DE102008063941A1 - Verfahren zur Reduzierung oder zumindest teilweisen Entfernung spezifischer Radiotoxika aus einer kerntechnischen Anlage - Google Patents

Verfahren zur Reduzierung oder zumindest teilweisen Entfernung spezifischer Radiotoxika aus einer kerntechnischen Anlage Download PDF

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Abstract

Im Rahmen der Erfindung wurde ein Verfahren zur zumindest teilweisen Entfernung eines Radiotoxikums aus einer kerntechnischen Anlage entwickelt. Diese Anlage wird im Betrieb von mindestens einem Betriebsmittel durchströmt, das durch mindestens einen Vorlauf in die Anlage eingeführt und durch mindestens einen Rücklauf aus der Anlage ausgeführt wird. Das Betriebsmittel kann insbesondere eine Kühlflüssigkeit oder ein Kühlgas sein. Erfindungsgemäß wird mindestens ein Korrosionsmedium einzeln oder in Kombination mit dem Betriebsmittel durch den Vorlauf in die Anlage eingeführt. Das Korrosionsmedium wird sodann in der Anlage mit dem Radiotoxikum in Kontakt gebracht und überführt das Radiotoxikum durch eine chemische Reaktion zumindest zum Teil in eine chemische Verbindung. Dabei findet die chemische Reaktion im Wesentlichen lediglich an äußeren und inneren Oberflächen, mit denen das Korrosionsmedium in Kontakt kommt, einschließlich innerer Oberflächen von Poren, in die das Korrosionsmedium eindringt, statt. Die chemische Verbindung wird zumindest zum Teil durch den Rücklauf aus der Anlage ausgeführt.

Description

  • Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur zumindest teilweisen Entfernung eines Radiotoxikums oder spezifischer Radiotoxika aus einer noch betriebsfähigen kerntechnischen Anlage vor ihrer endgültigen Stilllegung.
  • Stand der Technik
  • Angesichts knapper und teurer Endlagerkapazitäten ist es beim Rückbau kerntechnischer Anlagen unumgänglich, eine möglichst große Teilmenge des anfallenden Abfalls konventionell zu entsorgen und die Restmenge an radioaktiv kontaminiertem Abfall zu minimieren bzw. in niedrigere Abfallkategorien zu überführen. Während nicht kontaminierte Anlagenteile nach dem Freimessen unmittelbar konventionell entsorgt werden können, sollten die mit einem Radiotoxikum bzw. verschiedenen Radiotoxika kontaminierten Teile zuvor behandelt werden, um die Radiotoxika zumindest partiell vom nicht strahlenden Grundwerkstoff zu trennen. Hierzu ist es nach Stand der Technik meist erforderlich, die Anlagenteile zunächst in handhabbare Portionen zu zerlegen und diese Portionen mit geeigneten Dekontaminationsverfahren zu behandeln.
  • Nachteilig beim Zerlegen sind der hohe technische Aufwand sowie die damit verbundenen Strahlenbelastungen und Kosten. Die hohe Ortsdosisleistung im Inneren einer kerntechnischen Anlage und die Gefahr einer Inkorporation insbesondere bei der mechanischen Bearbeitung von Anlagenteilen machen es vielfach erforderlich, das Zerlegen fernbedient und/oder unter Wasser bzw. hinter Abschirmungen durchzuführen. Besonders problematische Kontaminationen z. B. beim Rückbau graphitmoderierter Kernreaktoren (Hochtemperaturreaktoren, MAGNOX, UNGG, AGR, RBMK, diverser Testreaktoren etc.) sind in diesem Zusammenhang z. B. 14C wegen seiner Biokompatibilität und 36Cl wegen seiner Löslichkeit. Diese Isotope haben zudem relativ lange Halbwertszeiten, so dass ihre Gefährlichkeit auch durch einen Jahrzehnte währenden „sicheren Einschluss” vor Beginn des Rückbaus nur unwesentlich gemindert wird.
  • Aus der US 2002/0064251 A1 ist ein Verfahren bekannt, mit dem der Graphit eines endgültig stillgelegten gasgekühlten graphitmoderierten Reaktors durch endotherme Dampfreformierung in Wasserstoff und Kohlenmonoxid umgesetzt werden kann. Hierzu wird die Reaktionswärme in Form von überhitztem Wasserdampf in den Kernbereich eingebracht. Nachteilig werden die Graphitaufbauten bei diesem Verfahren in nicht kontrollierbarer Weise strukturell geschwächt, so dass sie beim weiteren Rückbau zerbrechen können oder die Kernstrukturen des Reaktors gar einstürzen können. Zudem können sich aus dem entstehenden Wasserstoff und Kohlenmonoxid hochexplosive Gasgemische bilden, wenn unkontrolliert Sauerstoff in die Arbeitszone eintritt. Weiterhin ist nachteilhaft, dass dieses Verfahren keine selektive Wirkung auf die Entfernung spezifischer Radiotoxika besitzt und erst nach Beendigung des Reaktorbetriebs Verwendung finden kann.
  • Aufgabe und Lösung
  • Es ist daher die Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, mit dem ein Radiotoxikum bzw. spezifische Radiotoxika sicherer und zugleich kostengünstiger zumindest zum Teil aus einer kerntechnischen Anlage entfernt werden können als nach dem Stand der Technik. Dabei soll zudem eine bessere Trennung des Radiotoxikums vom nicht strahlenden Grundwerkstoff der Anlage erfolgen als nach dem Stand der Technik.
  • Diese Aufgaben werden erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren gemäß Hauptanspruch. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den darauf rückbezogenen Unteransprüchen.
  • Gegenstand der Erfindung
  • Im Rahmen der Erfindung wurde ein Verfahren zur zumindest teilweisen Entfernung mindestens eines Radiotoxikums aus einer kerntechnischen Anlage entwickelt. Der nukleare Teil dieser Anlage wird im Betrieb von mindestens einem Betriebsmittel durchströmt, das durch mindestens einen Vorlauf in die Anlage eingeführt und durch mindestens einen Rücklauf aus der Anlage ausgeführt wird. Dabei kann es im nuklearen Teil der Anlage vorteilhaft erhitzt werden. Das Betriebsmittel kann insbesondere eine Kühlflüssigkeit oder ein Kühlgas sein, das im Normalbetrieb verwendet wird, um die thermische Reaktorleistung auf Wärmetauscher zu übertragen.
  • Erfindungsgemäß wird mindestens ein Korrosionsmedium einzeln oder in Kombination mit dem Betriebsmittel, vorzugsweise dosiert, durch den Vorlauf in die auf geeigneter Temperatur befindliche Anlage eingeführt. Der nukleare Teil der Anlage kann dabei insbesondere durch Kernspaltung oder aber durch von außen eingebrachte Energie auf eine Temperatur aufgeheizt werden, die die chemische Reaktion unterstützt oder beschleunigt. Das Korrosionsmedium wird sodann in der Anlage, vorteilhaft kontrolliert, mit dem Radiotoxikum in Kontakt gebracht und überführt das Radiotoxikum durch eine chemische Reaktion zumindest zum Teil in eine chemische Verbindung. Diese chemische Verbindung kann insbesondere flüchtig, etwa ein Gas, sein.
  • Dabei findet die chemische Reaktion im Wesentlichen lediglich an äußeren und inneren Oberflächen, mit denen das Korrosionsmedium in Kontakt kommt, einschließlich innerer Oberflächen von Poren, in die das Korrosionsmedium eindringt, statt. Die chemische Verbindung wird zumindest zum Teil durch den Rücklauf aus der Anlage ausgeführt. Sie kann vorteilhaft über im Kreislauf für das Betriebsmittel, beispielsweise im Kühlkreislauf, ohnehin schon vorhandene Reinigungseinrichtungen während und nach Anwendung des Verfahrens aus diesem Kreislauf entfernt werden. Der Korrosionsprozess kann durch die im nuklearen Teil herrschende Temperatur, die durch Kernspaltung bereitgestellt oder auch durch die Temperatur des Korrosionsmediums vorgegeben sein kann, sowie durch die Dosierung des Korrosionsmediums so gesteuert werden, dass weder die Sicherheit noch die Festigkeit der Strukturen im nuklearen Teil (insbesondere Kernstrukturen) gefährdet sind.
  • Es wurde erkannt, dass es durch diese Vorgehensweise nicht mehr erforderlich ist, die Anlage im Zustand der höchstgradigen Kontamination zu zerlegen. Stattdessen kann ein großer Teil der Kontamination entfernt werden, während sich die Anlage in einem Zustand befindet, der sich nur wenig vom sicheren Normalbetrieb unterscheidet. Dies gilt insbesondere, wenn das Korrosionsmedium dem Betriebsmittel in geringer Konzentration zudosiert wird. In diesem Zustand sind alle Sicherheitseinrichtungen noch wirksam und alle Abschirmungen noch intakt. Nach dem Stand der Technik musste gleich zu Beginn des Rückbaus mit mechanischer Gewalt durch alle schützenden Barrieren hindurch ein Weg ins Innere der Anlage gebahnt werden, wo das Radiotoxikum in seiner gefährlichsten Form als offene, inkorporierbare Kontamination vorlag. Erfindungsgemäß tritt das Radiotoxikum nun nur noch an einem definierten Ort aus der Anlage aus, nämlich durch den Rücklauf und insbesondere durch die vielfach ohnehin in diesem Rücklauf vorhandenen Reinigungsanlagen. Durch die Wahl des Korrosionsmediums kann darüber hinaus bewirkt werden, dass bei der Reaktion mit den Radiotoxika eine für die weitere Verarbeitung vergleichsweise risikoarme, beispielsweise gasförmige, chemische Verbindung entsteht, welche vorteilhaft in feste endlagerfähige Produkte überführt werden können (z. B. Karbonate, Karbide oder Chloride).
  • Das erfindungsgemäße Verfahren bietet darüber hinaus große Vorteile hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit. Das Verfahren wird in der Regel nur durchgeführt, während oder nachdem die kerntechnische Anlage bereits in einem genehmigten Normalzustand betrieben wird oder betrieben worden ist. Es kann insbesondere schon während des Reaktorbetriebs oder in der Endphase der Betriebszeit angewendet werden. Dies hat nicht nur den technischen Vorteil, dass die Betriebstemperaturen vorteilhaft zur Unterstützung oder Beschleunigung der chemischen Reaktion genutzt werden können. Weicht der Betriebszustand bei der Durchführung des Verfahrens nur wenig von diesem Normalzustand ab, so muss nur diese geringe Abweichung atomrechtlich genehmigt werden. Beim Rückbau kerntechnischer Anlagen nach dem Stand der Technik dagegen ist jedes Außerkraftsetzen eines Sicherheitssystems mit zeitweiser oder endgültiger Stilllegung verbunden und jeder Durchbruch durch eine Barriere auf Grund der dabei auftretenden Gefährerhöhung separat zu genehmigen, was sich über Jahre hinziehen kann und eine Wiederinbetriebnahme ausschließt.
  • Die erfindungsgemäß eingesetzte chemische Reaktion findet im Wesentlichen lediglich an äußeren und inneren Oberflächen, mit denen das Korrosionsmedium in Kontakt kommt, einschließlich innerer Oberflächen von Poren, in die das Korrosionsmedium – je nach Temperaturprofil im nuklearen Teil und hier insbesondere im Reaktorkern vorteilhaft in vergleichsweise niedrigen Konzentrationen – eindringt, statt. Dies hat einen doppelten Effekt:
    • • Zum einen ist dadurch sichergestellt, dass die strukturelle Integrität der kerntechnischen Anlage während der Durchführung des Verfahrens erhalten bleibt. Indem nur oberflächennahe Bereiche angegriffen werden, wird zudem vorteilhaft die Entstehung von Lecks in den behandelten Anlagenteilen vermieden. So besteht etwa ein gasgekühlter graphitmoderierter Reaktor aus einer Vielzahl von Graphitblöcken, die zum Teil im Nut-Feder-System aneinandergefügt sind. Diese Blöcke sind insbesondere mit dem Radiotoxikum 14C kontaminiert, das durch das erfindungsgemäße Verfahren zumindest teilweise entfernt wird. Jeder einzelne Block trägt jedoch auch zur mechani schen Stabilität der Anlage bei. Eine massive chemische Reaktion, die 14C angreift, greift mit hoher Wahrscheinlichkeit auch 12C und damit die Struktur des Reaktorkerns an. Die Durchführung der Reaktion lediglich an äußeren und inneren Oberflächen verhindert, dass die Blöcke strukturell geschwächt werden und die Kernstrukturen einstürzen. Ein solcher Einsturz würde den weiteren Rückbau sehr erschweren.
    • • Eine gewisse Menge von 14C und anderen Radiotoxika ist in Form feiner Stäube im Reaktorkreislauf gebunden. Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird ein großer Teil der Feinstäube in gasförmige Korrosionsprodukte umgesetzt und lässt sich vorteilhaft ebenfalls über die Reinigungsanlagen des Kühlmittelkreislaufs entfernen. Dieser Prozess lässt sich durch plötzliche Veränderungen der Kühlmittelgeschwindigkeit, wie etwa durch wiederkehrendes Ein- und Abschalten der Umwälzeinrichtungen (etwa Kühlgasgebläse), vorteilhaft beeinflussen, da hierdurch die Stäube aufgewirbelt und zur Reaktion gebracht werden können. Damit wird zumindest der am leichtesten mobilisierbare Staub noch vor Öffnen des Primärkreislaufs zum konventionellen Rückbau entfernt bzw. in seiner Radiotoxizität reduziert.
    • • Zum anderen ist es möglich, das Radiotoxikum konzentrationsmindernd von einem Grundwerkstoff zu entfernen, der ihm chemisch sehr ähnlich ist. Es wurde erkannt, dass sich beim Betrieb kerntechnischer Anlagen Kontaminationen zum größten Teil an äußeren und inneren Oberflächen, einschließlich äußerer und innerer Oberflächen von Porensystemen, anlagern. Indem das Korrosionsmedium selektiv diesen Bereich angreift, wird der mengenmäßig größte Anteil der Kontamination entfernt. Was danach noch an Kontamination verbleibt, ist vergleichsweise stabil in den Anlagenteilen gebunden und beim letztendlichen Rückbau der Anlage deutlich weniger gefährlich als die zuvor vorliegende offene und somit inkorporierbare Kontamination. Dies gilt insbesondere für graphitmoderierte Reaktoren. Indem nur äußere und innere Oberflächen angegriffen werden, werden nur Bereiche angegriffen, die tatsächlich in hohem Maße mit dem Radiotoxikum 14C belastet sind. Das Produkt der chemischen Reaktion, das am Rücklauf anfällt, ist somit in einem hohen Maße mit 14C belastet. Der im Reaktor verbleibende Graphit weist nur noch eine geringe Restkontamination auf, die zudem stabil auf regulären Gitterplätzen gebunden ist. Hierdurch wird das Verfahren ein Verfahren zur in-situ Dekontamination des Reaktors. Es ist das grundsätzliche Ziel einer jeden Dekontamination, kontaminiertes Material von nicht oder nur schwach kontaminiertem Material zu trennen, damit der Hauptteil der gesamten Kontamination in ei nem möglichst geringen Endlagervolumen untergebracht werden kann. Ist die Restkontamination in den Anlagenteilen stabil gebunden, kann dies zudem ausschlaggebend dafür sein, dass die Anlagenteile statt als „Intermediate-Level Waste” als „Low-Level Waste” eingestuft und somit deutlich einfacher und kostengünstiger entsorgt oder gar nach weiterer Behandlung wiederverwertet werden können.
  • Speziell beim Rückbau gasgekühlter graphitmoderierter Reaktoren ist die Dekontamination deutlich effektiver, weil die chemische Reaktion lediglich an äußeren und inneren Oberflächen abläuft. Diese Reaktoren haben eine viel geringere Leistungsdichte als wassermoderierte Reaktoren; gleichzeitig enthalten sie eine viel größere Menge an Moderatormaterial. Wird Wasser als Moderator verwendet, treffen die schnellen Neutronen auf ruhende Wasserstoffatome mit Massenzahl 1. Aus der Energie- und Impulserhaltung ergibt sich, dass die Neutronen bei jedem solchen Stoß einen erheblichen Anteil ihrer kinetischen Energie auf ein Wasserstoffatom übertragen. Wird dagegen Graphit als Moderator verwendet, treffen die schnellen Neutronen auf ruhende Kohlenstoffatome 12C mit Massenzahl 12. Diese bleiben auf Grund der Impulserhaltung praktisch in Ruhe, während die Neutronen mit fast unverminderter Geschwindigkeit und damit kinetischer Energie reflektiert werden. Im Ergebnis wird für die Thermalisierung von Neutronen, für die eine wenige Millimeter dicke Wasserschicht ausreicht, eine etwa 40 cm lange Strecke in Graphit benötigt. Im Gegensatz zum Wasser in wassermoderierten Reaktoren, das gleichzeitig als Kühlmittel dient und daher ständig ausgetauscht wird, verbleibt ein Graphitmoderator für die gesamte Betriebsdauer im Reaktor. Somit reichert sich über die gesamte Betriebsdauer Aktivität in ihm an. Daher ist kontaminierter Graphit der Hauptbestandteil eines zurückzubauenden graphitmoderierten Reaktors, während ein wassermoderierter Reaktor bis auf einen überschaubaren Kernbereich konventionell zurückgebaut werden kann. Das erfindungsgemäße Verfahren löst den größten Teil der vorhandenen während des Rückbaus oder im Endlager mobilisierbaren Aktivität aus dem Graphit und vereinfacht zugleich die Handhabung der Restkontamination in der sehr großen Graphitmenge.
  • Neben kontaminiertem Graphit fällt in einem gasgekühlten graphitmoderierten Reaktor zusätzlich noch eine große Menge an Fasermaterial an, mit dem die Heißgasleitungen isoliert werden. Auch dieses Material lässt sich mit dem erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhaft in-situ dekontaminieren.
  • Die Durchführung der chemischen Reaktion lediglich an äußeren und inneren Oberflächen lässt sich über die Prozessparameter, speziell über die Zusammensetzung des Korrosionsmediums, über die Menge und/oder Konzentration des Korrosionsmediums sowie über Temperatur der kerntechnischen Anlage und/oder des Korrosionsmediums, steuern. Bereits innerhalb der üblichen Betriebstemperaturen gasgekühlter graphitmoderierter Reaktoren (MAGNOX/UNGG: 150–400°C; AGR: 250–650°C; HTR: 250–950°C) besteht ein erheblicher Spielraum für die Steuerung der Reaktion. Insbesondere bei den relativ geringen Temperaturen im MAGNOX/UNGG sowie AGR wird eine stärkere Einbindung von Radiotoxika, z. B. durch Diffundieren von oberflächennahen Kontaminationen in das Kristallgitter oder in die übrigen Kernstrukturen hinein verhindert. Damit kann auch ein Großteil der Oberflächenkontaminationen von dem erfindungsgemäßen Verfahren erfasst werden. Die Betriebstemperaturprofile lassen sich bei Bedarf auch durch Modifikation des Gasdurchsatzes, Reduzierung der Anlagenleistung und Optimierung der Leistungsverteilung (Veränderung der Abschaltstabstellungen) anpassen, um einen ausreichenden Umsatz an 14C und anderen Radiotoxika in allen Teilen des Reaktorkerns zu erzielen.
  • Die Umsetzung von 14C in flüchtige Kohlenstoffverbindungen geschieht bereits bei Temperaturen von unter etwa 500°C. Bei diesen Temperaturen kann der Sauerstoff weit in ein vorhandenes Porensystem eindringen, um die Kristalle an der inneren Oberfläche partiell zu oxidieren. Bei höheren Temperaturen setzt hingegen eine starke Oxidation an der Außenseite der Graphitblöcke ein, da die Porendiffusion weniger stark durch Temperaturerhöhung beschleunigt wird als die chemische Reaktion und es damit zu einer Verarmung am Korrosionssauerstoff im Inneren des Porensystems der zu korrodierenden Graphitblöcke kommt. Die optimale Temperatur für die dosierte Korrosion hängt damit von der chemischen Reaktivität des Korrosionsmediums, der Diffusionsrate im Porensystem, welche zum Beispiel durch Druckverminderung oder durch Zugabe leichter Inertgase vergrößert oder kontrolliert werden kann, und den Dimensionen des zu korrodierenden Materials ab. Es ist auch möglich, die Kühlmittelzusammensetzung während der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens dahingehend zu verändern, dass die Korrosionsprodukte (z. B. mit Radiokarbon angereichertes Kohlenmonoxid oder Kohlendioxid) leichter aus dem Kühlmittelkreislauf entfernt werden können. Dies könnte z. B. durch zeitweisen Austausch des CO2 bei MAGNOX, UNGG und AGR gegen Edelgase mit zudosierten Korrosionsmedien geschehen.
  • Welches Korrosionsmedium und welche Prozessparameter zu wählen sind, hängt von der konkreten zu dekontaminierenden Anlage sowie von den konkreten Radiotoxika ab, deren Entfernung aus der konkreten Anlage dem Fachmann als Aufgabe gestellt wird. Ein Fachmann mit chemischen Kenntnissen ist spätestens nach einer zumutbaren Anzahl von Versuchen im Labormaßstab in der Lage, ein geeignetes Korrosionsmedium und geeignete Prozessparameter zu finden. Somit versetzt ihn die hier gegebene allgemeine technische Lehre in die Lage, unter Zuhilfenahme seines allgemeinen Fachwissens die Erfindung auszuführen. Der entscheidende Punkt der erfinderischen Lehre ist, dass im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung in der Fachwelt eine Dekontamination bereits stattfindet, während die Anlage noch intakt ist.
  • Die Prozessparameter sind nicht auf den Bereich beschränkt, der für den Normalbetrieb vorgesehen ist. So kann in der Stilllegungsphase durchaus etwa die Temperatur in einen Bereich jenseits der Auslegungsgrenze für den Normalbetrieb gesteigert werden, und es kann dabei in Kauf genommen werden, dass die Dauerhaltbarkeit von Anlagenteilen eventuell irreversibel geschwächt wird.
  • Tritt am Rücklauf die aus dem Radiotoxikum und dem Korrosionsmedium gebildete chemische Verbindung zusammen mit dem Betriebsmittel aus, so können vorteilhaft bereits vorhandene Reinigungseinrichtungen der Anlage verwendet werden, um die kontaminierte Verbindung von dem nicht kontaminierten Betriebsmittel zu trennen. Beispielsweise weisen gasgekühlte graphitmoderierte Reaktoren in der Regel eine Gasreinigungsanlage auf, die gegebenenfalls in ihrer Leistung und Selektivität angepasst werden kann. Wird nun durch das erfindungsgemäße Verfahren etwa 14C im Reaktor oxidiert, können die dabei entstehenden Reaktionsprodukte CO und CO2 unter Nutzung der Gasreinigungsanlage aus dem Kühlgas, wie beispielsweise Helium bei HTR, entfernt werden. Verwendet der Reaktor CO2 als Kühlgas, kann die Gasreinigungsanlage zu diesem Zweck um eine Vorrichtung zur Isotopentrennung (Druckwechselverfahren, Gaszentrifugen etc.) erweitert werden, wenn nicht von dem oben beschriebenen Austausch des Kühlmediums Gebrauch gemacht wird.
  • In einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden die Prozessparameter so gewählt, dass das Korrosionsmedium weit in ein vorhandenes Porensystem eindringen kann, so dass es zumindest einen Teil des dort befindlichen Radiotoxikums durch eine chemische Reaktion in eine chemische Verbindung überführt. Dies ist insbesondere vorteilhaft, wenn ein gasgekühlter graphitmoderierter Reaktor zu dekontaminieren ist. Reaktorgraphit und Kohlestein sind extrem porös, haben also eine sehr große innere Oberfläche. Insbesondere eine Kontamination mit Radiokarbon (14C) liegt in diesen Medien im Wesentlichen in zwei Formen vor: zum einen als nur lose an die innere Oberfläche gebundene Kontamination, zum anderen stabil gebunden auf regulären Plätzen im Kristallgitter. Die erstgenannte Form der Kontamination, die für die weitere Handhabung deutlich gefährlicher ist als die letztgenannte, wird in dieser besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung zu einem großen Teil entfernt. Nach Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens an mit Radiokarbon kontaminiertem Graphit wird erwartet, dass sich der Restgehalt an Radiokarbon auf den in den Graphitkristalliten durch Aktivierung von 13C entstandenen und auf regulären Gitterplätzen stabil gebundenen Anteil beschränkt.
  • Neben 14C können insbesondere auch 36Cl, 129H, 3H, 60Co oder 99Tc und andere oberflächennahe Kontaminationen als Radiotoxika mit dem erfindungsgemäßen Verfahren aus der Anlage entfernt werden.
  • Für das Eindringen in ein Porensystem ist es insbesondere vorteilhaft, ein gasförmiges Korrosionsmedium zu verwenden. Dieses kann beispielsweise Sauerstoff, Luft, Wasserdampf, Wasserstoff, ein Halogen oder einen halogenierten Kohlenwasserstoff enthalten. Ein gasförmiges Korrosionsmedium ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn die Anlage im Betrieb von einem gasförmigen Kühlmittel als Betriebsmittel durchströmt wird. Dann kann das Korrosionsmedium diesem Kühlmittel zudosiert werden, und gasförmige Reaktionsprodukte treten mit dem Kühlmittel aus dem Rücklauf aus.
  • In einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird das Radiotoxikum durch das Korrosionsmedium zumindest zum Teil in eine gasförmige chemische Verbindung überführt. Beispielsweise können CO, CO2, ein Kohlenwasserstoff (insbesondere CH4), ein halogenierter Kohlenwasserstoff, HTO oder eine Säure (insbesondere HCl) gebildet werden. Eine gasförmige Verbindung lässt sich am besten aus der Anlage abziehen, beispielsweise durch übliche oder nachgerüstete Gasreinigungsanlagen im Kühlkreislauf, aber auch durch Spülen der Anlage mit einem inerten Medium, etwa durch Austausch des Kühlmediums, oder durch Evakuieren der Anlage. Sie lässt sich insbesondere besonders einfach von einem in der flüssigen Phase vorliegenden Betriebsmittel, Korrosionsmedium oder Gemisch aus Betriebsmittel und Korrosionsmedium trennen. Zu diesem Zweck kann das Radiotoxikum durch das Korrosionsmedium alternativ oder auch in Kombination hierzu aber auch zumindest zum Teil in eine feste chemische Verbindung überführt werden, die beispielsweise aus der genannten flüssigen Phase ausfällt.
  • Die chemische Verbindung wird vorteilhaft aufgefangen und einer gesonderten Behandlung zugeführt. Es kann dann beispielsweise das aus der Anlage entfernte Radiotoxikum angereichert werden, so dass ein Großteil der zunächst in der Anlage vorhandenen Kontamination unter Inanspruchnahme eines minimalen Endlagervolumens entsorgt werden kann. Das angereicherte Radiotoxikum und hier insbesondere 14C kann darüber hinaus als Wertstoff weiterverwendet werden, da dieses, wie auch andere Radioisotope, Anwendungen in der Medizin oder in der Technik findet.
  • Das erfindungsgemäße Verfahren kann insbesondere an gasgekühlten graphitmoderierten Reaktoren so ausgeführt werden, dass das aus dem Reaktor entfernte Radiokarbon (14C) angereichert wird. Anschließend kann der restliche Graphit ebenfalls einer Wiederverwertung in der Kerntechnik oder der Endlagerung zugeführt werden. Aus dem extrahierten Radiokarbon wird vorteilhaft wieder ein Festkörper, z. B. in Form von Graphit, Kohlenwasserstoffen (z. B. Bitumen), Karbiden oder Karbonaten erzeugt, um ihn für die Endlagerung zu konditionieren. Falls das Radiokarbon in hoher Konzentration verwendet werden soll, kann insbesondere bei Verwendung von Wasserstoff oder Wasserdampf als Sauerstofflieferant ein Kreisprozess für das Korrosionsmedium vorteilhaft sein. Der Kreisprozess könnte wie folgt aussehen: Beim Korrosionsprozess entstehen bei entsprechenden Prozessbedingungen mit der endothermen Reaktion von Graphit mit beispielsweise Wasserstoff oder Wasserdampf als Reaktionspro dukte Methan oder Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Im extrahierten und aufgefangenen Methan oder Kohlenmonoxid ist nun ein gegenüber der ursprünglichen Keramik deutlich erhöhter Anteil an Radiokarbon enthalten. Dieser Anteil kann nun durch Anreicherungsprozesse weiter erhöht werden. In einem weiteren Schritt kann aus dem Methan oder Kohlenmonoxid durch Pyrolyse oder Reduktion wieder fester Kohlenstoff erzeugt werden. Die Reaktionsprodukte lassen sich im Kreislauf wieder weiterverwenden.
  • Dabei kann es vorteilhaft sein, das erfindungsgemäße Verfahren so auszuführen, dass als Reaktionsgas bevorzugt Kohlenmonoxid oder CH4 erzeugt wird. Kohlenmonoxid und CH4 haben ein geringeres Gewicht als Kohlendioxid. Mit diesen Reaktionsgasen kann daher der gegebene Gewichtsunterschied zwischen Radiokarbon und den stabilen Isotopen des Kohlenstoffs besser für eine Anreicherung des Radiokarbons ausgenutzt werden.
  • Falls das extrahierte, Radiokarbon enthaltende Material für lange Zeit sicher gelagert werden soll, ist die Herstellung auslaugbeständiger, nicht brennbarer Lagergebinde sinnvoll. Dies kann z. B. durch Reaktion des radiokarbonreichen Materials zu Karbiden, z. B. SiC, oder gesteinsähnlichen Karbonaten, bzw. Bitumen geschehen. Das Korrosionsmedium sollte so gewählt werden, dass die Reaktionsgase möglichst direkt für die weiteren Behandlungsschritte geeignet sind.
  • In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung greift das Korrosionsmedium auf dem Weg durch die Anlage mindestens eine Komponente derselben an. Dies begünstigt die Ablösung des Radiotoxikums von äußeren und inneren Oberflächen und hinterlässt die Anlagenteile mit nur noch einer geringen Restkontamination, so dass diese entweder als „Low-Level Waste” oberflächennah entsorgt oder sogar unmittelbar oder nach weiterer Dekontamination freigemessen werden können.
  • Diese Ausgestaltung ist am weitesten von der in der Fachwelt bislang vorherrschenden Lehre entfernt. Mit Hinblick auf die langen Betriebszeiten kerntechnischer Anlagen und der Unzugänglichkeit kontaminierter Bereiche für Reparaturen wurde gerade der Zutritt von Medien, die die Substanz der Anlage angreifen, auf ein Minimum reduziert. Es ist das Verdienst der Erfinder, erkannt zu haben, dass gerade solche Medien den sicheren Rückbau unterstützen. Dies gilt im Besonderen, wenn das Korrosionsmedium in der Anlage mit Graphit, insbesonde re Reaktorgraphit oder Kohlestein bzw. Isoliermaterialien, in Kontakt gebracht wird, der mit einem oder mehreren Radiotoxika kontaminiert ist. Insbesondere Radiokarbon (14C) verhält sich chemisch genauso wie der Kohlenstoff im Graphit, so dass es kaum Mittel gibt, die das Radiokarbon umwandeln und den Grundwerkstoff Graphit unverändert lassen.
  • Die speziellen Vorteile bei der Behandlung gasgekühlter graphitmoderierter Reaktoren beruhen auf der Erkenntnis, dass ein signifikanter Teil des Radiokarbons auf den Oberflächen der Graphitkristalle oder im Binder sitzt und bei den üblichen Betriebstemperaturen gegebenenfalls auch nur in oberflächennahe Kristallbereiche oder Korngrenzen hinein diffundiert. Zuvor ging die Fachwelt davon aus, dass Radiokarbon nahezu vollständig auf regulären Gitterplätzen der Graphitblöcke eingebaut ist und sich damit einer selektiven Entfernung weitgehend entzieht. Es wird zudem inzwischen angenommen, dass der bei der Herstellung technischer Graphit verwendete organisch-chemische Binder bei der Herstellung nicht vollständig graphitiert, weshalb das dort entstandene Radiokarbon unter bestimmten Bedingungen ebenfalls leichter korrodiert werden kann, als dies bei regulären Graphitkristallen der Fall ist.
  • Ähnliches gilt für das radioaktive Chlorisotop 36, welches als aktivierter Rückstand aus der Herstellung des Graphits durch Neutronenbestrahlung entsteht. Injektionen z. B. von Wasserdampf und/oder Wasserstoff lassen das gebundene Chlor in flüchtigere gasförmige Verbindungen übergehen und ähnlich wie Radiokarbon aus der Graphitstruktur ablösen.
  • Das erfindungsgemäße Verfahren kann generell beispielsweise auch in mehreren Stufen durchgeführt werden, wobei von Stufe zu Stufe die Aggressivität des Korrosionsmediums gesteigert oder auch das Korrosionsmedium gewechselt wird. So können beispielsweise verschiedene Fraktionen von Radiotoxika getrennt voneinander aus der Anlage entfernt werden.
  • Es ist auch möglich, während des regulären Betriebs unter reduzierter Zugabe des Korrosionsmediums oder unter weniger aggressiven Prozessbedingungen kontinuierlich oder intermittierend in vorgegebenen Intervallen Radiotoxika aus der Anlage oder aus Teilbereichen der Anlage zu entfernen, ohne deren Integrität zu schädigen. Hierfür kann beispielsweise das Korrosionsmedium auch lokal in bestimmte Bereiche der Anlage injiziert werden.
  • In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird das Korrosionsmedium in der Anlage von äußeren und inneren Oberflächen, einschließlich innerer Oberflächen von Poren, z. B. während des Anlagenstillstands adsorbiert und anschließend die Prozesstemperatur hergestellt. Dadurch wird die Menge an Korrosionsmedium, mit dem die Oberflächen beladen werden, besser kontrollierbar. Dadurch kann wiederum erreicht werden, dass neben dem Radiotoxikum möglichst wenig nicht radioaktives Material angegriffen und aus der Anlage entfernt wird.
  • In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung kann vor dem Adsorbieren des Korrosionsmediums eine dosierte Korrosion mittels kontrollierter Zugabe des Korrosionsmediums derart bei Prozesstemperatur durchgeführt werden, dass zumindest ein Teil geschlossener Poren geöffnet wird. Dadurch wird sichergestellt, dass bei der Adsorption das Korrosionsmedium einen möglichst großen Flächenanteil der inneren Oberflächen des Porensystems erreicht. Die Dekontamination dieser inneren Oberflächen wird dadurch vollständiger.
  • Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich auch bei bereits stillgelegten Anlagen anwenden. Eventuell nötige Prozesswärme lässt sich auch in Abwesenheit von Kernbrennelementen bereitstellen, indem beispielsweise die Kernstrukturen gasgekühlter Reaktoren durch den Betrieb der Kühlgasgebläse aufgeheizt werden oder die noch vorhandenen Wärmetauscher beispielsweise mit Sekundärdampf versorgt werden.
  • Die Kühlgasgebläse können vorteilhaft so betrieben werden, dass im Reaktor vorhandene kontaminierte Stäube und hier insbesondere Feinstäube gezielt mobilisiert werden. Dann werden diese Stäube vorrangig durch die chemische Reaktion umgesetzt und aus der Anlage entfernt. Gerade Feinstäube sind die für das Personal gefährlichste Art der Kontamination und machen daher nach dem Stand der Technik besondere Schutzmaßnahmen erforderlich. Sind diese Stäube durch das erfindungsgemäße Verfahren beseitigt oder reduziert, wird die weitere Handhabung wesentlich vereinfacht.
  • Es wird erwartet, dass speziell in gasgekühlten graphitmoderierten Reaktoren das erfindungsgemäße Verfahren den Graphit soweit vorreinigt, dass eine vereinfachte Entfernung der Graphitblöcke aus dem Reaktorkern und eine sicherere Endlagerung ermöglicht werden. Es kann damit gerechnet werden, dass das erfindungsgemäße Verfahren einen wesentlichen Teil der insgesamt vorhandenen Oberflächenkontamination entfernen kann. Speziell die Durchführung der chemischen Reaktion mit dem Korrosionsmedium lediglich in oberflächennahen Bereichen hat hier die Wirkung, dass die Graphitblöcke nicht strukturell geschwächt werden und bei der Handhabung durch Manipulatoren nicht zerbrechen. Sofern die Handhabung der Graphitblöcke zur Abschirmung der Strahlung und Bindung von Feinstäuben unter Wasser erfolgt, ergibt sich der Vorteil eines geringeren Übertritts von Radiotoxika in die eingebrachte Flüssigkeit. Das erfindungsgemäße Verfahren leistet jedoch einen Beitrag dazu, dass ggf. eine Handhabung unter Wasser entfallen kann. Dies ist insbesondere in solchen Anlagen, in denen aus statischen Gründen eine Flutung mit Wasser nicht möglich ist, ein entscheidender Vorteil.
  • Spezieller Beschreibungsteil
  • Nachfolgend wird der Gegenstand der Erfindung anhand einer Figur näher erläutert, ohne dass der Gegenstand der Erfindung dadurch beschränkt wird. Es ist gezeigt:
  • 1: Freisetzung von 14C und 12C bei der simulierten Durchführung einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens.
  • In den Arbeiten zur Abtrennung von Tritium (3H), 14C und anderen radiotoxischen Nukliden aus bestrahltem Graphit (i-Graphit) hat sich gezeigt, dass die meisten radiotoxischen Nuklide und vor allem 14C an der Oberfläche des i-Graphits gebunden ist. Dies kann zu einer Abtrennung der Kontamination durch gezielt an äußeren und inneren Oberflächen, einschließlich der inneren Oberflächen von Poren, stattfindende chemische Reaktionen genutzt werden. Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung sieht vor, dass in einem ersten Prozessschritt oberflächenselektive Oxidationsprozesse mit Sauerstoff, Wasserdampf oder Halogenen oder aber oberflächenselektive Reduktionsprozesse mit Wasserstoff, Kohlenwasserstoffen oder halogenierten Kohlenwasserstoffen durchgeführt werden. Diese Korrosionsmedien können beispielsweise als Beimischung zu einer Inertgasatmosphäre bei Temperaturen im Bereich der Reaktorbetriebstemperatur eingebracht werden.
  • In 1 ist an einem Beispiel gezeigt, wie eine Abtrennung von 14C auf diese Weise durchgeführt werden kann. Aufgetragen sind die Freisetzung ΔC-14 von 14C und ΔC-12 von 12C über der Zeit t bei einer Prozesstemperatur von 900°C. Insbesondere in der Anfangsphase steigt die Freisetzung von 14C viel schneller an als die Freisetzung von 12C, da der am schnellsten mobilisierbare Anteil des insgesamt vorhandenen Kohlenstoffs einen hohen Anteil 14C enthält. Zu Beginn wird daher über 100mal mehr 14C als 12C freigesetzt. Mit fortschreitender Zeit werden auch schwerer mobilisierbare Kohlenstoffanteile freigesetzt, die einen höheren Anteil 12C enthalten. Daher nimmt der Faktor, um den die Freisetzung von 14C über der von 12C liegt, mit der Zeit ab. Sind etwa 70% des 14C freigesetzt, sind auch etwa 2% des 12C freigesetzt. Der Faktor ist also von über 100 auf etwa 35 gefallen. Für geringere Prozesstemperaturen werden bei gleichzeitiger Verlängerung der Prozessdauer ähnliche Ergebnisse erwartet.
  • In einem zweiten Prozessschritt dieses Ausführungsbeispiels werden mit höheren Konzentrationen an Halogenen und gegebenenfalls auch höheren Temperaturen metallische Radionuklide in flüchtigere Methallhalogenide überführt, so dass diese ebenfalls in die Gasphase übergehen. Da bei diesem Verfahren in der Regel deutlich niedrigere Temperaturen angewendet werden als bei Verfahren nach dem Stand der Technik, bei denen der Graphit ex-situ nach dem Ausbau aus dem Reaktorkern in einem separaten Ofensystem behandelt wird, ist die erwartete Reaktionsrate deutlich geringer als bei der ex-situ-Behandlung. Daher ist eine zyklische Gasführung vorteilhaft. Der hierfür erforderliche Mehraufwand wird durch eine deutliche Reduktion des Gesamtaufwands für den Rückbau überkompensiert.
  • Eine Temperatur, die die chemische Reaktion unterstützt oder beschleunigt, kann durch einen Weiterbetrieb der Kernspaltung, durch Nutzung der Nachwärme aus dem Zerfall der Spaltprodukte nach Abschaltung der Kernspaltung oder durch zusätzliche interne oder externe Heizelemente hergestellt werden. Die Nutzung der Nachwärme kann vorteilhaft durch eine Reduzierung der Umwälzrate, eine Verringerung des Kühlmitteldrucks oder eine Verringerung der Wärmeabfuhr über die Wärmetauscher unterstützt werden. Eine externe Heizung hat den Vorteil, dass in der Nähe der Einspeisung des Korrosionsmediums keine kälteren Zonen entstehen. Für die zyklische Gasführung können die im Reaktor ohnehin vorhandenen Kühlgassysteme weiter genutzt werden. Zur Abtrennung der Radionuklide genügt es dann, die Gasreinigungsanlage zu modifizieren. Falls dies nicht möglich ist, kann über einen Gasbypass eine neue, den Temperaturen und der Gaszusammensetzung angepasste Gasreinigungsanlage installiert werden.
  • ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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  • Zitierte Patentliteratur
    • - US 2002/0064251 A1 [0004]

Claims (16)

  1. Verfahren zur zumindest teilweisen Entfernung mindestens eines Radiotoxikums aus einer kerntechnischen Anlage, deren nuklearer Teil im Betrieb von mindestens einem Betriebsmittel durchströmt wird, wobei das Betriebsmittel durch mindestens einen Vorlauf in die Anlage eingeführt und durch mindestens einen Rücklauf aus der Anlage ausgeführt wird, gekennzeichnet durch folgende Schritte: a. mindestens ein Korrosionsmedium wird einzeln oder in Kombination mit dem Betriebsmittel durch den Vorlauf in die Anlage eingeführt; b. das Korrosionsmedium wird in der Anlage mit dem Radiotoxikum in Kontakt gebracht und überführt das Radiotoxikum durch eine chemische Reaktion zumindest zum Teil in eine chemische Verbindung, wobei die chemische Reaktion im Wesentlichen lediglich an äußeren und inneren Oberflächen, mit denen das Korrosionsmedium in Kontakt kommt, einschließlich innerer Oberflächen von Poren, in die das Korrosionsmedium eindringt, stattfindet; c. diese chemische Verbindung wird zumindest zum Teil durch den Rücklauf aus der Anlage ausgeführt.
  2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der nukleare Teil der Anlage auf eine Temperatur aufgeheizt wird, die die chemische Reaktion unterstützt oder beschleunigt.
  3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Prozessparameter so gewählt werden, dass das Korrosionsmedium weit in ein vorhandenes Porensystem eindringen kann, so dass es zumindest einen Teil des dort befindlichen Radiotoxikums durch eine chemische Reaktion in eine chemische Verbindung überführt.
  4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Radiotoxikum durch das Korrosionsmedium zumindest zum Teil in eine gasförmige chemische Verbindung überführt wird.
  5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass eine oder mehrere der folgenden Komponenten als gasförmige chemische Verbindung gebildet werden: a. CO b. CO2 c. Kohlenwasserstoff, insbesondere CH4 d. halogenierter Kohlenwasserstoff e. HTO f. Säure, insbesondere HCl
  6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die aus dem Korrosionsmedium und dem Radiotoxikum gebildete chemische Verbindung aufgefangen und einer gesonderten Behandlung zugeführt wird.
  7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Korrosionsmedium auf dem Weg durch die Anlage mindestens eine Komponente derselben angreift.
  8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass ein gasförmiges Korrosionsmedium gewählt wird.
  9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass ein Korrosionsmedium gewählt wird, welches eine oder mehrere der folgenden Komponenten enthält: a. Sauerstoff b. Luft c. Wasserdampf d. Wasserstoff e. Halogen f. halogenierter Kohlenwasserstoff
  10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Anlage im Betrieb von einem gasförmigen Kühlmittel als Betriebsmittel durchströmt wird.
  11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Korrosionsmedium in der Anlage mit Graphit, insbesondere Reaktorgraphit oder Kohlestein, in Kontakt gebracht wird, der mit dem mindestens einen Radiotoxikum kontaminiert ist.
  12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass das Korrosionsmedium in der Anlage mit 14C, 36Cl, 129I, 60Co, 3H oder 99Tc als Radiotoxikum in Kontakt gebracht wird.
  13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Korrosionsmedium in der Anlage von äußeren und inneren Oberflächen, einschließlich innerer Oberflächen von Poren, adsorbiert wird und anschließend die Prozesstemperatur hergestellt wird.
  14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Adsorbieren des Korrosionsmediums eine dosierte Korrosion mittels kontrollierter Zugabe des Korrosionsmediums derart bei Prozesstemperatur durchgeführt wird, dass zumindest ein Teil geschlossener Poren geöffnet wird.
  15. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass die Anlage evakuiert oder mit einem inerten Medium gespült wird, um die aus dem Korrosionsmedium und dem Radiotoxikum gebildete chemische Verbindung aus der Anlage zu entfernen.
  16. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass das aus der Anlage entfernte Radiotoxikum angereichert wird.
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