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Dreidimensional nanostrukturierte Substratoberflächen, welche, mit Bindungsmolekülen funktionalisiert werden können, um die selektive Anbindung von biologischen Strukturen und Molekülen, insbesondere Zellen, zu ermöglichen, sind im Stand der Technik grundsätzlich bekannt. Nagrath et al. beschreiben in Nature, 450, 1235–1239 (2007), die Herstellung von Oberflächen mit Säulenstrukturen einer Länge im Mikrometerbereich zur Anreicherung von zirkulierenden Tumorzellen und Wang et al. beschreiben in Angew. Chem. Int. Ed., 48, 8970–8973 (2009), die Erzeugung von Si-Nanosäulen auf einem Si-Wafer mit Hilfe eines nasschemischen Ätzverfahrens und die Funktionalisierung mit einem spezifischen Antikörper, Anti-EpCAM, welcher die selektive Anbindung von bestimmten Tumorzellen ermöglicht. Die Herstellung dieser Nanostrukturen ist jedoch relativ zeit- und kostenaufwendig und deren Funktionalisierung ebenfalls. Strukturell bewegen sich die publizierten Strukturen im μm-Längenbereich (100–200 nm Durchmesser, Länge 10 μm). Somit stellen diese Strukturen nicht ideale Grössen für die Immobilisierung von geordneten Moleküloberflächen dar. Zusätzlich ist die Anzahl der Moleküle pro Flächeneinheit bei diesen Strukturen im μm-Bereich im Vergleich zu Nanostrukturen reduziert. Die kontrollierte Langzeitkultivierung und Differenzierung von Zellen ist mit der publizierten Strukturfunktionalisierung nicht durchführbar.
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Ein einfaches und kostengünstiges Verfahren, mit dem dreidimensionale Nanostrukturen für optische Elemente durch Ätzen direkt auf Quarzglas erzeugt werden können, ist in der deutschen Offenlegungsschrift
DE 10 2007 014 538 A1 und in der entsprechenden internationalen Veröffentlichung
WO 2008/116616 A1 sowie in
Lohmüller et al., NANO LETTERS 2008, Bd. 8, Nr. 5, 1429–1433, beschrieben. Die dort offenbarten Nanosäulen sind jedoch nicht metallbedeckt und eine Funktionalisierung mit biologischen Bindungsmolekülen wird nicht vorgeschlagen. Diese Nanosäulen des Standes der Technik haben nach dem Ätzprozess keine Metallpartikel oder Metallablagerungen auf ihrer Oberfläche, da das zuvor als Maske eingesetzte Metall vollständig beim Ätzprozess verdampft wird. Dies ist für die Funktionalität der dort beschriebenen Strukturen als optisches Element zwingend erforderlich. Eine Biofunktionalisierung dieser konventionellen Nanostrukturen wäre allenfalls über aufwendige Silanisierungsreaktionen unter Schutzgasatmosphäre im Verlauf von mehreren Stunden (mindestens 8 h) möglich. Die publizierte Struktur erlaubt keine chemisch geordnete Funktionalisierung mit bioaktiven Molekülen, da bei der Silanisierung die strukturelle Integrität der Moleküle verloren geht.
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Vor diesem Hintergrund bestand eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung in der Bereitstellung von, insbesondere für biomedizinische, bioanalytische und biosensorische Anwendungen, verbesserten dreidimensionalen Nanostrukturen auf einer Substratoberfläche, welche auf einfache Weise mit einer Vielzahl von Bindungsmolekülen funktionalisiert werden können und die selektive Anbindung von biologischen Strukturen und Molekülen, sowie Zellen oder Zellverbänden, mit hoher Effizienz und Ausbeute ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß mit der Bereitstellung des Verfahrens nach Anspruch 1 sowie der Substratoberfläche nach Anspruch 13 und der Vorrichtung nach Anspruch 18 gelöst.
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Spezielle oder bevorzugte Ausführungsformen und Aspekte der Erfindung sind Gegenstand der weiteren Ansprüche.
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Beschreibung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Erzeugung von säulen- oder kegelförmigen Nanostrukturen, die auf ihrer Oberseite eine Metallabdeckung aufweisen, auf einer Substratoberfläche nach Anspruch 1 umfasst mindestens die folgenden Schritte:
- a) Bereitstellen einer mit SiO2 beschichteten oder aus SiO2 bestehenden Substratoberfläche;
- b) Bedecken der Substratoberfläche mit einer Anordnung von Metall-Nanopartikeln;
- c) Kontaktieren des Substrats mit einer Metallsalzlösung unter reduzierenden Bedingungen, wodurch eine Reduktion des Metallsalzes und eine stromlose Abscheidung von elementarem Metall auf den Metall-Nanopartikeln und entsprechendes Wachstum der Metall-Nanopartikel veranlasst wird;
- d) Ätzen der mit den in Schritt c) erhaltenen Nanopartikeln bedeckten Substratoberfläche in einer Tiefe von 10–500 nm, wobei die Nanopartikel als Ätzmaske wirken und die Ätzparameter so eingestellt werden, dass unterhalb der Nanopartikel Säulenstrukturen oder Kegelstrukturen entstehen und die Nanopartikel als Strukturabdeckung erhalten bleiben.
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Die primäre Substratoberfläche ist grundsätzlich nicht besonders beschränkt und kann jegliches Material umfassen, das mit Si bzw. SiO2 beschichtet werden kann. Das Substrat kann beispielsweise aus Glas, Silicium, SiO2, Halbleitern, Metallen, Polymeren etc. ausgewählt sein. Insbesondere für optische Anwendungen sind transparente Substrate bevorzugt, bei biomedizinischen Applikationen aber nicht relevant.
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Die primäre Substratoberfläche kann beispielsweise durch chemische Dampfabscheidung oder Plasma-Abscheidung oder ein anderes im Stand der Technik bekanntes Verfahren mit einer, vorzugsweise 50–500 nm, dicken Siliciumschicht versehen werden. Anschließend erfolgt die Oxidation, z. B. mittels Sauerstoffplasma oder einem anderen geeigneten Oxidationsmittel, um eine SiO2-Schicht auf der primären Substratoberfläche zu erzeugen.
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Erfindungsgemäß ist es bevorzugt, jedoch nicht unbedingt erforderlich, dass die Bedeckung der Substratoberfläche im Schritt b) mit Nanopartikeln mit Hilfe einer Mizellen-Diblock-Copolymer-Nanolithographietechnik, wie z. B. in
EP 1 027 157 B1 und
DE 197 47 815 A1 beschrieben, geschieht. Beider mizellaren Nanolithographie wird eine mizellare Lösung eines Blockcopolymers auf ein Substrat abgeschieden, z. B. durch Tauchbeschichtung, und bildet unter geeigneten Bedingungen auf der Oberfläche eine geordnete Filmstruktur von. chemisch unterschiedlichen Polymerdomänen, die unter anderem von Typ, Molekulargewicht und Konzentration des Blockcopolymers abhängt. Die Mizellen in der Lösung lassen sich mit anorganischen Salzen beladen, die nach der Abscheidung mit dem Polymerfilm zu anorganischen Nanopartikeln oxidiert oder reduziert werden können. Eine Weiterentwicklung dieser Technik, in der Patentanmeldung
DE 10 2007 017 032 A1 beschrieben, ermöglicht es, sowohl die laterale Separationslänge der genannten Polymerdomänen und damit auch der resultierenden Nanopartikel als auch die Größe dieser Nanopartikel durch verschiedene Maßnahmen so präzise flächig einzustellen, dass nanostrukturierte Oberflächen mit gewünschten Abstands- und/oder Größengradienten herstellbar sind. Typischerweise weisen mit einer solchen mizellaren Nanolithographietechnik hergestellte Nanopartikelanordnungen ein quasi-hexagonales Muster auf.
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Grundsätzlich ist das Material der Nanopartikel nicht besonders beschränkt und kann jedes im Stand der Technik für solche Nanopartikel bekannte Material umfassen. Typischerweise handelt es sich dabei um ein Metall oder Metalloxid. Ein breites Spektrum geeigneter Materialien ist in
DE 10 2007 014 538 A1 genannt. Vorzugsweise ist das Material des Metalls oder die Metallkomponente der Nanopartikel aus der Gruppe aus Au, Pt, Pd, Ag, In, Fe, Zr, Al, Co, Ni, Ga, Sn, Zn, Ti, Si und Ge, deren Mischungen und Kompositen ausgewählt. Spezielle Beispiele für ein bevorzugtes Metalloxid sind Titanoxid, Eisenoxid und Kobaltoxid. Bevorzugte Beispiele für ein Metall sind Chrom, Titan, Edelmetalle, z. B. Gold, Palladium und Platin, und besonders bevorzugt ist Gold.
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Der Begriff „Partikel” wie hier verwendet, umfasst auch einen „Cluster”, insbesondere wie in
DE 10 2007 014 538 A1 und
DE 197 47 815 A1 beschrieben und definiert, und beide Begriffe können hier austauschbar verwendet werden.
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Die Vergrößerung der Metall-Nanopartikel durch stromlose Abscheidung von elementarem Metall auf den Nanopartikeln in Schritt c) beinhaltet eine Reduktion des entsprechenden Metallsalzes. Als Reduktionsmittel kann ein chemisches Agens, z. B. Hydrazin oder ein anderes geeignetes chemisches Reduktionsmittel, oder energiereiche Strahlung wie Elektronenstrahlung oder Licht (wie in
DE 10 2009 053 406.7 beschrieben) verwendet werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren im Ätzschritt d) kann eine oder mehrere Behandlungen mit demselben Ätzmittel und/oder mit verschiedenen Ätzmitteln umfassen. Das Ätzmittel kann grundsätzlich jedes im Stand der Technik bekannte und für die jeweilige Substratoberfläche geeignete Ätzmittel sein. Vorzugsweise ist das Ätzmittel aus der Gruppe aus Chlorgasen, z. B. Cl2, BCl3 und anderen gasförmigen Chlorverbindungen, Fluorkohlenwasserstoffen, z. B. CHF3, CH2F2, CH3F, Fluorocarbonen, z. B. CF4, C2F8, Sauerstoff, Argon, SF6 und Mischungen davon ausgewählt. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform wird CHF3 in Kombination mit SF4 in mindestens einem Behandlungsschritt als Ätzmittel verwendet.
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Die Dauer der gesamten Ätzbehandlung liegt typischerweise im Bereich von 10 s bis 60 Minuten, vorzugsweise 1 bis 15 Minuten.
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Typischerweise wird beim Schritt d) ein Plasmaätzverfahren („reactive ion etching”) wie in
DE 10 2007 014 538 A1 und
Lohmüller et al. (NANO LETTERS 2008, Bd. 8, Nr. 5, 1429–1433, beschrieben eingesetzt und vorzugsweise wird eine Mischung von CHF
3 mit CF
4 verwendet.
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Ebenfalls gute Ergebnisse werden bei Verwendung von SF6 als Ätzmittel bzw. Ätzmittelkomponente in mindestens einem Behandlungsschritt erzielt. Damit können sehr hohe Ätzraten erzielt werden, allerdings muss die Dauer der Ätzbehandlung sorgfältig überwacht werden, damit der Ätzvorgang nicht zu weit geht und die gewünschten metallbedeckten Nanostrukturen erhalten bleiben.
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Die erhaltenen Nanostrukturen weisen typischerweise einen Durchmesser im Bereich von 10–100 nm, vorzugsweise 10–30 nm, und eine Höhe von 10–500 nm, vorzugsweise 10–150 nm, auf. Bei Kegelstrukturen gelten die Durchmesserangaben für die Dicke in halber Höhe. Die mittleren Abstände der Nanostrukturen liegen vorzugsweise in einem Bereich von 15 bis 200 nm.
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Für einige Anwendungen ist es bevorzugt, dass die als Ätzmaske verwendeten Nanopartikel eine vorgegebene zweidimensionale geometrische Anordnung auf der Substratoberfläche aufweisen. Eine solche Anordnung weist als ein Charakteristikum vorgegebene minimale oder mittlere Partikelabstände auf, wobei diese vorgegebenen Partikelabstände in allen Bereichen der Substratoberfläche gleich sein können oder verschiedene Bereiche unterschiedliche vorgegebene Partikelabstände aufweisen können. Eine derartige geometrische Anordnung kann grundsätzlich mit jedem geeigneten Verfahren des Standes der Technik, insbesondere mizellarer Nanolithographie wie oben näher erläutert, realisiert werden.
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Die nach dem Ätzschritt erhaltenen Nanostrukturen werden vorzugsweise mit mindestens einem Bindungsmolekül funktionalisiert, das die Anbindung von biologischen Strukturen, Molekülen, Mikroorganismen oder Zellen ermöglicht oder erleichtert.
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Vorzugsweise ist das Bindungsmolekül ein spezifisch an Oberflächenstrukturen von Zellen oder Bestandteile der extrazellulären Matrix bindendes Molekül oder ein Molekül, welches später von den auf dem Substrat kultivierten Zellen aufgenommen werden kann.
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In spezielleren Ausführungsformen ist das Bindungsmolekül aus der Gruppe aus Proteinen oder niedermolekularen Peptiden, insbesondere Antikörpern und Fragmenten davon, sowie enzymatisch aktiven Proteinen oder Domänen davon, Lektinen, Kohlenhydraten, Proteoglykanen, Glykoproteinen, Nukleinsäuren wie ssDNA, dsDNA, RNA, siRNA, Lipiden oder Glykolipiden ausgewählt.
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In einer speziellen Ausführungsform sind die Nanostrukturen mit mindestens einem Bindungsmolekül, ausgewählt aus Molekülen, die an Zelladhäsionsrezeptoren (CAM) von Zellen, spezifische Rezeptoren oder Bindungsstellen auf Viren, Proteinen oder Nukleinsäuren binden, chemisch funktionalisiert.
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Spezieller handelt es sich um Moleküle, die an Zelladhäsionsrezeptoren der Gruppen der Cadherine, Immunglobulin-Superfamilie (Ig-CAMS), Selectine und Integrine, insbesondere an Integrine, binden. In einer noch spezielleren Ausfürungsform ist das Bindungmolekül aus Fibronectin, Laminin, Fibrinogen, Tenascin, VCAM-1, MadCAM-1, Collagen oder einem an Zelladhäsionsrezeptoren, insbesondere Integrine, spezifisch bindenden Fragment davon oder einem an Zelladhäsionsrezeptoren spezifisch bindenden Derivat davon ausgewählt. Auch signalgebende Moleküle, wie zum Beispiel die gesamten Rezeptor-Familien von EGFR, FGFR und Notch/Jagged-1, können mit diesen Molekülen adressiert werden.
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Der Fachmann wird jedoch unschwer erkennen, dass Variationen dieser Moleküle sowie beliebige andere Moleküle mit spezifischen Bindungseigenschaften für bestimmte Zielobjekte, insbesondere Antikörper und andere Vertreter der oben angegebenen Substanzklassen, ebenso eingesetzt werden können.
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Die Funktionalisierung geschieht durch Immobilisierung des Bindungsmoleküls auf der Metallabdeckung der Nanostrukturen. Verfahren zur Immobilisierung von Bindungsmolekülen auf Metallsubstraten, insbesondere Gold-Nanopartikeln, sind grundsätzlich bekannt und beispielsweise beschrieben in Arnold et al., ChemPhysChem (2004) 5, 383–388, Wolfram et al., Biointerphases 2007, Mar; 2(1): 44–8, Ibii et al., Anal Chem. 2010 May 15; 82(10): 4229–35, Sakata et al., Langmuir. 2007, Feb 27; 23(5): 2269–72 und Mateo-Martí et al., Langmuir. 2005, Oct 11; 21(21): 9510–7.
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Die erfindungsgemäß verwendeten dreidimensionalen Nanostrukturen lassen sich bei Raumtemperatur typischerweise innerhalb einer halben Stunde biofunktionalisieren und sind damit hinsichtlich Zeit- und Kostenaufwand den in der Einleitung des vorliegenden Texts beschriebenen dreidimensionalen Mikrostrukturen des Standes der Technik deutlich überlegen.
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Einige prinzipielle Verfahren zur Immobilisierung von bevorzugten Bindungsmolekülen, z. B. Antikörper, Peptide, rekombinante Proteine, Glykoproteine, Nukleinsäuren oder native Proteine, auf Metallsubstraten werden im Folgenden kurz erläutert.
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Die orientierungsspezifische Immobilisierung von rekombinanten Proteinen ist beispielsweise mit Ni-NTA-Komplexreaktionen möglich (Wolfram et al., oben). Weiterhin lassen sich sämtliche Proteine und Antikörper mit Hilfe von DTSSP und verwandten thiolbasierten Linkern an Gold- und Silbernanopartikel kovalent anbinden (siehe Beispiel 2). Auch eine Immobilisierung von Antikörpern oder Fragmenten davon sind über eine Immobilsierung von Protein A/G oder L möglich. Die bioaktiven Molekülen können direkt oder indrekt über Linker-Systeme gebunden werden. Es können Chemisorption, Affinitäts-basierte sowie Protein-vermittelte Immobilisierungen eingesetzt werden.
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In den Ausführungsbeispielen werden geeignete Bedingungen zur Herstellung von säulenförmigen Nanostrukturen auf einer mit SiO2-beschichteten Substratoberfläche und zu deren Funktionalisierung eingehender beschrieben. Für den Fachmann wird jedoch ersichtlich sein, dass Variationen dieser Bedingungen in Abhängigkeit von den verwendeten speziellen Materialien erforderlich sein können und unschwer durch Routineversuche zu ermitteln sind.
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Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten dreidimensional nanostrukturierten Substratoberflächen bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten auf den Gebieten der Halbleitertechnik, Biologie, Medizin, Pharmazie, Sensortechnik und Medizintechnik, insbesondere für bioaktive und biointelligente Oberflächen oder Implantatflächen sowie Gewebetechniken.
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Die funktionalisierten nanostrukturierten Substratoberflächen eignen sich insbesondere für die Identifizierung von biologischen Zielstrukturen, -molekülen, -mikroorganismen oder -zellen in einer Probe und/oder deren Isolierung daraus. Die Probe kann beispielsweise eine Körperflüssigkeit, insbesondere Blut, interstitielle oder mukose Flüssigkeiten, oder eine feste Gewebeprobe sein. Die Zielstrukturen können Moleküle sein, die als Diagnostik-Marker bekannt sind, oder Zielzellen können beispielsweise bestimmte Tumorzellen, Trophoblasten oder andere gewünschte Zelltypen oder Komponenten davon sein.
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Ein wesentlicher Aspekt der Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur spezifischen Anbindung von biologischen Zielstrukturen, -molekülen, -mikroorganismen oder -zellen, die in einer Probe, insbesondere einer Probe wie oben definiert, vorliegen, welche eine solche nanostrukturierte Substratoberfläche umfasst.
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In einer speziellen Ausführungsform ist diese Vorrichtung Bestandteil einer Sonde, welche so gestaltet ist, dass sie in einen lebenden Organismus eingeführt und in Kontakt mit dessen Körperflüssigkeiten gebracht werden kann.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist die Vorrichtung dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein Teil der Sonde die Gestalt einer Nadel hat und in den Blutstrom eines lebenden Organismus eingebracht werden kann. Damit können beispielsweise gezielt bestimmte zirkulierende Zelltypen aus dem Blut isoliert und identifiziert werden. Die Nadeldimensionen liegen dabei vorzugsweise in den für medizinische Anwendungen von Nadeln und Kanülen (z. B. für Injektionen und Blutentnahmen) bekannten Bereichen und können unschwer durch Routineversuche optimiert werden.
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Nachdem sowohl die physikalischen Parameter einer erfindungsgemäß nanostrukturierten Substratoberfläche durch Variation der Höhe, Dicke, Form und Abstände der Nanostrukturen als auch die chemischen Parameter durch Auswahl der speziellen Metallabdeckungen und immobilisierten Bindungsmoleküle flexibel und präzise einstellbar sind, können gezielt Oberflächen geschaffen werden, welche nicht nur eine optimale Adhäsion von Zielmolekülen wie Zellen gewährleisten (was die Nachweis-Sensitivität entsprechend erhöht), sondern darüber hinaus auch Einfluss auf das Verhalten von lebenden Zellen selbst gestatten, da Zellen bekanntermaßen nicht nur chemische Signale sondern auch strukturelle Signale, wie die Topographie einer Substratoberfläche, wahrnehmen.
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Kurzbeschreibung der Figuren
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1 zeigt schematisch die Hauptschritte des erfindungsgemäßen Verfahrens
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2 zeigt rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen einer Substratoberfläche in verschiedenen Stadien des erfindungsgemäßen Verfahrens:
- (a) nach Aufbringung von Gold-Nanopartikeln durch mizellare Block-Nanolithographie;
- (b) nach Vergrößerung der Gold-Nanopartikel durch stromlose Abscheidung;
- (c) mit metallbedeckten Säulenstrukturen nach dem Ätzen;
- (d) zeigt die grossflächige Ordnung im μm-Bereich;
- (e) zeigt die kegelförmigen Säulen in der Seitenansicht.
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Die folgenden Beispiele dienen zur näheren Erläuterung der vorliegenden Erfindung, ohne diese jedoch darauf zu beschränken.
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BEISPIEL 1
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Erzeugung von säulenförmigen Nanostrukturen auf einem Substrat mit einer Anordnung von Gold-Nanopartikeln
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1. Bereitstellung der Substratoberfläche
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Zunächst wurde eine primäre Substratoberfläche durch chemische Dampfabscheidung oder Plasma-Abscheidung mit einer 50–500 nm dicken Siliciumschicht versehen. Dann erfolgte eine Aktivierung in Sauerstoffplasma (150 W, 0,1 mbar, 30 Minuten), um eine SiO2-Schicht auf der primären Substratoberfläche zu erzeugen (1b).
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2. Bedeckung mit Gold-Nanopartikeln
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Die im ersten Schritt gebildete Sio
2-Substratoberfläche wurde mittels mizellarer Nanolithographie mit Gold-Nanopartikeln in einer definierten Anordnung bedeckt (
1c). Bei diesem Schritt kann einem der in
EP 1 027 157 B1 ,
DE 197 47 815 A1 oder
DE 10 2007 017 032 A1 beschriebenen Protokolle gefolgt werden. Das Verfahren beinhaltet die Abscheidung einer mizellaren Lösung eines Blockcopolymers (z. B. Polystyrol(n)-b-Poly(2-vinyl-pyridin(m)) in Toluol) auf das Substrat, z. B. durch Tauchbeschichtung, wodurch auf der Oberfläche eine geordnete Filmstruktur von Polymerdomänen gebildet wird. Der oben beschriebene Aktivierungsschritt in Sauerstoffplasma fördert die Adhäsion der Mizellen an der Oberfläche.
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Die Mizellen in der Lösung sind mit einem Goldsalz, vorzugsweise HAuCl4, beladen, welches nach der Abscheidung mit dem Polymerfilm zu den Gold-Nanopartikeln reduziert wird. Zu diesem Zweck wird eine kurze Wasserstoffplasma-Aktivierung (200 W, 0,5 mbar, 1 Minute) durchgeführt, um Goldpartikel-Keime in den Mizellenkernen zu erzeugen (1d).
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3. Vergrößerung der Gold-Nanopartikel durch stromlose Abscheidung
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Die stromlose Abscheidung erfolgte durch Eintauchen der Oberfläche in eine Lösung von 0.1% HAuCl4 und 0.2 mM NH3OHC1 (1:1) für 3,5 Minuten. Unter diesen reduzierenden Bedingungen wird das Goldsalz in der Lösung zu elementarem Gold reduziert, das sich selektiv auf den Goldpartikel-Keimen abscheidet und diese vergrößert (1e). Nun können die Polymer-Mizellen von der Oberfläche entfernt werden und dies wird durch Exposition der Oberfläche gegenüber einem Wasserstoffplasma (150 W, 0,4 mbar, 45 Minuten erreicht. Zu diesem Zeitpunkt ist die Substratoberfläche mit einer quasi-hexagonalen zweidimensionalen Anordnung von Gold-Nanopartikeln gewünschter Größe dekoriert (1f).
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4. Ätzschritt
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Anschließend erfolgte die Ätzung der mit Gold-Nanopartikeln bedeckten SiO2-Schicht in einer gewünschten Tiefe. Dazu wurde ein „Reactive Ion Etcher” von Oxford Plasma, Gerät: PlasmaLab 80 plus verwendet. Andere im Stand der Technik bekannte Vorrichtungen sind jedoch grundsätzlich ebenso geeignet.
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Das Ätzen wurde mit einer Mischung der Prozessgase CHF3 und CF4 (10:1) bei einem Gesamtdruck von 10 mTorr, einer Temperatur von 20°C und einer Energie von 30 W durchgeführt. Die Zeitdauer der Ätzbehandlung variierte in Abhängigkeit von der gewünschten Ätztiefe in einem Bereich von etwa 1–15 Minuten. Als Ergebnis wurden säulenförmige bzw. stumpfkegelige Nanostrukturen erhalten, die immer noch Gold-Nanopartikel auf ihrer Oberseite aufwiesen (1g).
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BEISPIEL 2
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Funktionalisierung der Nanostrukturen
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Zur Funktionalisierung der in Beispiel 1 erhaltenen dreidimensionalen Nanostrukturen wurden verschiedene Protokolle angewandt.
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(Protokoll A) Die dargestellten Nanostrukturen wurden 30 min bei Raumtemperatur oder 2 h bei 4°C mit 20–60 μl 0,25–5 mM DTSSP (3,3'-Dithiobis[sulfosuccinimidylpropionat], Thermo Fisher Scientific, Rockford USA) in PBS inkubiert und danach mehrmals mit PBS gewaschen. Dann wurde jedes Substrat für 2 h bei 4°C oder 30 min bei Raumtemperatur mit dem gewünschten Antikörper (c = 10 μg/ml) inkubiert und anschließend mit PBS gewaschen. Falls die Antikörperlösung Tris-Puffer oder Glycin enthält, sollte der Antikörper vor der Inkubation gegen PBS dialysiert werden. Neben der Thiol-Chemie basierten Chemisorption wurden auch Affinitätsimmobilisierungen eingesetzt.
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(Protokoll B) Gold dotierte Substratoberflächen wurde für zwei Stunden mit thiolisierter Nitrilotriessigsäure (NTA) in Ethanol bei Raumtemperatur inkubiert. Anschließend wurde Nickel als NiCl2 (10 mM in HBS) an das NTA durch ein 15 minütige Inkubation gebunden. Nach Umpufferung erfolgte eine Inkubation mit einer Proteinlösung (His-Tag Protein 10 μg/ml in PBS) zwischen 4 bis 12 Stunden bei 4°C. Abschliessend wurden die Substrate gewaschen.
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(Protokoll C) Eine weiteres Protokoll ist die direkte Immobilisierung von Proteinen durch Chemisorption. Dabei wurde Protein A, G oder L für 5 Minuten bei 65° erhitzt und anschliessend unter leicht basischen Pufferbedingungen (Tris-HCl pH 8–9,5) für eine Stunde auf den Substraten inkubiert.
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(Protokoll D) Die so hergestellten Substrate wurden für eine Antikörperbindung verwendet. Dabei wurde eine Antikörperlösung (1–2 mg/mL in PBS) 1:50 in PBS verdünnt und anschliessend für zwei Stunden bei Raumtemperatur inkubiert. Abschliessend wurden die Substrate kurz gewaschen.
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(Protokoll E) Neben der Immobilisierung von Peptiden und Proteinen wurden auch Nukleinsäuren immobilisiert. Dabei wurden thiolisierte ssDNA-Fragmente (100 pMol in Wasser) auf den Substraten für vier Stunden bei 4° inkubiert und anschliessend gewaschen. Der komplementäre ssDNA-Strang (100 pMol in Wasser) wurde für eine Stunde bei 37°C auf den Substraten inkubiert. Die erfolgreiche Bindung wurde durch eine fluoreszente Gruppe im zweiten ssDNA-Strang nachgewiesen.
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Die funktionalisierten Substratoberflächen (1h) können nun zur Anbindung von Zielstrukturen, insbesondere Zielzellen, verwendet werden (1i).
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007014538 A1 [0002, 0010, 0011, 0015]
- WO 2008/116616 A1 [0002]
- EP 1027157 B1 [0009, 0040]
- DE 19747815 A1 [0009, 0011, 0040]
- DE 102007017032 A1 [0009, 0040]
- DE 102009053406 [0012]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Nagrath et al. beschreiben in Nature, 450, 1235–1239 (2007) [0001]
- Wang et al. beschreiben in Angew. Chem. Int. Ed., 48, 8970–8973 (2009) [0001]
- Lohmüller et al., NANO LETTERS 2008, Bd. 8, Nr. 5, 1429–1433 [0002]
- Lohmüller et al. (NANO LETTERS 2008, Bd. 8, Nr. 5, 1429–1433 [0015]
- Arnold et al., ChemPhysChem (2004) 5, 383–388 [0025]
- Wolfram et al., Biointerphases 2007, Mar; 2(1): 44–8 [0025]
- Ibii et al., Anal Chem. 2010 May 15; 82(10): 4229–35 [0025]
- Sakata et al., Langmuir. 2007, Feb 27; 23(5): 2269–72 [0025]
- Mateo-Martí et al., Langmuir. 2005, Oct 11; 21(21): 9510–7 [0025]
- Wolfram et al., [0028]