DE102008030940A1

DE102008030940A1 - Geschlossenzelliger Polyurethan-Weichschaum und Verfahren zu seiner Herstellung

Info

Publication number: DE102008030940A1
Application number: DE102008030940A
Authority: DE
Inventors: Ingeborg Dr. Steinfatt-Hoffmann; Peter Dr. Gansen
Original assignee: Otto Bock Orthopadische Industrie KG
Current assignee: Otto Bock Orthopadische Industrie KG
Priority date: 2008-07-02
Filing date: 2008-07-02
Publication date: 2010-01-14

Abstract

Geschlossenzellige Polyurethanweichschäume sind infolge Schrumpf nicht formstabil. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen geschlossenzelligen Polyurethan-Weichschaum zur Verfügung zu stellen, der nicht oder wenig schrumpft und mit zuverlässig gleich bleibender Qualität insbesondere als Blockschaum herstellbar ist. Der erfindungsgemäße Polyurethan-Weichschaum ist gekennzeichnet durch einen Gehalt an einem Hydroxylgruppen enthaltenden, in das Polyurethan chemisch eingebundenen Öl, Fett oder Harz. Der Weichschaum wird hergestellt, indem der Schussmasse oder einer der flüssigen polyurethanbildenden Komponenten ein Hydroxylgruppen enthaltendes Öl, Fett oder Harz zugegeben wird.

Description

Die Erfindung betrifft einen geschlossenzelligen Polyurethan-Weichschaum und ein Verfahren zu seiner Herstellung.
Weichschaum zeichnet sich im Vergleich zu Hartschaum durch eine hohe Kompressibilität und gute Polstereigenschaften aus. Die Abgrenzung zwischen Hart- und Weichschaum erfolgt beispielsweise nach DIN 7726 über den Verformungswiderstand. Für Polyurethan-Weichschaum werden in erster Linie Polyether- und Polyesterpolyole als isocyanatreaktive Komponenten eingesetzt. Die Chemie und die Herstellung von Standard-PU-Weichschäumen ist gut bekannt und wird in den einschlägigen Handbüchern beschrieben. Speziellere Polsterschaumstoffe aus Polyurethan-Blockweichschaum mit guten hydrophilen Eigenschaften sind aus der DE 199 09 978 bekannt. Die Polyurethan-Weichschäume für Polstermaterialien sind generell offenzellig, was auch so gewünscht ist.
Nur für speziellere Anwendungen werden geschlossenzellige Schaumstoffe benötigt. Diese sind beispielsweise schwimmfähig und besonders schall- und wärmeisolierend. Für die zugehörigen Anwendungszwecke stehen Polyethylen- und Polypropylen-Weichschaumstoffe zur Verfügung, die kostengünstig und langzeitstabil sind.
Geschlossenzellige Polyurethan-Weichschaumstoffe sind in der Herstellung schwer beherrschbar und neigen zum Schrumpfen, da die Polyurethanmembran das Kohlendioxid aus dem Inneren der Weichschaumzellen schneller abgibt als Luft eindringt. Ihre Eigenschaften sind daher bislang unzulänglich und der Anteil an Ausschussware ist bei der Fertigung sehr hoch.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen geschlossenzelligen Polyurethan-Weichschaum zur Verfügung zu stellen, der nicht oder wenig schrumpft und mit zuverlässig gleich bleibender Qualität insbesondere als Blockschaum herstellbar ist.
Diese Aufgabe wird gelöst mit einem geschlossenzelligen Polyurethan-Weichschaum mit den Merkmalen des Anspruchs 1, der mit einem Verfahren nach Anspruch 8 erhältlich ist. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet.
Der erfindungsgemäße Polyurethan-Weichschaum ist gekennzeichnet durch einen Gehalt an einem Hydroxylgruppen enthaltenden, in das Polyurethan chemisch eingebundenen Öl, Fett oder Harz.
Überraschenderweise wurde gefunden, dass der erfindungsgemäße Polyurethan-Weichschaum nicht schrumpft, was auf die Anwesenheit des Öles, Fettes oder Harzes in der Membran der geschlossenen Schaumstoff-Zellen zurückgeführt wird.
Es scheint wesentlich zu sein, dass das Öl, Fett oder Harz in das Polyurethan selbst chemisch mit eingebunden wird. Der Hydroxylgruppenanteil oder der Anteil insgesamt isocyanatreaktiver Gruppen sollte daher ausreichend hoch sein, damit der Einbau gewährleistet wird. Das hydroxylgruppenhaltige Öl, Fett oder Harz ersetzt demnach einen Teil der isocyanatreaktiven Komponente, i. a. der Polyolkomponente, der Polyurethanmasse. Das bedeutet hier auch, dass das Öl, Fett oder Harz gemäß der Erfindung mengenmäßig in Ersatz eines Teils der isocyanatreaktiven Komponente des Polyurethans bei sonst gleicher Polyurethanchemie für den Weichschaum eingesetzt wird.
Vorzugsweise besitzt das Öl, Fett oder Harz eine Hydroxylzahl größer oder gleich 50, weiter vorzugsweise größer oder gleich 80, weiter vorzugsweise größer oder gleich 100. Die Hydroxylzahl ist ein Maß für den Hydroxylgruppengehalt eines Stoffes und kann in der Praxis gemäß DIN 53240 bestimmt werden. Die Hydroxylzahl gibt dabei die Menge Kaliumhydroxid in Milligramm an, die bei einer Acetylierung von einem Gramm der Substanz der von der Substanz gebundenen Menge Essigsäure gleichwertig ist.
Unter Ölen sind hier in erster Linie pflanzliche Öle zu verstehen, diese könnten jedoch auch synthetisch hergestellt oder modifiziert sein. Fette und pflanzliche Öle (flüssige Fette) bestehen hauptsächlich aus Estern von Fettsäuren, überwiegend Triglyceriden von Fettsäuren. Harze sind komplexere organische Verbindungen, die unter anderem Kondensationsprodukte von Fetten oder Ölen enthalten können.
Eine besonders bevorzugte Ausführungsform der Erfindung besteht darin, dass das zusammen mit den Polyurethankomponenten verwendete Öl Rizinusöl ist.
Rizinusöl, auch als Kastoröl bezeichnet, CAS 08001-79-4, zeichnet sich durch einen ho hen Gehalt veresterter Hydroxyfettsäuren, insbesondere Ricinolsäure aus. Der in Rizinusöl hauptsächlich enthaltene Ester ist Triricinolein. Die Hydroxylzahl von Rizinusöl beträgt über 150 (ca. 160 bis 168). Das Rizinusöl kann im Rahmen dieser Erfindung auch im Gemisch mit anderen Ölen, Fetten oder Harzen eingesetzt werden.
Vorzugsweise ist das Öl, Fett oder Harz oder das Gemisch aus diesen Substanzen in einem Gewichtsanteil von wenigstens 5 Gew.-% bezogen auf die isocyanatreaktive Komponente des Polyurethans enthalten.
Weiterhin ist das Öl, Fett oder Harz vorzugsweise in einem Gewichtsanteil von bis zu 60 Gew.-%, vorzugsweise bis zu 40 Gew.-% bezogen auf die isocyanatreaktive Komponente des Polyurethans enthalten, insbesondere in einem Anteil von 5 bis 40 Gew.-%, weiter vorzugsweise 5 bis 30 Gew.-%, besonders bevorzugt 7 bis 12 Gew.-%.
Für die isocyanatreaktive Komponente des Polyurethans kommen in erster Linie Polyole in Frage. Für Weichschäume werden in der Regel solche Polyole mit Hydroxylzahlen zwischen 20 und 100, vorzugsweise zwischen 20 und 70, weiter vorzugsweise zwischen 40 und 60 eingesetzt. Gerade der Einsatz der isocyanatreaktiven Komponente mit Spezifikationen, die dem vorgenannten Kennzahlbereich entsprechen, führt zu Weichschäumen.
In einer bevorzugten Ausführungsform dieser Erfindung enthält die isocyanatreaktive Komponente wenigstens ein Polyesterpolyol, wenigstens ein Polyetherpolyol oder eine Mischung hieraus, oder besteht insgesamt allein aus Polyester- und/oder Polyetherpolyolen.
Geeignete Polyole umfassen neben den Polyetherpolyolen und Polyesterpolyolen auch Polyhydroxy-terminierte Acetalharze, Hydroxyterminierte Amine und Polyamine. Beispiele für geeignete isocyanatreaktive Komponenten sind in den einschlägigen Handbüchern der Polyurethanchemie, aber auch beispielsweise in der US 4394491 zu finden.
Besonders bei Verwendung von Polyester- und/oder Polyetherpolyolen kann mit Präpolymeren gearbeitet werden.
Das Isocyanat ist nach einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ausschließlich oder zum größten Teil ein aromatisches oder araliphatisches Isocyanat. Be sonders bevorzugt sind Toluylendiisocyanate (TDI) und Gemische der zugehörigen Isomeren (2,4-TDI, 2,6-TDI), Polyphenylpolymethylenpolyisocyanate (MDI) und Carbodiimidgruppen, Urethangruppen, Allophanatgruppen, Isocyanuratgruppen, Harnstoffgruppen oder Biuretgruppen enthaltende Polyisocyanate (sogenannte modifizierte Polyisocyanate), insbesondere solche, die sich vom 2,4- und/oder 2,6-Toluylendiisocyanat oder von 4,4'- und/oder 2,4'-Diphenylmethandiisocyanat ableiten.
Die Rezeptur bzw. die Polyurethanreaktionsmasse enthält außerdem wenigstens einen Katalysator oder alternativ einbaubare autokatalytische Komponenten und wenigstens ein Treibmittel und kann weiterhin die üblichen Zusatz- und Hilfsstoffe, die dem Fachmann für Polyurethanweichschaumstoffe als solche bekannt sind, enthalten. Hilfs- und Zusatzstoffe umfassen beispielsweise Emulgatoren, Stabilisatoren, Flammschutzmittel, Oxidationsschutzmittel, Farbstoffe, Füllstoffe und anderes mehr. Außerdem können Kettenverlängerer, Initiatoren und Vernetzer enthalten sein. Eine ausführliche Zusammenstellung von Inhaltsstoffen in Polyurethanschaumstoffen findet sich auch in der WO 01/58976 A1 , auf die hier Bezug genommen wird.
Die Chemie und Verfahrenstechnik zur Herstellung von Weichschaumstoffen ist dem Fachmann zur genüge bekannt und braucht hier nicht im Einzelnen beschrieben zu werden. Es wird insbesondere auf die einschlägigen Handbücher verwiesen, beispielsweise Konrad Uhlig, „Polyurethan Taschenbuch", Carl Hanser-Verlag, München, 3. Auflage oder Günter Oertel, „Polyurethane Handbook", Hanser Verlag, München, 2. Auflage 1994, insbesondere Kapitel 5 „Polyurethane Flexible Foams", S. 177 ff..
Die Erfindung zeichnet sich dadurch aus, dass übliche Polyurethan-Weichschaum-Rezepturen verwendet werden können, wobei der Einsatz des Öles, Fettes oder Harzes zu stabilen geschlossenen Zellen unter weitgehender Vermeidung von Schrumpf führt.
Da gerade Esterschaumstoffe sehr sensibel auf Zusatzstoffe reagieren, was unter anderem ein Grund für die hohe Ausschussrate ist, ist es überraschend, dass die Stabilisierung der Zellmembran auf die erfindungsgemäße Weise gelingt.
Die Erfindung bezieht sich auch auf ein Verfahren zur Herstellung eines geschlossenzelligen Polyurethan-Weichschaums, bei welchem der Schussmasse oder einer der flüssigen Polyurethanbildenden Komponenten ein Hydroxylgruppen enthaltendes Öl, Fett oder Harz zugegeben wird.
Bevorzugt dient das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von Blockschaum, aber auch zur Herstellung von RIM- bzw. Integralschaumstoffen.
Vorzugsweise wir in der isocyanatreaktiven Komponente des Polyurethans oder als diese Komponente wenigstens ein Polyesterpolyol und/oder wenigstens ein Polyetherpolyol in Form eines Präpolymeren eingesetzt.
Die Spezifikationen der Polyurethankomponenten und allgemein der Inhaltsstoffe der Polyurethanmasse sind wie oben schon genauer dargestellt.
Zur Veranschaulichung der Erfindung wird nachfolgend ein Rezepturbeispiel für die Herstellung eines erfindungsgemäßen geschlossenzelligen Polyurethan-Weichschaums, speziell eines Polyester-Polyurethan-Weichschaumstoffs, angegeben, das mit einem Vergleichsbeispiel für einen nicht-erfindungsgemäßen, schrumpfenden geschlossenzelligen Weichschaum verglichen wird.
Beispielrezepturen

Mit folgenden Rezepturen wurden Blockweichschaumstoffe hergestellt:

Bestandteil	Gewichtsteile	Gewichtsteile
	Erfindungsbeispiel	Vergleichsbeispiel
Lineares Polyesterpolyol 60WB01	90,0	100
Rizinusöl	10,0	0
Aminkatalysator (Dimethylbenzylamin)	1,0	1,0
Organozinnkatalysator (Dioctylzinncarboxylat)	0,13	0,13
Emulgator	1,0	1,0
Treibmittel (Wasser)	3,0	3,0
Silikonstabilisator (polysilikonbasiert)	1,0	1,0
TDI 80/20	20,60	19,27
TDI 65/35	20,60	19,27
Steigzeit [sec.]	140	93
Index	104	101
Raumgewicht [g/l]	35	kann nicht bestimmt werden
Beschreibung	gut, sehr geschlossenzellig, kein Schrumpf	grobporig, schrumpft stark

lineares Polyesterpolyol: Polyol aus Adipinsäure, Diethylenglycol und 2 Gew.-% Trimethylolpropan mit einer Hydroxylzahl von ca. 52 (Desmodur^® VP PU 60WB01, Bayer AG)
Dimethylbenzylamin = Desmorapid^® DB, Bayer AG
Dioctylzinncarboxylat = Formrez^® UL 38, OSI Specialties
TDI 80/20 = Desmodur^® T80 (Bayer AG); 80 Gew.-% Toluol-2,4-diisocyanat im Gemisch mit 20 Gew.-% Toluol-2,6-diisocyanat
TDI 65/35 = Desmodur^® T65 (Bayer AG); 65 Gew.-% Toluol-2,4-diisocyanat im Gemisch mit 35 Gew.-% Toluol-2,6-diisocyanat
Silikonstabilisator = Tegostab^® B 8418 (Th. Goldschmidt AG, Essen)
Emulgator = Propetal^® 160

ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur

- DE 19909978 [0002]
- US 4394491 [0018]
- WO 01/58976 A1 [0021]

Zitierte Nicht-Patentliteratur

- DIN 7726 [0002]
- DIN 53240 [0010]
- Konrad Uhlig, „Polyurethan Taschenbuch”, Carl Hanser-Verlag, München, 3. Auflage [0022]
- Günter Oertel, „Polyurethane Handbook”, Hanser Verlag, München, 2. Auflage 1994, insbesondere Kapitel 5 „Polyurethane Flexible Foams”, S. 177 ff. [0022]

Claims

Polyurethan-Weichschaum gekennzeichnet durch einen Gehalt an einem Hydroxylgruppen enthaltenden, in das Polyurethan chemisch eingebundenen Öl, Fett oder Harz.
Polyurethan-Weichschaum nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Öl, Fett oder Harz eine Hydroxylzahl größer oder gleich 50 besitzt.
Polyurethan-Weichschaum nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Öl Rizinusöl ist.
Polyurethan-Weichschaum nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Öl, Fett oder Harz in einem Gewichtsanteil von wenigstens 5 Gew.-% bezogen auf die isocyanatreaktive Komponente des Polyurethans enthalten ist.
Polyurethan-Weichschaum nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Öl, Fett oder Harz in einem Gewichtsanteil von bis zu 60 Gew.-%, vorzugsweise bis zu 40 Gew.-% bezogen auf die isocyanatreaktive Komponente des Polyurethans enthalten ist.
Polyurethan-Weichschaum dadurch gekennzeichnet, dass die isocyanatreaktive Komponente des Polyurethans ein Polyesterpolyol, ein Polyetherpolyol oder eine Mischung hieraus ist oder enthält.
Polyurethan-Weichschaum dadurch gekennzeichnet, dass das Isocyanat ausschließlich oder zum größten Teil ein aromatisches Isocyanat ist.
Verfahren zur Herstellung eines geschlossenzelligen Polyurethan-Weichschaums, dadurch gekennzeichnet, dass der Schussmasse oder einer der flüssigen Polyurethanbildenden Komponenten ein Hydroxylgruppen enthaltendes Öl, Fett oder Harz zugegeben wird.
Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass in der isocyanatreaktiven Komponente des Polyurethans wenigstens ein Polyesterpolyol und/oder wenigstens ein Polyetherpolyol in Form eines Präpolymers eingesetzt wird.
Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Hydroxalgruppen enthaltende Öl, Fett oder Harz in einem Gewichtsanteil von wenigstens 5 Gew.-% bezogen auf die isozyanatreaktive Polyurethankomponente eingesetzt wird.