-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Spanplatte nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie eine Spanplatte nach dem Oberbegriff des Anspruchs 6.
-
Spanplatten weisen eine oder ggf. mehrere übereinander liegende obere Deckschichten auf mit einer typischen Dicke von 2–5 mm. In dieser oberen Deckschicht befinden sich feine Späne. Der Leimanteil beträgt typischerweise 10–15%. Die Mittelschicht weist eine Dicke von etwa 5–60 mm auf. In dieser Mittelschicht befinden sich gröbere Späne. Außerdem sind noch eine oder ggf. mehrere untere Deckschichten vorhanden, die in ihren Abmessungen und ihrer Beschaffenheit typischerweise den oberen Deckschichten entsprechen.
-
Bei Spanplatten werden für die Deckschicht vorbeleimte Späne eingesetzt, sodass innerhalb der Deckschicht eine gleichmäßige Verteilung des Bindemittels resultiert. Aus wirtschaftlichen Gründen wird ein möglichst geringer Leimanteil in der Deckschicht zum Einsatz gebracht.
-
Ein hoher Anteil von feinspanigen Bestandteilen erhöht in der Regel die Deckschichtdichte, führt aber zu extremem Leimverbrauch in der Deckschicht.
-
Um dem Erfordernis nach geringen Formaldehydemissionen gerecht zu werden, ist es bekannt, für die Deckschichten auf teure Bindemittel wie z. B. Melamin/Harnstoff Cokondensat zurückzugreifen. Diese müssen aber aus wirtschaftlichen Gründen möglichst sparsam eingesetzt werden.
-
Zur Gewichtsreduzierung der Spanplatten und auch, um aus Kostengründen Material zu sparen, wird insbesondere bei der Herstellung von dicken Spanplatten mit niedriger Verdichtung gearbeitet. Dadurch sind die Deckschichten häufig porös, da zur Erzielung niedriger Dichten mit reduziertem Pressdruck gearbeitet werden muss.
-
Folgende Probleme können durch poröse und schlecht verdichtete Deckschichten auftreten:
- • Durch geringe Deckschichtverdichtung ist der Luftdurchlass in der Deckschicht relativ hoch. Dadurch wird der Transport durch Vakuumsaugheber bei der Be- und Verarbeitung der Spanplatten erschwert.
- • Eine poröse Deckschicht führt bei nachfolgenden Veredelungsvorgängen wie Grundieren, Beleimen, Primer, usw. zu einem unerwünschten Absacken der Flüssigbeschichtung in die Deckschicht und erhöht somit die Kosten nachfolgender Veredelungsschritte.
- • Bei der Beschichtung von Spanplatten mit Melaminimprägnaten können Risse entstehen, wenn eine unzureichend verfestigte Deckschicht die Schrumpfspannung der Oberflächenbeschichtung nicht mehr aufnehmen kann.
- • Bei der Weiterverarbeitung von Spanplatten durch Sägen und Fräsen können schwach verdichtete Deckschichten zu „Mausezähnen” und Kantenausbrüchen führen.
- • Da die Deckschicht einen höheren Feinspananteil und einen höheren Bindemittelanteil als die Mittelschicht einer Spanplatte enthält, wirkt sie in gewissem Umfang auch als Sperrschicht gegenüber Formaldhydemissionen aus der Mittelschicht. Somit können poröse und schlecht verdichtete Deckschichten einen nachteiligen Einfluss auf Formaldehydemissionen einer Spanplatte ausüben.
-
Bei der Herstellung von Spanplatten muss ein Kompromiss zwischen Wirtschaftlichkeit und Funktionalität gefunden werden. Da bei den herkömmlichen Streuverfahren der Leim als Bindemittel homogen in der Deckschicht verteilt ist, müssen zur Erzielung hochwertiger Deckschichten hohe Beleimungsgrade und damit hohe Kosten in Kauf genommen werden.
-
Die vorliegende Erfindung verfolgt das Ziel, die Herstellung von Spanplatten bei möglichst gleichbleibender bzw. verbesserter Qualität kostengünstiger zu machen.
-
Bei der Ausgestaltung nach Anspruch 1 wird bei einem Verfahren zur Herstellung einer Spanplatte auf die Oberfläche der Spanplatte ein Kunstharz aufgetragen, das im Verhältnis zur Porosität der Deckschicht der Spanplatte in seiner Viskosität so beschaffen ist, dass dieses Kunstharz in die Deckschicht einpenetriert.
-
Dadurch wird es vorteilhaft möglich, das Kunstharz gezielt in der Deckschicht speziell in den oberflächennahen Zonen anzureichern. Dort wirkt sich dieses Kunstharz besonders effektiv in Bezug auf die Oberflächengüte aus.
-
Durch das erfindungsgemäße Verfahren können einerseits die Deckschichteigenschaften marktüblicher Spanplattentypen weiter verbessert werden, andererseits kann unter Beibehaltung einer vorgegebenen Qualität unter Beibehaltung der Eigenschaften eine Kostenersparnis durch eine Reduzierung der Deckschichtbeleimung erzielt werden.
-
Der Auftrag des Kunstharzes kann beispielsweise mit einem Walzenauftrag, Aufsprühen, Aufgießen oder ähnlichem erfolgen. Vorteilhaft wird das Kunstharz in einer dünnen Schicht auf die Spanplatte aufgetragen. Dieser Auftrag erfolgt, nach dem die Spanplatte im übrigen fertig hergestellt worden ist. Dies schließt beispielsweise auch einen Schleifvorgang auf das Endmaß ein. Gegenüber bekannten Verfahren zur Herstellung von Spanplatten kann allerdings der Beleimungsgrad und/oder die Verdichtung der Deckschicht reduziert werden, weil entsprechende qualitative Nachteile dieser Vorgehensweise durch den nachfolgenden Kunstharzauftrag wieder kompensiert werden.
-
Bei der Ausgestaltung des Verfahrens nach Anspruch 2 besteht das Kunstharz aus der Gruppe der Acrylate, Polyurethane, Isocyanate, Epoxidharze, Aminoplastharze oder Abmischungen dieser Bestandteile.
-
Diese Kunstharze haben sich als geeignet erwiesen. Abmischungen können beispielsweise durch Kombinationen aus Melaminharz und Acrylat oder Abmischungen von Melaminharz und Isocyanat gebildet werden.
-
Bei der Ausgestaltung nach Anspruch 3 wird das Kunstharz nach dem Auftragen durch Wärme getrocknet und vernetzt.
-
Vorteilhaft lässt sich damit eine gute Vernetzung und eine gute Durchhärtung bei vertretbarem Zeitaufwand erreichen. Die Wärme kam beispielsweise mittels eines Warmlufttrockners erzeugt werden. Dadurch ist dieses Verfahren einfach ausführbar. Der Begriff der Vernetzung beschreibt das Ausfüllen der Poren der Deckschicht durch das Kunstharz. Dabei handelt es sich um eine chemische Reaktion niedermolekularer Harzbestandteile unter Ausbildung eines dreidimensionalen Netzwerkes. In dieses dreidimensionale Netzwerk werden die Spanbestandteile mit eingebunden und die Zwischenräume zwischen den Spänen in der Deckschicht der Spanplatte ausgefüllt. Nach dem Trocknen und der Vernetzung ist das Kunstharz trocken, klebfrei und beständig gegenüber den Umgebungszuständen der Spanplatte. Dies schließt eine Wärmebeständigkeit ein sowie eine Beständigkeit gegenüber Feuchte. Auch in chemischer Hinsicht ist das vernetzte Kunstharz beständig.
-
Bei der Ausgestaltung nach Anspruch 4 wird das Kunstharz nach dem Auftragen mittels kurzwelliger IR-Strahlung getrocknet und vernetzt.
-
Dies kann realisiert werden, indem nach dem Auftrag des Kunstharzes und dem Einpenetrieren des Kunstharzes eine Reihe von Strahlern angebracht sind, die kurzwellige Infrarot-Strahlung emittieren. Dadurch wird eine Vernetzung mit einer sehr kurzen Zeitkonstante erreicht. Dies hat den Vorteil, dass in der laufenden Produktion die Trocknung und Vernetzung auf sehr kurzen Trocknungsstrecken erfolgen kann.
-
Bei der Ausgestaltung nach Anspruch 5 weist das Kunstharz strahlungshärtende Eigenschaften auf, die sich bei einer definierten Strahlungsart einstellen, wobei die Trocknung und Vernetzung mittels dieser definierten Strahlungsart vorgenommen wird.
-
Die strahlungshärtenden Kunstharze können beispielsweise durch Bestrahlung im UV-Bereich, durch Elektronenstrahlung oder durch Mikrowellenstrahlung aushärten. Vorteilhaft wird dabei die Oberfläche der Spanplatte insgesamt gehärtet.
-
Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird eine wirtschaftliche Lösung vorgeschlagen, mit der durch ein gezieltes Einbringen des Kunstharzes in oberflächennahe Bereiche technologisch hochwertige Spanplattenoberflächen erzielt werden können. Neben der Verbesserung der Deckschichtdichte und einiger daraus resultierender Verbesserungen der Oberflächenqualität lässt sich auch die Formaldehydemission durch die Deckschichtvergütung mit Kunstharz signifikant verbessern.
-
Anspruch 6 betrifft eine Spanplatte, die aus einer Mittelschicht sowie wenigstens einer Deckschicht an jeder der beiden Oberflächen besteht. Weiterhin ist die Spanplatte zumindest in der äußersten Deckschicht mit einem Kunstharz durchsetzt derart, dass die Konzentration des Kunstharzes in der Tiefe der Spanplatte in Richtung zur Oberfläche der Spanplatte zunimmt.
-
Eine solche Spanplatte weist die Vorteile auf, die vorstehend im Zusammenhang mit der Herstellung einer solchen Spanplatte beschrieben worden sind. Das Kunstharz kann wiederum aus der Gruppe der Acrylate, Polyurethane, Isocyanate, Epoxidharze, Aminoplastharze oder Abmischungen dieser Bestandteile bestehen.
-
Eine solche Spanplatte lässt sich mit einem der vorgenannten Verfahren herstellen. Beim Einpenetrieren und anschließenden Vernetzen des Kunstharzes in der Spanplatte nimmt dessen Konzentration mit zunehmender Tiefe der Spanplatte ab. Vorteilhaft wird durch die größere Konzentration des Kunstharzes in den oberflächennahen Bereichen erreicht, dass dort die Poren zwischen den Spänen effizient ausgefüllt werden. Dadurch werden die beschriebenen Vorteile erreicht, die die Oberflächengüte, die Handhabbarkeit und nicht zuletzt die Dichtigkeit der Spanplatte gegen einen Formaldehydaustritt bewirken.
-
Die Konzentration des Kunstharzes kann dabei von der Mitte der Spanplatte zur Oberfläche hin stetig zunehmen oder auch in einzelnen Bereichen sprunghaft ansteigen. Beispielsweise ist es bei mehreren Deckschichten möglich, dass das Kunstharz im wesentlichen auf die äußerste Deckschicht konzentriert ist und nicht – bzw. praktisch nicht – in die tiefer liegenden Deckschichten eindringt. Ebenso kann das Kunstharz in der Deckschicht auch in den oberflächennahen Bereichen konzentriert sein.
-
Bei den beschriebenen Verfahren und bei der beschriebenen Spanplatte kann pro m2 Oberfläche eine Kunstharzmenge zwischen 5 g und etwa 80 g aufgetragen werden. Eine Menge zwischen 20 g und 30 g Kunstharz pro m2 Oberfläche hat sich dabei als vorteilhaft erwiesen.
-
Ausführungsbeispiel 1
-
Eine geschliffene 38 mm Spanplatte wird mit einem Walzenauftrag mit 30 g/m2 einer wässrigen Acrylatdispersion beschichtet. Die Auftragsgeschwindigkeit beträgt beispielsweise 50 m/Min. Bei einem Polymeranteil von 45% penetriert das Kunstharz in wenigen Sekunden in die Deckschicht ein. Anschließend wird das Kunstharz durch IR-Strahlung mit einer Trocknerlänge von 5 m vernetzt.
-
Bei den Spanplatten mit einer derart vergüteten Deckschicht wurde die Luftdurchlässigkeit der Deckschicht um mehr als 30% reduziert. Dadurch konnten die Handlingeigenschaften mit Vakuumsaughebern deutlich verbessert werden, abgesehen von den weiteren Vorteilen, die im Zusammenhang mit den Ansprüchen erläutert worden sind.
-
Ausführungsbeispiel 2
-
Eine geschliffene 38 mm Spanplatte wird mit einem Walzenauftrag mit 40 g/m2 einer Abmischung aus Melaminharz (65% FK) und Acrylat (45% FK) im Mischungsverhältnis 80:20. beschichtet. Die Auftragsgeschwindigkeit beträgt auch hier 50 m/Min. Das Kunstharz penetriert in wenigen Sekunden in die Deckschicht ein. Anschliessend wird das Kunstharz durch kurzwellige IR Strahlung mit einer Wellenlänge von 2,5 μ vernetzt.
-
Die vergütete Deckschicht zeigte deutliche Einsparmöglichkeiten (30% reduzierter Leimverbrauch) für den Leimauftrag bei nachfolgenden Beschichtungen mit Möbelfolien.