungsgemäß ist die Steuereinheit des Beatmungsgerätes dazu eingerichtet, in einer Exspirationsphase (abfallendes Atemaktivitätssignal) einen dynamischen Schwellenverlauf für die Umschaltung in die nächste Inspirationsphase zu verwenden, der nach Beginn der gegenwärtigen Exspirationsphase für eine ausgewählte inspiratorische Refraktärzeit, d.h. bis zu einem Zeitpunkt ti1 auf hohen Werten, in diesem Beispiel einen hohen konstanten Wert gehalten wird, um ein vorzeitiges Umschalten in die Inspiration zu verhindern. Dieser Schwellenverlauf ist in 1 mit 2 bezeichnet. Die inspiratorische Refraktärzeit ist eine vorab gewählte oder, wie weiter unten erläutert, aus den Atemaktivitätssignalen bestimmte, kurze Zeitdauer, die mit dem Beginn der Exspirationsphase beginnt und zum Zeitpunkt ti1 endet, und die so kurz ist, dass der Beginn einer neuen Inspiration nach so kurzer Zeit seit Beginn der Exspiration extrem unwahrscheinlich ist. Bei Verwendung eines vorab gewählten Wertes kann die inspiratorische Refraktärzeit zum Beispiel 200 ms betragen. Während dieser Zeit wird die Schwelle 2 auf so hohem Wert gehalten, dass ein Umschalten in die Inspiration praktisch ausgeschlossen ist.
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Nach der inspiratorischen Refraktärzeit wird die Schwelle so abgesenkt, dass ein optimaler Schwellenwert für die Auslösung der nächsten richtigen Inspiration festgesetzt wird. Dazu wird zunächst die Verteilung der exspiratorischen Phasendauern betrachtet, die in 1 mit 7 angedeutet ist. Diese Verteilung 7 stellt eine Wahrscheinlichkeitsdichte dar, die integriert auch als Verteilungsfunktion V(t) darstellbar ist, wie in 2 oben gezeigt. Die der Wahrscheinlichkeitsdichte 7 entsprechende Verteilungsfunktion würde in 1 dann von dem mit 8 bezeichneten Zeitpunkt von einem sehr kleinen Wert (der bestimmt ist durch das p-Quantil, das wie oben beschrieben für die Bestimmung der inspiratorischen und exspiratorischen Refraktärzeiten verwendet wurde) bis zu dem mit 11 bezeichneten Zeitpunkt auf einen Wert nahe 1 (der bestimmt ist durch das p-Quantil, das wie oben beschrieben für die Bestimmung der Phasendauermaxime verwendet wurde) ansteigen, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass die nächste Inspiration beginnt, steigt in diesem Zeitintervall entsprechend an. Der Verlauf der Verteilungsfunktion V(t) ist in 2 oben mit 12 bezeichnet.
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Es wird in der bevorzugten Ausführungsform in dem Intervall zwischen dem Ende der inspiratorischen Refraktärzeit ti1 und dem Zeitpunkt der mittleren erwarteten Phasendauer tim (Medianwert der Verteilung 7, in 1 mit 10 bezeichnet) die Amplitudenverteilung des Atemaktivitätssignals zu einer Mehrzahl von Zeitpunkten gespeichert; in 1 sind es beispielhaft drei Zeitpunkte 8, 9 und 10. In den Histogrammen 3, 4 und 5 der Amplitudenverteilungen zu diesen Zeitpunkten wird die Schwelle nun jeweils so gesetzt, dass die Schwelle für die inspiratorische Umschaltung einem p-Quantil mit dem Parameter p = 1 – V(ti k) entspricht, wobei V(ti k) die Verteilungsfunktion der Phasendauern zu den Zeitpunkten k = 8, 9 und 10, wie in 1 bezeichnet, sind. Allgemeiner können die p-Quantile als Funktion der Wahrscheinlichkeit der Verteilungsfunktion V(ti k) definiert werden, also p = F(V(ti k)).
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Alternativ kann die Schwelle unter Annahme von Gauss-Amplitudenverteilung definiert werden als µ(ti k) + k(V(ti k))·σ(ti k) mit µ(ti k) als dem Mittelwert und σ(ti k) als der Standardabweichung der Amplitudenverteilung zu dem Zeitpunkt ti k. k(V(ti k)) ist ein Faktor, der von der Wahrscheinlichkeit der Verteilungsfunktion V(ti k) abhängt. Beschränkt man die Amplitudenverteilung auf ein Intervall zwischen µ –/+2.5 σ, ist damit k = –2.5 + (1 – V(ti k))·5. Für sehr kleine Wahrscheinlichkeitswerte V(ti k) ist k = 2.5 und damit die Schwelle relativ hoch bei µ(ti k) + 2.5·σ(ti k). Bei großen Wahrscheinlichkeiten (gegen 1) ergibt sich eine niedrige Schwelle zu µ(ti k) – 2.5·σ(ti k).
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Anschaulich bedeutet dies, dass die Schwelle zum Zeitpunkt ti1 am obersten Rand der Kurvenschar der Atemaktivitätssignale beginnend nun im Verlaufe des Übergangs zum Zeitpunkt tim immer weiter in die Amplitudenverteilungen der Atemaktivitätssignale in den Histogrammen 3, 4 und 5 hineinschneidet, wie in 1 und 2 durch die geschwärzten Teile der Verteilungen angedeutet, die die inspiratorische Schwelle überschreitende Amplituden des Atemaktivitätssignals zeigen. Zum Zeitpunkt tim, der mittleren Phasendauer mit V(tim) = 0,5 liegt die Schwelle so, dass sie den Median oder das 0,5-Quantil der Amplitudenverteilung des Atemaktivitätssignals zum Zeitpunkt tim bildet. Entsprechend liegt die Schwelle dann zentral in Verteilung 5. Nach Erreichen der mittleren Phasendauer tim ist es nicht sinnvoll, die Schwelle weiter an Histogrammen der Amplitudenverteilungen zu späteren Zeitpunkten zu orientieren, da in diesen späteren Histogrammen zunehmend auch Einflüsse von Atemaktivitätssignalen enthalten wären, die von bereits wieder begonnenen Inspiration herrühren. Daher wird die Schwelle nun bis zum erwarteten Phasendauermaximum ti2, in 1 mit 11 bezeichnet, auf den Schwellenzielwert abgesenkt. Der Schwellenzielwert wird wie oben für die Zeitpunkte ti k beschrieben als Quantil oder unter Annahme von Gaussverteilung als Vielfaches der Standardabweichung relativ zum Mittelwert bestimmt, jedoch bezogen auf die Amplitudenverteilung zum Zeitpunkt tim.
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Während einer Inspirationsphase, d.h. für die Detektion der nächsten Exspiration, verläuft die dynamische exspiratorische Schwelle dem oben beschriebenen Muster entsprechend, mit der Ausnahme, dass sie bis zum Ende der exspiratorischen Refraktärzeit te1 auf niedrigen Werten gehalten wird und danach monoton steigend auf einen exspiratorischen Schwellenzielwert angehoben wird, d.h. die Schwelle läuft umgekehrt zu den 1 und 2 von unten in die Verteilungen hinein, bis sie zum Medianwert der Exspirationsphasendauern teM zentral in der Verteilung der Amplituden des Atemaktivitätssignals liegt, wonach sie monoton steigend auf den exspiratorischen Schwellenzielwert angehoben wird. Der Schwellenzielwert wird wie oben beschrieben als Quantil oder unter Annahme von Gaussverteilung als Vielfaches der Standardabweichung relativ zum Mittelwert bestimmt, jedoch bezogen auf die Amplitudenverteilung zum Zeitpunkt tem.