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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bestimmung von auf einen Versuchsträger wirkenden aerodynamischen Lasten
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Im Zuge der zunehmenden Verbrauchsoptimierung von Fahrzeugen spielt seit geraumer Zeit die Aerodynamik der Fahrzeuge eine große Rolle. Allerdings kann sich auch die aerodynamisch optimierte Form der Fahrzeuge nachteilig auf die Fahrstabilität oder den Fahrkomfort auswirken. Dieser Effekt verstärkt sich weiter durch die Verwendung leichter Materialien.
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Insoweit ist es nötig, dass insbesondere eine Seitenwindempfindlichkeit von Fahrzeugen näher untersucht wird.
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Es hat sich herausgestellt, dass unregelmäßige seitliche Windstöße eine seitliche Kraft auf das Fahrzeug ausüben, die deutlich von der Geometrie bzw. der Form des Fahrzeugs abhängt.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Möglichkeit zu schaffen, die eine effiziente Bestimmung von durch zeitlich variierende Anströmungen verursachte, insbesondere seitlich auf ein Fahrzeug wirkende Lasten ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird gemäß den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich auch aus den abhängigen Ansprüchen.
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Zur Lösung der Aufgabe wird ein Verfahren vorgeschlagen zur Bestimmung von aerodynamischen Lasten, die auf einen Versuchsträger wirken,
- – bei dem der Versuchsträger ohne externe Anströmung bewegt wird,
- – bei dem mittels mindestens eines Bewegungssensors eine Trägheitslast bestimmt wird,
- – bei dem mittels mindestens eines Kraftmessers eine auf den Versuchsträger wirkende Last ermittelt wird,
- – bei dem die mittels des mindestens einen Bewegungssensors und die mittels des mindestens eines Kraftmessers bestimmten Lasten kalibriert werden,
- – bei dem der Versuchsträger bei externer Anströmung bewegt wird,
- – bei dem die aerodynamischen Lasten auf den Versuchsträger ermittelt werden, indem die von dem mindestens einen Bewegungssensor bestimmte Trägheitslast von der von dem mindestens einen Kraftmesser ermittelten Last abgezogen wird.
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Bei der Last kann es sich grundsätzlich um eine Kraft und/oder um ein Moment handeln. Entsprechend gibt es aerodynamische Lasten, Trägheitslasten und Gesamtlasten. Die Last wirkt mindestens in einer Dimension (ein Freiheitsgrad), kann aber auch zwei oder drei Dimensionen aufweisen. Demzufolge gibt es drei translatorische und drei rotatorische Last(komponent)en.
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Der Kraftmesser kann eine Waage sein, insbesondere kann eine n-Komponenten-Waage vorgesehen sein, um Kräfte und/oder Momente in unterschiedlichen Richtungen (Freiheitsgraden) bestimmen zu können. Der Kraftmesser bestimmt die tatsächlich auf den Versuchsträger wirkende(n) Last(en).
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Hierbei ist es von Vorteil, dass die Kalibrierung ohne externe Anströmung durchgeführt wird und somit Kraftmesser und Bewegungssensoren aufeinander kalibriert werden. Ohne externe Anströmung wirkt keine aerodynamische Last auf den Versuchsträger, die beiden Lasten werden also so eingestellt (kalibriert), dass sie gleiche Beiträge leisten (bzw. sich bei Subtraktion (nahezu) aufheben). Mit externer Anströmung wird auch die aerodynamische Last von dem Kraftmesser gemessen, durch Subtraktion von der Trägheitslast kann so die aerodynamische Last bestimmt werden.
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Die auf die hier vorgeschlagene Art bestimmten aerodynamischen Lasten können für die Auslegung eines Luftwiderstandsbeiwerts, einer Seitenwindempfindlichkeit oder allgemein in Bezug auf aerodynamische Eigenschaften von Versuchsträgern, insbesondere Fahrzeugen, berücksichtigt werden.
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Eine Weiterbildung ist es, dass der Versuchsträger ein Fahrzeug oder ein Modell eines Fahrzeugs ist.
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Eine andere Weiterbildung ist es, dass der Versuchsträger Räder aufweist, die über ein Band insbesondere entsprechend der Geschwindigkeit der externen Anströmung bewegt werden können.
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Insbesondere können die Räder mit oder ohne Fahrbahnkontakt verendet werden.
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Insbesondere ist es eine Weiterbildung, dass der Versuchsträger über ein Schwert mit einem Aktor verbunden ist, der über dem Versuchsträger fixiert ist und anhand dessen der Versuchsträger bewegt wird.
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Insbesondere kann der Aktor an einer Decke oder einer Wand befestigt sein. Beispielsweise ist der Versuchsträger über dem Boden (z. B. freischwebend) angeordnet. Durch die Bewegung über den exzentrisch zu dem Versuchsträger angeordneten Aktor ist es notwendig, die tatsächliche durch den Aktor hervorgerufene Bewegung des Versuchsträgers möglichst genau bestimmen zu können, da diese bei der vorliegend erforderlichen Genauigkeit stark von der durch eine Steuereinheit mittels des Aktors eingeprägten Bewegung abweichen kann.
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Über den Aktor kann der Versuchsträger translatorisch und/oder rotatorisch bewegt werden. Insbesondere ist es möglich, dass der Versuchsträger unter Nutzung mindestens eines Freiheitsgrads bewegt wird. Beispielsweise kann der Versuchsträger um die Vertikalachse gedreht werden und so eine Gierbewegung parallel über dem Boden durchführen (auch bezeichnet als Drehung um die z-Achse).
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Auch ist es eine Weiterbildung, dass der Aktor ein Hexapod ist.
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Ferner ist es eine Weiterbildung, dass die externe Anströmung anhand eines Windkanals bereitgestellt wird und der Versuchsträger in einer Messstrecke des Windkanals angeordnet ist.
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Insbesondere kann der Versuchsträger in Strömungsrichtung hinter der Düse des Windkanals angeordnet sein.
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Im Rahmen einer zusätzlichen Weiterbildung umfasst der Bewegungssensor mindestens einen Beschleunigungssensor, wobei der Bewegungssensor insbesondere an einem Rand oder an einer Peripherie des Versuchsträgers angeordnet ist.
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Vorzugsweise ist der Beschleunigungssensor exzentrisch angeordnet auf einer Achse, die vertikal oder horizontal durch einen Mittelpunkt oder Schwerpunkt des Versuchsträgers verläuft. Insbesondere sind die Beschleunigungssensoren zumindest teilweise auf zueinander orthogonal verlaufenden Achsen angeordnet, die bevorzugt durch den Mittelpunkt oder den Schwerpunkt des Versuchsträgers verlaufen.
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Eine nächste Weiterbildung besteht darin, dass der Kraftmesser eine Waage umfasst, die insbesondere in dem Versuchsträger angeordnet ist.
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Bei der Waage kann es sich um eine n-Komponenten-Waage handeln, wobei jede der n Komponenten eine Kraft oder ein Moment entsprechend einem translatorischen oder rotatorischen Freiheitsgrad bestimmt.
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Eine Ausgestaltung ist es, dass der Versuchsträger so bewegt wird, dass sich bei der externen Anströmung ein Anströmwinkel, in dem ein Strömungsmedium (z. B. Luft) auf den Versuchsträger trifft, ändert.
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Dies ähnelt z. B. einer Anströmung des Fahrzeugs bei Seitenwind oder beim Vorbeifahren an anderen Fahrzeugen oder Objekten.
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Eine alternative Ausführungsform besteht darin, dass der Versuchsträger in Form einer Nickbewegung, einer Gierbewegung oder einer Wankbewegung bewegt wird.
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Auch kann der Versuchsträger eine Kombination aus den vorstehenden Bewegungen durchführen.
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Eine nächste Ausgestaltung ist es, dass der Versuchsträger ohne externe Anströmung für eine vorgegebene Zeitdauer mit einer vorgegebenen Frequenz oder einem vorgegebenen Frequenzspektrum und einer vorgegebenen Auslenkung um die Ruhelage bewegt wird.
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Auch ist es eine Ausgestaltung, dass der Versuchsträger ohne externe Anströmung und mit externer Anströmung um die Vertikalachse bewegt wird.
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Eine Weiterbildung besteht darin, dass der Versuchsträger ohne externe Anströmung um mindestens eine weitere Achse bewegt wird.
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Auch für den Fall, dass z. B. nur die aerodynamischen Seitenkräfte und Giermomente auf den Versuchsträger bestimmt werden sollen, ist es von Vorteil, wenn die Kalibrierung auch für andere Bewegungen erfolgt, weil dann die Auswertung unempfindlich gegenüber kleinen Änderungen entlang dieser weiteren Achse ist.
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Eine zusätzliche Ausgestaltung ist es, dass die Lasten kalibriert werden, indem eine Differenz zwischen den von dem mindestens einen Bewegungssensor und dem mindestens einen Kraftmesser bestimmten Lasten minimiert wird.
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Insbesondere kann die Kalibrierung derart erfolgen, dass die Differenz dieser Lasten (pro Freiheitsgrad) nahezu Null ist. Damit können nach der Kalibrierung mit hoher Genauigkeit die aus der externen Anströmung des Versuchsträgers resultierenden aerodynamischen Lasten ermittelt werden.
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Eine andere Ausgestaltung ist es, dass die Lasten kalibriert werden, indem eine Übertragungsfunktion bestimmt wird derart, dass der Quotient aus der spektralen Lastverteilung des mindestens einen Kraftmessers und der von dem mindestens einen Beschleunigungssensor bestimmten Trägheitslast bestimmt wird.
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Die Spektren werden z. B. mittels einer FFT aus den Zeitreihen der Kraft- oder Momentenverläufe bestimmt.
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Hierbei sei angemerkt, dass die Übertragungsfunktion pro Freiheitsgrad (rotatorisch, translatorisch) bestimmt werden kann. Insbesondere wird für diejenigen Freiheitsgrade eine separate Übertragungsfunktion bestimmt, die bei der Auswertung der aerodynamischen Lasten in dem jeweiligen Szenario von Interesse sind und/oder für die entsprechende Messwerte vorliegen.
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Auch ist es eine Möglichkeit, dass
- – bei der externen Anströmung der Versuchsträger bewegt wird,
- – ein zeitlicher Verlauf einer von dem Bewegungssensor bestimmten Beschleunigung in einen Frequenzbereich überführt und mit der Übertragungsfunktion multipliziert wird,
- – bei dem die aerodynamischen Lasten bestimmt werden, indem die multiplizierten Werte in den Zeitbereich zurücktransformiert und von den von dem Kraftmesser ermittelten Lasten abgezogen werden.
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Insbesondere kann anhand des Beschleunigungssensors zunächst mindestens eine Beschleunigung bestimmt werden, die dann mittels der Übertragungsfunktion in Kräfte und/oder Momente umgerechnet wird.
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Die vorstehend genannte Aufgabe wird auch gelöst mittels einer Vorrichtung umfassend eine Verarbeitungseinheit, die derart eingerichtet ist, dass das Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche durchführbar ist.
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Die Verarbeitungseinheit kann eine Steuereinheit, eine Prozessoreinheit und/oder eine zumindest teilweise festverdrahtete oder logische Schaltungsanordnung sein, die derart eingerichtet ist, dass das Verfahren wie hierin beschrieben durchführbar ist. Besagte Prozessoreinheit kann jede Art von Prozessor oder Rechner oder Computer mit entsprechend notwendiger Peripherie (Speicher, Input/Output-Schnittstellen, Ein-Ausgabe-Geräte, etc.) sein oder umfassen. Weiterhin kann eine festverdrahtete oder logische Schaltungseinheit, z. B. ein FPGA oder ein ASIC oder eine sonstige integrierte Schaltung vorgesehen sein.
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Auch wird zur Lösung der oben genannten Aufgabe eine Vorrichtung vorgeschlagen zur Bestimmung von aerodynamischen Lasten, die auf einen Versuchsträger wirken,
- – wobei der Versuchsträger über ein Schwert mit einem Aktor verbunden ist, der über dem Versuchsträger fixiert ist und anhand dessen der Versuchsträger bewegbar ist,
- – wobei der Versuchsträger in einer Messstrecke eines Windkanals angeordnet ist,
- – wobei der Versuchsträger mindestens einen Bewegungssensor aufweist, anhand dessen eine auf den Versuchsträger wirkende Trägheitslast bestimmbar ist,
- – wobei der Versuchsträger mindestens einen Kraftmesser aufweist, anhand dessen eine auf den Versuchsträger wirkende Last ermittelbar ist.
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Eine Ausgestaltung besteht darin, dass der Versuchsträger ein Fahrzeug oder ein Modell eines Fahrzeugs ist, wobei der Versuchsträger Räder aufweist, die über ein Band insbesondere entsprechend der Geschwindigkeit einer externen Anströmung durch den Windkanal bewegbar sind.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend anhand der Zeichnungen dargestellt und erläutert.
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Es zeigen:
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1 eine schematische Anordnung mit einem Versuchsträger, der über ein Schwert mit einem Aktor verbunden und in einem Windkanal angeordnet ist;
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2 eine Draufsicht auf den Versuchsträger gemäß 1 in dem Windkanal, wobei der Versuchsträger Beschleunigungssensoren und eine n-Komponenten-Waage aufweist;
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3 ein Ablaufdiagramm zur Bestimmung von aerodynamischen Lasten, die auf einen Versuchsträger wirken, der in einem Windkanal bewegt wird;
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4 eine schematische Darstellung zur Veranschaulichung des Zusammenhangs zur Bestimmung der aerodynamischen Lasten auf den Versuchsträger.
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Der hier vorgeschlagene Ansatz ermöglicht es, aerodynamische Lasten (Kräfte und/oder Momente), die auf ein Fahrzeug oder ein Fahrzeugmodell wirken, zu bestimmen. Hierzu kann eine Anordnung genutzt werden, anhand derer das Fahrzeug oder das Fahrzeugmodell in einem Windkanal mit einem Luftstrom beaufschlagt wird.
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Bei der Last kann es sich um eine Kraft und/oder um ein Moment handeln. Entsprechend gibt es aerodynamische Lasten, Trägheitslasten und Gesamtlasten. Die Last wirkt mindestens in einer Dimension (Freiheitsgrad), kann aber auch zwei oder drei Dimensionen aufweisen. Demzufolge gibt es drei translatorische und drei rotatorische Last(komponent)en.
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Beispielsweise kann eine seitliche Anströmung oder eine teilweise seitliche Anströmung eine Last auf ein Fahrzeug ausüben. Diese Last kann z. B. zu einem Giermoment, einem Nickmoment oder einem Wankmoment des Fahrzeugs führen.
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Die vorgeschlagene Lösung erlaubt eine Simulation von instationären (teilweise) seitlichen Anströmungen, wie sie z. B. durch Seitenwinde, Böen, Überholmanöver, Vorbeifahrereignisse auftreten können. Es können die sich dadurch ergebenden Lasten auf das Fahrzeug erkannt und geeignet ausgewertet werden. Beispielsweise kann somit eine Empfindlichkeit eines Fahrzeugs gegenüber seitlichen instationären Anströmungen bestimmt werden. In der Folge kann das Fahrzeug so modelliert werden, dass dies z. B. möglichst unempfindlich gegen Seitenwind ist und dennoch einen guten Luftwiderstandsbeiwert aufweist.
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Hierzu wird ein Versuchsträger in einem Windkanal angebracht. Bei dem Versuchsträger kann es sich um ein Fahrzeug oder um ein Fahrzeugmodell handeln. Beispielsweise kann das Fahrzeugmodell eine Nachbildung der Fahrzeugform in einem vorgegebenen Maßstab (z. B. 1:2) sein. Das Fahrzeugmodell kann z. B. mittels eines Schwerts an der Decke oder an dem Boden des Windkanals befestigt werden, wobei das Schwert beispielsweise mittels einer Parallelkinematikmaschine, z. B. eines Hexapods (vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Hexapod), in allen sechs Freiheitsgraden verstellt werden kann.
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Der Versuchsträger wird von vorn angeströmt und kann dabei parallel zu dem Boden des Windkanals nach rechts und links aus einer Ruhestellung vorzugsweise mit gleicher Auslenkung um die Ruhestellung verdreht werden. Dies entspricht insbesondere einem Gieren um einen vorgegebenen Gierwinkel. Beispielsweise kann die Auslenkung um die Ruhestellung des Versuchsträgers periodisch mit einer vorgegebenen Frequenz erfolgen. Allgemein kann der Versuchsträger mit unterschiedlichen Amplituden und Frequenzen in verschiedene Richtungen und/oder mit verschieden Bewegungen angeregt werden.
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Durch die aus dem Windkanal strömende Luft ergibt sich eine zeitlich variierende auf den Versuchsträger wirkende Last, wie sie z. B. bei einer Seitenwindböe im realen Fahrbetrieb eines Fahrzeugs auftritt.
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Die Auswirkungen der Lasten können mittels zweier Messungen bestimmt werden:
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(a) Initiale Messung und Kalibrierung ohne Wind:
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Hierbei erfolgt keine Anströmung durch den Windkanal. Der Versuchsträger wird mit unterschiedlichen Frequenzen und unterschiedlichen Amplituden bewegt (”angeregt”). Beispielsweise können diskrete Frequenzen und/oder Amplituden oder ein kontinuierliches Frequenzband (z. B. mittels Rauschens oder Frequenzsweeps) eingeprägt werden. Die über das Schwert eingeprägte Bewegung wird in dem Versuchsträger ermittelt. Vorzugsweise sind hierfür Beschleunigungssensoren, z. B. am Rahmen oder am Rand des Versuchsträgers, vorgesehen. Mittels einer Waage, die in dem Versuchsträger angeordnet ist, wird die Kraft auf den Versuchsträger bzw. werden Momente, die auf den Versuchsträger wirken, bestimmt.
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Die Kalibrierung erfolgt derart, dass die mittels der Beschleunigungssensoren und der Waage(n) ermittelten Größen ineinander überführbar sind bzw. einander entsprechen.
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Grundsätzlich ist es möglich, dass der Versuchsträger für jeden Freiheitsgrad (es gibt drei translatorische und drei rotatorische Freiheitsgrade) mindestens einen Beschleunigungssensor aufweist. Entsprechend kann zur Messung der Lasten eine 6-Komponentenwaage vorgesehen sein. Auch kann je nach Anwendungsfall nur ein Teil der Freiheitsgrade berücksichtigt werden.
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Der Versuchsträger wird mit einer vorgegebenen Frequenz oder mittels eines Frequenzspektrums um die Ruhestellung ausgelenkt (Gierbewegung), die Sensoren zeichnen die unterschiedlichen auf den Versuchsträger wirkenden Lasten (z. B. Kräfte oder Beschleunigungen) auf. Hieraus können Übertragungsfunktionen für die (z. B. drei translatorischen bzw. drei rotatorischen) Freiheitsgrade ermittelt werden.
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(b) Messung mit Anströmung im Windkanal:
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Anschließend wird der Versuchsträger mit einer vorgegebenen Frequenz und einer vorgegebenen Amplitude um die Ruhestellung bewegt, wobei der Windkanal eingeschaltet ist und entsprechend ein Luftstrom auf den Versuchsträger wirkt.
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Wieder zeichnen die Sensoren die unterschiedlichen auf den Versuchsträger wirkenden Lasten auf.
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Mittels der Differenz der von den Beschleunigungssensoren und der Waage ermittelten Werte können die auf den Versuchsträger wirkenden aerodynamischen Lasten in Abhängigkeit des zeitlichen Verlaufs der Bewegung des Versuchsträgers bestimmt werden.
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Da in Schritt (a) eine Kalibrierung der Messwerte erfolgt ist, kann durch die Differenzbildung in Schritt (b) die Wirkung der aerodynamischen Lasten ermittelt werden. Da sich der Versuchsträger mit einer vorgegebenen Auslenkung um seine Ruhestellung bewegt, kann mit diesem Ansatz der Einfluss der seitlichen Anströmungen durch den Windkanal bestimmt werden.
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Die so gewonnenen Resultate können in den Prozess der Fahrzeuggestaltung einfließen, um z. B. mittels gestalterischer Maßnahmen an der Form des Fahrzeugs die Seitenwindempfindlichkeit des Fahrzeugs zu minimieren.
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1 zeigt eine schematische Anordnung mit einem Versuchsträger 101, der über ein Schwert 102 mit einem Aktor 103 verbunden ist. Der Aktor 103 ist an einer Decke 104 befestigt. Der Aktor 103 umfasst beispielsweise einen Hexapod und kann somit das Schwert 102 und damit den Versuchsträger 101 in sechs Freiheitsgraden bewegen. Der Aktor 103 wird über eine Steuereinheit (z. B. einen Computer, nicht in 1 dargestellt) angesteuert. Somit lassen sich flexibel unterschiedliche Bewegungsabläufe des Aktors 103 einstellen bzw. programmieren.
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Weiterhin ist der Versuchsträger 101 in einem Windkanal angeordnet, wobei der Windkanal eine Luftaustrittsöffnung oder Düse 105 und eine Lufteintrittsöffnung (Kollektor) 106 aufweist.
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Der Versuchsträger 101 ist beispielhaft freischwebend über einem Boden 107 des Windkanals angeordnet. Alternativ können die Räder des Versuchsträgers auf einem Band stehen, das z. B. in Fahrtrichtung so angetrieben wird als würde das Fahrzeug mit drehenden Rädern gegen den Wind des Windkanals fahren. Hierdurch kann die Genauigkeit der Messungen in dem Windkanal verbessert werden.
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Auch sind in 1 symbolisch die 6 Freiheitsgrade in einem x, y, z-Koordinatensystem angegeben. So bewirkt beispielsweise eine Drehung des Aktors 103 um die z-Achse eine Gierbewegung (Drehbewegung um die Vertikalachse) des Versuchsträgers 101 parallel zu dem Boden 107 des Windkanals.
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2 zeigt eine Draufsicht auf den Versuchsträger 101 in dem Windkanal (angedeutet durch die Düse 105). Am Rand des Versuchsträgers 101 sind Beschleunigungssensoren 201, 202 angeordnet, wobei jeweils Beschleunigungssensoren mit mehreren Freiheitsgraden vorgesehen sein können. Beispielsweise können drei mal drei Beschleunigungssensoren vorgesehen sein, um die Kräfte und Momente gemäß den Freiheitsgraden zu bestimmen. Weiterhin ist an einer zentralen Stelle des Versuchsträgers 101 ein Lastenmesser angeordnet umfassend eine n-Komponenten-Waage 203. Beispielsweise können je nach Auslegung der Waage 203 Kräfte und/oder Momente für die sechs Freiheitgrade bestimmt werden.
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Mittels der Waage 203 ist es möglich, die Kräfte in x-, y- und z-Richtung und die Drehmomente um die x-, y- und z-Achse zu bestimmen. Hierzu kann eine 6-Komponentenwaage eingesetzt werden. Entsprechend kann eine Waage mit weniger Komponenten genutzt werden, falls nur ein Teil der sechs Freiheitsgrade ermittelt werden soll.
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Nachfolgend wird der Fall der Rotation um die z-Achse mit einer vorgegebenen Frequenz und Amplitude betrachtet:
Mit der Waage können demnach die folgenden Momente ermittelt werden: MW = MG = MT + MA, (1) wobei
- MW
- ein mit der Waage gemessenes Moment (z. B. Giermoment),
- MG
- ein Gesamtmoment,
- MT
- ein Trägheitsmoment,
- MA
- ein Moment basierend auf aerodynamischen Lasten
bezeichnen.
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Es kann angenommen werden, dass das Trägheitsmoment um die z-Achse proportional zu der Rotationsbeschleunigung φ ..rot ist, d. h. φ ..rot ~ MT,Z (2).
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Für den Fall ohne Wind (Windkanal ausgeschaltet, siehe (a)) folgt MA = 0 (3)
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Aus Gleichung (1) mit Gleichung (3) folgt, dass die Waage das Trägheitsmoment MT, das theoretisch wie folgt angegeben werden kann, misst: MT = a·φ ..rot + b, (4) wobei a und b vorgebbare Parameter bezeichnen, wobei der Parameter b theoretisch 0 beträgt. Die Kalibrierung (s. o.) erfolgt so, dass die Waage und die Beschleunigungssensoren (Messung der Rotationsbeschleunigung) ineinander überführbare Messwerte liefern.
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Wird nun der Windkanal eingeschaltet (siehe (b)), folgt MA ≠ 0 (5) MA = MG – MT = MG – (a·φ ..rot + b) (6).
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Entsprechend lässt sich mittels der Waage die gesamte Kraft bestimmen, und die Beschleunigungssensoren bestimmen die Rotationsbeschleunigung. Aufgrund der zuvor durchgeführten Kalibrierung ist es nun möglich, basierend auf den Messwerten der Waage und den Messwerten der Beschleunigungssensoren die aerodynamischen Lasten zu bestimmen.
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Kann eine ausreichend genaue Übereinstimmung des Gesamtmoments MG und des Trägheitsmoments MT bei abgeschaltetem Windkanal (MA = 0) nicht über einen konstanten Parameter a erzielt werden, wird die vorstehend genannte Übertragungsfunktion berechnet. Dabei ist der Parameter a abhängig von der Frequenz f. Desweiteren kann ein Phasenverzug zwischen dem Gesamtmoment MG und dem Trägheitsmoment MT auftreten.
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Beispielsweise wird das Signal an der Waage (z. B. das Gesamtmoment MG) mit Y und das Signal des Beschleunigungssensors (z. B. φ ..rot ~ MT,Z) mit X bezeichnet. Es gilt: Y(s) = H(s)X(s) (7).
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Das Signal X(t) wird gleich dem Beschleunigungssignal und das Signal Y(t) gleich dem Waagensignal gesetzt. Die Übertragungsfunktion H(s) im Frequenzraum ergibt sich zu H(s) = Y(s)/X(s) = FFT(Y(t))/FFT(X(t)) (8).
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Damit ergibt sich die Berechnung des korrigierten Waagensignals zu Y(t) = iFFT(H(s)X(s)) (9).
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Hierbei bezeichnen FFT die Fast-Fourier-Transformation und iFFT die inverse FFT.
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4 zeigt eine schematische Darstellung zur Veranschaulichung des Zusammenhangs zur Bestimmung der aerodynamischen Lasten. Die Waage liefert z. B. die Gesamtkräfte, die auf den Versuchsträger wirken. Die Beschleunigungssensoren liefern z. B. die Trägheitskräfte des Versuchsträgers. Ist der Windkanal ausgeschaltet, wirken keine (nennenswerten) aerodynamischen Lasten auf den Versuchsträger. Daher erfolgt die Kalibrierung so, dass in diesem Fall die aerodynamischen Lasten Null ergeben. Wird der Windkanal aktiviert, resultieren die aerodynamischen Lasten aus den Gesamtkräften reduziert um die Trägheitskräfte. Dieser Zusammenhang geht auch aus den obigen Ausführungen und den Gleichungen (1) bis (6) hervor.
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3 zeigt ein Ablaufdiagramm zur Bestimmung von aerodynamischen Lasten, die auf einen Versuchsträger wirken, der in einem Windkanal bewegt wird.
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Zunächst ist der Windkanal abgeschaltet, es erfolgt ohne Kalibrierung ohne Wind. Der Versuchsträger wird über den Aktor (siehe 1) z. B. periodisch mit einer vorgegebenen Frequenz bewegt (z. B. rotierend um die z-Achse mit einer Auslenkung von bspw. fünf Grad). Vorzugsweise kann die Auslenkung mindestens eine translatorische oder rotatorische Bewegung umfassen. Insbesondere kann der Versuchsträger entsprechend den sechs Freiheitsgraden bewegt werden (siehe Schritt 301). Vorzugsweise wird eine periodische Bewegung vorgeschlagen. Die Frequenz der periodischen Bewegung wird verändert innerhalb eines vorgegebenen Bereichs, wobei beispielsweise für jede (diskrete) Frequenz oder für kontinuierliche Frequenzspektren Messungen durchgeführt werden (vergleiche Schritt 302).
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Mittels der Waage (oder eines entsprechenden Lastenmessers) in oder an dem Versuchsträger werden die auf den Versuchsträger wirkenden Kräfte und Momente bestimmt. Mittels der Beschleunigungssensoren werden die Trägheitslasten bestimmt. Bei abgeschaltetem Windkanal misst die Waage nur die Lasten, die durch die Trägheit des Versuchsträgers bedingt sind. Ebenso wird die Trägheit mittels der Beschleunigungssensoren bestimmt. Die Kalibrierung erfolgt derart, dass die Messungen der Waage und der Beschleunigungssensoren aufeinander abgestimmt werden (siehe Schritt 303).
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Vorzugsweise wird eine Übertragungsfunktion für jeden Freiheitsgrad oder für einen Teil der Freiheitsgrade bestimmt. Die Übertragungsfunktion ergibt sich als Funktion aus dem Ausgangs- und dem Eingangssignal. Als Eingangssignal dient das Signal des Beschleunigungssensors und als Ausgangssignal dient das Signal der Waage. Die Übertragungsfunktion (pro Freiheitsgrad) kann angegeben werden als Amplitude und Phase jeweils in Abhängigkeit von der Frequenz.
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Insbesondere ist es möglich, dass nur für einen Teil der Frequenzen Messungen durchgeführt werden und abhängig von den Messungen Werte der Übertragungsfunktion bestimmt werden. Die Übertragungsfunktion zeigt in diesem Fall einige diskrete Werte, die z. B. interpoliert werden können.
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Die Übertragungsfunktion (pro Freiheitsgrad) gibt das Verhältnis des Waagensignals zum Beschleunigungssignal in Abhängigkeit der Frequenz an
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In einem Schritt 304 wird der Windkanal eingeschaltet.
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Der Versuchsträger kann nun beliebig bewegt werden. Beispielsweise wird der Versuchsträger für eine vorgegebene Zeitdauer (z. B. 2 Minuten) um die z-Achse mit einer Auslenkung von 5 Grad und einer Frequenz von 2 Hz bewegt. Die Beschleunigungssensoren messen für diese Zeitdauer ein Signal a(t), das mittels einer FFT (Fast-Fourier-Transformation) in seine Spektralanteile für Amplitude und Phase zerlegt wird. Durch Multiplikation dieser Spektralanteile mit der Übertragungsfunktion ergeben sich die frequenzabhängigen Trägheitskräfte, die mittels einer IFFT (inversen FFT) in den Zeitbereich transformiert werden können (vergleiche Schritt 305).
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Zur Bestimmung der aerodynamischen Lasten wird eine Differenz der von der Waage gemessenen Lasten (Kräfte und/oder Momente) und der von den Beschleunigungssensoren bestimmten Lasten (Trägheitskräfte und/oder Trägheitsmomente) ermittelt (vergleiche Schritt 306).
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Bezugszeichenliste
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- 101
- Versuchsträger
- 102
- Schwert
- 103
- Aktor (z. B. Hexapod)
- 104
- Decke
- 105
- Düse des Windkanals
- 106
- Lufteintrittsöffnung des Windkanals
- 107
- Boden
- 201
- Beschleunigungssensor(en)
- 202
- Beschleunigungssensor(en)
- 203
- Waage (n-Komponenten-Waage)
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- http://de.wikipedia.org/wiki/Hexapod [0054]