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Die
vorliegende Erfindung betrifft pharmazeutische Zusammensetzungen
zur topischen Verabreichung umfassend einen Agglutinationsinhibitor, d.
h. einen Wirkstoff, der die Adsorption des Virus an der Plasmamembran
der Zelle verhindert, für die Vorbeugung und Behandlung
von viralen Infekten sowie damit verbundenen sekundären
Infektionen.
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Virusinfektionen
stellen eine bedeutende Gesundheitsbedrohung für Mensch
und Tier dar. So gehören Infektionen mit dem Influenzavirus
nach wie vor zu den großen Seuchen unserer Zeit, die jedes Jahr
zahlreiche Todesopfer fordern. Durch die Aufwendungen für
die notwendigen Behandlungen sowie krankheitsbedingte Arbeitsausfälle
stellen sie gesamtgesellschaftlich einen bedeutenden Kostenfaktor
dar.
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Die Übertragung
von Influenza- und anderen Viren erfolgt in der Regel durch Tröpfcheninfektion. Im
Zeitraum zwischen dem Beginn des Virusangriffs und der Entwicklung
einer vollwertigen Antwort durch das Immunsystem befindet sich das
Virus außerhalb des Wirkungsfeldes der körpereigenen
Immunabwehr, wobei zudem bekannt ist, dass zahlreiche Viren, wie
etwa das Grippevirus, die Bildung von frühen Immunglobulinen
blockieren und so die Reaktion des Immunsystems verzögern.
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Neben
den oral zu verabreichenden oralen Virustatika sind aus dem Stand
der Technik alternative Methoden zur Behandlung von existierenden
Virusinfektionen be kannt. So beschreibt die internationale Patentanmeldung
WO 2004/060360 die Verwendung
von Acetylsalicylsäure-Lösungen (als Beispiel
für Inhibitoren des NF-kB Signalübertragungsweges)
zur Behinderung der Virusvermehrung nach erfolgter Infektion. Dabei
werden die Acetylsalicylsäure-Lösungen aerogen
als Aerosol direkt in die Lunge verabreicht. Postuliert wird, dass
auch andere den NF-kB-Signalübertragungsweg beeinträchtigende
systemisch zu verabreichende Substanzen eine ähnliche antivirale
Wirkung zeigen, wobei deren Wirkung in der Unterbindung der Virusreplikation
als Folge der Beeinflussung des NF-kB-Signalübertragungsweges,
der die Virusreplikation steuert, liegen soll.
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Einerseits
weist die systemische Verabreichung von Virustatika zur Behandlung
von Viruserkrankungen aufgrund ihrer zum Teil erheblichen Nebenwirkungen,
geringen Anwendungsbreite und geringen Wirksamkeit erhebliche Nachteile
auf. Andererseits können die systemisch verabreichten Wirkstoffe,
sowohl orale Virusstatika als auch inhalativ verabreichte Acetylsalicylsäure-Lösungen,
erst nach einer erfolgten Virusinfektion Wirkung zeigen. Letzten
Endes gibt es momentan keine Behandlungsmethode, die die Prozesse
beeinflusst, die vor dem Eindringen der durch Tröpfcheninfektion übertragenen Virusinfektion
ablaufen. Die Ursache für die bakteriellen Komplikationen
bilden die Mukosa besiedelnden Mikroorganismen.
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Es
besteht somit weiterhin ein erheblicher Bedarf an der Entwicklung
von therapeutischen Maßnahmen für die Behandlung
und die Verhütung von viralen und damit verbundenen sekundären
bakteriellen Infektionen.
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Überraschenderweise
wurde nunmehr gefunden, dass die topische Anwendung von Agglutinationsinhibitoren,
wie z. B. Aspirin, auf die bei der Virusübertragung entscheidenden
Areale (wie etwa den Schleimhäuten), insbesondere den nasalen, bukkalen
und vaginalen Mucosae sowie den Schleimhäute der Augen
eine Behandlung der Virusinfektion ermöglicht oder eine
Virusinfektion sogar verhindern kann.
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Die
pharmazeutischen Zusammensetzungen dieser Erfindung sollen für
die Behandlung aller Eintrittspforten für Viren in den
menschlichen Körper geeignet sein, insbesondere solcher,
die mit Mukosa ausgekleidet sind. Sie sollen einfach von dem betroffenen
Patienten appliziert werden können. Dabei ist die erfindungsgemäße
Formulierung dazu geeignet, den Wirkstoff gleichmäßig
in alle Bereiche der heterogenen Haut- oder Schleimhautoberfläche
der jeweiligen Körperbereiche und -öffnungen zu
bringen.
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Ohne
daran gebunden sein zu wollen, scheint die Erfindung auf der Tatsache
zu beruhen, dass der Viruseintritt in die somatische Zelle durch eine
vorgelagerte Anlagerung des Virus an die die Schleimhaut besiedelnde
Mikroflora verzögert ist. Dabei scheint es zunächst
zur irreversiblen Anlagerung von Viren an Pseudo-Galaktose-Rezeptoren
der Bakterien zu kommen, die die entsprechenden Rezeptoren der Oberfläche
somatischer Zellen mimikrieren. Der bakterielle Filter vereinnahmt
das Virus und die neugebildete Hybridstruktur „Virus-Bakterie” überwindet
die Mukosalbarriere, die zu überwinden die Bakterie aufgrund
des Fehlens der entsprechenden Eiweiße allein nicht in
der Lage ist. Diese Eiweiße, wie z. B. die Neuraminidase,
sind auf der Virusmembran vorhanden, ebenso wie das Glycoprotein Hämagglutinin.
Beide geben der Bakterie die Möglichkeit, gemeinsam mit
dem Virus in die Zelle einzudringen.
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Somit
sind im Sinne der vorliegenden Erfindung solche Wirkstoffe und Verbindungen
zur Prävention und frühzeitigen Behandlung von
Virusinfektionen geeignet, die die Agglutination der oben beschriebenen
Hybridstruktur „Virus-Bakterie” an der Oberfläche
der somatischen Zellen verhindern. Der bekannteste Wirkstoff zur
Unterbindung der Agglutination ist die Acetylsalicylsäure.
Weiterhin geeignet sind chemisch ähnliche Verbindungen
und NSAIDs, wie Paracetamol oder Salicylsäure, sowie andere Stoffe,
die die Agglutination hemmen, wie etwa Biotin, Butadion oder Metamizol.
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Wie
zuvor ausgeführt, findet die Anfangsphase der Viruspathogenese
auf der Schleimhautoberfläche statt. Die erfindungsgemäßen
Verabreichungsformen sind deshalb für die topische Behandlung
vorgesehen, wobei sie derart gestaltet sind, dass der Wirkstoff
gleichmäßig alle Bereiche der heterogenen Schleimhaut
erreicht. Eine bevorzugte Ausführungsform ist eine pharmazeutische
Zusammensetzung in Form einer Lösung, die zur Spülung geeignet
ist. Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen umfassen
neben dem Lösungsmittel, das vorzugsweise wässrig
oder ölig ist, und dem Wirkstoff optional pharmazeutisch
verträgliche Hilfsstoffe und optional einen oder mehrere
Lösungsvermittler. Das erfindungsgemäß bevorzugte
Lösungsmittel ist Wasser und die erfindungsgemäß bevorzugten
Wirkstoffe sind die aus dem Stand der Technik bekannten Agglutinationshemmer,
wie etwa NSAIDs, insbesondere Acetylsalicylsäure (ASS),
Paracetamol, Salicylsäure und Metamizol, sowie Biotin;
die erfindungsgemäß besonders bevorzugten Wirkstoffe
sind Acetylsalicylsäure und Biotin.
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Die
erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzungen
enthalten den Wirkstoff bevorzugt in einer Konzentration, die zwischen
1 und 100 g/l liegt; besonders bevorzugt ist ein Wirkstoffgehalt zwischen
5 und 25 g/l.
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Die
erfindungsgemäß verwendeten pharmazeutischen Zusammensetzungen
sind zur Behandlung von viralen Infektionen geeignet, die durch Tröpfcheninfektion übertragen
werden, wobei die Infektionswege insbesondere die Schleimhäute
des oberen Atmungstraktes, der Augen, der Geschlechtsorgane sowie
des unteren Verdauungstraktes umfassen. Ganz besonders eignen sich
die erfindungsgemäß verwendeten pharmazeutischen
Zusammensetzungen zur Prophylaxe und zur Behandlung viraler Erkrankungen
des Nasen-Rachen-Raumes bzw. solcher, die über die Schleimhäute
des Nasen-Rachen-Raumes übertragen werden, sowie damit
verbundener bakterieller Infektionen. Besonders bevorzugt ist die
Verwendung zur Vorbeugung und Behandlung grippaler Infekte; ganz
besonders die Vorbeugung einer Influenza-Infektion und damit verbundener
bakterieller Infektionen.
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Gemäß der
vorliegenden Erfindung erfolgt die Verabreichung der Zubereitungen
der Agglutinationshemmer topisch, d. h. auf die Schleimhäute
der Körperoberfläche; inklusive der nasalen, bukkalen, vaginalen
und rektalen Mucosae sowie der Schleimhäute der Augen.
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Eine
besonders bevorzugte Ausführungsform der pharmazeutischen
Zusammensetzungen im Sinne der vorliegenden Erfindung ist eine Spüllösung umfassend
den Wirkstoff Acetylsalicylsäure. Besonders bevorzugt ist
eine Spüllösung die diesen Wirkstoff in einer
Konzentration von 1 bis 100 g/l, besonders bevorzugt in einer Konzentration
von 5 bis 25 g/l in Wasser enthält.
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Die
folgenden Beispiele zeigen exemplarisch mögliche Ausführungsformen
für die erfindungsgemäße Zusammensetzung
und Anwendungsbeispiele, die jedoch nicht einschränkend
im Sinne dieser Erfindung zu betrachten sind.
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Die
bei der Entwicklung der vorliegenden Erfindung erhaltenen Ergebnisse
zeigen am Beispiel von Acetylsalicylsäurelösungen,
dass viral ausgelöste Symptome, die Virusinfektionen selbst
sowie mit diesen Virusinfektionen einhergehende bakterielle Infektionen
mit Hilfe von Agglutinationshemmern, die auf die betroffenen oder
an der Virusübertragung beteiligten Schleimhäute
aufgetragen werden, behandelt werden können. In allen Fällen
kam es zu einer erheblichen Verbesserung der Symptomatik und einem
Abklingen der Virusinfektion. Dies trifft sowohl für Infektionen,
die über die oberen Atemwege erfolgen und die nach einer
kurzen Behandlungs periode wirksam beseitigt waren, als auch für
andere Infektionswege zu. Darüber hinaus war es überraschend, dass
sich bereits nach einer relativ kurzen Kontaktzeit zwischen den
betroffenen Schleimhäuten und der Agglutinationshemmer-Lösung
der unerwartete Effekt zeigte.
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Beispiele:
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Die
für die Behandlung verwendeten Aspirinlösungen
wurden aus schnell löslichen Tabletten UPSA (500 mg) der
Firma Bristol-Myers Squibb zubereitet.
- Lösung 1–500
mg Aspirin aufgelöst in 20 ml H2O
(25 mg/ml).
- Lösung 2–500 mg Aspirin aufgelöst
in 100 ml H2O (5,0 mg/ml).
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Beispiel 1
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- a) Behandlung von Grippe, grippeähnlichem
und Erkältungszustand im Anfangsstadium der Erkrankung
bei einem Mann im Alter von 60 Jahren.
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Die
Behandlung begann sofort nach Feststellung der erhöhten
Körpertemperatur, die in den beschriebenen Fällen
37.2, 37.3, 37.5 und 37.5°C betrug. Die Krankheitssymptome
waren in allen Fällen ähnlich und zeigten sich
in einer verstopften Nase, Kratzen im Hals, Kopfschmerzen, Schwächegefühl
und allgemeinem Unwohlsein. Die Behandlung erfolgte durch mehrfaches
Ausspülen der Nasenhöhle (mindestens dreimal in
der Stunde) mit Lösung 1 und Ausspülen der Kehle
mit Lösung 2. Die Prozedur wurde zwei Stunden nach Behandlungsbeginn
wiederholt.
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In
jedem Fall führte die erste Spülung von Nase und
Kehle zum Verschwinden des Schnupfens und des Kratzens im Hals.
Nach zwei Stunden war die Nase in abgeschwächter Form wieder
verstopft. Wiederholtes Ausspülen der Nase führte
zum vollständigen Verschwinden des Symptoms. Das Kratzen
im Hals ging nach der ersten Spülung in der Regel ebenfalls
erheblich zurück. Vier bis sechs Stunden nach Behandlungsbeginn
und zweimaliger Wiederholung des Verfahrens war ein vollständiges
Verschwinden der Grippesymptomatik festzustellen.
- b)
Behandlung des oben beschriebenen Grippezustands, die nach 24 Stunden,
d. h. in der aktiven Phase der Erkrankung, durchgeführt
wurde. Behandelt wurde eine Frau im Alter von 54 Jahren.
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Bei
dieser Patientin wurde das Ausspülen von Nase und Rachen
stündlich wiederholt. Zu einer Linderung kam es nach der
sechsten Spülung der Nasenrachenschleimhäute.
Ein Wiederholungszyklus nach einer zweistündigen Pause
bestehend aus drei Spülungen führte zum vollständigen
Verschwinden der Grippesymptomatik. Die Behandlung dauerte 12 Stunden.
Am folgenden Morgen war die Frau praktisch gesund.
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Beispiel 2
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Der
bei Behandlung 1 beschriebene Zustand setzte sich mit ausgeprägten
Schmerzen im Hals, schneidenden Schmerzen und Rötung der
Lederhaut der Augen fort. Behandelt wurde ein Mann im Alter von
60 Jahren.
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Die
Behandlung erfolgte wie bei Behandlung 1a beschrieben. Zusätzlich
wurde Lösung 1 tröpfchenweise in die Augen gegeben:
zweimal 3 Tropfen in jedes Auge. Die zweite Anwendung erfolgte zwei Stunden
nach der ersten.
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Vier
bis sechs Stunden nach Behandlungsbeginn wurde ein Verschwinden
der Symptomatik beobachtet. Davon ausgenommen waren gemilderte Krankheitssymptome
und Kratzen im Hals. Eine endgültige Heilung des Halses
wurde drei Tage nach Behandlungsbeginn beobachtet. Nach der Therapie (Behandlung
1a) wurde der Hals weiterhin drei Tage lang zwei Mal täglich
mit Lösung 2 ausgespült.
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Beispiel 3
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Behandlung
einer Adenovireninfektion bei schnell voranschreitender Konjunktivitis
acht bis zehn Stunden nach Auftreten der Symptomatik. Behandelt
wurde eine Frau im Alter von 54 Jahren.
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Es
traten schneidende Schmerzen in den Augen auf. Des weiteren berichtete
die Patientin von einem Fremdkörpergefühl, dem
sogenanntem <<Grieß>> und verminderte Sehkraft. Es wurden ferner
Lideranschwellung sowie Rötung von Binde- und Lederhaut
beobachtet. Die Symptomatik verschlechterte sich rasch.
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In
der ersten Stunde wurde intranasal mit Lösung 1 behandelt.
Dabei wurde alle 5 bis 10 Minuten 5 bis 7 mL in jeden Nasendurchgang
appliziert. Gleichzeitig wurde dieselbe Lösung als Augentropfen angewendet
(4 bis 5 Mal in der Stunde jeweils 5 bis 7 Tropfen in den Konjunktivalsack).
Beginnend mit der zweiten Stunde wurde zwei Stunden lang alle 30
Minuten ein analoges Verfahren durchgeführt. Die Kehle
wurde drei Tage lang 4 Mal täglich mit Lösung
2 ausgespült.
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Die
Symptomatik ist nach dem ersten Behandlungszyklus merklich zurückgegangen,
was sich durch Weißfärbung der Lederhaut, Nachlassen
der Häufigkeit des Blinzelreflexes sowie einer Verbesserung
des Befindens, Rückgang der Schmerzen, Verschwinden des <<Grießgefühls>> in den Augen und verbesserte Sehkraft
gezeigt hat.
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Am
Morgen des nächsten Tages zeigten sich an Symptomen nur
noch leichte Hyperämie der Bindehaut und geringe helle
Absonderungen in den Augeninnenwinkeln.
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Eine
weitere Behandlung ist nicht erfolgt. Am dritten Tag waren die Krankheitserscheinungen
vollständig verschwunden.
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Beispiel 4
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Behandlung
einer Zervizitis (Gebärmutterhalsentzündung) vor
dem Hintergrund einer Portioerosion. Der Behandlung wurde eine Frau
im Alter von 42 Jahren unterzogen.
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Die
Behandlung erfolgte durch Anwendung der Lösung 1 in Form
eines Vaginalbades, das 5 Tage lang einmal täglich durchgeführt
wurde. Andere Medikamente wurden dabei nicht appliziert. Anschließend
wurden 5 weitere Prozeduren durchgeführt; jeweils im Abstand
von einem Tag. Danach wurde eine Kolposkopie durchgeführt,
die eine erhebliche Verbesserung des Zustands des Gebärmutterhalses
im Vergleich zur vorangegangenen Untersuchung bestätigt
hat (die Symptome der Zervizitis waren fort). Die Patientin berichtete
von einem fast vollständigen Aufhören der Ausscheidungen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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