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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Regelung der Bewegung eines Fahrzeugs nach den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
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Aus dem Stand der Technik sind, wie in der
DE 10 2013 213 171 A1 beschrieben, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Betreiben eines Kraftfahrzeugs in einem automatisierten Fahrbetrieb bekannt. In dem Verfahren wird eine Standardtrajektorie ermittelt, die eine Fahrzeugführung gemäß der vom Fahrer vorgegebenen Zieleinstellung und der momentanen Fahrzeugumfeldsituation umsetzt, und es wird eine Sicherheitstrajektorie ermittelt, die ein sicheres Anhalten des Fahrzeugs im Falle eines Notfalls in Abhängigkeit der momentanen Fahrzeugumfeldsituation umsetzt. In dem Verfahren wird des Weiteren die Standardtrajektorie einer ersten Regelungseinrichtung zugeführt, durch die die Signale an Aktoreinrichtungen des Fahrzeugs zur Fahrzeugführung auf Basis der Standardtrajektorie weiterleitbar sind, und die Sicherheitstrajektorie wird einer zweiten Regelungseinrichtung zugeführt, durch die Signale an Aktoreinrichtungen des Fahrzeugs zur Fahrzeugführung auf Basis der Sicherheitstrajektorie weiterleitbar sind. Im Standardbetrieb werden die Aktoreinrichtungen zur Fahrzeugführung durch die erste Regelungseinrichtung angesteuert und im Sicherheitsfall, wenn der automatisierte Fahrbetrieb nicht sichergestellt werden kann, werden die Aktoreinrichtungen durch die zweite Regelungseinrichtung angesteuert, um das Fahrzeug ohne Gefährdung anzuhalten.
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In der
DE 10 2015 003 124 A1 der Anmelderin, deren vollständiger Inhalt hiermit durch Referenz aufgenommen wird, werden ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Betreiben eines Fahrzeugs in einem automatisierten Fahrbetrieb beschrieben. Während einer Normalfunktion des automatisierten Fahrbetriebs wird fortlaufend eine Notfallsolltrajektorie ermittelt und gespeichert, die nach Eintritt zumindest eines vorgegebenen Fehlerereignisses einer automatisierten Trajektorienregelung des Fahrzeugs zugrunde gelegt werden soll. Bei einer erfolgten Detektion des Eintritts des zumindest einen vorgegebenen Fehlerereignisses wird ein Notfallbetriebsmodus aktiviert, in dem die automatisierte Trajektorienregelung des Fahrzeugs eingeleitet und gemäß der vor dem Eintritt des zumindest einen vorgegebenen Fehlerereignisses gespeicherten Notfallsolltrajektorie für eine vorgegebene Zeitdauer und/oder bis zum Stillstand des Fahrzeugs durchgeführt wird, falls und solange keine Fahrzeugführungsübernahme durch einen Fahrzeugführer des Fahrzeugs erfolgt.
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In der
DE 10 2017 011 808 A1 der Anmelderin, deren vollständiger Inhalt hiermit durch Referenz aufgenommen wird, werden ein Verfahren zur Regelung der Bewegung eines Fahrzeugs in einem automatisierten, insbesondere hochautomatisierten, Fahrbetrieb und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens beschrieben. In dem Verfahren wird der automatisierte Fahrbetrieb von einem regulären Betriebsmodus, in dem das Fahrzeug mittels eines Hauptsteuergeräts automatisiert entlang einer regulären Solltrajektorie zu einer vorgegebenen Zielposition geführt wird, zu einem Notbetriebsmodus, in dem das Fahrzeug mittels eines Nebensteuergeräts automatisiert entlang einer Notbetriebs-Solltrajektorie zu einer Nothalteposition geführt wird, umgeschaltet, wenn eine Funktionsbeeinträchtigung des Hauptsteuergeräts festgestellt wird. Im regulären Betriebsmodus werden fortlaufend die reguläre Solltrajektorie, die Notbetriebs-Solltrajektorie und der Spurverlauf einer vom Fahrzeug befahrenen Fahrspur in einem fahrzeugfesten Koordinatensystem des Hauptsteuergeräts ermittelt. Die ermittelte Notbetriebs-Solltrajektorie und der ermittelte Spurverlauf werden dem Nebensteuergerät zugeführt und dort gespeichert. Im Notbetriebsmodus wird der Spurverlauf der vom Fahrzeug befahrenen Fahrspur in einem fahrzeugfesten Koordinatensystem des Nebensteuergeräts ermittelt. Im Notbetriebsmodus wird, basierend auf dem im Nebensteuergerät gespeicherten Spurverlauf und dem vom Nebensteuergerät ermittelten Spurverlauf, ein Winkelfehler zwischen den Koordinatensystemen des Hauptsteuergeräts und des Nebensteuergeräts ermittelt und sein Einfluss auf die vom Nebensteuergerät durchgeführte Regelung kompensiert.
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Aus der
DE 10 2016 221 581 A1 ist eine Steuervorrichtung zum teil- oder vollautonomen Führen eines Fahrzeugs bekannt, die das Fahrzeug bei funktionstüchtigen Fahrzeugkomponenten auf der Basis eines regulären Reglermodells führt und die das Fahrzeug im Falle einer funktionsuntüchtigen Fahrzeugkomponenten auf der Basis eines Ausfall-Reglermodells in einen vorbestimmten sicheren Zustand manövriert.
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Aus der
DE 10 2013 219 887 A1 ist ein Fahrerassistenzsystem zum automatisierten Steuern eines Fahrzeugs bekannt, das in bestimmten Situationen eine Übernahmeaufforderung an einen Fahrzeugführer in Form einer ruckartigen Fahrzeugverzögerung ausgibt.
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Aus der
DE 10 2008 056 204 A1 ist ein Kollisionsvermeidungssystem für Fahrzeuge bekannt, das beim Erkennen einer Kollisionsgefahr in einer ersten Stufe einen moderaten Bremseingriff ausführt und in einer zweiten Stufe einen gegenüber dem moderaten Bremseingriff stärkeren Bremseingriff ausführt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren zur Regelung der Bewegung eines Fahrzeugs und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Regelung der Bewegung eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens mit den Merkmalen des Anspruchs 10.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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In einem Verfahren zur Regelung der Bewegung eines Fahrzeugs in einem automatisierten, insbesondere hochautomatisierten oder autonomen, Fahrbetrieb ist das Fahrzeug während des automatisierten Fahrbetriebs in einem regulären Betriebsmodus oder in einem Notbetriebsmodus betreibbar. Im regulären Betriebsmodus wird das Fahrzeug automatisiert zu einer vorgegebenen Zielposition geführt. Vorzugsweise erfolgt dies mittels eines Hauptsteuergeräts entlang einer zur Zielposition führenden regulären Solltrajektorie. Falls im regulären Betriebsmodus eine Funktionsbeeinträchtigung festgestellt wird, insbesondere eine Funktionsbeeinträchtigung des vorzugsweise verwendeten Hauptsteuergeräts, wird eine Umschaltung vom regulären Betriebsmodus zum Notbetriebsmodus vorgenommen. Im Notbetriebsmodus wird das Fahrzeug automatisiert zu einer Nothalteposition geführt. Dies erfolgt vorzugsweise mittels eines Nebensteuergeräts entlang einer zur Nothalteposition führenden Notbetriebs-Solltrajektorie. Die Funktionsweise des Notbetriebsmodus wird auch als Rückfallpfadfunktion bezeichnet.
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Vorteilhafterweise werden die reguläre Solltrajektorie und die Notbetriebs-Solltrajektorie im regulären Betriebsmodus fortlaufend ermittelt, insbesondere mittels des vorzugsweise verwendeten Hauptsteuergeräts. Durch die fortlaufende Neuermittlung der Notbetriebs-Solltrajektorie wird auch die das Ende der Notbetriebs-Solltrajektorie darstellende Nothalteposition fortlaufend neu ermittelt. Die im regulären Betriebsmodus fortlaufend ermittelte Notbetriebs-Solltrajektorie wird dem Nebensteuergerät zugeführt und dort gespeichert. Die dem Nebensteuergerät zur Verfügung gestellte Notbetriebs-Solltrajektorie wird somit während des regulären Betriebsmodus fortlaufend upgedatet. Es wird vom regulären Betriebsmodus zum Notbetriebsmodus umgeschaltet, wenn eine Funktionsbeeinträchtigung des Hauptsteuergeräts festgestellt wird.
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Unter Solltrajektorie und/oder Notbetriebs-Solltrajektorie wird beispielsweise nicht nur eine Ortskurve mit x,y-Koordinatenpunkten verstanden, sondern sie enthält beispielsweise neben den x,y-Koordinatenpunkten einer Ortskurve, entlang der das Fahrzeug sich bewegen soll, auch Informationen über eine Dynamik des Fahrzeugs entlang der Ortskurve, d. h. ein Geschwindigkeits- und/oder Beschleunigungsprofil, das beim Abfahren der Ortskurve erzielt werden soll.
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Erfindungsgemäß wird das Fahrzeug im Notbetriebsmodus mit einem Verzögerungsprofil abgebremst, das drei Verzögerungsphasen enthält: die nachfolgend als erste, zweite und dritte Verzögerungsphase bezeichnet werden. In der ersten Verzögerungsphase erfolgt eine kurzzeitige starke Bremsung, insbesondere als eine haptische Warnung, die insbesondere eine Übernahmeaufforderung darstellt. Besonders vorteilhaft ist es, die erste Verzögerungsphase derart auszulegen, dass die Verzögerung impulsartig bis zu einer maximalen Verzögerung, nachfolgend als erstes Verzögerungsniveau bezeichnet, ansteigt und dann auf ein zweites Verzögerungsniveau abfällt. Der Betrag des ersten Verzögerungsniveaus liegt vorzugsweise im Bereich von 3 m/s2 bis 9 m/s2, vorteilhafterweise bei 5 m/s2. Der Verzögerungsanstieg erfolgt vorzugsweise mit einem Gradienten, dessen Betrag zwischen 5 m/s3 bis 30 m/s3 liegt und vorzugsweise 15 m/s3 beträgt. Der Verzögerungsabfall erfolgt vorzugsweise mit dem gleichen Gradientenbetrag wie der Verzögerungsanstieg oder mit einem zwischen 5 m/s3 und 100 m/s3 liegenden Gradientenbetrag.
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Die Bremsung während der ersten Verzögerungshase ist insbesondere als ein Bremspeak ausgebildet, d. h. als ein Verzögerungsimpuls, und dient insbesondere als eine haptische Rückmeldung an einen Fahrzeugführer des Fahrzeugs. Dieser Verzögerungsimpuls signalisiert dem Fahrzeugführer, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Bremsung des automatisierten Fahrbetriebs im regulären Betriebsmodus handelt. Dadurch wird er motiviert, sich einem Fahrgeschehen zuzuwenden. Dieser Bremsimpuls hat zudem den Vorteil, dass er auch bei einem Bordnetzausfall eines Hauptbordnetzes des Fahrzeugs, der zur Funktionsbeeinträchtigung, beispielsweise zu einem Abschalten, des Hauptsteuergeräts und zudem zum Abschalten von beispielsweise optischen und/oder akustischen Übernahmeaufforderungshinweisen führt, weiterhin als eine haptische dringende Übernahmeaufforderung vorliegt.
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Der Betrag des zweiten Verzögerungsniveaus liegt vorzugsweise im Bereich von 1,5 m/s2 bis 6 m/s2, wobei der Wert derart gewählt wird, dass er um einen vorgegebenen Betrag, vorzugsweise um mindestens 1,5 m/s2, unterhalb des ersten Verzögerungsniveaus liegt. Ein vorteilhafter Wert für das zweite Verzögerungsniveau ist beispielsweise 3 m/s2.
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Mit Erreichen des zweiten Verzögerungsniveaus wird die zweite Verzögerungsphase eingeleitet. In der zweiten Verzögerungsphase erfolgt eine etwas länger andauernde moderate Bremsung auf dem zweiten Verzögerungsniveau, d. h. diese Bremsung dauert länger und ist schwächer als die Bremsung in der ersten Verzögerungsphase. Diese zweite Verzögerungsphase mit deren moderaten Bremsung dient insbesondere einer Vorbereitung von das Fahrzeug umgebenden, insbesondere nachfolgenden, Verkehrsteilnehmern auf einen nachfolgenden Bremsvorgang. Ihre Dauer beträgt beispielsweise 0,3 s bis 3 s.
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In der zweiten Verzögerungsphase erfolgt somit eine schwache Bremsung, insbesondere für eine fest vorgegebene Zeitdauer. Diese Verzögerung ermöglicht es, dass die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer, auch ohne leuchtende Bremslichter, welche beispielsweise aufgrund des Bordnetzausfalls des Hauptbordnetzes funktionslos sind, auf die Verzögerung des Fahrzeugs aufmerksam werden und selbst bremsen. Die Bremsung des Fahrzeugs erfolgt aus Sicht der nachfolgenden Verkehrsteilnehmer grundlos, da sie den technischen Grund nicht kennen. Daher ist es besonders vorteilhaft, mit einer geringen Verzögerung die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer auf die besondere Situation aufmerksam zu machen.
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In der an die zweite Verzögerungsphase anschließenden dritten Verzögerungsphase erfolgt eine starke Bremsung, die solange andauert, bis ein Stillstand des Fahrzeugs erreicht wird. Generell wird verzögert, bis der Fahrzeugführer eine Fahrzeugführung des Fahrzeugs übernimmt oder das Fahrzeug zum Stehen gekommen ist. In der dritten Verzögerungsphase steigt die Verzögerung vom zweiten Verzögerungsniveau bis zu einer als drittes Verzögerungsniveau bezeichneten maximalen Verzögerung an, deren Betrag um einen vorgegebenen Betrag, vorzugsweise um mindestens 1,5 m/s, oberhalb des zweiten Verzögerungsniveaus liegt. Der Betrag des dritten Verzögerungsniveaus liegt vorteilhafterweise zwischen 3 m/s2 und 10 m/s2 und ist vorzugsweise gleich dem Betrag des ersten Verzögerungsniveaus. Der Verzögerungsanstieg erfolgt vorzugsweise mit einem Gradienten, dessen Betrag zwischen 1,5 m/s3 und 15 m/s3 liegt, und beispielsweise 5 m/s3 beträgt.
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In dieser dritten Verzögerungsphase wird das Fahrzeug somit insbesondere mit einer mittelstarken Bremsung bis in den Stillstand verzögert, wenn der Fahrzeugführer nicht vorher die Fahrzeugführung übernimmt. Die Verzögerung wird insbesondere mit einem schwachen Bremsgradienten, d. h. Verzögerungsgradienten, eingestellt. Da die eventuell vorhandenen nachfolgenden Verkehrsteilnehmer dann bereits bremsen oder zumindest realisiert haben, dass das Fahrzeug bremst, werden sie ihre Verzögerung an die des im Notbetriebsmodus befindlichen Fahrzeugs anpassen.
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Mittels der erfindungsgemäßen Lösung erfährt der Fahrzeugführer in jeder Situation, beispielsweise auch bei einem Bordnetzausfall des Hauptbordnetzes, dass er die Fahrzeugführung zu übernehmen hat. Auf zusätzliche redundante optische oder akustische Warngeber kann verzichtet werden. Der sichere Fahrzeugzustand des Stillstands wird so schnell wie möglich erreicht, ohne nachfolgende Verkehrsteilnehmer zu gefährden und Fahrzeuginsassen des Fahrzeugs zu stark zu erschrecken.
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Die Regelung der Bewegung des Fahrzeugs wird vorzugsweise beendet, wenn der Fahrzeugführer die Fahrzeugführung übernimmt. Insbesondere wird der Fahrzeugführer die Fahrzeugführung infolge der weiteren Bremsung in der zweiten Verzögerungsphase und, falls noch keine Übernahme durch den Fahrzeugführer erfolgt ist, infolge der weiteren Bremsung in der dritten Verzögerungsphase übernehmen, da diese Bremsungen für den Fahrzeugführer ohne einen ersichtlichen auf einem aktuellen Verkehrsgeschehen basierenden Grund erfolgen, so dass der Fahrzeugführer erkennt, dass der reguläre Betriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs nicht mehr vorliegt. Falls er nicht frühzeitig die Fahrzeugführung wahrnimmt, wird das Fahrzeug bis in den Stillstand abgebremst.
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Bei Übernahme der Fahrzeugführung durch den Fahrzeugführer und/oder bei einem Eingriff durch den Fahrzeugführer wird die Bremsung vorteilhafterweise beendet. Dazu wird beispielsweise erkannt, ob der Fahrzeugführer ein auch als Gaspedal bezeichnetes Fahrpedal des Fahrzeugs betätigt oder selbst eine Bremse des Fahrzeugs, insbesondere ein Bremspedal, betätigt und/oder ein oder mehrere andere Eingabemittel betätigt. Alternativ oder zusätzlich kann vorgesehen sein, dass eine Lenkbetätigung an einem Lenkrad des Fahrzeugs durch den Fahrzeugführer die oben beschriebene Verzögerung beendet.
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Das beschriebene Verzögerungsprofil ist insbesondere ein Mindestverzögerungsprofil, um das Fahrzeug sicher in den Stillstand zu überführen. Beispielsweise in Situationen, bei denen im Vorfeld eine Bremssituation vorliegt, kann vorgesehen sein, dass stärker als oben angegeben verzögert wird. Dies kann beispielsweise bei einer Annäherung an ein Stauende auftreten, wenn eine Fahrspur, auf welcher sich das Fahrzeug bewegt, vor dem Fahrzeug durch stehende andere Verkehrsteilnehmer blockiert ist. Es wird dann vorteilhafterweise die erforderliche konstante Verzögerung berechnet und beispielsweise um einen Sicherheitsfaktor erhöht. Diese Verzögerung wird dann vorteilhafterweise zusammen mit dem oben angegebenen Verzögerungsprofil verwendet, beispielsweise derart, dass durch eine Bildung eines Minimalwerts von beiden Verzögerungen die resultierende Verzögerung gebildet wird, insbesondere indem die, insbesondere betragsmäßigen, Minimalwerte beider Verzögerungen addiert werden, so dass die Form des Verzögerungsprofils erhalten bleibt und lediglich sich die Verzögerungswerte durch die Addition der konstanten Verzögerung entsprechend ändern.
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Die beschriebene Verzögerung des Verzögerungsprofils, mit oder ohne die zusätzliche konstante Verzögerung, kann beispielsweise in Abhängigkeit von der Zeit oder integriert zu einer Soll-Geschwindigkeit zu Ortspunkten kodiert werden.
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Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass nach dem Umschalten vom regulären Betriebsmodus zum Notbetriebsmodus und vor der ersten Verzögerungsphase eine Prädiktionsphase durchgeführt wird, in der das Fahrzeug, insbesondere mittels des Nebensteuergeräts, weiter automatisiert entlang der regulären Solltrajektorie geführt wird. Das heißt, es erfolgt eine Prädiktion mit einer Fortführung eines Soll-Fahrzustands eines funktionierenden regulären automatisierten Fahrbetriebs, wie er im regulären Betriebsmodus erfolgen würde. Die Prädiktionsphase schreibt somit den aktuellen Soll-Fahrzustand des regulären automatisierten Fahrbetriebs des regulären Betriebsmodus fort. Da die Rückfallpfadfunktion, d. h. der Notbetriebsmodus, ein vom regulären Betriebsmodus und dessen Hauptsteuergerät zur Verfügung gestelltes Profil, insbesondere die Notbetriebs-Solltrajektorie, erhält und in der Ausführung auf ein um die Totzeit t_tot altes Profil, insbesondere die reguläre Solltrajektorie, zurückgreift, wird in der Prädiktionsphase die fortgeführte Regelung gemäß des automatisierten Fahrbetriebs im regulären Betriebsmodus abgebildet.
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Das Nebensteuergerät, mittels dessen das Fahrzeug im Notbetriebsmodus automatisiert entlang der Notbetriebs-Solltrajektorie zur Nothalteposition geführt wird, ist beispielsweise als ein Fahrdynamikregelungssteuergerät und/oder Bremssteuergerät ausgebildet, insbesondere als ein Steuergerät für ein elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP-Steuergerät). Ein solches Nebensteuergerät ist insbesondere „Fail Operational“ ausgebildet. Das heißt es arbeitet beispielsweise auch im Fehlerfall weiter und bleibt somit auch im Fehlerfall operativ. Es weist somit eine sehr hohe Ausfallsicherheit auf, so dass seine Funktionsfähigkeit auch bei auftretenden Fehlern weiterhin sichergestellt ist. Beispielsweise wird dies erreicht, indem Komponenten und/oder Funktionen redundant ausgelegt sind. Insbesondere erfolgt eine elektrische Energieversorgung des Nebensteuergeräts vorteilhafterweise nicht oder zumindest nicht ausschließlich über das Hauptbordnetz, über welches auch das Hauptsteuergerät mit elektrischer Energie versorgt wird, sondern beispielsweise über ein Nebensteuergerätbordnetz und/oder auf andere Weise, beispielsweise mittels eines für das Nebensteuergerät vorgesehenen Energiespeichers, zum Beispiel mittels einer Batterie und/oder eines Akkumulators und/oder eines Kondensators. Dadurch wird auch bei einem die Funktion des Hauptsteuergeräts beeinträchtigenden Bordnetzausfall der Notbetriebsmodus mittels des Nebensteuergeräts sichergestellt.
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Bei einer Vorgabe eines Geschwindigkeitsprofils anstelle des Verzögerungsprofils vom Hauptsteuergerät zu diesem Nebensteuergerät ist es vorteilhaft, wenn der Bremspeak, d. h. der Verzögerungsimpuls der ersten Verzögerungsphase, direkt in diesem Nebensteuergerät hinterlegt ist. Wird die Rückfallpfadfunktion und somit der Notbetriebsmodus von diesem Nebensteuergerät aktiviert, wird automatisch zuerst der Bremspeak, d. h. dieser Verzögerungsimpuls, angesteuert und anschließend werden die Geschwindigkeitsvorgaben eingestellt. Diese Aufteilung ermöglicht es, einen Kommunikationsaufwand stark zu reduzieren und in Situationen, bei denen die obige aufgeführte Bremsung nicht ausreichend ist, die Bremsung und/oder die Geschwindigkeitsvorgaben flexibel anzupassen.
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Eine Funktionsbeeinträchtigung des Hauptsteuergeräts liegt beispielsweise dann vor, wenn das Hauptsteuergerät selbst eine Fehlfunktion aufweist, und/oder wenn eine Umgebungssensorik des Fahrzeugs, welche vom Hauptsteuergerät benötigte Umgebungsinformationen liefert, eine Fehlfunktion aufweist. Die jeweilige Fehlfunktion kann beispielsweise aus einem Bordnetzausfall des Hauptbordnetzes des Fahrzeugs und/oder aus anderen Ereignissen resultieren.
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Beispielsweise wird die Nothalteposition im regulären Betriebsmodus fortlaufend als eine Position ermittelt, die sich an einem äußersten Rand einer Fahrspur oder einer Straße, auf einem Standstreifen oder auf einem befahrbaren Bereich neben der Straße befindet. Dadurch wird im Notbetriebsmodus ein Bewegen des Fahrzeugs in einen sicheren Bereich, insbesondere außerhalb eines laufenden Verkehrsgeschehens, ermöglicht, so dass eine Gefährdung sowohl für das Fahrzeug und dessen Fahrzeuginsassen als auch für andere Verkehrsteilnehmer reduziert ist.
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Beispielsweise wird im Notbetriebsmodus eine Lokalisierung des Fahrzeugs durchgeführt, um eine Abweichung der Position des Fahrzeugs von der Notbetriebs-Solltrajektorie zu ermitteln. Die Lokalisierung in Fahrzeugquerrichtung basiert dabei vorteilhafterweise auf einer Ermittlung eines Abstands zwischen dem Fahrzeug und mindestens einer Spurmarkierung einer vom Fahrzeug befahrenen Fahrspur.
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Vorteilhafterweise erfolgt die Lokalisierung in Fahrzeugquerrichtung auf Streckenabschnitten, auf denen keine Spurmarkierungen vorhanden sind oder auf denen mit Fehldetektionen der Spurmarkierungen zu rechnen sind, durch Koppelnavigation.
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Die Lokalisierung in Fahrzeuglängsrichtung erfolgt vorteilhafterweise durch Koppelnavigation.
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Die im regulären Betriebsmodus ermittelte reguläre Solltrajektorie, Notbetriebs-Solltrajektorie und beispielsweise der Spurverlauf, welcher beispielsweise ebenfalls an das Nebensteuergerät übermittelt wird, werden vorteilhafterweise vom Hauptsteuergerät basierend auf Umgebungsinformationen ermittelt, die das Hauptsteuergerät von einer Umgebungssensorik erhält.
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Es kann vorgesehen sein, dass die im Nebensteuergerät gespeicherte Notbetriebs-Solltrajektorie im Notbetriebsmodus vom Nebensteuergerät an veränderte Umgebungsbedingungen angepasst wird, sofern die Umgebungssensorik oder Teile davon im Notbetriebsmodus funktionsfähig sind und aktuelle Umgebungsinformationen zur Verfügung stellen.
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Eine erfindungsgemäße Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens ist insbesondere dazu ausgebildet und eingerichtet, dieses Verfahren durchzuführen. Es umfasst insbesondere das Hauptsteuergerät, das zur fortlaufenden Ermittlung der zur vorgegebenen Zielposition führenden regulären Solltrajektorie und der zur Nothalteposition führenden Notbetriebs-Solltrajektorie vorgesehen ist, wobei das Hauptsteuergerät eingerichtet ist, im regulären Betriebsmodus der Vorrichtung die Fahrzeugführung zu übernehmen und das Fahrzeug nach Maßgabe der ermittelten regulären Solltrajektorie zu führen, und das Nebensteuergerät, das zur Speicherung der vom Hauptsteuergerät ermittelten Notbetriebs-Solltrajektorie vorgesehen ist, wobei das Nebensteuergerät eingerichtet ist, bei Eintritt einer Funktionsbeeinträchtigung des Hauptsteuergeräts die Fahrzeugführung zu übernehmen und das Fahrzeug nach Maßgabe der Notbetriebs-Solltrajektorie zu führen. Das Nebensteuergerät ist weiterhin eingerichtet, das Fahrzeug mit dem Verzögerungsprofil abzubremsen, das die drei oben bereits beschriebenen Verzögerungsphasen enthält, die erste Verzögerungsphase mit der kurzzeitigen starken Bremsung als haptische Warnung, die zweite Verzögerungsphase mit der etwas länger andauernden moderaten Bremsung und die dritte Verzögerungsphase mit der starken Bremsung, die solange andauert, bis der Stillstand erreicht wird oder bis der Fahrzeugführer des Fahrzeugs die Fahrzeugführung des Fahrzeugs übernimmt. Daraus resultieren die oben bereits geschilderten Vorteile.
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Vorteilhafterweise umfasst die Vorrichtung auch die Umgebungssensorik.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Dabei zeigen:
- 1 ein Blockschaltbild einer Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens zur Regelung der Bewegung eines Fahrzeugs in einem automatisierten, insbesondere hochautomatisierten oder autonomen, Fahrbetrieb,
- 2 schematisch ein Verzögerungsverlauf über der Zeit,
- 3 schematisch ein Detailausschnitt aus 2,
- 4 schematisch ein Geschwindigkeitsverlauf über der Zeit, und
- 5 schematisch ein Bremsweg über der Zeit.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt in schematischer Blockschaltbilddarstellung eine Vorrichtung
1 zur Regelung der Bewegung eines Fahrzeugs
2 in einem automatisierten, insbesondere hochautomatisierten oder autonomen, Fahrbetrieb, insbesondere zur Durchführung eines entsprechenden Verfahrens zur Regelung der Bewegung des Fahrzeugs
2 in einem automatisierten, insbesondere hochautomatisierten oder autonomen, Fahrbetrieb. Eine solche Vorrichtung
1 und ein solches Verfahren werden bereits in der noch nicht veröffentlichten
DE 10 2017 011 808.6 der Anmelderin beschrieben, deren vollständiger Inhalt hiermit durch Referenz aufgenommen wird, insbesondere deren Figurenbeschreibung und Figuren.
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Die Vorrichtung 1 umfasst beispielsweise ein Hauptsteuergerät HSG, ein Nebensteuergerät NSG, eine Umgebungssensorik US mit einer Spursensorik SS zur Erkennung von Fahrspurmarkierungen einer vom Fahrzeug 2 aktuell befahrenen Fahrspur, ein globales Navigationssatellitensystem oder zumindest eine Empfangs- und Verarbeitungsanordnung GNSS für Signale des zumindest einen globalen Navigationssatellitensystems, welches entsprechende Navigationsinformationen GNSSI auf die in 1 gezeigte Weise weiterleitet, eine Inertialsensorik IS, eine Antriebsaktorik AA, eine Lenkaktorik LA und eine Bremsaktorik BA.
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Die Vorrichtung 1 kann in einem regulären Betriebsmodus und in einem Notbetriebsmodus betrieben werden. Der reguläre Betriebsmodus ist der Betriebsmodus, in dem das Fahrzeug 2 unter Berücksichtigung einer Umgebungssituation im automatisierten Fahrbetrieb zu einer vorgegebenen Zielposition geführt wird. Eine Routenplanung zur Zielposition wird insbesondere mit dem globalen Navigationssatellitensystem durchgeführt.
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Der reguläre Betriebsmodus setzt voraus, dass der automatisierte Fahrbetrieb sicher durchgeführt werden kann. Wenn aufgrund einer Fehlfunktion der Vorrichtung 1 die sichere Durchführung des automatisierten Fahrbetriebs nicht mehr sichergestellt werden kann, wird der Betriebsmodus vom regulären Betriebsmodus auf den Notbetriebsmodus umgeschaltet, in dem das Fahrzeug 2 automatisiert in eine vorab ermittelte Nothalteposition geführt wird.
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Im regulären Betriebsmodus empfängt das Hauptsteuergerät HSG von der Umgebungssensorik US Umgebungsinformationen USI, insbesondere Informationen über Spurmarkierungen SSI und Objekte, die in die eigene Fahrspur hineinragen oder sich in die eigene Fahrspur hineinbewegen. Basierend auf den empfangenen Umgebungsinformationen USI, SSI plant das Hauptsteuergerät HSG fortlaufend, d. h. in zyklischen Zeitabständen, den Bewegungsverlauf des Fahrzeugs 2 innerhalb eines vorgegebenen Vorausschauhorizonts. Das Ergebnis dieser Planung ist eine Solltrajektorie, nachfolgend reguläre Solltrajektorie genannt, die einen Pfad angibt, auf dem das Fahrzeug 2 automatisiert in Richtung der Zielposition geführt werden soll, und die angibt, mit welchem Geschwindigkeitsprofil sich das Fahrzeug 2 auf diesem Pfad bewegen soll.
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Im regulären Betriebsmodus führt das Hauptsteuergerät HSG eine Trajektorienregelung derart durch, dass das Fahrzeug 2 entsprechend den Vorgaben der regulären Solltrajektorie geführt wird. Das Hauptsteuergerät HSG erzeugt hierfür Stellbefehle AAI, LAI, BAI für die auf die Längs- und Querdynamik des Fahrzeugs 2 wirkende Antriebsaktorik AA, Lenkaktorik LA und Bremsaktorik BA. Im dargestellten Beispiel werden die Antriebsaktorik AA und die Lenkaktorik LA vom Hauptsteuergerät HSG direkt angesteuert, während die Ansteuerung der Bremsaktorik BA über das Nebensteuergerät NSG, das vom Hauptsteuergerät HSG die entsprechenden Stellbefehle BAI erhält, angesteuert wird.
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Im regulären Betriebsmodus plant das Hauptsteuergerät HSG des Weiteren, vorausschauend für den Fall, dass der automatisierte Fahrbetrieb aufgrund einer Fehlfunktion des Hauptsteuergeräts HSG beendet werden muss, fortlaufend, d. h. in zyklischen Zeitabständen, eine Notbetriebs-Solltrajektorie NST.
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Die Notbetriebs-Solltrajektorie NST wird derart geplant, dass möglichen Hindernissen ausgewichen wird und dass das Fahrzeug 2 in einer vorausliegenden sicheren Nothalteposition angehalten wird. Die Notbetriebs-Solltrajektorie NST gibt an, auf welchem Pfad und beispielsweise mit welchem Geschwindigkeitsprofil das Fahrzeug 2 bei Feststellung der Fehlfunktion in die sichere Nothalteposition NP gebracht werden soll.
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Eine Fehlfunktion des Hauptsteuergeräts HSG liegt beispielsweise dann vor, wenn das Hauptsteuergerät HSG selbst nicht mehr betriebsbereit ist oder wenn Teile der Umgebungssensorik US, die vom Hauptsteuergerät HSG für den sicheren automatisierten Fahrbetrieb zwingend benötigt werden, in ihrer Funktion beeinträchtigt sind. Die ermittelte Notbetriebs-Solltrajektorie NST wird dem Nebensteuergerät NSG zugeführt und dort gespeichert. Des Weiteren kann beispielsweise mit der Spursensorik SS, die Bestandteil der Umgebungssensorik US ist, durch Erfassung der Spurmarkierungen ein Spurverlauf FSI der Fahrspur erfasst werden und Informationen über den erfassten Spurverlauf FSI dem Nebensteuergerät NSG zugeführt und dort gespeichert werden.
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Das Nebensteuergerät NSG ist beispielsweise verantwortlich für die Durchführung einer herkömmlichen Fahrdynamikregelung basierend auf dem mit der Inertialsensorik IS erfassten Initialzustand des Fahrzeugs 2. Die Inertialsensorik IS umfasst dabei Sensoren zur Bestimmung einer Fahr- oder Radgeschwindigkeit, einer Querbeschleunigung und einer Gierrate des Fahrzeugs 2. Inertialsensorikinformationen ISI werden an das Nebensteuergerät NSG übermittelt. Das Nebensteuergerät NSG koordiniert die Bremsanforderungen des Hauptsteuergeräts HSG, d. h. die Stellbefehle BAI für die Bremsaktorik BA, mit den Bremsanforderungen der Fahrdynamikregelung. Die Koordination erfolgt insbesondere derart, dass die Bremsanforderungen der Fahrdynamikregelung gegenüber den Bremsanforderungen des Hauptsteuergeräts HSG vorrangig bedient werden.
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Wenn im regulären Betriebsmodus festgestellt wird, dass eine Fehlfunktion des Hauptsteuergeräts HSG vorliegt, so dass eine sichere Fortsetzung des automatisierten Fahrbetriebs nicht mehr sichergestellt ist, wird der Betriebsmodus der Vorrichtung 1 vom regulären Betriebsmodus in den Notbetriebsmodus umgeschaltet. Im Notbetriebsmodus übernimmt das Nebensteuergerät NSG die Fahrzeugführung, d. h. die Aufgabe, die Bewegung des Fahrzeugs 2 zu regeln.
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Das Nebensteuergerät NSG führt hierzu eine Trajektorienregelung derart durch, dass das Fahrzeug 2 gemäß der zuletzt gültigen Notbetriebs-Solltrajektorie NST in die Nothalteposition geführt wird. Die zuletzt gültige Notbetriebs-Solltrajektorie NST ist die letzte Notbetriebs-Solltrajektorie NST, die vom Hauptsteuergerät HSG vor Eintritt der Fehlfunktion ermittelt wurde und dem Nebensteuergerät NSG zur Speicherung zugeführt wurde. Die Nothalteposition kann eine vorausliegende Position auf der eigenen Fahrspur sein, insbesondere eine Position am Rande der Fahrspur. Die Nothalteposition kann aber auch eine Position auf einem äußersten rechten oder äußersten linken Rand der Straße sein oder eine Position auf einem am Straßenrand vorhandenen Standstreifen oder eine Position auf einem befahrbaren Bereich neben der Straße.
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Das Nebensteuergerät NSG, die Antriebsaktorik AA, die Lenkaktorik LA und die Bremsaktorik BA sind vorteilhafterweise redundant ausgeführt, so dass die Funktionsfähigkeit der Vorrichtung 1 im Notbetriebsmodus auch bei einem Ausfall von Teilen der Vorrichtung 1 sichergestellt ist, d. h. es ist sichergestellt, dass das Nebensteuergerät NSG seine Aufgaben jederzeit erfüllen kann.
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Zur Trajektorienregelung wird vorteilhafterweise eine Ist-Soll-Abweichung der Fahrzeugposition ermittelt und entsprechend der ermittelten Ist-Soll-Abweichung werden Stellbefehle AAI, LAI, BAI für die Antriebsaktorik AA, Lenkaktorik LA und Bremsaktorik BA generiert, die auf eine Minimierung der Ist-Soll-Abweichung ausgerichtet sind. Die Ist-Soll-Abweichung ist die Abweichung der aktuellen Position des Fahrzeugs 2, nachfolgend Ist-Position genannt, von der Notbetriebs-Solltrajektorie NST.
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Die für die Trajektorienregelung erforderliche Lokalisierung des Fahrzeugs 2, d. h. die Ermittlung der Ist-Position, wird im Notbetriebsmodus durch Koppelnavigation und beispielsweise durch Erfassung des Fahrspurverlaufs der vom Fahrzeug 2 befahrenen Fahrspur mittels der Spursensorik SS durchgeführt. Dabei wird die aktuelle Längsposition des Fahrzeugs 2 in Fahrzeuglängsrichtung durch die Koppelnavigation basierend auf einer vorherigen Position des Fahrzeugs 2 ermittelt. Das heißt, mittels Odometrie oder vergleichbarer Methoden wird die Bewegung des Fahrzeugs 2 fortgeschrieben, so dass zu jedem Zeitpunkt bekannt ist, wo sich das Fahrzeug 2 befindet. Dabei können auch weitere Größen, beispielsweise die Fahrzeuglage, die Krümmung und Krümmungsänderung der Fahrspur etc. berücksichtigt werden.
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Beispielsweise wird durch die Erfassung der Spurmarkierungen die Lateralposition des Fahrzeugs 2 relativ zu den Spurmarkierungen, d. h. die Querposition des Fahrzeugs 2 in der Fahrspur, ermittelt und mithin die Querposition des Fahrzeugs 2 in Fahrzeugquerrichtung ermittelt. Unter dem Begriff Fahrspur ist hier allgemein die kontinuierliche Existenz einer Fahrspur gemeint, welche sich vor dem Fahrzeug 2 auf der vorausliegenden, beabsichtigten Fahrstrecke befindet.
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Mit Kenntnis der Fahrspur hat man den Vorteil, dass das gewünschte Abfahren der Notbetriebs-Solltrajektorie NST nicht alleinig durch Koppelnavigation basierend auf dem Inertialzustand des Fahrzeugs 2 beschreibenden fahrdynamischen Größen wie Beschleunigung, Geschwindigkeit und Gierrate erfolgen muss, sondern dass auch der online erfasste Spurverlauf der Fahrspur zur Einhaltung der Notbetriebs-Solltrajektorie NST herangezogen werden kann. Die zur Spurerfassung verwendete Spursensorik SS kann eine Kamera und/oder einen Lidar-Sensor umfassen. Mögliche Kamerasysteme sind beispielsweise eine vorausblickende Kamera für CMS-Systeme (CMS = Collision Mitigation System) oder auch Kameras für Parkassistenzsysteme. Die einzige Voraussetzung ist es, dass die Spursensorik SS dem Nebensteuergerät NSG im Notbetriebsmodus funktionsfähig zur Verfügung steht.
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Der Grundgedanke, welcher der Vorrichtung 1 und dem mit ihr durchzuführenden Verfahren zugrunde liegt, ist es somit, dass zwei Betriebsmodi für die Regelung des Fahrzeugs 2 im automatisierten, insbesondere hochautomatisierten oder autonomen, Fahrbetrieb vorgesehen sind. Der erste Betriebsmodus ist ein regulärer Betriebsmodus für den normalen automatisierten Fahrbetrieb, in dem das Hauptsteuergerät HSG die Hauptverantwortung für die automatisierte Fahrzeugführung hat und das Fahrzeug 2 automatisiert entlang der regulären Solltrajektorie zur vorgegebenen Zielposition führt. Der zweite Betriebsmodus ist der Notbetriebsmodus, in dem das Fahrzeug 2 mittels des Nebensteuergeräts NSG, beispielsweise mittels eines ESP-Steuergergeräts, gemäß der Notbetriebs-Solltrajektorie NST zur Nothalteposition geführt und in den Stillstand gebremst wird, falls das Hauptsteuergerät HSG aufgrund einer Fehlfunktion, beispielsweise Ausfall des Hauptsteuergeräts HSG, eines Hauptbordnetzes und/oder der Sensorik, seine Aufgabe nicht mehr erfüllen kann und sofern der Fahrzeugführer die Fahrzeugführung nicht selbst übernimmt. Die Notbetriebs-Solltrajektorie wird im regulären Betriebsmodus vorausschauend für den Fall, dass eine Umschaltung in den Notbetriebsmodus erforderlich sein sollte, ermittelt und dem Nebensteuergerät NSG zur Verfügung gestellt. Diese Funktionalität wird als Rückfallpfadfunktion bezeichnet.
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Bei diesem Verfahren und dieser Vorrichtung 1 ist des Weiteren vorgesehen, dass das Fahrzeug 2 im Notbetriebsmodus mit einem Verzögerungsprofil abgebremst wird, das drei Verzögerungsphasen VP1, VP2, VP3 enthält, wie in 2 anhand einer Verzögerung a über die Zeit t dargestellt ist. Die Verzögerung a ist dabei eine negative Beschleunigung.
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In der ersten Verzögerungsphase VP1, vergrößert dargestellt in 2, erfolgt eine kurzzeitige starke Bremsung, insbesondere als eine haptische Warnung, die insbesondere eine Übernahmeaufforderung darstellt. Diese Bremsung erfolgt beispielsweise mit einem Betrag des Verzögerungsgradienten von 15 m/s3 und mit einem maximalen Verzögerungsbetrag von 5 m/s2. Dieser maximale Verzögerungsbetrag wird nachfolgend als erstes Verzögerungsniveau bezeichnet. Das Heißt, es erfolgt eine Zunahme der Verzögerung a mit dem Verzögerungsgradienten von 15 m/s3, bis das erste Verzögerungsniveau von beispielsweise 5 m/s2 erreicht ist, und dieses erste Verzögerungsniveau wird beispielsweise noch für eine vorgegebene Zeitdauer von bspw. 0,3 s aufrechterhalten. Danach erfolgt eine Abnahme der Verzögerung a, wie in 2 gezeigt.
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Diese Bremsung ist somit als ein Bremspeak ausgebildet, d. h. als ein Verzögerungsimpuls, und dient insbesondere als eine haptische Rückmeldung an einen Fahrzeugführer des Fahrzeugs 2. Dieser Verzögerungsimpuls signalisiert dem Fahrzeugführer, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Bremsung des automatisierten Fahrbetriebs im regulären Betriebsmodus handelt. Dadurch wird er motiviert, sich einem Fahrgeschehen zuzuwenden. Dieser Bremsimpuls hat zudem den Vorteil, dass er auch bei einem Bordnetzausfall des Hauptbordnetzes des Fahrzeugs 2, der zur Funktionsbeeinträchtigung, beispielsweise zu einem Abschalten, des Hauptsteuergeräts HSG und zudem zum Abschalten von beispielsweise optischen und/oder akustischen Übernahmeaufforderungshinweisen führt, weiterhin als eine haptische dringende Übernahmeaufforderung vorliegt.
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In der zweiten Verzögerungsphase VP2 erfolgt eine etwas länger andauernde moderate Bremsung mit einer einem zweiten Verzögerungsniveau entsprechenden Verzögerung, d. h. diese Bremsung dauert länger an als die Bremsung in der ersten Verzögerungsphase VP1 und weist einen gegenüber dem ersten Verzögerungsniveau geringeren Betrag der Verzögerung auf. Diese zweite Verzögerungsphase VP2 mit deren Bremsung dient insbesondere einer Vorbereitung von das Fahrzeug 2 umgebenden, insbesondere nachfolgenden, Verkehrsteilnehmern auf einen nachfolgenden Bremsvorgang. Die Bremsung in dieser zweiten Verzögerungsphase VP2 erfolgt beispielsweise mit einer Verzögerung von 3 m/s2 und über eine Zeitdauer von beispielsweise zwei Sekunden, vorteilhafterweise inklusive eines Bremsrucks. Beispielsweise wird, wie in 2 gezeigt, die Verzögerung a vom ersten Verzögerungsniveau von beispielsweise 5 m/s2 aus der ersten Verzögerungsphase VP1 auf das zweite Verzögerungsniveau von 3 m/s2 reduziert und dann während der zweiten Verzögerungsphase VP2 für die vorgegebene Zeitdauer von beispielsweise zwei Sekunden aufrechterhalten.
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In der zweiten Verzögerungsphase VP2 erfolgt somit eine schwache Bremsung, insbesondere für eine fest vorgegebene Zeitdauer. Diese Verzögerung a ermöglicht es, dass die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer, auch ohne leuchtende Bremslichter, welche beispielsweise aufgrund des Bordnetzausfalls des Hauptbordnetzes funktionslos sind, auf die Verzögerung a des Fahrzeugs 2 aufmerksam werden und selbst bremsen. Die Bremsung des Fahrzeugs 2 erfolgt aus Sicht der nachfolgenden Verkehrsteilnehmer grundlos, da sie den technischen Grund nicht kennen. Daher ist es besonders vorteilhaft, mit einer geringen Verzögerung a die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer auf die besondere Situation aufmerksam zu machen.
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In der dritten Verzögerungsphase VP3 erfolgt eine starke Bremsung, die solange andauert, bis ein Stillstand des Fahrzeugs 2 erreicht wird oder bis der Fahrzeugführer eine Fahrzeugführung des Fahrzeugs 2 übernimmt. Diese Bremsung in der dritten Verzögerungsphase VP3 weist einen nachfolgend als drittes Verzögerungsniveau bezeichneten Betrag des Verzögerungswertes auf. Das dritte Verzögerungsniveau liegt oberhalb des zweiten Verzögerungsniveaus und ist vorteilhafterweise gleich dem ersten Verzögerungsniveau. Diese Bremsung in der dritten Verzögerungsphase VP3 erfolgt beispielsweise mit einem flachen Verzögerungsgradienten von beispielsweise 5 m/s3 und mit einer maximalen Verzögerung von 5 m/s2. Das heißt, die Verzögerung a steigt ausgehend vom zweiten Verzögerungsniveau aus der zweiten Verzögerungsphase VP2 mit dem Verzögerungsgradienten von beispielsweise -5 m/s3 bis zum dritten Verzögerungsniveau von beispielsweise 5 m/s2 an und wird bis zum Stillstand auf diesem Niveau gehalten, sofern der Fahrzeugführer nicht vorher eingreift und die Fahrzeugführung übernimmt.
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In dieser dritten Verzögerungsphase VP3 wird das Fahrzeug 2 somit insbesondere mit einer mittelstarken Bremsung bis in den Stillstand verzögert, wenn der Fahrzeugführer nicht vorher die Fahrzeugführung übernimmt. Die Verzögerung a wird insbesondere mit einem schwachen Bremsgradienten, d. h. Verzögerungsgradienten, eingestellt. Da die eventuell vorhandenen nachfolgenden Verkehrsteilnehmer dann bereits bremsen oder zumindest erkannt haben, dass das Fahrzeug 2 bremst, werden sie ihre Verzögerung a an die des im Notbetriebsmodus befindlichen Fahrzeugs 2 anpassen.
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Wie in 1 ersichtlich, setzt die Verzögerung a nicht sofort ein, sondern der ersten Verzögerungsphase VP1 geht eine Prädiktionsphase PP voraus. Diese Prädiktionsphase PP wird nach dem Umschalten vom regulären Betriebsmodus zum Notbetriebsmodus und vor der ersten Verzögerungsphase VP1 durchgeführt.
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In der Prädiktionsphase PP wird das Fahrzeug 2, insbesondere mittels des Nebensteuergeräts NSG, weiter automatisiert entlang der regulären Solltrajektorie geführt. D. h. es erfolgt eine Prädiktion mit einer Fortführung eines Soll-Fahrzustands eines funktionierenden regulären automatisierten Fahrbetriebs, wie er im regulären Betriebsmodus erfolgen würde. Die Prädiktionsphase PP schreibt somit den aktuellen Soll-Fahrzustand des regulären automatisierten Fahrbetriebs des regulären Betriebsmodus fort. Da die Rückfallpfadfunktion, d. h. der Notbetriebsmodus, ein vom regulären Betriebsmodus und dessen Hauptsteuergerät HSG zur Verfügung gestelltes Profil, insbesondere die Notbetriebs-Solltrajektorie NST, erhält und in der Ausführung auf ein um die Totzeit altes Profil, insbesondere die reguläre Solltrajektorie, zurückgreift, wird in der Prädiktionsphase PP die fortgeführte Regelung gemäß des automatisierten Fahrbetriebs im regulären Betriebsmodus abgebildet.
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Das Verzögerungsprofil besitzt somit in der in 1 dargestellten Ausführungsform die Prädiktionsphase PP und die drei Verzögerungsphasen VP1, VP2, VP3.
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3 zeigt einen Verlauf einer Geschwindigkeit v des Fahrzeugs 2 über die Zeit t und 4 einen Verlauf eines Bremsweges s des Fahrzeugs 2 über die Zeit t aus 130 km/h, welcher aus dieser Vorgehensweise resultiert.
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Die Regelung der Bewegung des Fahrzeugs 2 wird insbesondere beendet, wenn der Fahrzeugführer die Fahrzeugführung übernimmt. Insbesondere wird der Fahrzeugführer die Fahrzeugführung infolge der weiteren Bremsung in der zweiten Verzögerungsphase VP2 und, falls noch keine Übernahme durch den Fahrzeugführer erfolgt ist, infolge der weiteren Bremsung in der dritten Verzögerungsphase VP3 übernehmen, da diese Bremsungen für den Fahrzeugführer ohne einen ersichtlichen auf einem aktuellen Verkehrsgeschehen basierenden Grund erfolgen, so dass der Fahrzeugführer erkennt, dass der reguläre Betriebsmodus des automatisierten Fahrbetriebs nicht mehr vorliegt. Falls er nicht frühzeitig die Fahrzeugführung wahrnimmt, wird das Fahrzeug 2 bis in den Stillstand abgebremst.
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Bei Übernahme der Fahrzeugführung durch den Fahrzeugführer und/oder bei einem Eingriff durch den Fahrzeugführer wird die Bremsung vorteilhafterweise beendet. Dazu wird beispielsweise erkannt, ob der Fahrzeugführer ein auch als Gaspedal bezeichnetes Fahrpedal des Fahrzeugs 2 betätigt oder selbst eine Bremse des Fahrzeugs 2, insbesondere ein Bremspedal, betätigt und/oder ein oder mehrere andere Eingabemittel betätigt. Alternativ oder zusätzlich kann vorgesehen sein, dass eine Lenkbetätigung an einem Lenkrad des Fahrzeugs 2 durch den Fahrzeugführer die oben beschriebene Verzögerung a beendet.
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Das beschriebene Verzögerungsprofil ist insbesondere ein Mindestverzögerungsprofil, um das Fahrzeug 2 sicher in den Stillstand zu überführen. Beispielsweise in Situationen, bei denen im Vorfeld eine Bremssituation vorliegt, kann vorgesehen sein, dass stärker als oben angegeben verzögert wird. Dies kann beispielsweise bei einer Annäherung an ein Stauende auftreten, wenn die Fahrspur, auf welcher sich das Fahrzeug 2 bewegt, vor dem Fahrzeug 2 durch stehende andere Verkehrsteilnehmer blockiert ist. Es wird dann vorteilhafterweise die erforderliche konstante Verzögerung berechnet und beispielsweise um einen Sicherheitsfaktor erhöht. Diese konstante Verzögerung wird dann vorteilhafterweise zusammen mit dem oben angegebenen Verzögerungsprofil verwendet, beispielsweise derart, dass durch eine Bildung eines Maximalwerts von beiden Verzögerungen die resultierende Verzögerung gebildet wird.
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Bei einer betragsmäßigen Bildung der resultierenden Verzögerung aus zwei Verzögerungsprofilen dann zu jedem Zeitpunkt (oder Ortspunkt) der Maximalwert der einzelnen Verzögerungen zu dem entsprechenden Zeitpunkt (Ortspunkt) zu selektieren.
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Die beschriebene Verzögerung des Verzögerungsprofils, mit oder ohne die zusätzliche konstante Verzögerung, kann beispielsweise in Abhängigkeit von der Zeit t oder integriert zu einer Soll-Geschwindigkeit zu Ortspunkten kodiert werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Vorrichtung
- 2
- Fahrzeug
- a
- Verzögerung
- AA
- Antriebsaktorik
- AAI
- Stellbefehl Antriebsaktorik
- BA
- Bremsaktorik
- BAI
- Stellbefehl Bremsaktorik
- FSI
- Spurverlauf
- GNSS
- Empfangs- und Verarbeitungsanordnung
- GNSSI
- Navigationsinformation
- HSG
- Hauptsteuergerät
- IS
- Inertialsensorik
- ISI
- Inertialsensorikinformation
- LA
- Lenkaktorik
- LAI
- Stellbefehl Lenkaktorik
- NSG
- Nebensteuergerät
- NST
- Notbetriebs-Solltrajektorie
- PP
- Prädiktionsphase
- s
- Bremsweg
- SS
- Spursensorik
- SSI
- Information über Spurmarkierung
- t
- Zeit
- US
- Umgebungssensorik
- USI
- Umgebungsinformation
- v
- Geschwindigkeit
- VP1
- erste Verzögerungsphase
- VP2
- zweite Verzögerungsphase
- VP3
- dritte Verzögerungsphase