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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Messung zumindest einer Verbindungseigenschaft eines Werkstoffverbundes, welcher zumindest zwei miteinander verbundene Elemente aufweist, wobei zumindest eines der Elemente zumindest in einem Bereich erwärmt wird, eine hieraus resultierende Verformung einer Oberfläche des Werkstoffverbundes gemessen wird und aus der gemessenen Verformung die Verbindungseigenschaft bestimmt wird.
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Innovative Werkstoffverbunde, bei denen mehrere Funktionswerkstoffe miteinander verbunden, beispielsweise verklebt, werden, gewinnen zunehmend an Bedeutung. Eine besondere Rolle spielt hierbei die Ausbildung der Klebeverbindung, welche durch charakteristische Eigenschaften der kohäsiven wie adhäsiven Haftung bestimmt wird und einen maßgeblichen Einfluss auf das effektive Systemverhalten ausübt. Zur Sicherstellung eines gewünschten effektiven Systemverhaltens ist es wünschenswert, die Verbindungseigenschaften in quantitativer Form zu bestimmen. Dies geschieht meist prozessbegleitend im Labor.
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Die
US 4,752,140 betrifft ein Verfahren zur Detektion von delaminierten Bereichen in beschichteten Materialien oder Schichtkompositen. Das Verfahren kann verwendet werden, um Material vor Ort zu scannen.
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Nach dem Stand der Technik werden zur Festigkeitsbestimmung von Verbindungen normalerweise zerstörende Verfahren wie standardisierte Zug-Scher-Versuche oder analytische Verfahren wie spektroskopische Untersuchungen eingesetzt. Soweit Verfahren nach dem Stand der Technik zerstörungsfrei sind, erlauben sie nur einen rein qualitativen Nachweis von Defekten, wie z. B. Delaminationen.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein zerstörungsfreies Prüfverfahren und eine Vorrichtung zur Durchführung eines solchen Verfahrens anzugeben, mit welchen eine quantitative produktionsintegrierte Untersuchung der Verbindungseigenschaften außerhalb eines Labors möglich ist.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch das Verfahren nach Anspruch 1 und die Vorrichtung nach Anspruch 9. Die jeweiligen abhängigen Ansprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens und der erfindungsgemäßen Vorrichtung an.
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Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zur Messung zumindest einer Verbindungseigenschaft eines Werkstoffverbundes bereitgestellt. Unter einem Werkstoffverbund wird hierbei ein Objekt verstanden, welches zumindest zwei miteinander verbundene Elemente aufweist, die bevorzugt über zumindest eine Verbindungsfläche miteinander verbunden sind, die vorzugsweise also flächig miteinander verbunden sind. Ein derartiger Werkstoffverbund kann beispielsweise ein Laminat oder alle Arten von Klebeverbindung, alle Arten von Verbundwerkstoffen (CFK, GFK, Honeycomb) sowie Beschichtungen sein.
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Erfindungsgemäß wird nun zumindest eines der Elemente des Werkstoffverbundes zumindest lokal, d. h. in einem begrenzten Bereich, erwärmt. Auch eine vollständige Erwärmung ist moglich.
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Die Erwärmung sollte vorzugsweise so durchgefuhrt werden, dass sie zu einer Verformung zumindest eines der Elemente, einer Oberfläche des Werkstoffverbundes und/oder einer Verbindungsschicht zwischen den Elementen führt, derart, dass die Verformung an zumindest einer Oberfläche des Werkstoffverbundes zu erkennen ist und messbar ist.
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Erfindungsgemäß wird nun eine aus der Erwärmung resultierende Verformung einer Oberfläche des Werkstoffverbundes gemessen. Es wird hierbei die Abweichung der Oberfläche von ihrem Zustand im nicht erwärmten Zustand bestimmt. Die Messung der Verformung der Oberflache kann hierbei ortsaufgelöst oder nur an einem oder mehreren vereinzelten Punkten der Oberfläche durchgeführt werden.
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Aus der gemessenen Verformung wird dann die zumindest eine Verbindungseigenschaft bestimmt. Hierbei können die gemessenen Werte der Verformung direkt herangezogen werden oder es werden aus der gemessenen Verformung ein oder mehrere Werte oder Funktionen abgeleitet, mittels welcher dann die zumindest eine Verbindungseigenschaft bestimmt wird.
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Bevorzugterweise wird als Verbindungseigenschaft ein Schubmodul und/oder ein Elastizitätsmodul der Verbindungsstelle zwischen den zumindest zwei Elementen bestimmt.
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Bevorzugterweise ist zumindest eines der Elemente des Werkstoffverbundes, welches nur an einer Seite mit anderen Elementen des Werkstoffverbundes verbunden ist und eine freie Oberfläche aufweist, flächig ausgebildet. Es kann dann als die Verformung eine Verformung der dem Werkstoffverbund abgewandten freien Oberfläche dieses flächigen Elementes gemessen werden. Insbesondere kann hierbei der Werkstoffverbund ein Laminat aufweisen, welches mehrere miteinander verbundene, beispielsweise verklebte, flächige Schichten aufweist.
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Bevorzugterweise kann nun die Erwärmung des zumindest einen Elementes oder einer Verbindungsschicht zwischen zwei Elementen mittels Einstrahlung von elektromagnetischer Strahlung bewirkt werden.
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Die Messung der Verformung der Oberfläche kann vorzugsweise mittels Speckle-Interferrometrie und/oder Shearographie erfolgen. Hierzu wird die Vorrichtung zur Messung der Verformung vorzugsweise senkrecht über derjenigen Oberfläche angeordnet, deren Verformung in Folge von Erwärmung gemessen werden soll. Bei der Speckle-Interferrometrie wird die zu vermessende Oberfläche mittels kohärenten Lichts, also z. B. Laserlicht, beleuchtet. Kohärentes Licht, das an einer rauen Oberfläche gestreut wird, erzeugt lokal konstruktive und destruktive Interferenzen, die als fleckiges Muster erscheinen. Dieses Muster reagiert empfindlich auf Veränderungen der beleuchteten Oberfläche. Daher kann aus einer Veränderung des Fleckenmusters auf eine Veränderung der Oberfläche, insbesondere deren lokaler Abstand zur Quelle des kohärenten Lichtes, geschlossen werden.
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Für Shearographie werden interferrometrische Bilder der zu untersuchenden Oberfläche aufgenommen. Es wird hierbei ein Bild der Oberfläche in unverformtem Zustand und ein Bild nach einer Verformung aufgenommen. Durch Subtraktion der beiden Bilder voneinander wird ein Shearogramm gebildet. Die Verformungen sind in einem solchen Shearogramm deutlich zu erkennen. Auch die Größe der Verformung kann aus dem Shearogramm abgeleitet werden.
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Zur Bestimmung der gesuchten Verbindungseigenschaft aus der gemessenen Verformung kann bevorzugt der Verformungsprozess simuliert werden, indem der Einfluss der Erwärmung auf ein Modell des untersuchten Werkstoffverbundes simuliert wird. Dies kann beispielsweise mittels der Methode der finiten Elemente geschehen. Die gesuchte Verbindungseigenschaft kann durch eine iterative Anpassung der Simulationsparameter an das jeweilige Messergebnis in Form einer inversen Analyse indirekt ermittelt werden. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise Schubmodul und/oder Elastizitätsmodul bestimmen. Es wird hierbei also anhand eines Modells des Werkstoffverbundes die Verformung der untersuchten Oberfläche des Werkstoffverbundes aufgrund der Erwärmung simuliert, wobei für die zu bestimmende Verbindungseigenschaft ein bestimmter Wert angenommen wird. Es wird dann die sich aus der Simulation ergebende Verformung mit der gemessenen Verformung verglichen und basierend auf dem Ergebnis des Vergleichs eine erneute Simulation der Verformung der Oberfläche aufgrund der Erwärmung unter Annahme eines angepassten angenommenen Wertes der Verbindungseigenschaft durchgeführt. Es wird dann wiederum die simulierte Verformung der Oberfläche mit der gemessenen Verformung verglichen. Die genannten Schritte des Simulierens unter Annahme eines Wertes der Verbindungseigenschaft, des anschließenden Vergleichs der simulierten Verformung mit der gemessenen Verformung und des anschließenden Ermittelns oder Setzens eines neuen Wertes fur die Verbindungseigenschaft werden so lange wiederholt, bis die Abweichung der simulierten Verformung der Oberfläche von der gemessenen Verformung eine gewünschte Grenze oder einen Schwellenwert unterschreitet.
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Zur Bestimmung der Verbindungseigenschaft kann außerdem auch eine Korrelation mit experimentell durchgeführten direkten Messungen der Verbindungseigenschaften, wie Schubmodul und/oder Elastizitätsmodul, durchgeführt werden.
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Besonders vorteilhaft ist das erfindungsgemäße Verfahren anwendbar auf Werkstoffverbunde, deren zumindest zwei miteinander verbundene Elemente durch Kleben miteinander verbunden sind. Es kann dann eine Verbindungseigenschaft der Klebeverbindung gemessen werden.
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Zusätzlich zu dem beschriebenen Verfahren kann es vorteilhaft sein, ein oder mehrere Verbindungseigenschaften des Werkstoffverbundes auch direkt zu messen. Dies kann z. B. mittels standardisierter Zug-Scher-Versuche und/oder zentrischer Zugversuche geschehen.
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Das Verfahren kann vorteilhaft mit einer erfindungsgemäßen Messvorrichtung zum Messen zumindest einer Verbindungseigenschaft eines Werkstoffverbundes durchgeführt werden. Eine solche Messvorrichtung weist zumindest eine Erwärmungsvorrichtung auf, mit der zumindest ein Element des Werkstoffverbundes oder eine Oberfläche zumindest eines Elementes des Werkstoffverbundes zumindest in einem Bereich erwärmbar ist. Die Messvorrichtung weist weiter eine Verformungs-Messvorrichtung auf, mit der eine aus der Erwärmung resultierende Verformung einer Oberfläche des Werkstoffverbundes massbar ist. Sie weist außerdem eine Bestimmungsvorrichtung auf, mit der aus der gemessenen Verformung der Oberfläche die Verbindungseigenschaft bestimmbar ist.
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Vorzugsweise ist hierbei sowohl die Verformungs-Messvorrichtung als auch die Erwärmungsvorrichtung über derjenigen Oberfläche angeordnet, deren Verformung gemessen werden soll bzw. die erwärmt werden soll. Besonders bevorzugt ist jene Oberfläche, die erwärmt wird, auch jene Oberfläche, die gemessen wird. Es ist aber auch denkbar, dass eine andere Oberfläche erwärmt wird, als diejenige, die vermessen wird. So kann insbesondere bei Laminaten die Vermessung an einer der erwärmten Oberfläche gegenüber liegenden Oberfläche des Laminats durchgeführt werden.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren und der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist eine zerstörungsfreie, prozessintegrierte und ortsaufgelöste Ermittlung von Verbindungseigenschaften, wie Schubmodul und/oder Elastizitätsmodul, von Verbindungen bei Werkstoffverbunden, insbesondere Klebeverbindungen, möglich. Bei Klebeverbindungen können insbesondere Adhäsions- und Kohäsions-Eigenschaften auf der Basis thermomechanischer Effekte bestimmt werden.
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Im Folgenden soll die Erfindung anhand einer Figur beispielhaft erläutert werden.
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Dabei zeigt die Figur einen Aufbau zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Hierbei wird als Werkstoffverbund ein Laminat 1 vermessen, welches zwei miteinander verbundene Elemente 1a und 1b aufweist, welche durch eine Klebeschicht 2 miteinander verbunden sind. Mittels einer nicht gezeigten Strahlungsquelle wird Wärmestrahlung 3 auf einte Oberfläche 4 des Laminats eingestrahlt. Die Wärmestrahlung 3 trifft hierbei auf einen Bereich 5 des Laminats 1, ruft also eine lokale Erwärmung des der Wärmequelle zugewandten Elementes 1a des Laminats 1 hervor. Gleichzeitig oder anschließend wird nun mittels einer Verformungs-Messvorrichtung 6 eine Verformung des Laminats 1 bzw. des erwärmten Elementes 1a bzw. dessen Oberfläche 4 gemessen.
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In der Figur ist der Werkstoffverbund 1 zwei Mal dargestellt. Oben im unverformten Zustand und unten im Zustand nach einer durch die Erwärmung hervor gerufenen Verformung. Es ist im unten dargestellten Werkstoffverbund 1 zu erkennen, dass jener Bereich 5, auf welchen die Wärmestrahlung 3 eingestrahlt wurde, verformt ist, bzw. dass dessen Oberfläche verformt ist. Im gezeigten Fall ist das der Wärmequelle zugewandte Element 1a nach oben, d. h. von der anderen Laminatschicht 1b weg ausgebeult, wobei die jeweilige Out-of-plane-Verformung an der Stelle xΔ (x, y) beträgt, d. h. der maximale Abstand der verformten Oberfläche von der ursprünglichen Oberfläche, Δ beträgt. Aus dieser Verformungsfigur des Bereichs 5, kann nun die Verbindungseigenschaft bestimmt werden. Eine solche Verbindungseigenschaft kann beispielsweise ein Elastizitätsmodul oder ein Schubmodul sein.
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Die gezeigte Verformungs-Messvorrichtung 6 kann beispielsweise ein Speckle-Interferrometer oder ein Shearograph bzw. eine shearographische Kamera sein. Mittels eines solchen ist einerseits die maximale Verformung Δ bestimmbar, es ist aber auch eine ortsaufgelöste Verformung der Oberfläche als Δ(x, y) bestimmbar, wobei x, y den Ort auf der Oberfläche des Elementes 1a angibt.
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Nicht gezeigt in der Figur ist eine Bestimmungsvorrichtung, mit welcher aus der gemessenen Verformung die gesuchte Verbindungseigenschaft bestimmbar ist. Mittels einer solchen Bestimmungsvorrichtung kann beispielsweise anhand eines Modells des Werkstoffverbundes 1 die Verformung der Oberfläche 4 aufgrund der Erwärmung für einen vorgegebenen Wert der Verbindungseigenschaft simuliert werden und anschließend die simulierte Verformung mit der gemessenen Verformung verglichen werden. Es kann dann aufgrund des Vergleichs ein neuer Wert der Verbindungseigenschaft angenommen werden und die Simulation mit angepassten Werten der Verbindungseigenschaft so lange durchgeführt werden, bis die durch die Simulation ermittelte Verformung der Oberflache von der tatsächlich gemessenen Verformung um einen Betrag abweicht, der kleiner ist als eine vorgegebene, gewünschte Grenze. Es wird dann der in der Simulation angenommene Wert der Verbindungseigenschaften als zu bestimmende Verbindungseigenschaft gesetzt.