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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Hybridbauteils,
das eine Bauteilstruktur aus einem Metall oder einer Metalllegierung
und eine an die Bauteilstruktur gespritzte Polyamid-Kunststoffkomponente
umfasst, wobei eine stoffschlüssige Verbundhaftung zwischen
der Metallbauteil-Oberfläche und dem Kunststoff geschaffen
wird.
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Im
Zuge der Leitbaustrategie im Fahrzeugbau zur Senkung von Fahrzeuggewicht
und damit des Kraftstoffverbrauchs werden Bauteile zunehmend durch
Leichtmetall-, Verbund- oder Hybridbauteile substituiert, die bei
hoher Festigkeit ein geringes Eigengewicht aufweisen. Unter den
Leichtmetallen spielen Aluminium und Aluminiumlegierungen eine große
Rolle im Fahrzeugbau. Generell neigen Metalle, abgesehen von den
Edelmetallen, jedoch zur Bildung von Oxid- und/oder Hydroxidschichten
an ihren Oberflächen, so dass dort Poren gebildet werden,
in denen sich Flüssigkeiten, insbesondere Wasser, einlagern
können. Infolge dieser Oberflächenhydratisierung
besteht eine schlechte Anbindung an bzw. Haftung von Kunststoffen,
was teilweise dadurch gelöst wird, dass die Metallkomponente
mit Umgriffen oder Durchtritten etc. ausgestattet wird, die eine
kraftschlüssige Anbindung der angespritzen Kunststoffkomponente
verbessern, da gerade bei der Verwendung von vorteilhaft leichten
Bauteilkomponenten aus Aluminium oder Aluminiumlegierungen ansonsten
Belastungen zu unvorhersehbaren Ablöseerscheinungen der
Verbundkomponente oder zu Brüchen innerhalb dieser Oxid-
und/oder Hydroxidschicht führen können.
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Die
Problematik der hydratisierten Oxid- und/oder Hydroxidschicht von
Werkstücken aus einem Metall oder einer Metall-Legierung
wird in der
DE
10 2004 033 728 A1 adressiert, die ein Verfahren zum Bearbeiten
und Verkleben der Werkstücke beschreibt. Die Werkstückoberfläche
wird dort durch Reinigungs-, Aktivierungs- und Beschichtungsprozesse
so behandelt, dass die Verbindung von zwei Werkstücken,
davon zumindest eines aus Metall, verbessert wird.
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Ausgehend
von diesem Stand der Technik ergibt sich die Aufgabe, ein verbessertes
Verfahren zur Herstellung eines Hybridbauteils aus einer metallischen
Bauteilstruktur und einer Polyamid-Kunststoffkomponente zu schaffen,
das eine zeitliche und örtliche Unabhängigkeit
der Herstellungsschritte der Vorbehandlung der Metalloberfläche
und des Anspritzens der Polyamid-Kunststoffkomponente bereitstellt,
um das Hybridbauteil bedarfsgerecht herstellen zu können.
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Diese
Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs
1 gelöst.
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Weiterbildungen
des Verfahrens sind in den Unteransprüchen ausgeführt.
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Eine
erste Ausführungsform des Verfahrens bezieht sich auf die
Herstellung eines Hybridbauteils aus einer metallischen Bauteilstruktur
und einer daran angespritzten Polyamid-Kunststoffkomponente, das
einerseits die Aufbereitung der Oberfläche des Halbzeugs
der Metallbauteilstruktur beinhaltet, so dass diese eine stoff-
und kraftschlüssige Anbindung der Kunststoffkomponente
ermöglicht, und andererseits bewerkstelligt, dass das Anspritzen
der Polyamid-Kunststoffkomponente an die aufbereitete Oberfläche
der Bauteilstruktur nach der Aufbereitung zeitlich und/oder örtlich
unabhängig ist. Zur Aufbereitung der Oberfläche
werden die Oberfläche bzw. die zur Anbindung vorgesehenen
Oberflächenabschnitte des Halbzeugs zunächst chemisch
vorbehandelt, so dass dort eine Konversionsschicht ausgebildet wird. Darauf
wird ein Haftvermittler aus einem Polyurethan aufgetragen, der bei
Bedarf aktiviert wird.
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Unabhängig
davon, wie lange eine primäre Funktionsfähigkeit
des Polyurethan-Haftvermittlers direkt nach dem Auftragen besteht,
kann das Anspritzen der Polyamid-Kunststoffkomponente an die aufbereitete
Oberfläche der Bauteilstruktur nun zu einem beliebigen
Zeitpunkt erfolgen, so dass die metallische Bauteilstruktur mit
der aufbereiteten Oberfläche auch an einen anderen Produktionsstandort überführt
werden kann, indem die Haftvermittlerschicht direkt vor dem Anspritzschritt
einer Aktivierung unterzogen wird, die mittels einer Atmosphärendruck-Plasmabehandlung
durchgeführt wird, die dem Polyurethan-Haftvermittler seine
volle Funktionsfähigkeit zurückgibt.
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Die
Herstellung des Hybridbauteils kann ferner ein Vorformen umfassen,
bei dem es sich beispielsweise um einen Biege- oder Quetschvorgang eines
geradlinig verlaufenden rohrförmigen Halbzeugs handelt.
Hierdurch wird eine vorläufige Querschnittsform und Außenkontur
des Halbzeugs erzielt, die der Endform der Bauteilstruktur, die
mittels eines späteren Fertigformens, vorzugsweise mittels
Innenhochdruck erreicht wird, angenähert ist. Die Oberfläche
des Halbzeugs wird vorteilhaft hinterher chemisch vorbehandelt und
der Haftvermittler dann auf das vorgeformte Halbzeug aufgetragen,
so dass die an der Oberfläche gebildete Konversions- bzw.
Haftvermittlerschicht nicht während des Vorformens beschädigt
oder zerstört wird. Danach erfolgt die Aktivierung des
Haftvermittlers. Das Vorformen erfolgt vorzugsweise außerhalb
des kombinierten Innenhochdruck-Spritzgießwerkzeugs, was
der Empfindlichkeit der komplexen Werkzeuggravur vor einer in-situ-Quetsch-
und Biegeverformung beim Schließen des Werkzeugs entgegenkommt.
Des Weiteren wird wie gesagt verhindert, dass es bei einer derartigen
groben mechanischen Verformung zu einem Abschaben des Haftvermittlers
kommt. Natürlich ist es auch denkbar, dass die Werkzeuggravur
besonders stabil ausgeführt werden kann und gleichzeitig
einen Haftvermittler zu identifizieren und bereitzustellen, der
derartigen mechanischen Beanspruchungen schadlos ausgesetzt werden
kann. Insoweit kann die Vorformung des Halbzeugs auch beim Schließen
des kombinierten Innenhochdruckumform-Spritzgieß-Werkzeugs
erfolgen, wobei in diesem Falle der Haftvermittler bereits vor dem
Vorformen auf dem Halbzeug aufgebracht und aktiviert wird. Dies
ist verfahrenstechnisch einfacher, reduziert den apparativen Aufwand
auf ein einziges Umformwerkzeug und verringert auch die Fertigungstoleranzen,
die beim Umpositionieren von einem Werkzeug in das andere entstehen
können.
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Das
vorgeformte mit einem aktivierten Haftvermittler versehene Halbzeug
kann nun in einer vorteilhaften Ausführungsform einem Innenhochdruckumformverfahren
(IHU-Verfahren) ausgesetzt werden, durch das sich auch komplizierte
Bauteilstrukturen mit hoher Maß- und Formgenauigkeit herstellen
lassen. Das zu diesem Umformverfahren eingesetzte Werkzeug wird
im gleichen Fertigungsschritt auch zum Anspritzen der Polyamid-Kunststoffkomponente
verwendet ohne dass das Werkzeug zwischenzeitlich geöffnet
und das umgeformte Halbzeug entnommen wird.
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Generell
kann die metallische Bauteilstruktur aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung
sein, denkbar sind jedoch auch andere Leichtmetalle und deren Legierungen,
etwa Magnesium.
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Die
genannten und weitere Vorteile sowie beispielhafte Ausführungsformen
des erfindungsgemäßen Verfahrens werden durch
die nachfolgende Beschreibung unter Bezug auf das beigefügte
Verfahrensschema dargelegt.
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Dabei
zeigt 1 ein Verfahrensschema.
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Das
erfindungsgemäße Herstellungsverfahren, mit dem
ein Hybridbauteil wie etwa ein Querträger oder ein Frontendträger
eines Kraftfahrzeugs erhalten werden kann, umfasst, wie in dem Verfahrensschema
von 1 skizziert, als ersten Aufbereitungsschritt das
chemische Vorbehandeln der Oberfläche der metallischen
Bauteilstruktur, wobei dies die gesamte Oberfläche der
metallischen Bauteilstruktur sein oder lediglich ein oder mehrere
Abschnitte davon betreffen kann, die zum Umspritzen mit der Kunststoffkomponente
vorgesehen sind.
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Die
chemische Vorbehandlung ist wesentlich für die Dauerfestigkeit
der späteren Verbindung mit dem Kunststoff. Die chemische
Vorbehandlung, mit der eine Konversionsschicht erzeugt wird, die
eine nichtmetallische, meist anorganische sehr dünne Schicht
auf der Metalloberfläche ist, kann generell durch eine
chemische Reaktion mit einer wässrigen Behandlungslösung
erfolgen. Diese Konversionsschicht bildet einen sehr guten Haftgrund
für den nachfolgend aufgetragenen Haftvermittler und weist antikorrosive
Wirkung auf.
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Die
chemische Vorbehandlung kann neben der Passivierung, mittels der
die Konversionsschicht erzeugt wird, die in einer bevorzugten Ausführungsform
chromfrei gemäß einem Alodine® Verfahren,
insbesondere dem Alodine® 595TM Verfahren von Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf,
Deutschland, erfolgt, ein Reinigen und/oder Dekapieren umfassen. Das
Reinigen kann beispielsweise mit bekannten Reinigungsmitteln wie
Ridoline 34® und Ridosol 1561®, beide erhältlich bei
Henkel AG & Co.
KGaA, Düsseldorf, Deutschland, ausgeführt werden.
Für die Dekapierung ist Deoxidizer 4902®,
ebenfalls erhältlich über Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf, Deutschland,
besonders geeignet.
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Selbstverständlich
sind andere Reinigungs-, Dekapierungs- und Passivierungsmittel mit
Zusammensetzungen ähnlich den vorgenannten ebenfalls denkbar.
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Die
Schritte Reinigen, Dekapieren und Passivieren verlangen verschiedene
Spül- und Trocknungsvorgänge und erfordern spezifische
Trocknungszeiten.
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Nach
der durch die chemische Vorbehandlung erfolgten Passivierung der
Metalloberfläche wird der Haftvermittler aufgetragen, der
hier aus einem Polyurethan besteht. Eine Schichtdicke kann beispielsweise
in einem Bereich von 1 bis 100 μm gewählt werden.
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Geeignete
Verfahren zur gleichmäßigen Auftragung des Haftvermittlers
bestehen neben Sprüh-, Streich-, Pinsel- oder Wischverfahren
aus einem Druck-, beispielsweise einem Piezodruckverfahren, das
die Realisierung einer sehr präzise abgegrenzten Haftvermittlerbeschichtung
ermöglicht. Die Polyurethan-Haftvermittlerschicht ermöglicht
den stoff- und kraftschlüssigen Verbund zwischen der metallischen
Bauteiloberfläche und der Polyamid-Kunststoffkomponente.
Ein bevorzugter Haftvermittler, mit oder ohne Rußpartikel,
ist Terostat 8522®, ebenfalls von
Henkel AG & Co.
KGaA, Düsseldorf, Deutschland.
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Das
Anspritzen der Polyamid-Kunststoffkomponente an die mit der Haftvermittlerschicht
ausgestattete Oberfläche der Bauteilstruktur kann nun unmittelbar
erfolgen, solange die primäre Funktionsfähigkeit
des Haftvermittlers direkt nach dem Auftragen bestehen bleibt. Diese
hält erfahrungsgemäß etwa einen Tag und
maximal etwa drei Tage. Um nun einen Transport oder eine Lagerung
der Bauteilstruktur mit der aufbereiteten Oberfläche zuzulassen,
so dass das Anspritzen der Polyamid-Kunststoffkomponente auch nach
einem längeren Zeitraum über mehrere Wochen nach
erfolgter Haftvermittlerauftragung erfolgen kann, wird vor dem Anspritzen
der Polyamid-Kunststoffkomponente die Haftvermittlerschicht aktiviert,
so dass sie ihre volle Funktionsfähigkeit zurück
erhält. Diese Aktivierung wird vorzugsweise durch eine
Atmosphärendruck-Plasmabehandlung durchgeführt,
es sind aber auch hiervon abweichende, alternative Plasmabehandlungen
denkbar.
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Im
Atmosphärendruck-Plasmaverfahren wird unter Anlegen einer
hochfrequenten Hochspannung in einem Düsenrohr zwischen
zwei Elektroden mittels einer nichtthermischen Entladung aus einem
durch das Rohr strömenden Arbeitsgases ein Plasmastrahl erzeugt,
der aus der Düsenöffnung heraustritt. Dabei steht
das Arbeitsgas unter Atmosphärendruck. Mit diesem Plasmastrahl
kann die Polyurethan-Haftvermittierschicht nun aktiviert werden.
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Durch
das nun erfolgende Anspritzen des Polyamidkunststoffes wird das
Hybridbauteil fertig gestellt. Durch den auch nach monatelanger
Lagerung mittels AtmosphärendruckPlasmabehandlung reaktivierbaren
Polyurethan-Haftvermittler bindet sich die Polyamid-Kunststoffkomponente
stoff- und kraftschlüssig an die metallische Bauteilstruktur
an.
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Generell
kann diese metallische Bauteilstruktur, die zur Herstellung des
einer Leichtbaustrategie genügenden Hybridbauteils, auch
oder gerade im Kraftfahrzeugbereich, eingesetzt wird, aus Aluminiumblech,
Aluminium-Druckguss oder aus Aluminium-Strangprofilen bzw. aus Aluminiumlegierungen sein.
Die metallische Bauteilstruktur kann somit im Druckguss in einer
gewünschten Form bereitgestellt werden, oder durch geeignete
Umformverfahren in die gewünschte Form gebracht werden.
Die Aufbereitung der Metallbauteil-Oberfläche einschließlich des
Aktivierens muss vor dem Umformen erfolgen. Eine fertig geformte
Metallbauteilstruktur mit der vorbehandelten und mit dem Haftvermittler
versehenen sowie gegebenenfalls aktivierten Oberfläche
kann dann in klassischer Kunststoffspritztechnik als Metalleinleger
in einer entsprechenden Gießform mit dem Polyamid umspritzt
werden.
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Eine
besonders verfahrensökonomische Verfahrensvariante umfasst
allerdings das Umformen der metallischen Bauteilstruktur mittels
eines Innenhochdruckumformschritts. Das im IHU-Verfahren zur Herstellung
der Bauteilstruktur, die etwa eine – KraftfahrzeugQuerträgerstruktur
oder eine Frontendträgerstruktur sein kann, verwendete
IHU-Werkzeug, lässt sich auch in einer spritzgießwerkzeugtechnischen
Modifizierung zur Durchführung des Anspritzschritts der
Polyamid-Kunststoffkomponente verwenden, so dass hier lediglich
ein Werkzeug zur Fertigung des Hybridbauteils nötig ist.
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Die
Aufbereitung der Oberfläche der metallischen Bauteilstruktur
ist vor dem im IHU-Werkzeug erfolgenden Umformschritt durchzuführen.
Neben dem Vorteil, dass lediglich ein Werkzeug für das
Umformen und Anspritzen verwendet wird, können die gefertigte
Bauteilstruktur sowie das Hybridbauteil sämtliche Vorteile
des großserientauglichen IHU-Verfahrens nutzen. Dazu zählen
die reproduzierbare Fertigung auch komplizierter Bauteile mit hoher
Maß- und Formgenauigkeit, die infolge der Kaltverfestigung
eine erhöhte Festigkeit, hohe Steifigkeit und hohe Dauerfestigkeit
aufweisen. So vereinigt das Hybridbauteil ein geringes Gewicht mit
optimalen Festigkeitseigenschaften. Das IHU-Verfahren kommt mit wenigen
Prozessschritten aus, zudem entfallen Schweißverbindungen,
die bislang zur Fertigung komplexer Bauteile meist unumgänglich
waren.
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Durch
die Verwendung eines reaktivierbaren Haftvermittlers kann die Herstellung
und Aufbereitung von metallischen Bauteilstrukturen, die zur Fertigung
eines Hybridbauteils vorgesehen sind, zeitlich und damit auch örtlich
unabhängig von dem eigentlichen Spritzgussprozess zur Fertigstellung
des Hybridbauteils durchgeführt werden.
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Ein
Haftvermittler aus Polyurethan, der primär nach einem Auftragen
auf eine Oberfläche maximal 72 Stunden, häufig
sogar weniger als 24 Stunden funktionsfähig ist, kann mittels der
Atmosphären-Plasmabehandlung auch noch nach Monaten zu seiner
ursprünglichen Funktionsfähigkeit zurückgeführt
werden, ohne dass ein Abfall in der Verbundhaftung auftritt. Abschließend
sei noch erwähnt, dass durch die Aktivierung des Haftvermittlers
durch Plasma die Lösungsmittelbestandteile des Haftvermittlers zerstört
werden, so dass einerseits Geruchsbelästigungen unterbunden
und andererseits eventuelle gesundheitsschädliche Auswirkungen
verhindert werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - DE 102004033728
A1 [0003]