-
Die Erfindung betrifft eine Insassenschutzvorrichtung für ein Fahrzeug mit zumindest einem ansteuerbaren Insassenschutzmittel, umfassend eine Umgebungssensorik, wobei das Insassenschutzmittel in Abhängigkeit von erfassten Signalen der Umgebungssensorik, welche auf eine bevorstehende Kollision hinweisen, aktivierbar ist.
-
Heutige Insassenschutzmittel, wie Airbags und pyrotechnische Gurtstraffer, sind anhand von Signalen einer Anzahl von Beschleunigungssensoren und deren Verarbeitung in einer Steuereinheit unter Berücksichtigung weiterer Parameter hinsichtlich eines Fahrzeuginsassen, wie z. B. Gewicht und/oder Position, auslösbar. Darüber hinaus ist das Insassenschutzmittel auch auf Basis von Informationen einer vorausschauenden Umgebungssensorik, wie beispielsweise einer Kamera und/oder eines Radargerätes, auslösbar und in die Wirkstellung positionierbar.
-
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Insassenschutzvorrichtung für ein Fahrzeug und ein Verfahren zur Ansteuerung eines Insassenschutzmittels anzugeben, wobei eine Aktivierung des Insassenschutzmittels sichergestellt ist.
-
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß hinsichtlich der Vorrichtung durch die in Anspruch 1 und hinsichtlich des Verfahrens durch die in Anspruch 7 angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
-
Eine Insassenschutzvorrichtung für ein Fahrzeug mit zumindest einem ansteuerbaren Insassenschutzmittel umfasst eine Umgebungssensorik, wobei das Insassenschutzmittel in Abhängigkeit von erfassten ersten Signalen der Umgebungssensorik, welche auf eine bevorstehende Kollision hinweisen, aktivierbar ist. Erfindungsgemäß ist zur Aktivierung des Insassenschutzmittels unabhängig von der Aktivierung durch die Umgebungssensorik zusätzlich eine Kollisionssensorik vorgesehen, mittels welcher eine tatsächlich eingetretene Kollision erfassbar ist, wobei die Kollisionssensorik mit einem Aktor zur Aktivierung des Insassenschutzmittels verbunden ist.
-
Mittels der Kollisionssensorik ist in besonders vorteilhafter Weise eine von der Umgebungssensorik nicht erkannte bevorstehende Kollision, die aber tatsächlich eingetreten ist, erfassbar, wodurch das Insassenschutzmittel aktivierbar ist. D. h., das Insassenschutzmittel ist zur Verringerung aus der Kollision resultierender möglicher Verletzungen für Fahrzeuginsassen ansteuerbar und in eine Wirkstellung positionierbar. Dabei dient die Kollisionssensorik vorzugsweise als Ersatzvorrichtung, auch Backup-System bezeichnet, zur Umgebungssensorik.
-
Bei dem Insassenschutzmittel handelt es sich z. B. um einen Airbag oder einen reversiblen Gurtstraffer.
-
Ausführungsbeispiele der Erfindung werden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
-
Dabei zeigen:
-
1 schematisch ein Blockschaltbild einer semiparallelen Insassenschutzvorrichtung zur Aktivierung eines Insassenschutzmittels,
-
2 schematisch ein weiteres Blockschaltbild einer semiparallelen Insassenschutzvorrichtung zur Aktivierung eines Insassenschutzmittels und
-
3 schematisch ein Blockschaltbild von parallel angeordneten Insassenschutzvorrichtungen, denen jeweils ein Insassenschutzmittel zugeordnet ist.
-
Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
-
In der 1 ist ein Blockschaltbild einer in einem nicht näher dargestellten Fahrzeug angeordneten Insassenschutzvorrichtung 1 mit zumindest einem ansteuerbaren Insassenschutzmittel 1.1 dargestellt.
-
Die Insassenschutzvorrichtung 1 weist eine Umgebungssensorik 1.2 auf, mittels der eine Fahrzeugumgebung erfassbar ist. Dazu umfasst die Umgebungssensorik 1.2 zumindest eine Kamera, ein Radargerät, einen Ultraschallsensor und/oder ein Lidargerät.
-
Die von der Umgebungssensorik 1.2 erfassten ersten Signale S1 werden einer Steuereinheit 1.3 zugeführt, in der eine Entscheidungslogik in Form eines Algorithmus hinterlegt ist. Die erfassten ersten Signale S1 hinsichtlich der Fahrzeugumgebung werden in der Steuereinheit 1.3 mittels einer Schwellwertabfrage ausgewertet. Überschreiten die erfassten ersten Signale S1 einen oder mehrere Schwellwerte, wird ein reversibler Aktor 1.4 oder eine steuerbare Pyrotechnik angesteuert, wodurch das Insassenschutzmittel 1.1 angesteuert und in eine Wirkstellung positioniert wird.
-
Bei dem Insassenschutzmittel 1.1 gemäß dem vorliegenden Ausführungsbeispiel handelt es sich um einen Airbag. Alternativ dazu kann es sich bei dem Insassenschutzmittel 1.1 auch um einen Gurtstraffer, ein verfahrbares Rückenpolster oder ein elektrisch verstellbares Lenkrad handeln.
-
Die Ansteuerung des Insassenschutzmittels 1.1 in Form des Airbags basierend auf der Umgebungssensorik 1.2 mittels der Schwellwertabfrage ist dahingehend ausgelegt, dass eine sichere Erkennung einer Kollision erfolgen soll, wobei das Insassenschutzmittel 1.1 hinsichtlich der Schwellwertfrage auch ohne dass eine tatsächliche Gefahr einer Kollision besteht mittels eines ersten Steuersignals SS1 als Falschalarm ausgelöst werden kann. Eine Unterdrückung des Falschalarmes durch Hochsetzen der Schwellwerte kann dazu führen, dass eine tatsächliche dem Fahrzeug bevorstehende Kollision nicht erkannt wird und das Insassenschutzmittel 1.1 somit nicht aktiviert ist, wodurch ein erhebliches Verletzungsrisiko für einen Fahrzeuginsassen besteht. Soll die Auslösung des Insassenschutzmittels 1.1 in Form des Airbags erfolgen, muss die Anforderung an die Umgebungssensorik 1.2 zur Sicherstellung der Aktivierung des Insassenschutzmittels 1.1 derart erhöht werden, dass die Insassenschutzvorrichtung 1 sehr aufwendig und kostenintensiv ausgebildet ist.
-
Um sicherzustellen, dass das als Airbag ausgeführte Insassenschutzmittel 1.1 im Fall einer tatsächlichen Kollision des Fahrzeuges, die nicht als bevorstehend von der Umgebungssensorik 1.2 erfasst wurde, ausgelöst wird, ist erfindungsgemäß zusätzlich eine Kollisionssensorik 1.5 in dem Fahrzeug angeordnet.
-
Die Kollisionssensorik 1.5 umfasst eine Anzahl von Beschleunigungssensoren, Drucksensoren und/oder Sensoren zur Detektion von Körperschalländerungen, wobei anhand erfasster zweiter Signale S2 eine tatsächlich eingetretene Kollision des Fahrzeuges erfasst wird.
-
Mittels eines Beschleunigungssensors wird eine Beschleunigung des Fahrzeuges anhand von Signalen erfasst, wobei die auf das Fahrzeug wirkende Trägheitskraft erfasst wird. Somit kann ermittelt werden, ob eine positive oder negative Beschleunigung, d. h. eine Verzögerung des Fahrzeuges vorliegt.
-
Dabei kann der Beschleunigungssensor auch Bestandteil einer Sensorik eines elektronischen Stabilitätsprogramms sein. Dadurch kann die tatsächliche Kollision von bereits im Fahrzeug vorhandenen Mitteln erfasst werden.
-
Werden Drucksensoren zur Erfassung einer Kollision des Fahrzeuges eingesetzt, wird die Kollision anhand einer Druckerhöhung in einem Hohlraum der Fahrzeugkarosserie erfasst.
-
Mittels der Sensoren zur Detektion von Körperschalländerungen wird die Kollision aufgrund von Körperschalländerungen eines sich durch die Kollision verformenden Karosseriebleches erfasst.
-
Somit ist die tatsächlich eingetretene Kollision des Fahrzeuges mittels der Kollisionssensorik 1.5 erfassbar.
-
Die erfassten ersten Signale S1 der Umgebungssensorik 1.2 hinsichtlich der dem Fahrzeug bevorstehenden Kollision sowie die zweiten Signale S2 der Kollisionssensorik 1.5 zur Erfassung der tatsächlich eingetretenen Kollision werden sowohl fortlaufend als auch gleichzeitig erfasst.
-
Die von der Kollisionssensorik 1.5 erfassten zweiten Signale S2 werden hinsichtlich der tatsächlichen Kollision des Fahrzeuges in einer Auswerteeinheit 1.6 mittels einer Schwellwertabfrage ausgewertet, wobei bei Überschreiten eines oder mehrerer Schwellwerte ein zweites Steuersignal SS2 erzeugt wird. Das zweite Steuersignal SS2 wird einem Aktor 1.7 zugeführt, wobei dieser das Insassenschutzmittel 1.1 in Form des Airbags aktiviert, in dem dieses ausgelöst wird.
-
Der Aktor 1.7 ist als ein Gasgenerator ausgeführt, wobei der Airbag als Insassenschutzmittel 1.1 mittels des Gasgenerators aufgeblasen wird, so dass das Verletzungsrisiko für Fahrzeuginsassen verringert wird. Hierzu ist der Airbag als ein sich schnell entfaltender Airbag ausgeführt.
-
Wird die dem Fahrzeug bevorstehende Kollision anhand erfasster erster Signale S1 der Umgebungssensorik 1.2 nicht als solche erfasst, so wird die tatsächlich eingetretene Kollision von der Kollisionssensorik 1.5 als Ersatzlösung erfasst, wodurch das Insassenschutzmittel 1.1 rechtzeitig aktiviert und in die Wirkstellung positioniert wird.
-
2 zeigt die Insassenschutzvorrichtung 1 zur Ansteuerung des Insassenschutzmittels 1.1 gemäß 1, wobei ein weiteres Signal S3, welches in gestrichelter Linie dargestellt ist, der Steuereinheit 1.3 zur Auswertung der ersten Signale S1 der Auswerteeinheit 1.6 zur Auswertung der erfassten zweiten Signale S2 zugeführt wird.
-
Dabei wird das weitere Signal S3 von der Steuereinheit 1.3 erzeugt, sofern ein potentielles Objekt von der Umgebungssensorik 1.2 erfasst wird und der oder die Schwellwerte zur Auslösung des Insassenschutzmittels 1.1 anhand der erfassten ersten Signale S1 aber unterschritten sind. Mittels des weiteren Signals S3 wird der in der Auswerteeinheit 1.6 gespeicherte Schwellwert oder werden die gespeicherten Schwellwerte zur Aktivierung des Insassenschutzmittels 1.1 herabgesetzt. Dadurch wird das Insassenschutzmittel 1.1 im Vergleich früher angesteuert und in die Wirkstellung positioniert.
-
In der 3 ist ein Blockschaltbild von zwei parallel im Fahrzeug angeordneten Insassenschutzvorrichtungen 1, denen jeweils ein Insassenschutzmittel 1.1 zugeordnet ist, dargestellt.
-
Eine erste Insassenschutzvorrichtung 1 umfasst die Umgebungssensorik 1.2, die Steuereinheit 1.3, in der eine Entscheidungslogik zur Auswertung der ersten Signale S1 der Umgebungssensorik 1.2 hinterlegt ist, den reversiblen Aktor 1.4 oder eine steuerbare Pyrotechnik sowie ein erstes Insassenschutzmittel 1.1. Mittels der Umgebungssensorik 1.2 wird anhand von erfassten ersten Signalen S1 eine dem Fahrzeug bevorstehende Kollision erfasst. Bei einer dem Fahrzeug bevorstehenden Kollision wird von der Steuereinheit 1.3 aufgrund der erfassten ersten Signale S1 ein erstes Steuersignal SS1 erzeugt, so dass der reversible Aktor 1.4 oder die steuerbare Pyrotechnik ausgelöst wird und das Insassenschutzmittel 1.1 in die Wirkstellung positioniert wird.
-
Eine zweite Insassenschutzvorrichtung 1 umfasst eine Kollisionssensorik 1.5, eine Auswerteeinheit 1.6, in der eine Logik zur Auswertung von erfassten zweiten Signalen S2 der Kollisionssensorik 1.5 gespeichert ist, einen Aktor 1.7 und ein zweites Insassenschutzmittel 1.1. Handelt es sich bei dem zweiten Insassenschutzmittel 1.1 um einen Airbag, so ist dieser in einer vergleichsweise kurzen Reaktionszeit schnell entfaltbar.
-
Die zweite Insassenschutzvorrichtung 1, die eine tatsächlich eingetretene Kollision des Fahrzeuges mittels der Kollisionssensorik 1.5 erfasst und das zweite Insassenschutzmittel 1.1 demgemäß ansteuert, ist als eine Rückfalllösung zu betrachten, sofern eine dem Fahrzeug bevorstehende Kollision mittels der Umgebungssensorik 1.2 nicht erfasst wird.
-
Umfasst die Kollisionssensorik 1.5 nur einen Beschleunigungssensor, so erfasst dieser die tatsächliche Kollision des Fahrzeuges nur in eine Richtung, wobei der Aktor 1.7 als ein einstufiger, rein pyrotechnischer Gasgenerator ausgeführt sein kann.
-
Alternativ dazu kann es sich bei dem Aktor 1.7 auch um einen Feder-Gasgenerator oder einen anderen geeigneten Aktor handeln.
-
Verfügt das Fahrzeug alternativ oder zusätzlich zu der Umgebungssensorik 1.2 über eine Kommunikationseinrichtung, wie beispielsweise eine Funkschnittstelle für eine Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation und/oder einen Transponder, können mittels der Kommunikationseinrichtung Fahrzeugdaten zwischen dem Fahrzeug und mindestens einem weiteren Fahrzeug übertragen werden. Dazu kann der Transponder als ein passiver Transponder ausgeführt sein.
-
Kollidiert das Fahrzeug mit dem weiteren Fahrzeug, welches ebenfalls eine Kommunikationseinrichtung aufweist, können Fahrzeugdaten hinsichtlich einer Größe, einer Masse und einer Fahrgeschwindigkeit zwischen den Fahrzeugen übertragen werden, so dass das jeweilige Insassenschutzmittel 1.1 in Abhängigkeit der übertragenen Fahrzeugdaten angesteuert wird.