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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Bestimmung einer Fahrzustandsgröße in einem Fahrzeug nach dem Oberbegriff des Anspruches 1.
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Stand der Technik
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Aus der
DE 199 36 710 A1 ist ein Verfahren zur Ermittlung einer Geschwindigkeitsgröße in einem Fahrzeug bekannt, bei dem Radgeschwindigkeitsgrößen sowie Gewichtungsgrößen für die einzelnen Radgeschwindigkeiten ermittelt werden. In Abhängigkeit der gewichteten Radgeschwindigkeiten wird durch Mittelwertbildung eine Stützgröße berechnet, wobei die Geschwindigkeit als Funktion der Stützgröße ermittelt wird.
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Aus der
DE 102 59 272 A1 ist ein Verfahren zur Bestimmung der Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit bekannt, bei dem aus sensorisch ermittelten Beschleunigungssignalen auf verschiedenen Berechnungswegen mehrere vorläufige Einzelwerte für die Fahrzeuggeschwindigkeit ermittelt werden, die gewichtet werden, wobei die Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit als Mittelwert der gewichteten Einzelgeschwindigkeiten gebildet wird.
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Sowohl bei der
DE 102 59 272 A1 als auch der
DE 199 36 710 A1 basiert die zu ermittelnde Geschwindigkeitsgröße auf der Kenntnis der frei rollenden Radgeschwindigkeit bzw. aus Informationen, welche aus einfachen Modellen gewonnen werden, die jedoch nur eine beschränkte Gültigkeit besitzen. Bei der Verarbeitung von Sensorsignalen muss berücksichtigt werden, dass die Signalwerte mit einem Messrauschen behaftet sind, was zu einer Ungenauigkeit in der zu ermittelnden Geschwindigkeitsgröße führen kann.
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Offenbarung der Erfindung
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Fahrzustandsgröße in einem Fahrzeug, der sensorisch ermittelte Daten zugrunde liegen, mit hoher Güte zu bestimmen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst. Die Unteransprüche geben zweckmäßige Weiterbildungen an.
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Mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine Fahrzustandsgröße in einem Fahrzeug bestimmt, bei der es sich insbesondere um eine kinematische Zustandsgröße auf Lage-, Geschwindigkeits- oder Beschleunigungsebene in Längs-, Quer- oder Hochrichtung handelt, wobei grundsätzlich auch eine Anwendung des Verfahrens zur Bestimmung einer sonstigen Fahrzustandsgröße oder Kenngröße wie zum Beispiel einer Winkelgröße oder einer Kraftgröße in Betracht kommt.
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Das Verfahren beruht auf einer Mittelwertbildung von sensorisch ermittelten Signalen, wobei zur Verbesserung der Güte der Fahrzustandsgröße vorgesehen ist, dass Signale aus einer ersten Kategorie von Zustandsgrößen ermittelt und daraus ein erster Zustandsgrößenmittelwert gebildet sowie weitere Signale aus einer zweiten, unterschiedlichen Kategorie von Zustandsgrößen ermittelt und daraus ein zweiter Zustandsgrößenmittelwert gebildet wird. Die gesuchte Fahrzustandsgröße wird in einem Modell bzw. nach einem bekannten Zusammenhang aus dem ersten und dem zweiten Zustandsgrößenmittelwert berechnet.
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Die Signale aus der ersten Kategorie und der zweiten Kategorie von Zustandsgrößen beruhen auf Messwerten von mindestens einem Sensor im Fahrzeug, wobei die Messwerte des Sensors entweder unmittelbar die Signale einer der Kategorien von Zustandsgrößen darstellen oder die Signale einer Kategorie von Zustandsgrößen bzw. von beiden Kategorien von Zustandsgrößen aus den Messwerten des mindestens einen Sensors berechnet werden. Grundsätzlich reicht ein einzelner Sensor aus, dessen Messwerte direkt bzw. in einem Modell oder in mehreren Modellen zur Ermittlung der verschiedenen Kategorien von Zustandsgrößen verwertet werden.
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Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass die Bestimmung der Fahrzustandsgröße nicht nur auf einzelnen Signalen beruht, sondern dass verschiedene Signale pro Kategorie von Zustandsgrößen ausgewertet werden, die der Mittelwertbildung zugrunde liegen. Da jeweils mehrere Signale aus der gleichen Kategorie berücksichtigt werden können, ist die Gefahr reduziert, dass falsche Signalwerte oder ein mit hohem Signalrauschen behafteter Signalwert zu unzulässigen Ergebnissen führen.
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Aufgrund der Berücksichtigung von Zustandsgrößenmittelwerten, die aus zumindest zwei unterschiedlichen Kategorien von Zustandsgrößen gebildet und der Berechnung der gesuchten Fahrzustandsgröße zugrunde gelegt werden, ist desweiteren die Gefahr, einen verfälschten Wert der gesuchten Größe zu ermitteln, im Vergleich zu bekannten Ausführungen reduziert, bei denen lediglich eine einzige Kategorie von Fahrzustandsgrößen berücksichtigt wird. Die beiden Kategorien von Zustandsgrößen unterscheiden sich grundsätzlich voneinander, beispielsweise dergestalt, dass die erste Kategorie eine Geschwindigkeitsgröße und die zweite Kategorie eine Beschleunigungsgröße betrifft. Möglich ist aber beispielsweise auch die Kombination einer Lagegröße mit einer Beschleunigungsgröße oder einer Lagegröße mit einer Geschwindigkeitsgröße.
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Gemäß einer zweckmäßigen Ausführung sind im Fahrzeug mindestens zwei Sensoren vorgesehen, deren Signale für die Ermittlung der gesuchten Fahrzustandsgröße zugrunde gelegt werden. Über die beiden Sensoren sind vorteilhafterweise Zustandsgrößen unterschiedlicher Kategorien zu ermitteln, wobei grundsätzlich auch die Variante in Betracht kommt, dass in einer redundanten Auslegung über die beiden Sensoren Messwerte aus der gleichen Kategorie von Zustandsgrößen ermittelt werden.
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Die gesuchte Fahrzustandsgröße wird nach einem funktionalen Zusammenhang aus den mindestens zwei Zustandsgrößenmittelwerten berechnet. Der mathematische Zusammenhang, welcher der Berechnung zugrunde liegt, hängt von verschiedenen Einflussgrößen ab, unter anderem davon, welche Kategorien von Zustandsgrößen in die Berechnung einfließen und welche resultierende Fahrzustandsgröße ermittelt werden soll.
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Gemäß einer zweckmäßigen Ausführung werden die Zustandsgrößenmittelwerte einem Kalman-Filter als Eingangsgrößen zugeführt. Das Kalman-Filter entspricht mathematisch einem Beobachter und ist in der Lage, stochastische Störungen, die auf das System einwirken, zu verarbeiten. Dem Kalman-Filter werden die Zustandsgrößenmittelwerte und zweckmäßigerweise auch die zugehörigen Varianzen sowie gegebenenfalls weitere Systeminformationen zugeführt, woraus Prädiktionswerte, Filterschätzwerte und Residuen ermittelt werden, die für eine Fehlererkennung weiterverarbeitet werden. Das Kalman-Filter liefert als Ausgangswert die Fahrzustandsgröße, die mit höherer Güte vorliegt, als dies bei Berücksichtigung nur jeweils eines einzelnen Sensorsignals der Fall wäre.
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Grundsätzlich kann anstelle eines Kalman-Filters auch ein sonstiges mathematisches Modell zur Verarbeitung der Zustandsgrößenmittelwerte eingesetzt werden.
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Im Falle eines Kalman-Filters liegt diesem ebenfalls ein mathematisches Modell zugrunde, wobei vorteilhafterweise für den Fall, dass die interessierende Fahrzustandsgröße eine kinematische Größe ist, in dem Modell an sich bekannte kinematische Zusammenhänge zwischen Fahrzeugbeschleunigung, Fahrzeuggeschwindigkeit und Fahrzeugposition hinterlegt sind. Gegebenenfalls wird als zusätzliche Bedingung vorgegeben, dass die Ableitung der Beschleunigung einer bestimmten Funktion folgt, die beispielsweise null ist. Mit diesen Informationen kann ein nicht-lineares oder lineares Differenzialgleichungssystem aufgestellt werden, welches als mathematisches Modell dem Kalman-Filter zugrunde gelegt wird.
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Sofern die zu bestimmende Fahrzustandsgröße eine kinematische Größe auf Lage-, Geschwindigkeits- oder Beschleunigungsebene ist, werden für die Ermittlung dieser Größe zumindest zwei kinematische Kategorien von Sensorsignalen verwendet, also beispielsweise Positionssignale und Geschwindigkeitssignale, Geschwindigkeits- und Beschleunigungssignale oder Positions- und Beschleunigungssignale. Möglich ist es aber auch, sowohl die Signale von Positions-, Geschwindigkeits- als auch Beschleunigungssensoren zu verwerten.
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Das erfindungsgemäße Verfahren läuft in einem Regel- bzw. Steuergerät im Fahrzeug ab, welches insbesondere Teil eines Fahrerassistenzsystems ist, beispielsweise eines elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP).
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Weitere Vorteile und zweckmäßige Ausführungen sind den weiteren Ansprüchen, der Figurenbeschreibung und der Zeichnung zu entnehmen, in der ein Blockschaltbild zur Durchführung des Verfahrens dargestellt ist.
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Wie der Prinzipdarstellung der Figur zu entnehmen, werden zunächst in einem ersten Schritt gemäß Block 1 Messsignale auf Lage-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsebene ermittelt. In jeder Kategorie, also sowohl für die Lageinformation, die Geschwindigkeitsinformation und die Beschleunigungsinformation, können Sensoren zur Verfügung stehen, die Messsignale liefern. Auf Beschleunigungsebene können mehrere Beschleunigungssignale as1, as2, auf Geschwindigkeitsebene mehrere Geschwindigkeitssignale vs1, vs2 und auf Lageebene mehrere Positionssignale ss1, und ss2 zur Verfügung stehen. Die Signale werden insbesondere über eine fahrzeugeigene Sensorik ermittelt, wobei gegebenenfalls für die weitere Verarbeitung Umrechnungen, insbesondere kinematische Umrechnungen erforderlich sein können, um Signale der gleichen Kategorie unmittelbar miteinander vergleichen zu können.
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Aus den Sensorsignalen s
S, v
S, a
S werden Zustandsgrößenmittelwerte
s, v, ā auf der Grundlage der Vorschrift
berechnet wird, wobei mit
Mittelwerte von Signalen der gleichen Kategorie von Zustandsgrößen x
1, x
2, mit
die Varianz von Signalen der Zustandsgrößen x
1, x
2, mit μ der gemeinsame Mittelwert und mit σ die gemeinsame Varianz bezeichnet ist. Der gemeinsame Mittelwert μ stellt den jeweiligen Zustandsgrößenmittelwert
s, v, ā dar, wobei den Zustandsgrößenmittelwerten
s, v, ā Varianzen
zugeordnet sind. Beispielsweise werden der Zustandsgrößenmittelwert
v und die Varianz
für die Fahrzeuglängsgeschwindigkeit v aus Signalen v
S1, v
S2 von zwei Geschwindigkeitssensoren ermittelt:
wobei die Mittelwerte
und
und die Varianzen
und
aus den Messsignalen v
S1, v
S2 berechnet werden. In gleicher Weise wird für die Beschleunigung a und die Position s verfahren.
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Die berechneten Zustandsgrößenmittelwerte
s, v, ā und die Varianzen
werden als Eingangsgrößen im Block
2 einem Kalman-Filter zugeführt, in welchem Prädiktionswerte, Filterschätzwerte und Residuen berechnet werden. Das Kalman-Filter weist eine Verstärkungsmatrix K auf, die aus den rekursiven Beziehungen
Kk = P – / kHT(HP – / kHT + R)–1 Pk = (I – KkH)P – / k P – / k = APk-1AT + Q ermittelt wird, wobei mit R eine vorgegebene Kovarianzmatrix für das Messrauschen, mit Q eine vorgegebene Kovarianzmatrix für das Systemrauschen, mit H eine Messmatrix und mit I die Einheitsmatrix bezeichnet ist.
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Dem Kalman-Filter liegt ein mathematisches Differenzialgleichungssystems der Form ẋ = f(x) bzw. ẋ = A·x zugrunde, wobei der Zustandsvektor x die kinematischen Zustandsgrößen für Beschleunigung a, Geschwindigkeit v und Lage s enthält und sich gemäß x1 = a x2 = v x3 = s zusammensetzt und der Zusammenhang ẋ1 = g(x) ẋ2 = x1 ẋ3 = x2 gilt. Hierin weist ẋ1 = g(x) der Ableitung der Beschleunigung a eine beliebige, jedoch an sich bekannte Funktion g zu, die ihrerseits von Zustandsgrößen abhängig sein kann. Gemäß einer einfachen Ausführungsvariante wird die Funktion g zu null gesetzt, so dass die Ableitung der Beschleunigung a null wird: ẋ1 = a . = 0.
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Damit erhält das Differenzialgleichungssystem die Form
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Am Ausgang des Kalman-Filters liegen als Fahrzustandsgrößen die Beschleunigung a, die Fahrzeuggeschwindigkeit v sowie die Position s des Fahrzeugs als Optimalwerte an, die beispielsweise in Fahrerassistenzsystemen weiterverwendet werden können.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 19936710 A1 [0002, 0004]
- DE 10259272 A1 [0003, 0004]