-
Die Erfindung betrifft ein Formteil nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 und ein Verfahren zu dessen Herstellung.
-
Unter dem Begriff Leichtfüllstoffe sind hier hochschmelzende mineralische, insbesondere geschlossenzellige, Hohlkugeln und Granulate niedriger Dichte zu verstehen, zum Beispiel Glashohlkugeln, geblähte Vulkanasche, Blähperlit usw.
-
-
Der Inhalt dieser Patentanmeldungen wird zur Ergänzung der Offenbarung ausdrücklich in die vorliegende Beschreibung einbezogen.
-
Stand der Technik
-
Trotz jahrzehntelanger industrieller Erfahrung und Forschung sind nach wie vor viele Flammschutzadditive entweder nicht ausreichend wirksam oder toxikologisch bedenklich. Daher ist das Angebot an funktionellen Brandschutzmaterialien nach wie vor gering.
-
Bekannt sind Brandschutzplatten, die unter dem Handelsnamen „Knauf THERMAX” vertrieben werden und expandiertes Vermiculit, ein Dreischichtsilikat, sowie rein anorganische Bindemittel, aber keine Fasern enthalten. Sie weisen eine Dichte (Raumgewicht) von ca. 475 bis 850 kg/m3 auf.
-
Bekannt sind außerdem rein anorganische Brandschutzplatten aus Glasfaserleichtbeton, die unter dem Handelsnamen „AESTUVER T” vertrieben werden und eine Dichte (Raumgewicht) von ca. 690 bis 980 kg/m3 aufweisen.
-
Ebenfalls bekannt sind Brandschutzbeschichtungen, die im Brandfall selbstständig aufschäumen und das zu schützende Objekt vor der Brandhitze schützen.
-
Beim Brandschutz bezeichnet der Begriff Intumeszent das zweckdienliche ”Schwellen” bzw. Aufschaumen von Materialien. Intumeszente Baustoffe nehmen unter Hitzeeinwirkung an Volumen zu und nehmen an Dichte ab.
-
In der Regel finden intumeszente Stoffe im vorbeugenden baulichen Brandschutz Anwendung, wo sie wahlweise folgende Aufgaben zu bewältigen haben:
Werden z. B. Stahlträger erhitzt, so verlieren diese ab ca. 500°C ihre Stabilität und Tragfähigkeit. Gebäude mit tragenden Elementen aus Stahlträgern würden folglich zusammenstürzen. Nicht isolierte Stahlträger erreichen diese Temperatur im Brandfall schon nach 5 bis 10 Minuten. Stahlträger mit einer Brandschutzbeschichtung können dagegen einem Brand deutlich länger standhalten. Auch für Holz und andere Materialien gibt es entsprechende Brandschutzbeschichtungen.
-
Brandschutzbeschichtungen werden meistens im Airless-Verfahren oder mit einem Pinsel in mehreren Schichten aufgetragen. Die Schichtdicke liegt üblicherweise im mm-Bereich.
-
Wenn die Temperatur einen bestimmten Wert übersteigt, laufen chemische Reaktionen in der Brandschutzbeschichtung ab, welche diese zum Aufschäumen (Intumeszenz) bringen. Nachteilig ist hierbei die hohe Konzentration an toxischen Gasen. Diese Brandschutzbeschichtungen werden als Dämmschichtbildner bezeichnet. Der Aufschäumprozess beginnt meistens schon bei etwa 100°C. Eine Schicht mit 1 mm Dicke kann im Brandfall auf ca. 50 mm aufschäumen und bildet dadurch eine wirksame Hitzeisolierung. Die aufgeschäumte Schicht besteht aus mikroporösem „Kohleschaum”. Diese Schicht zersetzt sich im Laufe des Brandes mit der Zeit, wodurch die isolierende Wirkung abnimmt.
-
Einige Brandschutzbeschichtungen isolieren im Brandfall über eine Stunde.
-
Bekannt ist auch, dass Blähgraphit direkt in Kunststoffen eingebracht wird, zum Beispiel in die Isolation von Kabeln. Aus dem expandierbares Graphit werden bei Wärmeeinwirkung Gase frei, die zusammen mit dem veraschenden Isolierungsmaterial eine ”geschäumte” Ascheschicht entstehen lassen, welche die Sauerstoffzufuhr – und somit die Flammenausbreitung – behindert.
-
Die Bildung von toxischen Gasen und Rauch wird signifikant gemindert. Allerdings ist die toxische Belastung nach wie vor hoch, und die schlechte Brandklasse der Produkte und den damit einhergehenden Anwendungsverboten beschränken die Einsatzmöglichkeiten.
-
Hintergrund zum baulichen Brandschutz
-
Die baulichen Maßnahmen, beispielsweise in Gebäuden, sind sehr vielfältig und erstrecken sich von den verwendeten Baustoffen und Bauteilen, in Deutschland geregelt in DIN 4102 und ENV 1992-1-2, über den bautechnischen Brandschutz in Industriebauten, geregelt in der DIN 18230, über die Fluchtwegplanung hin zu Löschanlagen in Gebäuden. In Österreich ist dies in den verschiedenen TRVB-B festgelegt.
-
In Deutschland ist es notwendig, fur jeden größeren Bau ein Brandschutzgutachten durch einen zugelassenen Brandschutzgutachter erstellen zu lassen. Zudem muss das erstellte Brandschutzkonzept mit den lokalen Behörden abgestimmt werden. Ein Bundesgesetz delegiert die Zuständigkeit in die Landesverantwortung. Die Regelungen sind deshalb von Bundesland zu Bundesland verschieden.
-
In Österreich unterliegt die feuerpolizeiliche Abnahme den Brandverhütungsstellen (ebenfalls in Hoheit einzelner Bundesländer). In der Schweiz ist sie kantonsweise geregelt.
-
Bauliche Maßnahmen müssen vor allem folgende Aspekte berücksichtigen:
- • Brandverhalten von Baustoffen
- • Feuerwiderstand der Bauteile
- • Aufteilung der Gebäude in Brandabschnitte durch Brandwände und -schutztüren
- • Fluchtwegplanung
- • aktive Brandbekämpfung durch Sprinkleranlagen
-
Gerade die immer starker werdende Durchdringung großer Gebäude mit Energieversorgungs-, Steuer- und Datenleitungen läuft der von der Bauaufsicht geforderten Abschnittstrennung mit Brandwänden und feuerbeständigen Geschossdecken zuwider. Deshalb werden in modernen Gebäuden mit größeren Menschenansammlungen (beispielsweise Bahnhöfen, Flughäfen, Museen, Kongresshallen) spezielle Feuerschutzeinrichtungen wie Brandmeldeanlagen, Notbeleuchtung, Brandschutztore und Brandschutztüren möglichst lange aufrechterhalten.
-
In öffentlichen Gebäuden in Deutschland ist der Einsatz von halogenfreien Leitungen (kein PVC) Standard. Stromleitungen, die durch mehrere Brandabschnitte verlaufen, müssen mit einem Brandschott gesichert werden. Elektrische Leitungen, die für die maschinelle Entrauchung oder eine Brandmeldeanlage genutzt werden, müssen abhängig vom Einsatz eine Feuerwiderstandsdauer (mit Funktionserhalt) von E90 oder E30 haben.
-
Nicht zu vergessen sind Gebäude, die von in ihrer Bewegung eingeschränkten Menschen genutzt oder bewohnt werden (Krankenhäuser, Kliniken, Altenwohnheime, Seniorenwohnanlagen usw.).
-
Bei Tunnelbauwerken hat der bauliche Brandschutz aufgrund der dramatischen Tunnelbrände in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Neben der Einhaltung von konstruktiven Regeln wird hier der rechnerische Nachweis (die so genannte „heiße Bemessung”) zunehmend wichtiger. Regelungen zum rechnerischen Nachweis finden sich z. B. in der ENV 1992-1-2, der ZTV-Ing und der „Richtlinie für den Brand- und Katastrophenschutz” der Deutschen Bahn.
-
Die
DE 41 35 678 A1 , von der die Erfindung ausgeht, beschreibt eine thermisch expandierbare Brandschutzmasse, welche ausschließlich für den Brandfall konzipiert ist und keinerlei weitere nützliche Eigenschaften wie niedrige Wärmeleitfähigkeit oder Nichtbrennbarkeit aufweist. Erst im Brandfall wird nach dem Aufblähen eine niedrige Wärmeleitfähigkeit erreicht.
-
Daher ist die bekannte Brandschutzmasse nicht für einen großflächigen Einsatz als Dämmstoff und/oder als Brandschutzplatte geeignet. Dementsprechend wird sie in Bereichen von Rohr- und Kabeldurchführungen sowie zum Verfüllen von Fugen eingesetzt.
-
Die beschriebenen Rezepturen weisen einen relativ hohen organischen Anteil von 50 bis 99% aus, wobei bei dieser Rechnung Blähgraphit aufgrund seines hohen Brennwertes den organischen Bestandteil zugerechnet wurde. Rein rechnerisch würden die Brennwerte dieser bekannten Rezepturen bei etwa 15 bis 35 MJ/kg liegen.
-
Bei der bekannten Brandschutzmasse liegt der Anteil von Blähgraphit bei 10 bis 60 Gew.-% und der Anteil der Mikrohohlkugeln als Leichtfüllstoff bei nur 0,5 bis 5 Gew.-%. Daraus resultiert, dass die Brandschutzmasse zum Aufbau eines Kohlenstoffgerüstes dient.
-
Als Bindemittel werden insbesondere Phenolharze, Harnstoff-Formaldehyd-Harze und Chloroprenkautschuk eingesetzt. Diese Bindemittel setzen im Brandfall extrem viele und auch giftige Rauchgase frei, was zum teilweisen Verbot dieser Materialien im Schiff- und Schienenfahrzeugbau geführt hat. Auch im Hochbau sind diese Materialien in Fluchtwegen und Räumen mit besonderen Brandschutzanforderungen wegen der Freisetzung von toxischen Rauchgasen sowie aufgrund der schlechten Brandklasse verboten.
-
In der
US 5 736 109 A wird die Herstellung eines Katalysators oder eines Diesel-Partikelfilters beschrieben, welcher ein Gehäuse, ein katalytisches Konverterelement oder ein Diesel-Partikelfilterelement sowie ein intumeszierendes Plattenmaterial zwischen dem Katalysator-Element und dem Gehäuse aufweist. Das Plattenmaterial weist als intumeszierenden Bestandteil Vermiculit auf, der zum größten Teil bereits gebläht ist. Da Vermiculit allerdings erst bei einer Temperatur von etwa 850°C bläht, ist es als Blähmaterial im Brandschutz nicht geeignet.
-
Aufgabe und Lösung der Erfindung
-
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, äußerst leichte, stabile und ausreichend flexible Brandschutzformteile mit hoher Festigkeit bei Feuereinwirkung der eingangs genannten Art bereitzustellen, die intumeszent sind, eine Dichte von weniger als 0,5 g/cm3 (entsprechend 500 kg/m3) und, wenn als Schichtplatte ausgeführt, einen Schmelzpunkt nach DIN 4102 größer als 1000°C haben, ohne vollständig zu intumeszieren und so den geforderten Brandabschluss zu gewährleisten.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 (Formteil) und des Anspruchs 6 (Verfahren zu dessen Herstellung) gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angeführt.
-
Mit dem auf dem natürlichen Mineral Graphit basierenden Blähgraphit steht ein effektives und umweltverträgliches Flammschutzadditiv zur Verfügung, das sich in einer Reihe von Anwendungen bereits erfolgreich etabliert hat.
-
Das natürliche Mineral Graphit hat eine ausgeprägte Schichtgitterstruktur. Zur Herstellung von Blähgraphit werden in diese Schichten Schwefel- oder Stickstoffverbindungen eingelagert. Bei Hitzeeinwirkung werden die Graphitschichten schlagartig auseinandergetrieben. Dadurch expandieren die Graphitteilchen auf das Mehrhundertfache ihres ursprünglichen Volumens.
-
Der Blähgraphit kann auf einfache Weise in bestehende wässrige Systeme oder Mörtel eingebracht werden. Im Brandfall expandiert der Blähgraphit durch Hitzeeinwirkung auf das Mehrhundertfache des ursprünglichen Volumens und bildet eine Intumeszenzschicht auf der Materialoberfläche. Dies stoppt oder verlangsamt die Brandausweitung und wirkt den für Menschen gefährlichsten Brandfolgen, der Ausbreitung toxischer Gase und Rauch, entgegen.
-
Technische Daten von Standard Blähgraphit
-
- • Expansionsrate 120 bis 350 cm3/g
- • Mittlere Expansionstemperatur 160 bis 300°C
- • Kohlenstoffgehalt: 85% bis 99%
- • Brennwert ca. 32 MJ/kg
- • Teilchengröße: 50 bis 300 μm
-
Neben kostengünstigen Standardqualitäten werden auf Spezialanwendungen zugeschnittene Produkte angeboten. So existieren beispielsweise pH-stabilisierte Blähgraphite, welche in Mörteln eingesetzt werden, oder Produkte mit speziellen Anforderungen an die Teilchengröße.
-
Unter dem Begriff Hybridbindemittel wird hier ein Bindemittel mit sowohl anorganischen als auch organischen Anteilen verstanden. Ausführliche Erläuterungen finden sich weiter unten nach der Zwischenüberschrift „Erfindungsgemäß eingesetztes Hybridbindemittel”.
-
Erfindungsgemäß wichtig ist die Kombination von Hybridbindemittel und wasserabspaltendem Mineral. Das Hybridbindemittel ermöglicht bei einem entsprechend hohen Anteil die hohe Festigkeit und Flexibilität des Brandschutzformteils bei einem dennoch niedrigen Gewicht und Brennwert. Die Brennbarkeit des organischen Anteils des Hybridbindemittels wird zusätzlich durch das wasserabspaltende Mineral unterdrückt, welches bei erhöhter Temperatur Wasser abgibt und damit quasi als Löschmittel wirkt.
-
Durch die Kombination von Hybridbindemittel und wasserabspaltendem Mineral kann damit in überraschender Weise eine äußerst niedrige Dichte bei dennoch guter Feuerbeständigkeit erreicht werden. Insbesondere verhindert das wasserabspaltende Mineral die Entzündung der Rauchgase im Brandfall.
-
Vorzugsweise wird die Menge der Organik und dessen Brennwert der Dichte und des Anteils an anorganisches Material angepasst. Wasserabspaltende Mineralien werden jedoch nur auf den Anteil der im Brandfall auftretenden brennbaren organischen Gase abgestimmt, so dass die Berücksichtigung des Brennwerts/brennbare Gase in den Rezepturen den Anforderungen der geforderten Brandschutzklasse genügen können. Beispiel siehe Rezepturen.
-
Die Klassifizierung der Europäischen Brandklasse erfolgt nach DIN EN 13501-1, Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten, ihr zugrunde liegen die folgenden Prüfnormen und Einstufungen.
-
Das Brandverhalten eines Baustoffes wird entsprechend folgendem Schema eingeteilt:
| EN
Klasse | Prüfnorm |
Nichtbrennbare Baustoffe
ohne Anteile von
brennbaren Baustoffen | A1 | DIN EN ISO 1182, DIN EN
ISO 1716, DIN EN 13823 |
Nichtbrennbare Baustoffe
mit Anteilen von
brennbaren Baustoffen | (A2) | DIN EN ISO 1182, DIN EN
ISO 1716, DIN EN 13823 |
Schwerentflammbare
Baustoffe | B | DIN EN 13823 |
Schwerentflammbare
Baustoffe | C | DIN EN 13823 |
Normalentflammbare
Baustoffe | D | DIN EN 1382 |
Normalentflammbare
Baustoffe | E | DIN EN ISO 11925-2 |
Leichtentflammbare
Baustoffe | F | Keine Prüfung erfolgt |
-
Gemaß der Europäischen Normung werden noch feinere Unterteilungen der Brandklassen entsprechend ihrem Brandverhalten vorgenommen. Dort geht unter anderem zusätzlich das Maß für die Rauchentwicklung und das brennende Abtropfen in die Klassifizierung mit ein.
-
Bis hin zur Brandklasse B/C gelten die Baustoffe als selbstverlöschend. Ab Brandklasse D unterhält der Brand sich selbst, auch wenn die Brandursache entfällt.
-
Daher sind für die hier beschriebene Erfindung nur die Brandklassen A-B relevant.
-
Eine Prufung nach DIN EN ISO 1182, Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – Nichtbrennbarkeitsprüfung, kann an intumeszenten Baustoffen kann aufgrund der Prüfanordnung nicht durchgeführt werden.
-
Prüfungen nach DIN EN 13823, Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten – thermische Beanspruchung durch einen einzelnen brennenden Gegenstand für Bauprodukte mit Ausnahme von Bodenbelägen, sind für die Produkte der eingangs beschriebenen Art nicht kritisch, da sich der eingesetzte Blähgraphit bei dieser Prüfung nicht am Brandvorgang beteiligt. Für das Erreichen der Europäischen Brandklasse B ist diese Prüfung ausreichend.
-
Für das Erreichen der Europäischen Brandklasse A mussen zusätzlich Prüfungen nach DIN EN ISO 1716, Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten-Bestimmung der Verbrennungswärme, durchgeführt werden. Für das Erreichen der Europäischen Brandklasse A1 darf die Verbrennungswärme nicht über 2 MJ/kg und für die Europäische Brandklasse A2 nicht über 3 MJ/kg liegen. Dies wird in den erfindungsgemäßen Produkten durch die Anpassung der Rohdichte, des Intumeszensfaktors (Blähgraphit/l) und Verbrennungswärme (Organik/kg) erreicht. Wird die Dichte des Produktes durch Zugabe von nichtbrennbaren Anteilen erhöht, so kann durch die Reduzierung der Verbrennungswärme/kg der Anteil an Blähgraphit/l und damit der Intumeszensfaktor erhöht werden. Auf diese Weise lassen sich gezielt intumeszierende Produkte der jeweiligen Europäischen Brandklasse herstellen.
-
Beispiel: Im Bereich der Rohdichten von 100–500 kg/m3 kann der Brennwert in den VATRAL Produkten ohne Blähgraphit von ca. 1 auf 0,2 MJ/kg reduziert werden. Je nach Rohdichte kann demnach mehr Blähgraphit pro Volumen zugegeben werden, wodurch sich der Expansionsfaktor erhöht.
-
Siehe hier 1.
-
Besonders hervorzuheben ist die Kombination verschiedener Rezepturen mit unterschiedlichen Gehalten an Blähgraphit. Durch schichtartigen Aufbau der Formteile kann ohne zusätzliche Maßnahmen, trotz der sich ansonsten wiedersprechende Eigenschaften wie Intumeszenz und Standsicherheit, der Brandabschluss gewährleistet werden.
-
Da VATRAL-Produkte auch lokal mit Blähgraphit versetzt werden können, lassen sich konstruktive notwendige Hohlräume gezielt im Brandfall verschließen.
-
Der Geometrie der Formteile ist grundsätzlich keine Grenze gesetzt. Auch Formteile mit komplexer Geometrie sind herstellbar. Steine, Rohre, Hohlkörper und andere Formteile sind ebenso herstellbar wie vornehmlich Platten. Die Dichte von 0,1 bis 0,5 g/cm3 liegt deutlich unterhalb der Rohdichten bekannter rauchdichter Brandschutzplatten (Mineralfaserplatten benötigen für die Rauchdichtigkeit und die Gewährleistung des Brandschutzes immer eine stabile dichte Deckschicht). Auch die erreichbare Wärmeleitfähigkeit von etwa 0,04 W/mk bei 10°C ist wesentlich besser, nämlich erheblich niedriger als bei bekannten Brandschutzplatten.
-
Zur Herstellung wird von einer wässrigen Masse ausgegangen, die durch bekannte Formgebungsverfahren, nachfolgendes Trocknen und thermische Nachbehandlung Behandlung bis etwa 110°C, hergestellt werden. So sind zum Beispiel die folgenden Formgebungsverfahren geeignet:
- • Vibrationspressen mit niedriger Auflast,
- • Isostatisches Pressen,
- • Manuelles oder mechanisches Stampfen bzw. Rammen für komplexe Formen oder kleinere Anzahl zu fertigender Teile,
- • Strang- bzw. Extrusionsverfahren,
- • Schlickergießen, insbesondere für spezielle Teile, aber auch für größere Blöcke, wobei der Wassergehalt der für Schlickergießen hergestellten Massen um ca. 5 bis 15% höher liegt und Verdickungsmittel enthält
- • Walzen.
-
Vor dem Trocknen ist ein vorsichtiges und möglichst vollstandiges Temperieren auf die Trocknungstemperatur zu empfehlen, um Trockenrisse oder Fehler beim Trocknen zu vermeiden. Die Trocknung kann bei Raumtemperatur oder bei Temperaturen von bis zu 70°C vorgenommen werden. Eine kurzfristige Nachtrocknung bei ca. 110°C zersetzt die für diesen Fall speziell eingesetzten Netzmittel und erhöht die Hydrophobie.
-
Im Brandfall werden oberhalb von 160–400°C die organischen Bestandteile der Hybridbindemittel thermisch zersetzt und die mit Blähgraphit versetzten Bereiche intumeszieren und zerfallen zu einem sehr leichten pulverigem Gemisch aus Blähgraphit, Mineralien und Leichtfüllstoffen. Die Bindemittel verspröden, halten aber ihre bindende Wirkung durch den anorganischen Anteil aufrecht, wodurch einerseits die Flockengröße in den mit Blähgraphit dursetzten Teil erhoht und andererseits die Standsicherheit gegenüber dem Feuer bei geschichteten Produkten erhalten bleibt. Gleichzeitig wird durch die Wasserabspaltung aus den mineralischen Füllstoffen ein Entzünden (Abbrennen) der kurzfristig auftretenden Rauchgase verhindert.
-
Eigenschaften und Herstellung der plastischen Masse, die als Ausgangsmaterial zur Herstellung der erfindungsgemäßen wärme- und schalldämmenden Intumeszenten Brandschutzprodukten dienen
-
Als Leichtfüllstoff wird geblähtes zelluläres Vulkangestein in Form nicht poröser Hohlgranulate und/oder Glashohlkugeln eingesetzt. Bei porösen Hohlgranulaten würde sich dagegen die Rohdichte erhöhen, mehr Kleber (= höherer Brennwert) und mehr Mineralien wären erforderlich, die Massen wurden stumpfer und waren damit schlechter zu verarbeiten und die Porosität des Endproduktes würde sich deutlich erhöhen.
-
Als Bindemittel werden Hybridbindemittel eingesetzt, deren Grundstruktur vornehmlich anorganisch ist. Dies bewirkt eine Reduzierung des Brennwertes, und die Bindung bleibt, wenn auch mit anderen Eigenschaften, bei hohen Temperaturen erhalten. Da diese Bindemittel beim Abbrand kaum Schrumpf aufweisen, verändern die geschichteten Brandschutzformteile ihre Dimensionen unter Brandlast in dem Bereich mit niedrigem oder keinem Anteil an Blähgraphit nur unwesentlich.
-
Erfindungsgemäß ist die Masse nach dem Erhärten äußerst stabil, geschichtete Formteile zeigen selbst bei einer einseitiger Temperaturbeanspruchung von 1000°C außen praktisch keinen Schrumpf, keine äußeren Risse und kein Zerbröseln. Die Anwendungstemperatur liegt allerdings aufgrund des enthaltenen Blähgraphits und der Hybridbindemittel sowie der wasserabspaltenden Mineralien nur bei 150°C. Die Innovation des erfindungsgemäßen Produktes besteht insbesondere darin, dass neben geeigneten Hybridbindemittel-Systeme und darauf abgestimmten wasserabspaltenden Mineralien, welche die Stützkonstruktionen aus Fasern und mineralischen Füllstoffen bereits bei der Trocknung unter Raumtemperatur mit den Leichtfüllstoffen (geblähtes Vulkangestein und/oder Glashohlkugeln) ausreichend vernetzen und aufgrund ihres organischen Anteils den Formteilen die notwendige Festigkeit, Vibrationsstabilität und Flexibilität für die Weiterverarbeitung und Anwendung verleihen, auf die Europäischen Brandklassen A-B abgestimmte Mengen an Blähgraphit homogen oder lokal eingesetzt werden. Der anorganische Anteil der Hybridbindemittel hält die Bindung auch oberhalb der Verbrennung des organischen Anteils aufrecht.
-
Besonders innovativ ist dabei, dass sich die anorganischen Reste der Hybridbindemittel und die wasserabspaltenden mineralische Granulate und Füllstoffe bei der im Brandfall sich einstellenden Temperaturerhohung so ergänzen, dass sie bei geschichteten Formteilen in den Bereichen mit reduzierten Blähgraphitgehalten verfestigend wirken und somit ein Rest an formstabiler Brandschutzplatte erhalten bleibt.
-
Ein zentraler Kundennutzen beim Einsatz der erfindungsgemäßen Produkte liegt in effizienteren leichten und schmaleren Brandschutzkonstruktionen. Speziell im Bereich des Schiffbaus, aber auch beim Brandschutz für Züge etc., sind Gewichts- und Raumeinsparungen immer gefordert.
-
Weitere wichtige Vorteile der erfindungsgemäßen Produkte:
-
- • Brandklasse A&B
- • Geringes Gewicht
- • Niedrige Wärmeleitfähigkeit
- • Gute Festigkeitseigenschaften
- • Einfache Montage und Verarbeitung
- • Viele Kombinationsmöglichkeiten
- • Geringe Rauchgasentwicklung
- • Keine Geruchsentwicklung
- • Nicht hygroskopisch
- • Hydrophob
- • Wasserleitend (Lotuseffekt)
- • Chemikalienbeständig
- • Gutes elektrisches Isoliervermögen
- • Deponiefähig
-
Erfindungsgemäß eingesetzte Leichtfüllstoffe
-
Perlit (englisch: perlite) bezeichnet in den Geowissenschaften ein alteriertes (chemisch und physikalisch umgewandeltes) vulkanisches Glas (Obsidian) und zählt damit zu den Gesteinen. Die so genannte perlitische Struktur wird hier durch etwa erbsengroße Glaskügelchen gebildet. Perlit enthält bis zu 2 Wasser und hat eine Dichte von etwa 900 bis 1000 kg/m3 (Schüttdichte des Rohperlit). Durch Glühen auf ca. 800°C bis 1000°C bläht sich Perlit auf das fünfzehn- bis zwanzigfache seines Ursprungsvolumens auf und hat dann eine Schüttdichte von 50 bis 100 kg/m3 und eine Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,040 bis 0,070 W/mK.
-
Erfindungsgemäß sind diese Perlite wegen der Porosität nicht einsetzbar.
-
Erfindungsgemäß dagegen geeignet sind mikrozellular expandierte Vulkangesteine Cenospheren und Glashohlkugeln. Mikrozellular expandierte Vulkangesteine nach neuen umweltschonenden und energiesparenden Verfahren hergestellt, erzielen Eigenschaften und technische Werte, die es von älteren, porig expandierten Vulkangesteinen (”expandierten Perliten”) unterscheidet. Mikrozellulares, expandiertes Vulkangestein ist ein Füllstoff aus der Gruppe der Aluminiumsilikate und setzt sich aus kugeligen (”Bienenwabenstruktur”), stäbchenförmigen und flockigen Teilchen zusammen, woraus hohe Packungsdichten und höhere Verbundfestigkeiten als bei herkömmlichen Mikrohohlkugeln durch mechanische und kohäsive Bindungskräfte resultieren. Gezielte Oberflächenbeschichtungen ermöglichen einen vorteilhaften Verbund mit der anorganischen bzw. organischen Matrix. Hieraus resultieren weniger Schwund und bessere technische Eigenschaften. Kommerziell erhältlich ist geblähtes imprägniertes Perlit z. B. unter dem Handelsnamen NOBLITE® (Produkt der Fa. NOBLITE, Route de Claye, F-77181 LE PIN, Frankreich) und Technoperl® (Produkt der Europerl Deutschland, D-94032 Passau, Nibelungenplatz 4).
-
Um besonders niedrige Rohdichten zu erzielen, hat sich die Kombination oder der alleinige Einsatz von Mikroglashohlkugeln, wie sie z. B. 3M anbietet, bewährt.
-
Erfindungsgemäß gegebenenfalls eingesetzte Fasern
-
Insbesondere werden anorganische Fasern, zum Beispiel keramische und/oder mineralische Fasern und/oder mineralische Nadeln, eingesetzt.
-
Erfindungsgemäß eingesetztes Hybridbindemittel
-
Vorzugsweise wird ein organisch-anorganisches Hybridbindemittel eingesetzt, welches unter dem Handelsnamen Levasil 4063 der Firma Obermeier erhältlich ist, und/oder COL. 9 der Firma BASF. Beide Produkte enthalten amorphe Kieselsäurepartikel und Polymere auf der Basis von Latex oder n-Butylacrylat und Methylmethacrylat (siehe 1). Die Partikel sind in Wasser dispergiert. Durch die Klebrigkeit der Partikel aufgrund des Polymergehaltes erhält man ein ausgezeichnetes Bindemittel für niedrige Temperaturen, etwa bis 180°C. Bei erhöhten Temperaturen zersetzt sich der Polymeranteil und die Kieselsäurepartikel bleiben übrig und damit die Struktur erhalten, wobei die Kieselsäurepartikel bei einer entsprechend hohen Temperatur ebenfalls ein festes Gerüst bildet. Ein Schrumpf tritt daher weder bei niedriger noch bei erhöhter Temperatur auf. Die Bindemittel haben einen Festkorpergehalt von etwa 35 bis 60 Gew.-%. Der Silicatanteil, bezogen auf den Feststoffgehalt, beträgt 75 bis 95 Gew.-% bzw. 30 bis 50 Gew.-%.
-
Erfindungsgemäß eingesetzte wasserabspaltende mineralische Füllstoffe
-
Vorzugsweise wird oberflächenbehandeltes Aluminiumtrihydrat eingesetzt, z. B. Trefil 744-300 EST und/oder Trefil 744-300 MST der Firma Quarzwerke GmbH. Zusätzlich wird eine oberflächenbehandelte Kieselerde eingesetzt. Unter Kieselerde versteht man ein inniges Gemisch von feinteiliger Kieselsaure und Kaolinit. Bekannt ist zum Beispiel die Neuburger Kieselerde, die erfindungsgemäß bevorzugt eingesetzt wird. Für die bessere Benetzbarkeit mit Wasser ist die Kieselerde mit einem Silan behandelt, so dass die einzelnen Partikel eine funktionelle hydrophile Oberfläche erhalten.
-
Erhältlich ist eine derartige aktivierte Kieselerde unter dem Handelsnamen „AKTISIL EM” der Firma Hoffmann Mineral GmbH, Neuburg (Donau). Hier ist die Kieselerde mit 3-Epoxipropyloxipropyltrimethoxisilan behandelt. Diese so genannte aktivierte Kieselerde kann in Pulverform eingesetzt werden. Möglich ist erfindungsgemäß aber auch der Einsatz eines Gemisches von Kieselsäuresol und Kaolin/Kaolinit.
-
Herstellungsbeispiele und Beispielrezepturen
-
Sämtliche flüssige Komponenten der Rezeptur werden genau eingewogen und vorsichtig unter Vermeidung von Schaumbildung miteinander vermischt. Hier haben sich in der Praxis einfache Anker- oder Zahnscheibenrührer bewährt.
-
Die genau abgewogenen Fasern werden in kleinen Einheiten gleichmäßig dieser Mischung zugefügt, durch Verrühren (bei niedriger Drehzahl) vollständig mit der wässrigen Lösung benetzt (Knotenbildung vermeiden).
-
Danach werden die genau abgewogenen Leichtfüllstoffe, Blähgraphit und die Mineralien untereinander in einem Freifallmischer gemischt und einem Zwangsmischer (z. B. Firma BEBA) zugeführt. Beide Vormischungen werden unter gleichmäßigem langsamem Rühren ca. 25 min miteinander vermengt. Hohe Scherkräfte, Druck und Reibung sind weitestgehend zu vermeiden, um die mikrozellular geblähten Vulkangesteine nicht zu beschädigen.
-
Die Leichtfüllstoffe sollten vollständig benetzt sein, um einen gleichmäßigen lockeren Mörtel beziehungsweise eine plastische Masse zu ergeben. Rezeptur für 100 kg plastische Masse (Brandklasse A2) für Formteile mit einer Rohdichte von ca. 250 kg/m
3 und einem Expansionsfaktor von ca. 6
Wasser | 41,5 kg |
Mineralwolle (z. B. Rockwool lose Wolle) | 3,5 kg |
Hybrid-Bindemittel (COL 9 von BASF/Levasil 4063 von Obermeier) | 13,0 kg |
Glashohlkugeln (K15 von 3M) | 6,0 kg |
Geblähtes zelluläres Vulkangestein (Noblite G 200 EC) | 20,0 kg |
Blähgraphit (z. B. GHL PX 95 der Firma LUH) | 5,0 kg |
Kieselerde (z. B. Aktisil EM von Hoffmann-
Minerals) | 6,0 kg |
Aluminiumtrihydrat | 2,0 kg |
Tensidlösung 2% (z. B. Tegopren 5840 von Evonik) | 3,0 kg |