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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Ermittlung von Reifenverschleiß in einem Fahrzeug.
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Stand der Technik
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Die Profiltiefe von Fahrzeugreifen muss aufgrund gesetzlicher Bestimmungen ein Mindestmaß aufweisen. Bekannt sind Sensoriken zur Messung der Profiltiefe, beispielsweise über ein Abtasten mit einem Laser oder Auswertung von Kamerabildern, was jedoch ein aufwändiges System voraussetzt.
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Offenbarung der Erfindung
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Mithilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens lässt sich der Reifenverschleiß in einem Fahrzeug in einfacher Weise ermitteln. Voraussetzung für die Reifenverschleißermittlung ist die Kenntnis der Drehzahl sowie der Drehgeschwindigkeit mindestens eines Reifens im Fahrzeug, dessen Verschleiß detektiert werden soll. Die Drehzahl des Reifens wird vorzugsweise über einen Drehzahlsensor bestimmt, aus dem Verlauf der Drehzahl kann die Drehgeschwindigkeit des Reifens berechnet werden.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird zum einen die Drehgeschwindigkeit des Reifens beobachtet und zum andern aus der Drehzahl ein Frequenzverlauf bestimmt, der mit einem Soll-Frequenzverlauf verglichen wird. Ein Reifenverschleiß in signifikanter Höhe liegt vor, falls die Drehgeschwindigkeit des Reifens sich gegenüber einem Referenzwert erhöht und zugleich der Frequenzverlauf der Drehzahl mit einem Soll-Frequenzverlauf übereinstimmt. Hierbei werden zweckmäßigerweise Mindestabstandswerte bzw. Toleranzwerte berücksichtigt, so dass ein Reifenverschleiß in signifikanter Höhe nur dann vorliegt, falls sich die Drehgeschwindigkeit des Reifens gegenüber dem Referenzwert um ein Mindestmaß erhöht und zugleich der Frequenzverlauf der Drehzahl des untersuchten Reifens innerhalb eines Toleranzwertes mit dem Soll-Frequenzverlauf übereinstimmt.
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Auf der Hardwareseite setzt das Verfahren lediglich eine Einrichtung zur Ermittlung der Drehzahl des Reifens, gegebenenfalls mehrerer Reifen voraus. Bei dieser Einrichtung handelt es sich vorzugsweise um einen Drehzahlsensor an dem Reifen bzw. um jeweils einen Drehzahlsensor pro Reifen im Fahrzeug. Es kann somit allein auf der Basis der ermittelten Drehzahl der Reifenverschleiß festgestellt werden. Aus dem Drehzahlverlauf wird die Drehgeschwindigkeit des Reifens ermittelt und außerdem ein Frequenzgang bzw. -verlauf bestimmt. Diese Analyse des Frequenzverlaufs der Reifendrehzahl liefert ein charakteristisches Verhalten im Falle eines Reifenverschleißes. Der Soll-Frequenzverlauf hat typischerweise ein Maximum im Bereich einer definierten Frequenz, insbesondere zwischen 40 Hz und 50 Hz. Bei einem Reifenverschleiß und damit einhergehender Reduzierung des Reifendurchmessers und -umfangs bleibt der typische Frequenzverlauf erhalten, so dass keine Änderung im Frequenzverlauf eintritt und der tatsächliche Frequenzverlauf mit dem Soll-Frequenzverlauf übereinstimmt.
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Falls dagegen die Durchmesserreduzierung am Reifen nicht von einem Reifenverschleiß stammt, sondern von einem Druckverlust im Reifen, unterscheidet sich der tatsächliche Frequenzverlauf in einer signifikanten Weise von dem Soll-Frequenzverlauf. In diesem Fall kommt es insbesondere zu einer Verschiebung des Maximums in Richtung kleinerer Frequenzen. Somit lässt sich aus dem Vergleich des tatsächlichen Frequenzverlaufs mit dem Soll-Frequenzverlauf auf einen Reifenverschleiß bzw. alternativ auf einen Druckverlust im Reifen schließen.
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Der Soll-Frequenzverlauf entspricht hierbei vorteilhafterweise dem Frequenzverlauf bei einem Soll-Luftdruck des Reifens und ohne Reifenverschleiß. Der Soll-Frequenzverlauf ist ein reifenspezifischer, bekannter Verlauf.
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Der Soll-Frequenzverlauf erstreckt sich vorzugsweise über einen Frequenzbereich bis beispielsweise 80 Hz oder 100 Hz entlang der x-Achse im Diagramm des Verlaufs. Auf der y-Achse ist vorzugsweise die Amplitude von Schwingungen im Rad des betrachteten Reifens, insbesondere von Vertikalschwingungen aufgetragen.
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Die aktuelle Drehgeschwindigkeit des Reifens wird mit dem Referenzwert verglichen, der gemäß einer vorteilhaften Ausführung von der Drehgeschwindigkeit mindestens eines weiteren Reifens des Fahrzeugs bestimmt wird. Es ist beispielsweise möglich, als Referenzwert den Reifen einer anderen Fahrzeugachse zu berücksichtigen, da insbesondere bei einachsig angetriebenen Fahrzeugen die Reifen an der Vorderachse und der Hinterachse einem unterschiedlich schnellen Verschleiß unterliegen. Des Weiteren ist es möglich, zumindest zwei Reifen des Fahrzeuges, bei denen es sich nicht um den betrachteten Reifen handelt, beispielsweise durch Mittelwertbildung der Drehgeschwindigkeit zusammenzufassen. Zum Beispiel können die Drehgeschwindigkeiten der Reifen einer Achse zu einem Mittelwert zusammengefasst werden, der den Referenzwert für die Drehgeschwindigkeit des betrachteten Reifens der anderen Achse bildet.
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Gemäß einer weiteren zweckmäßigen Ausführung wird der Referenzwert der Drehgeschwindigkeit des Reifens von der Fahrzeuggeschwindigkeit bzw. einem entsprechenden Fahrzeuggeschwindigkeitssignal bestimmt. Aus der Fahrzeuggeschwindigkeit kann unter Berücksichtigung des Soll-Durchmessers des Reifens auf die Soll-Drehgeschwindigkeit geschlossen werden, die den Referenzwert bildet. Das Fahrgeschwindigkeitssignal wird bevorzugt aus einem Ortungssystem bestimmt, das terrestrisch oder satellitengestützt sein kann, beispielsweise über ein Smartphone oder über ein Global Positioning System (GPS), welches gegebenenfalls Bestandteil eines Navigationssystems ist.
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Das Fahrzeuggeschwindigkeitssignal als Referenzwert zu nutzen hat den Vorteil, dass eine absolute Größe zum Vergleich mit der Drehgeschwindigkeit zur Verfügung steht, wohingegen die Drehgeschwindigkeiten weiterer Reifen im Fahrzeug eine relative Vergleichsgröße darstellen, die insbesondere bei einem gleichmäßigen Reifenverschleiß nur eine eingeschränkte Aussagekraft besitzt.
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Gemäß noch einer weiteren zweckmäßigen Ausführung wird der Referenzwert für die Drehgeschwindigkeit sowohl aus den Drehgeschwindigkeiten der weiteren Reifen als auch aus dem Fahrzeuggeschwindigkeitssignal gebildet. Hierdurch kann die Genauigkeit für die Ermittlung des Referenzwerts für die Drehgeschwindigkeit verbessert werden.
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Gemäß einer weiteren zweckmäßigen Ausführung ist jedem Fahrzeugrad im Fahrzeug ein Drehzahlsensor zugeordnet, über den die Raddrehzahl und daraus die Drehgeschwindigkeit des Reifens ermittelt werden kann. Es ist somit sowohl möglich, für jeden einzelnen Reifen im Fahrzeug die tatsächliche Drehgeschwindigkeit zu bestimmen, als auch einen Referenzwert für die Drehgeschwindigkeit festzulegen.
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Gemäß noch einer weiteren zweckmäßigen Ausführung wird der Frequenzverlauf nur für den Fall ermittelt wird, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit eine Mindestgeschwindigkeit erreicht hat. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Reifen des Fahrzeugs eine ausreichend große Anregung erfahren, was zu einem typischen Verlauf im Frequenzgang führt.
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Das Verfahren läuft in einem Regel- bzw. Steuergerät im Fahrzeug ab. Im Falle eines festgestellten Reifenverschleißes und gegebenenfalls eines Druckverlustes kann ein entsprechendes Signal erzeugt werden, das dem Fahrer zur Anzeige gebracht, abgespeichert und/oder beispielsweise in einem Fahrerassistenzsystem berücksichtigt werden kann, zum Beispiel für eine Änderung der Parametrierung, um den sich ändernden Reifenverhältnissen Rechnung zu tragen.
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Weitere Vorteile und zweckmäßige Ausführungen sind den weiteren Ansprüchen, der Figurenbeschreibung und den Zeichnungen zu entnehmen. Es zeigen:
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1 den Frequenzverlauf eines Fahrzeugreifens,
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2 ein Flussdiagramm zur Ermittlung von Reifenverschleiß in einem Fahrzeug,
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3 ein weiteres Flussdiagramm zur Ermittlung von Reifenverschleiß in einem Fahrzeug, bei dem zusätzlich ein Fahrzeuggeschwindigkeitssignal ausgewertet wird.
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In den Figuren sind gleiche Bauteile mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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In 1 ist ein Schaubild mit dem Soll-Frequenzverlauf 1 und dem Ist-Frequenzverlauf 2 eines Reifens dargestellt. Auf der x-Achse ist die Frequenz bis 80 Hz dargestellt, auf der y-Achse der Frequenzverlauf der Raddrehzahl. Der Soll-Frequenzverlauf 1 weist im Bereich zwischen 40 Hz und 50 Hz ein Maximum auf, wohingegen der Ist-Frequenzverlauf 2 gegenüber dem Soll-Frequenzverlauf 1 in Richtung kleinerer Frequenzen verschoben ist und ein Maximum bei ca. 40 Hz aufweist. Die Verschiebung des Ist-Frequenzverlaufs 2 gegenüber dem Soll-Frequenzverlauf 1 ist auf einen Druckverlust im Reifen zurückzuführen. Falls dagegen am Reifen ein Reifenverschleiß, jedoch ohne Druckverlust auftritt, ändert sich der Ist-Frequenzverlauf 2 nicht oder nur unwesentlich gegenüber dem Soll-Frequenzverlauf 1.
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In 2 ist ein Flussdiagramm zur Ermittlung von Reifenverschleiß in einem Fahrzeug dargestellt. Voraussetzung für die Ermittlung des Reifenverschleißes sind Drehzahlsensoren 4a, b, c, d an den Rädern bzw. Reifen 3a, b, c, d sowie ein Regel- bzw. Steuergerät 5 im Fahrzeug, das die Sensordaten der Drehzahlsensoren empfängt und auswertet. Aus den Sensordaten der Drehzahlsensoren 4a, b, c, d, welche die Raddrehzahl jedes Reifens 3a, b, c, d messen, wird die Drehgeschwindigkeit ω jedes Reifens ermittelt. Die Drehgeschwindigkeiten ω werden im Regel- bzw. Steuergerät 5 einer Geschwindigkeitsanalyse 6 unterzogen, bei der die Drehgeschwindigkeiten ω mit einem Referenzwert verglichen werden. Dieser Referenzwert wird ebenfalls aus den Drehgeschwindigkeiten der Reifen ermittelt. Hierbei dienen die Drehgeschwindigkeiten der nicht auf Reifenverschleiß untersuchten Reifen als Referenzwert zum Vergleich mit der Drehgeschwindigkeit des auf Reifenverschleiß untersuchten Reifens.
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Soll beispielsweise der Reifenverschleiß am Rad vorne links untersucht werden, so wird die Drehgeschwindigkeit des Rades vorne links mit einem Referenzwert verglichen, der aus den Drehgeschwindigkeiten der übrigen drei Räder im Fahrzeug gebildet wird. Der Referenzwert ist beispielsweise der Mittelwert der aktuellen Drehgeschwindigkeiten der übrigen drei Räder. Als Referenzwert kann aber auch beispielsweise der Mittelwert der aktuellen Drehgeschwindigkeiten der zwei Räder der anderen Fahrzeugachse betrachtet werden.
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Wird in der Geschwindigkeitsanalyse 6 im Regel- bzw. Steuergerät 5 festgestellt, dass die Drehgeschwindigkeit ω des untersuchten Reifens gegenüber dem Referenzwert erhöht ist, so deutet dies auf einen Druckverlust im Reifen oder auf einen Reifenverschleiß hin. Um festzustellen, ob die erhöhte Drehgeschwindigkeit dem Druckverlust oder einem Reifenverschleiß geschuldet ist, wird zusätzlich im Regel- bzw. Steuergerät 5 eine Frequenzanalyse 7 durchgeführt.
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Bei der Frequenzanalyse 7 wird, wie in 1 dargestellt, der Frequenzverlauf der gemessenen Drehzahl rechnerisch ermittelt (entspricht dem Ist-Frequenzverlauf 2 in 1) und mit einem Soll-Frequenzverlauf 1 verglichen. Unterliegt der untersuchte Reifen einem Druckverlust, so kommt es zu der in 1 dargestellten Verschiebung zwischen Ist-Frequenzverlauf 2 und Soll-Frequenzverlauf 1. Liegt dagegen keine Verschiebung zwischen Ist- und Soll-Frequenzverlauf vor oder liegt die Verschiebung innerhalb eines Toleranzbereiches, so liegt – in Kombination mit der Geschwindigkeitsanalyse 6 – ein Reifenverschleiß am untersuchten Reifen vor. Die Auswertung der Geschwindigkeitsanalyse 6 in Kombination mit der Frequenzanalyse 7 erfolgt im Regel- bzw. Steuergerät 5 in einer Auswerteeinheit 8.
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Es ist somit möglich, allein bei Kenntnis der Raddrehzahlen nach Durchführung einer Geschwindigkeits- und einer Frequenzanalyse einen Reifenverschleiß oder alternativ einen Druckverlust im untersuchten Reifen zu detektieren.
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Ausgangsseitig des Regel- bzw. Steuergeräts 5 erfolgt für den Fall, dass ein Druckverlust festgestellt wurde, die Erzeugung eines Warnsignals 9, das als Warnung dem Fahrer angezeigt und/oder in sonstiger Weise weiterverarbeitet werden kann, beispielsweise in einem Fahrerassistenzsystem. Entsprechend wird für den Fall, dass ein Druckverlust festgestellt wird, ein Warnsignal 10 erzeugt, das angezeigt bzw. in geeigneter Weise weiterverarbeitet werden kann.
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In 3 ist ein Ausführungsbeispiel eines Flussdiagramms in einer Ausführungsvariante dargestellt. Gegenüber 2 ist im Flussdiagramm gemäß 3 ein zusätzliches Ortungssystem 11 vorgesehen, das dem Regel- bzw. Steuergerät 5 Informationen einer Positions- und Geschwindigkeitsbestimmung 12 zuführt. Bei dem Ortungssystem 11 handelt es sich beispielsweise um ein terrestrisches Ortungssystem wie zum Beispiel ein Smartphone oder, in alternativer Ausführung, um ein satellitengestütztes Ortungssystem wie beispielsweise ein Global Positioning System GPS. Die vom Ortungssystem gelieferten Informationen lassen eine genaue Orts- und Geschwindigkeitsbestimmung des Fahrzeuges zu. Hierbei kann insbesondere die Längsgeschwindigkeit des Fahrzeuges mit hoher Genauigkeit ermittelt werden.
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Die Fahrzeuggeschwindigkeit aus dem Ortungssystem 11 wird zur Ermittlung eines Referenzwertes für die Drehgeschwindigkeit des untersuchten Reifens herangezogen. Unter Berücksichtigung des Soll-Radius des Reifens kann aus der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit eine Drehgeschwindigkeit des Reifens als Referenzwert berechnet werden. Mit diesem Referenzwert wird die aus der Drehzahl ermittelte Ist-Drehgeschwindigkeit des Reifens in der Geschwindigkeitsanalyse 6 verglichen, wobei gegebenenfalls zusätzlich auch die Drehzahlverläufe der weiteren Reifen zur Bildung eines verbesserten Referenzwerts herangezogen werden können. Es ist aber auch möglich, jede einzelne Drehgeschwindigkeit der vier Reifen mit dem Referenzwert zu vergleichen, der aus der Fahrzeuglängsgeschwindigkeit ermittelt wird.
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Zusätzlich wird eine Frequenzanalyse 7 durchgeführt, um die Feststellung treffen zu können, dass im Falle einer in der Geschwindigkeitsanalyse 6 festgestellten Drehgeschwindigkeitserhöhung ein Reifenverschleiß oder ein Druckverlust vorliegt. Die Auswertung der Geschwindigkeitsanalyse 6, der Frequenzanalyse 7 sowie der Positions- und Geschwindigkeitsbestimmung 12 erfolgt im Auswerteschritt 8 im Regel- bzw. Steuergerät 5. Ausgangsseitig wird im Falle eines Reifenverschleißes ein Verschleißsignal 9 und im Falle eines Druckverlustes ein Druckverlustsignal 10 erzeugt.