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Gebiet der Erfindung
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Die
Erfindung betrifft die Assistenz- und Sicherheitstechnik für Fahrzeuge.
Insbesondere betrifft die Erfindung ein Fahrerassistenzsystem zur
Vermeidung einer Kollision eines Fahrzeugs und zum vollautonomen
Bremsen, ein Fahrzeug mit einem Fahrerassistenzsystem, die Verwendung
eines Fahrerassistenzsystems in einem Fahrzeug, ein Verfahren zum
Vermeiden einer Kollision eines Fahrzeugs, ein Programmelement sowie
ein computerlesbares Medium.
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Technologischer Hintergrund
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Heutige
Fahrerassistenzsysteme ermöglichen
ein weitgehend gleichförmiges
autonomes Bremsen bis zu einer negativen Beschleunigung von 0,4
g. Ein stärkeres
autonomes Bremsen ist nicht erlaubt, um zu vermeiden, dass eine
Falscheinschätzung
der aktuellen Situation durch die Umfeldsensorik und Elektronik
des Fahrzeugs zu einer kritischen Vollbremsung führt.
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Fehlerhafte
Bremsungen mit max. 0,3 bis 0,4 g werden in der Gefahrenanalyse
als unkritisch und beherrschbar für den Fahrer eingestuft. Allerdings
ist ein solches System nicht in der Lage, einen Aufprall zu vermeiden,
falls ein stärkeres
Bremsen notwendig ist.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Es
ist eine Aufgabe der Erfindung, eine Erhöhung der Fahrsicherheit bereitzustellen.
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Es
sind ein Fahrerassistenzsystem zur Vermeidung einer Kollision eines
Fahrzeugs und zum vollautonomen Bremsen des Fahrzeugs, ein Fahrzeug,
eine Verwendung, ein Verfahren, ein Programmelement und ein computerlesbares
Medium gemäß den Merkmalen
der unabhängigen
Ansprüche
angegeben. Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Die
beschriebenen Ausführungsbeispiele betreffen
gleichermaßen
das Fahrerassistenzsystem, das Fahrzeug, die Verwendung, das Verfahren, das
Programmelement und das computerlesbare Medium. In anderen Worten
lassen sich die im Folgenden im Hinblick auf das Fahrerassistenzsystem genannten
Merkmale in dem Verfahren, dem Programmelement und dem computerlesbaren
Medium implementieren, und umgekehrt.
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Gemäß einem
Ausführungsbeispiel
der Erfindung ist ein Fahrerassistenzsystem zur Vermeidung einer
Kollision eines Fahrzeugs angegeben, wobei das Fahrerassistenzsystem
ein Detektions- und Steuermodul und ein Eingriffsmodul aufweist. Das
Detektions- und Steuermodul dient der Detektion und der Identifikation
einer kritischen Fahrsituation des Fahrzeugs, welche zu einer Kollision
führen kann.
Das Eingriffsmodul dient dem autonomen, also vollautomatischen Verzögern der
Geschwindigkeit des Fahrzeugs mit einer ersten negativen Beschleunigung,
wenn eine erste Bedingung erfüllt
ist. Weiterhin dient das Eingriffsmodul zum darauffolgenden autonomen
Verzögern
der Geschwindigkeit des Fahrzeugs mit einer zweiten, größeren negativen
Beschleunigung, wenn eine zweite Bedingung erfüllt ist und bevor der letzte
Zeitpunkt zur Vermeidung einer Kollision verstrichen ist.
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In
anderen Worten erfolgt der autonome Bremsvorgang zweistufig. In
einer ersten Stufe bremst das Bremssystem, gesteuert durch eine
Steuereinheit eines elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP), das Fahrzeug
moderat, wenn die erste Bedingung erfüllt ist.
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Bei
der ersten Bedingung handelt es sich beispielsweise darum, dass
die Umfeldsensorik eine Situation detektiert, die prinzipiell zu
einem Aufprall oder anderweitigen Unfall führen kann.
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Wird
nun zu einem späteren
Zeitpunkt auch noch die zweite Bedingung erfüllt, wird das Fahrzeug noch
stärker
abgebremst, um die Kollision zu vermeiden. Durch das moderate Bremsen
in der ersten Stufe wird das Unfallrisiko frühzeitig reduziert. Hierdurch wird
Zeit gewonnen, damit der Fahrer in das Fahrgeschehen eingreifen
kann.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist das Eingriffsmodul zum Steigern der zweiten negativen
Beschleunigung während
dem Abbremsen ausgeführt.
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So
erfolgt das Abbremsen in der zweiten Stufe nicht abrupt. Vielmehr
kann die negative Beschleunigung kontinuierlich erhöht werden,
bis beispielsweise eine Vollbremsung erfolgt.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung erfolgt das Steigern der zweiten negativen Beschleunigung
linear mit der Zeit. Auch ist es möglich, dass die Steigerung
der Bremskraft stetig erfolgt, so dass der zeitliche Verlauf der
Bremskraft keinen „Knick” aufweist.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist die erste Bedingung dann erfüllt, wenn ein vorbestimmter
Zeitpunkt bis zu einer von dem Detektions- und Steuermodul geschätzten Kollisionszeit
erreicht ist.
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Hierfür weist
das Detektions- und Steuermodul einen oder mehrere Umfeldsensoren
sowie eine Steuereinheit auf, welche die aktuelle Verkehrssituation
detektieren, auswerten und beurteilen können.
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Der
vorbestimmte Zeitpunkt bis zu der geschätzten Kollisionszeit kann beispielsweise
von der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit sowie von den Umgebungsbedingungen
und Straßenverhältnissen abhängen. Beispielsweise
ist dieser Zeitpunkt länger, wenn
die Straßenoberfläche einen
niedrigeren Reibungskoeffizienten aufweist, also rutschiger ist,
als wenn die Straße
einen höheren
Reibungskoeffizienten aufweist, also weniger rutschig ist, da im
zweiten Fall stärker
gebremst werden kann.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist die zweite Bedingung dann erfüllt, wenn der Fahrer des Fahrzeugs über ein
bestimmtes Zeitintervall seit Erfüllung der ersten Bedingung
nicht in das Fahrgeschehen eingreift.
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In
anderen Worten wird also zuerst moderat gebremst. Greift der Fahrer
nun über
beispielsweise den Zeitraum von einer Sekunde oder einer halben Sekunde
nicht in das Fahrgeschehen ein (er weicht also nicht aus, bremst
nicht, beschleunigt nicht, etc.), dann erfolgt die zweite Stufe
des autonomen Eingriffs, nämlich
das stärkere
Abbremsen.
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Der
Fahrer hat also die Möglichkeit,
den autonomen Bremsvorgang abzubrechen.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist das Eingriffsmodul zur Berechnung des bestimmten Zeitintervalls
auf Basis von Messdaten ausgeführt.
Je nach Fahrzeuggeschwindigkeit und/oder Umgebungsbedingungen kann
die Zeit, die dem Fahrer zum Eingriff zur Verfügung steht, variieren.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist das Eingriffsmodul zum Abbruch des autonomen Bremsvorgangs
ausgeführt,
wenn eine Betätigung
des Gaspedals erfolgt.
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Durch
Betätigung
des Gaspedals oder durch ein Ausweichen kann der Fahrer den autonomen
Eingriff des Fahrerassistenzsystems abbrechen. Hierdurch wird vermieden,
dass sich das System verselbstständigt.
Dies kann insbesondere dann von Bedeutung sein, wenn eine Fehleinschätzung der
Verkehrssituation durch das Fahrerassistenzsystem vorliegt.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung entspricht das Eingriffsmodul dem Sicherheitsstandard
SIL3. SIL steht für
Safety Integrity Level. Für
das Detektions- und Steuermodul hingegen ist ein niedrigerer Sicherheitsstandard
als SIL3 ausreichend.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist das Detektions- und Steuermodul mit einer Umfeldsensorik ausgestattet,
mit welcher es die kritische Fahrsituation detektiert.
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Hierbei
handelt es sich beispielsweise um eine Kamera, einen Radarsensor
oder einen Lidarsensor.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist das Detektions- und Steuermodul mit einer digitalen
Karte ausgestattet, welche es zur Identifikation der kritischen
Situation hinzuzieht.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist ein Fahrzeug mit einem oben beschriebenen Fahrerassistenzsystem
angegeben.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist die Verwendung eines oben beschriebenen Fahrerassistenzsystems
in einem Fahrzeug angegeben.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist ein Verfahren zum Vermeiden einer Kollision eines
Fahrzeugs angegeben, bei dem eine kritische Fahrsituation des Fahrzeugs
detektiert wird, wobei diese kritische Fahrsituation zu einer Kollision führen kann,
falls kein Eingriff erfolgt. Weiterhin erfolgt eine Identifikation
der kritischen Fahrsituation durch die Fahrzeugelektronik.
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Daraufhin
erfolgt ein autonomes Verzögern der
Fahrzeuggeschwindigkeit mit einer ersten negativen Beschleunigung,
wenn eine erste Bedingung erfüllt
ist. Wenn eine zweite Bedingung erfüllt ist, erfolgt daraufhin
ein autonomes Verzögern
der Fahrzeuggeschwindigkeit mit einer zweiten, größeren negativen
Beschleunigung, bevor der letzte Zeitpunkt zur Vermeidung einer
Kollision verstrichen ist.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist ein Programmelement angegeben, das, wenn es auf einem
Prozessor ausgeführt
wird, den Prozessor anleitet, die oben beschriebenen Verfahrensschritte
durchzuführen.
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Gemäß einem
weiteren Ausführungsbeispiel der
Erfindung ist ein computerlesbares Medium angegeben, auf dem ein
Programmelement gespeichert ist, das, wenn es auf einem Prozessor
ausgeführt
wird, den Prozessor anleitet, die oben angegebenen Verfahrensschritte
durchzuführen.
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Dabei
kann das Programmelement z. B. Teil einer Software sein, die auf
einem Prozessor des Fahrerassistenzsystems gespeichert ist. Der
Prozessor kann dabei ebenso Gegenstand der Erfindung sein. Weiterhin
umfasst dieses Ausführungsbeispiel der
Erfindung ein Programmelement, welches schon von Anfang an die Erfindung
verwendet, sowie auch ein Programmelement, welches durch eine Aktualisierung
(Update) ein bestehendes Programm zur Verwendung der Erfindung veranlasst.
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Im
Folgenden werden mit Verweis auf die Figuren Ausführungsbeispiele
der Erfindung beschrieben.
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Kurze Beschreibung der Figuren
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1 zeigt
ein Fahrzeug gemäß einem
Ausführungsbeispiel
der Erfindung.
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2 zeigt
eine Verkehrssituation, bei dem ein Fahrerassistenzsystem gemäß einem
Ausführungsbeispiel
der Erfindung zum Einsatz kommen kann.
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3A und 3B zeigen
weitere Verkehrssituationen, bei denen ein Fahrerassistenzsystem
gemäß einem
Ausführungsbeispiel
der Erfindung zum Einsatz kommen kann.
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4 zeigt
ein Fahrerassistenzsystem.
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5 zeigt
ein Fahrerassistenzsystem gemäß einem
Ausführungsbeispiel
der Erfindung.
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6 zeigt
einen Bremsverlauf gemäß einem
Ausführungsbeispiel
der Erfindung.
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7 zeigt
ein Flussdiagramm eines Verfahrens gemäß einem Ausführungsbeispiel
der Erfindung.
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Detaillierte Beschreibung
von Ausführungsbeispielen
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Die
Darstellungen in den Figuren sind schematisch und nicht maßstäblich.
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In
der folgenden Figurenbeschreibung werden für die gleichen oder ähnlichen
Elemente die gleichen Bezugsziffern verwendet.
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1 zeigt
ein Fahrzeug 103 gemäß einem Ausführungsbeispiel
der Erfindung, welches ein Fahrerassistenzsystem 100 aufweist.
Das Fahrerassistenzsystem 100 umfasst ein Detektions- und
Steuermodul 101 sowie ein daran angeschlossenes Eingriffsmodul 102.
Das Detektions- und Steuermodul 101 weist beispielsweise
eine Kommunikationseinheit mit einer entsprechenden Antenne 115 auf, über welche
es mit benachbarten Fahrzeugen, einer Zentrale oder dem Umfeld der
Straße
installierten lokalen Sendeeinrichtungen kommunizieren kann.
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Hierdurch
kann das Fahrerassistenzsystem 100 wertvolle Informationen
empfangen, die beispielsweise die aktuellen Straßenverhältnisse, Änderungen in einer digitalen
Karte oder Gefahrensituationen beschreiben.
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Es
ist zu beachten, dass die Kommunikation innerhalb des Fahrzeugs
(beispielsweise die Kommunikation zwischen dem Detektions- und Steuermodul 101 und
Eingriffsmodul 102) sowohl kabelgebunden als auch kabellos
erfolgen kann.
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Wenn
im Folgenden von „digitalen
Karten” die
Rede ist, sind auch Karten für
fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme (ADAS, Advanced Driver Assistance
Systems) zu verstehen, ohne dass eine Navigation stattfindet.
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Bei
dem Fahrzeug handelt es sich beispielsweise um ein Kraftfahrzeug,
wie Auto, Bus oder Lastkraftwagen, oder aber auch um ein Schienenfahrzeug
oder ein Motorrad.
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Durch
das erfindungsgemäße Fahrerassistenzsystem
kann die Fahrsicherheit erhöht
werden und die Anzahl an Verkehrsunfällen reduziert werden. Dies
wird u. a. dadurch erreicht, dass die Anzahl von Situationen im
Verkehr (Anwendungsfälle),
bei denen ein Kollisionsverhinderungssystem (Fahrerassistenzsystem)
autonom eingreifen darf, erhöht
wird. Weiterhin wird das Verzögerungsniveau
während
einer autonomen Intervention, also einem autonomen Bremsen, erhöht.
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Die
funktionellen Eigenschaften des Fahrerassistenzsystems führen nicht
zu zusätzlichen
Anforderungen an das Detektions- und
Steuermodul 101 (siehe beispielsweise 5).
Auch werden die Anforderungen an die Systemarchitektur, die sich
in Hinsicht auf das Sicherheitskonzept ergeben, nicht erhöht.
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Vielmehr
basiert das Sicherheitskonzept auf bereits verwendeten Systemkomponenten
im Fahrzeug und der verwendeten Systemarchitektur. Hierbei handelt
es sich um nicht-redundante Umfeldsensoren und eine Steuereinheit
(ECU Prozessor), die ebenfalls nicht redundant ist. Allerdings ist
das Bremssystem-Design
(also das ESP) redundant ausgeführt,
um dem Sicherheitsstandard ASIL3 zu genügen.
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2 zeigt
eine erste Fahrsituation, bei dem ein autonomer Eingriff eines erfindungsgemäßen Fahrerassistenzsystems
erfolgen kann. Ein Fahrzeug 103 nähert sich einem Fahrzeug 204.
Die Kollision kann vermieden werden, indem der Fahrer des hinteren
Fahrzeugs 103 ein Ausweichmanöver 202 durchführt, wodurch
das Fahrzeug von der Position 201 in eine seitlich verschobene
Position 203 neben dem Fahrzeug 204 versetzt wird.
Hierfür
ist beispielsweise eine seitliche Beschleunigung alert von 12 m/s2 erforderlich.
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In
diesem Fall ist es möglich,
dass das erfindungsgemäße Fahrerassistenzsystem
bereits bei der Position 201 eingreift, indem ein moderates
Abbremsen erfolgt. Hierdurch hat der Fahrer mehr Zeit, das Ausweichmanöver durchzuführen, da
die Geschwindigkeit des Fahrzeugs bereits reduziert wird.
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Wird
kein Ausweichmanöver
durchgeführt, steigert
das Fahrerassistenzsystem den Bremsdruck nach Verstreichen eines bestimmten
Zeitintervalls automatisch, so dass die Kollision vermieden wird.
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Die 3A und 3B zeigen
weitere Situationen, in denen ein solches Fahrerassistenzsystem zum
Einsatz kommen kann. 3A zeigt eine Auffahrsituation,
bei der das Objekt 301, bei dem es sich beispielsweise
um einen Pkw handelt, eine Geschwindigkeit von 100 km/h aufweist.
Die Geschwindigkeit ist konstant. Das folgende Fahrzeug 103 weist eine
deutlich höhere
Geschwindigkeit von 200 km/h auf. Auch diese Geschwindigkeit ist
konstant.
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Ohne
Eingriff würde
es zu einem Unfall kommen.
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3B zeigt
eine weitere Situation, bei der ein vorausfahrendes Fahrzeug 302,
das sich auf einer anderen Spur 304 als das eigene Fahrzeug 103 (Spur 303)
befindet, plötzlich
einschert. Hierbei ist das vorausfahrende Fahrzeug 302 deutlich
langsamer (beispielsweise 100 km/h) wohingegen das Fahrzeug 103 eine
Geschwindigkeit von 160 km/h fährt.
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Das
vorausfahrende Fahrzeug 302 schert bei einem Abstand von
15 m zum nachfolgenden Fahrzeug ein. Auch hier ist ein Unfall nur
vermeidbar, wenn ein Eingriff von Seiten des Fahrers oder autonom
durch das Fahrerassistenzsystem stattfindet.
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4 zeigt
ein Fahrerassistenzsystem, welches ein CMS System (Collision Mitigation
System) aufweist. Das System weist ein Detektions- und Steuermodul 101 sowie
ein Eingriffsmodul 102 auf.
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Das
Detektions- und Steuermodul 101 entspricht hierbei dem
hohen Sicherheitsstandard SIL3. Ebenso das Eingriffsmodul 102.
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Das
Detektions- und Steuermodul 101 weist ein Teilmodul 105 zur
Beschreibung der Umwelt des Fahrzeugs auf. Dieses Modul analysiert
Daten, die ihm von entsprechenden Umfeldsensoren 104 (beispielsweise
einer Kamera) sowie einer digitalen Karte und/oder einem ESP-Steuergerät 109 zugeführt werden.
Hierbei kann der aktuelle Fahrzeugzustand, die aktuelle Position
des Fahrzeugs sowie die aktuelle Verkehrssituation analysiert werden.
Insbesondere können
Hindernisse, wie beispielsweise andere Fahrzeuge, detektiert werden.
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Das
Ergebnis dieser Umfeld- und Situationsanalyse wird dann einem zweiten
Teilmodul 106 übergeben.
Das zweite Teilmodul 106 weist ein Interpretations- und
Vorhersagemodul 107 auf, welches die zugeführten Daten
analysiert und Voraussagen für
die Zukunft (beispielsweise bezüglich
einem zu erwartenden Aufprallzeitpunkt) trifft. Die Ergebnisse werden
dann einem kinematischen Steuermodul (KCM) 108 übergeben.
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Die
resultierenden Daten werden dann über den Fahrzeugbus (Controller
Area Network, CAN) 110 an das Eingriffsmodul 102 übergeben.
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Das
Eingriffsmodul 102 weist ein Teilmodul 111 auf,
bei dem es sich um ein dynamisches Steuermodul handelt. Die Steuerdaten
aus diesem Modul 111 werden dann an eine Aktuatorsteuerung 112 weitergegeben,
die beispielsweise das ESP-System ansteuert und somit das Bremssystem 114 betätigen kann.
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Da
sämtliche
Module (inkl. Umfeldsensoren) einem hohen Sicherheitsstandard genügen müssen, sind
sie redundant ausgeführt.
Das System der 4 kann zur autonomen Vollbremsung
unabhängig
von der Fahrerreaktion ausgeführt sein,
wenn eine Kollision unvermeidbar ist. In diesem Fall wird die autonome
Bremsfunktion nicht eingeschränkt,
außer
wenn beispielsweise der Schwellwert für eine Gaspedal-Stellung überschritten
wird.
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Die
Anforderungen für
ein solches System sind hoch, da die Ausfallraten sehr gering sein
müssen
und das Objekt (anderes Fahrzeug) sicher detektiert werden muss
(d. h. geringe systematische Fehler in der Umfelderkennung somit
redundante Umfeldsensorik wahrscheinlich notwendig z. B. Radar + Kamera).
Sämtliche
relevanten Komponenten befinden sich auf SIL3-Niveau.
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5 zeigt
ein Fahrerassistenzsystem gemäß einem
Ausführungsbeispiel
der Erfindung, bei dem das Detektions- und Steuermodul 101 auch
als nicht-redundante Hardwareplattform ausgeführt sein kann, so dass die
Wahrscheinlichkeit für
Fehlfunktionen des Systems im Vergleich zu einer SIL3-Plattform erhöht ist.
Natürlich
kann das Modul 101 auch aufwändiger ausgeführt sein,
so dass es dem SIL3-Standard genügt.
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Erfindungsgemäß wird eine
Not-Vollbremsung ermöglicht,
bevor die Kollision unvermeidbar ist, wenn nach dem Einleiten eines
Bremsvorgangs der Fahrer über
einen bestimmten Zeitraum nicht eingegriffen hat.
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Um
die erforderlichen Randbedingungen zu überprüfen, ist ein Filtermodul 113 innerhalb
des Eingriffsmoduls 102 vorgesehen, welches mit den Aktuatorsteuerdaten
vom Modul 112 versorgt wird. Das Bremssystem 114 wird
nur dann autonom angesteuert, wenn die erste bzw. die zweite Bedingung
erfüllt ist.
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Ist
die erste Bedingung erfüllt
(kommt das System also zu dem Ergebnis, dass eine Gefahrensituation
vorliegt, die ein Bremsen erforderlich macht), wird eine schwache-autonome
Intervention gestartet (beispielsweise eine Bremsung zwischen 0,3
bis 0,4 g). Diese schwache autonome Intervention ist nur dann gestattet,
wenn sich die Stellung des Gaspedals und der Gradient unter bestimmten
Schwellwerten befinden. In anderen Worten kann der Fahrer den Bremseingriff
abbrechen. Damit kann erreicht werden, dass die Funktion nur abgebrochen
wird, wenn der Fahrer die Gaspedalstellung zügig erhöht Eine starke Intervention
ist nur dann gestattet, wenn der Fahrer gleichzeitig bremst oder
wenn der Fahrer nicht innerhalb beispielsweise einer Sekunde nach Einsetzen
der autonomen Bremsung und/oder der Warnung reagiert hat.
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6 zeigt
einen Bremsverlauf bei einem Eingriff eines Fahrerassistenzsystems
gemäß einem Ausführungsbeispiel
der Erfindung. Die Hochachse 612 bezeichnet die Bremskraft
und die Querachse 604 bezeichnet die Zeit.
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Zum
Zeitpunkt 601 (0,8 Sekunden vor dem Bremseingriff TTB)
befindet sich das Fahrzeug 103 hinter dem zweiten Fahrzeug 301,
wobei eine Geschwindigkeitsdifferenz von über 50 km/h vorliegt. Der Zeitpunkt
bis zu einer möglichen
Kollision liegt bei etwa 1,4 Sekunden.
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Vor
dem Zeitpunkt 601 ist die Bremskraft 605 Null.
Zum Zeitpunkt 601 wird dann die Bremskraft auf beispielsweise
0,4 g heraufgesetzt (siehe Bezugszeichen 606). Der Zeitpunkt 602 ist
der Zeitpunkt, bei dem ohne vorherige Verzögerung eine Vollbremsung erforderlich
wäre. Zwischen
den beiden Zeitpunkten 601 und 602 sind etwa 800
Millisekunden vergangen.
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Zum
späteren
Zeitpunkt 607 (es ist etwa eine Sekunde seit dem Bremseingriff
vergangen) wird die zweite Bremsphase eingeleitet, indem die Bremskraft linear
erhöht
wird (siehe Bezugszeichen 608).
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Bisher
hat der Fahrer nicht eingegriffen. Die Bremskraft wird etwa eine
Sekunde lang auf den maximalen Wert 609 erhöht. Ab diesem
Zeitpunkt wird die Bremskraft 610 konstant gehalten. Die
Fläche 611 unter
der Kurve ist ein Maß für die zusätzliche Reduzierung
der Geschwindigkeit des Fahrzeugs.
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Bei
Fahrerassistenzsystemen mit nur einem Umfeldsensor sind nur schwache
autonome Interventionen gestattet (maximal 0,3 bis 0,4 g). Starke
Interventionen sind nur gestattet, wenn der Fahrer gleichzeitig
bremst oder wenn der Fahrer nicht innerhalb von einer Sekunde nach
Einsatz der autonomen Bremsung und/oder Warnung reagiert hat. Starke
Interventionen werden durch einen allmählichen Anstieg des Bremsdrucks
erreicht, d. h. es erfolgt keine kritische abrupte Erhöhung der
(negativen) Fahrzeugbeschleunigung. Die Bremseingriffe können immer
durch eine Betätigung
des Gaspedals durch den Fahrer abgebrochen werden. Im Falle einer
Fehlreaktion des Systems wird der Fahrer grundsätzlich auf die Aktivierung
des Systems, durch die Warnung und/oder durch autonomes Bremsen,
aufmerksam gemacht und es wird ihm ermöglicht, innerhalb einer Sekunde
(oder eines anderen vom System bestimmten Zeitraums) durch Betätigung des
Gaspedals zu reagieren und den (fehlerhaften) autonomen Eingriff abzubrechen.
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Das
Fahrerassistenzsystem ist in der Lage, die kinetische Energie bis
zum Aufprall bei dem in 3A dargestellten
Fall auf 4% der Ausgangsenergie zu reduzieren (sog. „Auffahrsituation”). Im Falle einer „Folgesituation”, bei dem der
Abstand zum Objekt 10 m beträgt,
die Geschwindigkeit des vorausfahrenden Objektes 100 km/h,
die negative Beschleunigung des Objekts –8 m/s2 und
die Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs 100 km/h, kann
die kinetische Energie auf 15% bis zum Aufprall reduziert werden.
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Fahrerassistenzsysteme,
die lediglich eine Not-Vollbremsung ausführen, wenn die Kollision unvermeidbar
ist (also max. Bremsen- oder Lenkeingriff), reduzieren die kinetische
Energie in den beiden Fällen
lediglich auf 36% bzw. 42%.
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Fahrerassistenzsysteme,
die lediglich ein schwaches autonomes Bremsen bis zu 0,4 g zulassen,
reduzieren die kinetischen Energien in den beiden Fällen lediglich
auf 40% bzw. 48%.
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7 zeigt
ein Flussdiagramm eines Verfahrens, bei dem in Schritt 701 eine
Analyse der Umwelt des Fahrzeugs stattfindet. In Schritt 702 erfolgt
die erste Stufe eines autonomen Bremsvorgangs mit einer moderaten
negativen Verzögerung.
In Schritt 703 wird durch die Elektronik geklärt, ob die
Bedingung für
ein starkes Bremsen erfüllt
ist. Das starke Bremsen wird dann in Schritt 704 eingeleitet,
indem der Bremsdruck stetig erhöht
wird.
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Auf
diese Weise kann die Sicherheit für den Fahrer erhöht werden,
da die Anzahl an Anwendungsfällen
für einen
vollautonomen Bremseingriff erweitert wird, ohne dabei die Anforderungen
an das System signifikant zu erhöhen.
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Für einen
unaufmerksamen Fahrer (der z. B. noch auf dem Gaspedal steht) ist
der autonome Bremseingriff erlaubt und kann bereits vor dem spätesten Ausweichzeitpunkt
erfolgen. Auf diese Weise kann die noch zur Verfügung stehende Zeit für wirksamen
Geschwindigkeitsabbau und Ausweichmanöver erhöht werden, so dass der Druckaufbaugradient für den Bremseingriff
moderat bleiben kann.
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Ergänzend sei
darauf hingewiesen, dass „umfassend” und „aufweisend” keine
anderen Elemente oder Schritte ausschließt und „eine” oder „ein” keine Vielzahl ausschließt. Ferner
sei darauf hingewiesen, dass Merkmale oder Schritte, die mit Verweis auf
eines der obigen Ausführungsbeispiele
beschrieben worden sind, auch in Kombination mit anderen Merkmalen
oder Schritten anderer oben beschriebener Ausführungsbeispiele verwendet werden
können.
Bezugszeichen in den Ansprüchen
sind nicht als Einschränkungen
anzusehen.