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Gebiet der Erfindung
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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Regelung einer automatisierten Reibkupplung eines Kraftfahrzeugs, die antriebsseitig mit einer Antriebsmaschine und abtriebsseitig mit einem schaltbaren Wechselgetriebe gekoppelt ist, wobei die Reibkupplung wenigstens ein antriebsseitiges Reibelement und wenigstens ein abtriebsseitiges Reibelement aufweist, die während des Schließvorgangs geregelt aus einer schlupfenden oder offenen Stellung in eine geschlossene Stellung überführt werden, und wobei im Rahmen der Regelung wenigstens einmal ein Sollwert für einen einzustellenden Drehzahlgradienten des antriebsseitigen Reibelementes vorgegeben und durch relative Einstellung der Reibelemente zueinander einstellt wird.
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Die Erfindung bezieht sich weiter auf eine Kupplungsvorrichtung eines Kraftfahrzeugs, umfassend eine Reibkupplung, die antriebsseitig mit einer Antriebsmaschine und abtriebsseitig mit einem schaltbaren Wechselgetriebe gekoppelt ist wobei die Reibkupplung wenigstens ein antriebsseitiges Reibelement und wenigstens ein abtriebsseitiges Reibelement aufweist, die während des Schließvorgangs geregelt aus einer schlupfenden oder offenen Stellung in eine geschlossene Stellung überführbar sind, und wobei ein mit Stelleinrichtungen für die Reibelemente gekoppeltes Steuergerät im Rahmen der Regelung wenigstens einmal einen Sollwert für einen einzustellenden Drehzahlgradienten des antriebsseitigen Reibelementes vorgibt und die Stelleinrichtungen so ansteuert, dass sich ein dem Sollwert entsprechender Drehzahlgradient einstellt.
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Stand der Technik
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Derartige Verfahren und Vorrichtungen sind bekannt aus der
DE 28 35 051 A1 . Diese Druckschrift beschreibt die Regelung des Schließvorgangs einer Kupplung, die die Antriebsmaschine eines Kraftfahrzeugs mit dessen Getriebe koppelt. Um den Schließvorgang für die Fahrzeuginsassen besonders komfortabel zu gestalten, schlägt die genannte Druckschrift vor, die Drehzahl des antriebsseitigen Reibelementes in wenigstens drei Phasen mit unterschiedlichen Drehzahlgradienten zu vollziehen (unter dem Begriff des Drehzahlgradienten wird hier die zeitliche Ableitung der Drehzahl eines rotierenden Elementes, d.h. im Wesentlichen - bis auf dimensionsbedingte Umrechnungsfaktoren - seine Drehbeschleunigung verstanden). Insbesondere für den letzten Abschnitt des Schließvorgangs soll der Drehzahlgradient auf Null gesetzt werden, d.h. dass sich im letzten Abschnitt des Schließvorgangs der Kupplung die Drehzahl nicht mehr ändert.
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Die Einstellung des Drehzahlgradienten erfolgt durch Einstellung der Momentenkapazität der Kupplung, die wiederum mit deren mechanischen Ansteuerungsparametern verknüpft ist. Diese können, je nach Bauart der Kupplung, z.B. der Stellweg oder der Stelldruck der Reibelemente sein. Die Einstellparameter sind die praktischen Stellgrößen - die eigentliche, physikalisch relevante Stellgröße ist jedoch die aus den praktischen Parametern resultierende Momentenkapazität der Kupplung.
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So wird in der
DE 10 2005 036 477 A1 ein Verfahren zum Einstellen einer Drehzahl einer Welle eines Zahnräderwechselgetriebes offenbart. Hierbei wird ein Sollwert für eine Kupplungsposition der Kupplung in Abhängigkeit von einer Drehzahldifferenz zwischen einer gemessenen Drehzahl der Welle und einer Zieldrehzahl (der Welle) festgelegt. Hierbei wird überprüft, ob eine Änderung des Sollgradienten der Drehzahl einer Vorlegewelle notwendig ist. Es wird hier daher die Regelung des Sollwertes des Drehzahlgradienten des abtriebsseitigen Reibelementes der Kupplung beschrieben.
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Schließlich ist aus der
DE 101 39 122 A1 ein Verfahren zur Steuerung eines Antriebsstranges eines Kraftfahrzeuges bekannt, bei dem eine betragsmäßige Differenz zwischen einem Motordrehzahlgradienten und einem vorbestimmten Gradienten einer abtriebsseitigen Drehzahl des Antriebsstranges geregelt wird.
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Nachteilig bei dem bekannten Verfahren und den bekannten Vorrichtungen ist, dass sie in Fällen des Schaltens eines stark beschleunigenden oder stark verzögernden Fahrzeugs einen Momentensprung, der von den Insassen unkomfortabel als Rucken empfunden werden kann, nicht vollständig zu verhindern in der Lage sind.
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Aufgabenstellung
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Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein gattungsgemäßes Verfahren und eine gattungsgemäße Vorrichtung derart weiterzubilden, dass auch im Fall des Schaltens bei stark beschleunigendem oder stark verzögerndem Fahrzeug ein Momentensprung beim Schließen der Kupplung verhindert wird.
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Darlegung der Erfindung
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Diese Aufgabe wird in Verbindung mit den Merkmalen des Oberbegriffes von Anspruch 1 bzw. Anspruch 6 dadurch gelöst, dass zum Abschluss des Schließvorgangs der finale Sollwert für den Drehzahlgradienten des antriebsseitigen Reibelementes dem aktuellen, Drehzahlgradienten des abtriebsseitigen Reibelementes angepasst wird.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass der als Rucken empfundene Momentensprung beim finalen Schließen der Kupplung nicht allein durch eine „weiche“ Anpassung der Drehzahlen der antriebs- und abtriebsseitigen Reibelemente zu beheben ist. Vielmehr muss auch ein „weicher“ Verlauf der Drehzahlgradienten, d.h. der ersten zeitlichen Ableitungen der Drehzahlen, der Reibelemente stattfinden. Mathematisch ausgedrückt, sollte der Verlauf des Drehzahlgradienten stetig differenzierbar sein, d.h. keine „Sprünge“ oder „Knicke“ aufweisen. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, erfolgt der Schließvorgang vollständig ohne Momentensprung, was für die Fahrzeuginsassen besonders komfortabel ist.
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Bei den bekannten Vorrichtungen wird als finaler Sollwert für den Drehzahlgradienten des antriebsseitigen Reibelementes stets der Absolutwert „Null“ vorgegeben. Es erfolgt somit keine Anpassung an den tatsächlichen, aktuellen Drehzahlgradienten des abtriebsseitigen Reibelementes. Vielmehr wird die oben erläuterte, gewünschte Gleichheit von antriebsseitigem und abtriebsseitigem Drehzahlgradienten nur mehr oder weniger zufällig erreicht, wenn das Fahrzeug im Moment des Schließens der Kupplung unbeschleunigt ist, worunter im Folgenden auch negative Beschleunigungen, d.h. Verzögerungsvorgänge, wie sie beispielsweise beim Bremsen oder bei der Rekuperation auftreten, zu verstehen sind. Beim Schalten in stark beschleunigten Fahrzeugen, beispielsweise bei der Zughochschaltung oder bei scharfen Bremsmanövern kann der Drehzahlgradient des abtriebsseitigen Reibelementes stark von Null abweichen. Entsprechend führt eine Kupplungsregelung, die den Drehzahlgradienten des antriebsseitigen Reibelementes auf Null steuert, zu einem erheblichen Momentensprung.
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Die Erfindung sieht nun vor, von der Wahl des absoluten Drehzahlgradienten „Null“ am antriebsseitigen Reibelement abzuweichen und stattdessen eine aktive Anpassung vorzunehmen. Insbesondere ist bevorzugt vorgesehen, dass die aktuelle Drehzahl des abtriebsseitigen Reibelementes mittels eines Sensors ermittelt und an ein Steuergerät übertragen wird, das daraus den aktuellen Drehzahlgradienten des abtriebsseitigen Reibelementes berechnet und der Vorgabe des finalen Sollwertes für die Drehzahlgradienten-Regelung des antriebseitigen Reibelementes zugrunde legt. Die aktuelle Drehzahl des abtriebsseitigen Reibelementes wird typischerweise ohnehin erfasst. Schließlich ist es, wie oben bereits erläutert, durchaus üblich, dass während des Schließvorgangs der Drehzahlgradient des antriebsseitigen Reibelementes so geregelt wird, dass zum Abschluss des Schließvorgangs ein finaler Sollwert „Null“ für den Drehzahlgradienten vorgegeben wird. Aus der kontinuierlichen Drehzahlerfassung lässt sich in einem Steuergerät auf einfache Weise auch der Drehzahlgradient ermitteln. Dieser steht somit, wie auch die Drehzahl selbst, dem Steuergerät zur Verwendung im Rahmen der Kupplungsregelung zur Verfügung ohne dass hierzu eine zusätzliche, erfindungsspezifische Sensorik benötigt würde.
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Der Begriff des Anpassens des Sollwertes ist im vorliegenden Zusammenhang nicht auf eine exakte Angleichung beschränkt. Diese wäre im idealisierten Fall wünschenswert. In der Praxis hat es sich jedoch gezeigt, dass es günstig ist, den ermittelten Drehzahlgradienten der Abtriebsseite nicht exakt als Sollwert für die Antriebsseite zu übernehmen, sondern diesen noch zusätzlich mit einem Offset zu beaufschlagen. Der Offset kann z.B. im Steuergerät hinterlegt sein. Er kann insbesondere kalibrierbar gestaltet sein, was seine bedarfsweise Anpassung ermöglicht. Mit anderen Worten ist bevorzugt vorgesehen, dass sich der finale Sollwert für die Drehzahlgradienten-Regelung des antriebseitigen Reibelementes um einen geringen Offset von dem aktuellen, Drehzahlgradienten des abtriebsseitigen Reibelementes unterscheidet. Dabei kann der Fall des Hochschaltens vom Fall des Herunterschaltens unterschieden werden. Es hat sich als günstig erwiesen, wenn der Offset im Fall des Hochschaltens negativ und im Fall des Herunterschaltens positiv ist. Das bedeutet, dass der finale Sollwert im Fall des Hochschaltens geringfügig unter dem aktuellen Drehzahlgradienten des abtriebseitigen Reibelementes liegt und im Fall des Herunterschaltens geringfügig über dem aktuellen Drehzahlgradienten des abtriebseitigen Reibelementes liegt.
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Hintergrund dieser Weiterbildung der Erfindung ist die Gefahr, dass der finale Sollwert am antriebseitigen Reibelement geringfügig zu früh erreicht wird. Dann nämlich liefen die Drehzahlverläufe des antriebsseitigen und des abtriebseitigen Reibelementes bei gleichem Drehzahlgradienten parallel zueinander mit einem geringen Drehzahlversatz. Die Kupplung würde somit weiter schlupfen und nicht schließen. Man nimmt daher einen geringen, wohldefinierten und für die Fahrzeuginsassen nicht oder nicht störend spürbaren Momentensprung der Kupplung zum Schließzeitpunkt in Kauf. Dieser Momentensprung ist deutlich geringer als der bei unangepasstem Drehzahlgradienten gemäß dem Stand der Technik.
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Grundsätzlich ist die erfindungsgemäße Kupplungsregelung für jede Art automatisierter Kupplung anwendbar. Besondere Vorteile ergeben sich jedoch beim Einsatz im Rahmen automatisierter Getriebe in Kraftfahrzeugen, die sowohl als herkömmliche Automatikgetriebe als auch als Doppelkupplungsgetriebe ausgebildet sein können.
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Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden, speziellen Beschreibung und den Zeichnungen.
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Figurenliste
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Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugantriebs mit Doppelkupplung,
- 2 eine schematische Darstellung des Drehzahlverlaufs in einem negativ beschleunigter, d.h. gebremsten Fahrzeug bei Rückschaltung,
- 3 eine schematische Darstellung des Drehzahlverlaufs in einem positiv beschleunigten Fahrzeug bei Hochschaltung,
- 4 eine schematische Darstellung des Drehzahlverlaufs in einem unbeschleunigten System bei Hochschaltung.
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Ausführliche Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Antriebssystems 10 mit Doppelkupplungsgetriebe, welches das bevorzugte Einsatzgebiet der vorliegenden Erfindung ist. Eine als Verbrennungsmaschine 12 dargestellte Momentenquelle, die jedoch auch auf beliebige andere Weise realisiert sein kann, treibt eine Antriebswelle 14 an. Diese ist mit den antriebsseitigen Reibelementen 16a, 16b zweier erfindungsgemäß geregelter Kupplungen verbunden. Die Erfindung betrifft die Regelung der Kopplung zwischen den antriebsseitigen Reibelementen 16a, 16b und den abtriebsseitigen Reibelementen 18a, 18b der Kupplungen. Die abtriebsseitigen Reibelemente 18a, 18b sind jeweils mit einer Getriebeeingangswelle eines Getriebes 20 verbunden, welches über eine gemeinsame Getriebeausgangswelle mit dem nachfolgenden Abtriebskraftfahrzeug verbunden ist.
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Bei der nachfolgenden Beschreibung wird davon ausgegangen, dass die aus den Reibelementen 16a, 18a bestehende Kupplung mittels der erfindungemäßen Regelung zur Vollendung der Umschaltung in einen „neuen“ Gang geschlossen wird, während die aus den Reibelementen 16b, 18b bestehende Kupplung geöffnet wird.
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2 zeigt in schematischer Darstellung den zeitlichen Verlauf der Drehzahl n des antriebsseitigen Reibelementes 16a im Fall des Herunterschaltens bei stark verzögertem Fahrzeug. Die gestrichelte Gerade 30 zeigt den theoretischen Drehzahlverlauf des „alten“ Ganges, d.h. desjenigen Ganges, aus dem heruntergeschaltet wird. Die gestrichelte Gerade 32 zeigt den theoretischen Drehzahlverlauf des „neuen“ Ganges, d.h. desjenigen Ganges in den heruntergeschaltet wird. Die durchgezogene Linie 34 zeigt den Drehzahlverlauf des antriebsseitigen Reibelementes 16a während des erfindungsgemäßen Kupplungsvorgangs. Solange die Kupplung geöffnet ist, dreht das antriebsseitige Reibelement 16a der zu schließenden Kupplung mit derselben Drehzahl wie das antriebsseitige Reibelement 16b der noch aktiven Kupplung. Es folgt somit dem Drehzahlverlauf des „alten“ Ganges 30. Während der Schlupfphase wird die Drehzahl des antriebsseitigen Reibelementes 16a der zu schließenden Kupplung auf die Drehzahl des „neuen“ Ganges 32 angehoben. Dies erfolgt erfindungsgemäß in der Weise, dass im Bereich des Übergangs 36, d.h. während der finalen Phase des Schließvorgangs auch der Drehzahlgradient des antriebsseitigen Reibelementes 16a an den Drehzahlgradienten des „neuen“ Ganges angepasst wird. Hierbei messen in der Darstellung nicht gezeigte Sensoren den Drehzahlverlauf des abtriebsseitigen Reibelementes 18a derselben Kupplung und werten ihn in Bezug auf den Drehzahlgradienten aus. Die ermittelten Werte werden als Sollwerte für die Drehzahl und den Drehzahlgradienten der erfindungsgemäßen Regelung zur Verfügung gestellt. In der Figur ist der Übergangsbereich 36 mit einem Kreis markiert, bei dem als Formel dargestellt ist, dass der Drehzahlgradient beim erfindungsgemäßen Herunterschalten im negativ beschleunigten, d.h. im verzögerten System kleiner Null ist.
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3 zeigt den analogen Fall des Hochschaltens im positiv beschleunigten Fahrzeug. Die Bezugszeichen in 3 haben dieselbe Bedeutung wie in 2, sodass auf eine Wiederholung verzichtet werden kann. In 3 ist für den Übergangsbereich 36 als Formel verdeutlicht, dass der Drehzahlgradient hier größer Null ist.
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4 zeigt unter Verwendung derselben Bezugszeichen wie in 2 und 3 den Fall des Heraufschaltens im unbeschleunigten Fahrzeug (Drehzahlgradient ist gleich Null). Dieser spezielle Drehzahlverlauf im unbeschleunigten System wird auch bei Systemen nach dem Stand der Technik verwirklicht. Hier erfolgt dies jedoch mehr „zufällig“, wenn die tatsächliche Null-Beschleunigung des Systems dem für jeden Fall der Kupplungsregelung absolut vorgegebenen Drehzahlgradienten-Sollwert „Null“ entspricht. Bei dem erfindungsgemäßen System ist der gezeigte Drehzahlverlauf jedoch das Ergebnis einer aktiven Gradientenanpassung.
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Natürlich stellen die in der speziellen Beschreibung diskutierten und in den Figuren gezeigten Ausführungsformen nur illustrative Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung dar. Dem Fachmann ist ein breites Spektrum an Variationsmöglichkeiten an die Hand gegeben. Insbesondere ist der Einsatz der Erfindung nicht auf Doppelkupplungssysteme beschränkt. Vielmehr können sämtliche Arten automatisierter Kupplungsvorgängen mit Hilfe der vorliegenden Erfindung optimiert werden.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Fahrzeugantrieb
- 12
- Verbrennungsmaschine
- 14
- Antriebswelle
- 16a,b
- antriebsseitiges Reibelement
- 18a,b
- abtriebsseitiges Reibelement
- 20
- Getriebe
- 22
- Getriebeausgangswelle
- 24
- Abtrieb
- 30
- Drehzahlverlauf „alter Gang“
- 32
- Drehzahlverlauf „neuer Gang“
- 34
- Drehzahlverlauf des antriebsseitigen Reibelementes
- 36
- Übergangsbereich