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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur prognostischen Bewertung eines
vorausschauenden Sicherheitssystems eines Kraftfahrzeugs unter Berücksichtigung
von statistischen, mehrere Unfälle
beschreibenden Realunfalldaten.
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Die
Zahl der Schäden,
insbesondere auch der Verletzungen oder gar Tode, im Straßenverkehr,
nimmt mit der zunehmenden Zahl der Verkehrsteilnehmer zu. Daher
gibt es in vielen Ländern
und Ländergemeinschaften
Bestrebungen, Sicherheitssysteme für Kraftfahrzeuge zu fördern, die
der Unfallvermeidung und/oder der Unfallfolgenminderung dienen.
Eine Art dieser Sicherheitssysteme sind die sogenannten vorausschauenden
Sicherheitssysteme. Bei diesen wird, insbesondere mit Hilfe von
Sensoren, die Fahrzeugumgebung überwacht
und auf unfallträchtige
Situationen überprüft. Wird
eine solche entdeckt, werden entsprechende Gegenmaßnahmen
eingeleitet, beispielsweise eine Warnung für den Fahrer ausgegeben oder
gar Steuermaßnahmen
für das
Kraftfahrzeug, etwa eine sicherheitssysteminitiierte Bremsung, eingeleitet.
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Häufig ist
die Effektivität,
insbesondere im Hinblick auf Schäden,
eines solchen vorausschauenden Sicherheitssystems in der Planungsphase
noch nicht vollständig
absehbar. Von einer anderen Betrachtungsrichtung her ist es schwierig,
abzuschätzen,
welche Anforderungen ein vorausschauendes Sicherheitssystem erfüllen muss,
um eine bestimmte Reduzierung von Schäden, insbesondere auch Personenschäden, zu
erlauben. Daher ist es heutzutage notwendig, diese vorausschauenden
Sicherheitssysteme tatsächlich
zu realisieren, um dann, beispielsweise durch Fahrversuche, die
häufig
weitere hohe Kosten mit sich bringen, zu überprüfen, wie effektiv ein solches
vorausschauendes Sicherheitssystem Schäden verhindern kann.
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Der
Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben,
mit dem vorausschauende Sicherheitssysteme bereits in der Planungsphase
bezüglich
ihrer Effektivität
bewertet werden können
oder Anforderungen an vorausschauende Sicherheitssysteme bereits
in einer Vorplanungsphase ermittelt werden können.
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Zur
Lösung
dieses Problems ist erfindungsgemäß ein Verfahren zur prognostischen
Bewertung eines vorausschauenden Sicherheitssystems eines Kraftfahrzeugs
unter Berücksichtigung
von statistischen, mehrere Unfälle
beschreibenden Realunfalldaten vorgesehen, bei dem ein einen zeitlichen
Ablauf von im Kraftfahrzeug erfolgenden Maßnahmen zur Unfallvermeidung
und/oder Unfallfolgenminderung beschreibender Aktionsplan unter
Berücksichtigung
der Eigenschaften des Sicherheitssystems und eines Fahrers und der
Realunfalldaten erstellt wird, aus dem Aktionsplan für wenigstens
einen durch die Realunfalldaten beschriebenen Unfall anhand eines
Modells unter Berücksichtigung
der Realunfalldaten wenigstens ein den Fahrzustand des Kraftfahrzeugs
zum Zeitpunkt des Unfalls beschreibender, einem Realparameter entsprechender
Prognoseparameter berechnet wird, und eine Bewertung durch Vergleich
von dem Prognoseparameter und dem Realparameter oder daraus abgeleiteter
Größen erfolgt.
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Datenbanken
mit Realunfalldaten, die der wissenschaftlichen Auswertung, insbesondere
statistischer Art, von real geschehenen Unfällen dienen, sind bekannt.
Häufig
enthalten diese Datenbanken über
tausend verschiedene Realparameter, die den Zustand des Kraftfahrzeugs
vor und bei der Kollision, die Umgebungsbedingungen sowie die Unfallfolgen
umfassend beschreiben. Auf der Grundlage solcher Realunfalldaten,
die in vorteilhafter Ausgestaltung des Verfahrens aus einer Datenbank
abgerufen werden können,
setzt nun das erfindungsgemäße Verfahren
an, das diese insbesondere auch Messdaten umfassenden Daten zielgerichtet auswertet.
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Die
grundlegende Idee ist es, den durch das vorausschauende Sicherheitssystem
bezüglich
des Kraftfahrzeugs veränderten
zeitlichen Ablauf im Kraft fahrzeug im Hinblick auf Maßnahmen
zur Unfallvermeidung und/oder Unfallfolgenminderung so zu beschreiben,
dass es mittels eines Modells möglich
ist, wenigstens einen idealerweise die Schwere des Unfalls beschreibenden
Prognoseparameter zu ermitteln, der, da er entsprechend als Realparameter
auch in den Realunfalldaten vorhanden bzw. daraus ableitbar ist,
unmittelbar oder nach Rückrechnung
abgeleiteter Größen verglichen
werden kann. Daraus ergibt sich eine Möglichkeit zur Bewertung.
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Der
zeitliche Ablauf der im Kraftfahrzeug erfolgenden Maßnahmen
zur Unfallvermeidung und/oder Unfallfolgenminderung wird durch den
Aktionsplan beschrieben. Dieser kann beliebig detailgenau sein oder
auch auf Zielvorgaben beruhen. Er gibt an, wann was im Kraftfahrzeug
geschieht, so dass basierend hierauf unter Berücksichtigung der die Umstände bei
dem Realunfall beschreibenden Realunfalldaten der Unfall in einem Modell
sozusagen neu ermittelt wird, wobei das Ergebnis durch ein oder
mehrere Prognoseparameter ausgedrückt wird. In die Erstellung
des Aktionsplanes gehen dabei Informationen über die Eigenschaften des Sicherheitssystems,
beispielsweise also Eigenschaften der Sensoren, der verwendeten
Algorithmen, aktive und passive Maßnahmen des vorausschauenden
Sicherheitssystems und/oder dessen Berechnungs- und Latenzzeiten,
Informationen über
die Eigenschaften des Kraftfahrzeugs selber, beispielsweise über vorhandene
Fahrerassistenzsysteme, die Bremsen und/oder dessen Elektronik,
und schließlich
auch Informationen über
den Fahrer ein, insbesondere dessen Reaktionszeit und/oder Reaktionswille
hinsichtlich unfallvermeidender und/oder unfallfolgenmindernder
Maßnahmen,
ein.
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Wie
der Aktionsplan können
auch die Modellannahmen im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens
beliebig einfach oder komplex sein. Dabei können Umgebungsbedingungen genauso
beachtet werden wie beispielsweise die Eigenbewegung des Objekts,
mit dem im Realunfall die Kollision stattfand, so dass gegebenenfalls
ein Unfall sogar ganz ausgeschlossen sein kann. Auch derartige Ergebnisse
sind mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
möglich.
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Insgesamt
schlägt
das erfindungsgemäße Verfahren
somit vor, im Rahmen einer neuartigen Auswertung der Realunfalldaten
vorausschauende Sicherheitssysteme hinsichtlich ihrer Effektivität auf das
Realunfallgeschehen zu bewerten. Dabei läuft das erfindungsgemäße Verfahren
vollständig
automatisch ab und es sind keine aufwändigen Fahrversuche sowie letztlich
nicht einmal die Realisierung des Sicherheitssystems notwendig.
Mit Hilfe der durch das erfindungsgemäße Verfahren gewonnenen Erkenntnisse
ist es möglich,
die immer umfangreicher werdenden gesetzlichen Vorschriften im Bereich
der passiven Fahrzeugsicherheit argumentativ und belegbar zu leiten.
Zudem können
die Ergebnisse verwendet werden, um zu postulieren, wie stark die
Unfallzahlen beziehungsweise die Unfallfolgen bei einer Kollision
im Vergleich zu einer Kollision ohne vorausschauende Sicherheitssysteme
abgeschwächt
werden können.
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Beispielsweise
kann als ein Prognoseparameter und zugeordneter Realparameter die
Kollisionsgeschwindigkeit bei einer Kollision mit einem unbewegten
Kollisionsobjekt, insbesondere bei einem Fußgänger, oder die Relativgeschwindigkeit
zum bewegten Kollisionsobjekt verwendet werden. Aus der Kollisionsgeschwindigkeit
erfolgt unmittelbar der resultierende Stoßimpuls, der letztendlich bestimmt,
welche und wie starke Schäden
angerichtet werden können.
Wird eine Kollision durch das vorausschauende Sicherheitssystem nach
der Berechnung des Verfahrens vermieden, ist die Kollisionsgeschwindigkeit
beispielsweise Null. Als Parameter kann die Geschwindigkeit beziehungsweise
die Relativgeschwindigkeit als Betrag oder auch in Vektorform verwendet
werden. Selbstverständlich
ist auch die Verwendung anderer Prognoseparameter und zugeordneter
Realparameter denkbar, beispielsweise ein Aufprallpunkt oder die
Tatsache, dass eine Motorhaube ausgestellt wurde, wenn dies beispielsweise
für einen
Fußgängerunfall
im Kraftfahrzeug vorgesehen ist.
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In
besonders vorteilhafter Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens
kann vorgesehen sein, dass vorab eine einen Zusammenhang zwischen
einem den Realschaden, insbesondere den Realpersonenschaden, beschreibenden
Realschadenswert oder einer Realschadenswertverteilung und we nigstens
einem den Fahrzustand des Kraftfahrzeugs zum Zeitpunkt des Unfalls
beschreibenden Realparameter beschreibende Referenzfunktion aus
den Realunfalldaten ermittelt wird, wobei nach Ermittlung des oder
der Prognoseparameter für
jeden betrachteten Unfall aus der Referenzfunktion der oder die
dem Prognoseparameter zugeordnete Prognoseschadenswert oder Prognoseschadenswertverteilung
ermittelt wird, woraufhin eine Bewertung durch Vergleich des Realschadenswerts
oder der Realschadenswertverteilung mit dem Prognoseschadenswert
oder der Prognoseschadenswertverteilung erfolgt.
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Die
Realunfalldaten enthalten somit auch Informationen, die den angerichteten
Schaden, sei es Schaden an Objekten oder an Personen, wiedergeben.
Betrachtet man nun die große
Anzahl der in den Realunfalldaten enthaltenen Realunfälle statistisch,
so kann ein Zusammenhang ermittelt werden – die Referenzfunktion –, die beschreibt,
welcher Schaden statistisch betrachtet bei welchem Wert für den Prognoseparameter
(beziehungsweise Prognoseparameterersatz) zu erwarten ist. Dies
kann über
einen Schadenswert, beispielsweise einen Mittelwert, erreicht werden,
aber auch über
eine Schadenswertverteilung, insbesondere eine Häufigkeitsverteilung. Dieses
Vorgehen hat den Vorteil, dass unmittelbare Aussagen zur Schadensreduzierung
durch das vorausschauende Sicherheitssystem getroffen werden. Solche
Aussagen sind einfacher sowohl den entsprechenden offiziellen Behörden als
auch der Bevölkerung
zu vermitteln. Es kann demnach mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
automatisch anhand der Neuauswertung von Realunfalldaten ermittelt
werden, wie sich die technischen Veränderungen, also die Einführung des
vorausschauenden Sicherheitssystems, auf den entstehenden Schaden
auswirken.
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Beispielsweise
kann als Schadenswert ein die Verletzungsschwere einer am Realunfall
beteiligten Person, insbesondere eines Fußgängers, beschreibender Wert,
insbesondere ein MAIS-Wert, verwendet werden. Der beispielhaft genannte
MAIS-Wert ergibt sich aus der AIS-Skala (Abbreviated Injury Scale)
zur Klassifizierung von Verletzungen nach deren Schweregrad, die
Ende der sechziger Jahre als Bewertungsskala für die Mortalität von Einzelverlet zungen
eingeführt
wurde. Es wird demnach jede Einzelverletzung entsprechend ihrer Überlebenswahrscheinlichkeit
klassifiziert. Der MAIS-Wert gibt an, welcher maximale AIS-Wert
bei einem Verletzten aufgetreten ist. Eine ähnliche Skala ist im Übrigen auch
für Sachschäden bekannt
und kann ebenso im erfindungsgemäßen Verfahren
eingesetzt werden.
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Zur
statistischen Auswertung der Realunfalldaten kann insbesondere vorgesehen
sein, dass zur Ermittlung der Referenzfunktion die relativen Häufigkeiten
von diskreten oder Intervallen von Realschadenswerten für den jeweiligen
Realparameter insbesondere durch ein Regressionsverfahren interpoliert
werden. Im Beispiel der MAIS-Werte kann beispielsweise zunächst die
relative Häufigkeit
von MAIS-Werten für
bestimmte Realparameter ermittelt werden. Beispielsweise erhält man eine
Angabe, dass für
eine Kollisionsgeschwindigkeit von 60 km/h 8% der Verletzungen gering,
13% der Verletzungen ernsthaft usw. sind. Um die Referenzfunktion
zu erhalten, die eine Beschreibung dieser Häufigkeitsverteilung für jeden
möglichen
Wert des Real- beziehungsweise Prognoseparameters erlaubt, ist nun
erfindungsgemäß eine Interpolation,
insbesondere durch ein Regressionsverfahren, vorgesehen, durch die
die Häufigkeitsverteilung
in einen stetigen Verlauf transformiert wird.
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In
weiterer Ausgestaltung kann vorgesehen sein, dass das Sicherheitssystem
zur Warnung des Fahrers vor einem bevorstehenden Unfall, insbesondere
einer bevorstehenden Kollision, ausgebildet ist, wobei der voraussichtliche
Warnzeitpunkt bei der Erstellung des Aktionsplanes berücksichtigt
wird. Zu diesem Zeitpunkt, der insbesondere relativ zu der bevorstehenden
Kollision beziehungsweise relativ zu einem in dem Realunfall begonnenen
Bremsvorgang ermittelt werden kann, wird der Fahrer, beispielsweise
durch eine audiovisuelle Warnung, auf die Unfallgefahr hingewiesen.
Der Warnzeitpunkt ergibt sich im Wesentlichen aus den Eigenschaften
des vorausschauenden Sicherheitssystems und der konkreten Unfallsituation,
wie im Folgenden noch weiter dargestellt werden soll.
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Ist
eine Warnung erst erfolgt, so kann der Fahrer entsprechend reagieren,
insbesondere bremsen. Dementsprechend kann vorgesehen sein, dass
für den
Aktionsplan ein Bremsvorgang des Fahrers nach einer Reaktionszeit
des Fahrers angenommen wird. Die entsprechende Reaktionszeit des
Fahrers kann beispielsweise aus schon vorgenommenen oder noch vorzunehmenden
Fahrversuchen ermittelt werden.
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Weiterhin
kann bei der Ermittlung des Warnzeitpunkts eine Latenzzeit des Sicherheitssystems
berücksichtigt
werden. Es wird demnach nicht unmittelbar der Detektionszeitpunkt
beispielsweise der zugeordneten Sensoren als Warnzeitpunkt angenommen,
sondern es wird mit berücksichtigt,
wie lange im Kraftfahrzeug benötigt
wird, um diese Information tatsächlich
dem Fahrer anzeigen zu können.
Dabei sind beispielsweise Berechnungsvorgänge und auch Ansprechzeiten
von Warnmitteln relevant.
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Ferner
kann zur Ermittlung des Warnzeitpunkts und/oder der Latenzzeit eine
Simulation von dem Sicherheitssystem zugeordneten Sensoren berücksichtigt
werden. Es wird demnach simuliert, zum einen wann eine Detektion
der unfallgefährlichen
Situation überhaupt
stattfinden kann, zum anderen, wie lange es dauert, bis diese Information
bereit ist, dem Fahrer zur Kenntnis gebracht zu werden. Selbstverständlich ist
es auch möglich,
die Sensoren durch Praxisversuche zu testen oder Berechnungen durchzuführen, um
die entsprechenden Zeiten zu ermitteln.
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Wie
bereits dargelegt, kann der Warnzeitpunkt von dem Kollisionszeitpunkt
im betrachteten Unfall aus zurückgerechnet
werden. Der voraussichtliche Kollisionszeitpunkt ist häufig auch
für die
Algorithmen der vorausschauenden Sicherheitssysteme selbst ein Anhaltspunkt
für die
Gefährlichkeit
einer Situation. Beispielsweise kann anhand der Realunfalldaten
der Kollisionszeitpunkt ermittelt werden, danach aus einer Bremsverzögerung und
einer Bremszeit der Zeitpunkt, zu dem ein Fahrer im Realunfall zu
bremsen begann, und davon ausgehend eine Zeit, die das vorausschauende
Sicherheitssystem als Zeitgewinn durch Maßnahmen zur Unfallvermeidung
und/oder Unfallfolgenminderung erwirkt.
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Zur
Berechnung der Prognoseparameter können als Realunfalldaten insbesondere
der Straßenbelag und/oder
der Straßenzustand
und/oder der Bremsweg und/oder die Anfangsgeschwindigkeit und/oder
die Bremsverzögerung
für den
betrachteten Unfall berücksichtigt
werden. Alle diese Größen und
auch zusätzliche Größen können in
das Modell eingehen. So kann beispielsweise aus Informationen über den
Fahruntergrund eine maximale Bremsverzögerung ermittelt werden. Der
Bremsweg, die Anfangsgeschwindigkeit und die Bremsverzögerung können genutzt
werden, um den Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem der Bremsvorgang begann.
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Auch
Fahrerassistenzsysteme des Kraftfahrzeugs und/oder des Sicherheitssystems
können
im Modell Berücksichtigung
finden. Insbesondere ist hierbei ein Bremsassistenzsystem zu nennen.
Ein solches System ermöglicht
es, dass unter bestimmten Bedingungen, das heißt, bei bestimmten Eingaben
eines Fahrers, grundsätzlich
die maximal mögliche
Bremsverzögerung
zur Verfügung
gestellt wird. Dies kann vorteilhafter Weise in das Modell einberechnet
werden. So kann vorgesehen sein, dass das Bremsassistenzsystem in
dem Modell durch eine Grenzbremsverzögerung berücksichtigt wird, wobei bei Überschreitung
der Grenzbremsverzögerung
durch die den Unfalldaten entnommene Realbremsverzögerung eine
insbesondere straßenbelag- und/oder straßenzustandsspezifische
Maximalbremsverzögerung
angenommen wird. In weiterer Ausgestaltung kann vorgesehen sein,
dass bei einem Unfall ohne jeglichen Bremsvorgang im Realfall eine
aus Fahrversuchen ermittelte mittlere Prognosebremsverzögerung,
die kleiner als die Maximalbremsverzögerung ist, in dem Modell angenommen
wird. Denn nicht jeder Fahrer wird auch bei einer Vorwarnung durch
ein vorausschauendes Sicherheitssystem beim Bremsen die Grenzbremsverzögerung überschreiten.
Welche Anteile dies tun, kann beispielsweise aus Fahrversuchen geschlussfolgert
werden.
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In
weiterer vorteilhafter Ausgestaltung des Verfahrens ist vorgesehen,
dass die Prognoseparameter für
jeden in den Realunfalldaten enthaltenen Unfall ermittelt werden.
Dies ist besonders vorteilhaft, da eine statistische Auswer tung
ermöglicht
wird, die auf realen Unfällen
basiert. Damit ist eine besonders verlässliche Effektivitätsaussage
möglich,
die auf einer soliden Grundlage beruht. Somit wird dann für jeden
in den Realunfalldaten enthaltenen realen Unfall der Aktionsplan
in den von den Realunfalldaten abhängigen Teilen neu ermittelt,
woraufhin Prognoseparameter für
diesen realen Unfall bestimmt werden.
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Insbesondere
ergibt sich bei Betrachtung aller Unfälle der Vorteil, dass auch
eine Fehlfunktion und/oder nicht durch das Sicherheitssystem sensierbare
Unfallobjekte modelliert werden können. Dazu kann vorgesehen
sein, dass einem bestimmten Anteil zufällig ausgewählter Unfälle als Prognoseparameter die
ursprünglichen
Realparameter zugewiesen werden.
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Die
statistische Auswertung kann dabei insbesondere erfolgen, indem
die Bewertung aufgrund eines Vergleichs von aus allen Realparametern
und ermittelten Prognoseparametern abgeleiteten Größen erfolgt. Im
Beispiel der bereits genannten Häufigkeitsverteilungen
für Schadenswerte
kann so vorgesehen sein, dass eine mittlere Gesamtschadenssenkung
berücksichtigt
wird. Selbstverständlich
sind auch Einzelbewertungen in verschiedenen Richtungen möglich, beispielsweise
indem Schadenswertverteilungen bei gegebenen nicht den Prognoseparametern
entsprechenden Realunfalldaten betrachtet werden.
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Schließlich kann
beim erfindungsgemäßen Verfahren
vorgesehen sein, dass für
jeden betrachteten Unfall mehrere mögliche Aktionspläne erstellt
und untersucht werden. Auf diese Weise kann zusätzlich beurteilt werden, wie
sich Änderungen
an den technischen Ausgestaltungen des vorausschauenden Sicherheitssystems
beziehungsweise an den Anforderungen an ein vorausschauendes Sicherheitssystem
tatsächlich
auf die Unfallschwere auswirken werden. Beispielsweise können verschiedene
Sensorkonfigurationen oder Algorithmen angenommen werden, oder es
können
einfach andere Anforderungen gestellt werden, wie beispielsweise
ein anderer mittlerer Zeitgewinn, bevor der Fahrer auf die potentiell
gefährliche
Situation aufmerksam wird. Dies ist insbesondere in der Vorplanungsphase
interessant, wenn beispiels weise festgestellt werden soll, welche
technischen Anforderungen an ein vorausschauendes Sicherheitssystem
gestellt werden müssen,
um beispielsweise Vorgaben des Gesetzgebers zu erfüllen.
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Weitere
Vorteile und Einzelheiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich
aus den im Folgenden dargestellten Ausführungsbeispielen sowie anhand
der Zeichnungen. Dabei zeigen:
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1 einen
Ablaufplan des erfindungsgemäßen Verfahrens,
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2 den
Graphen einer Verletzungs-Risiko-Funktion als Referenzfunktion,
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3 eine
Illustration des zeitlichen Ablaufs bei einem realen Unfall,
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4 eine
Prinzipdarstellung zum Aktionsplan,
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5 ein
Ablaufplan eines Verfahrensabschnitts zur Berücksichtigung eines Bremsassistenzsystems,
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6 einen
die Verteilung von Prognose- und Realparameter zeigenden Graphen,
und
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7 ein
Balkendiagramm zum Vergleich von Schadensverteilungen.
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Vorab
sei angemerkt, dass, obwohl sich das vorliegende Ausführungsbeispiel
hauptsächlich
mit Kollisionen mit einem Fußgänger sowie
der Betrachtung der Kollisionsgeschwindigkeit als Prognoseparameter
beschäftigt,
dies die Erfindung nicht einschränkt.
Zwar werden bereits in diesem Ausführungsbeispiel hervorragende
Effektivitätsbewertungen
möglich,
jedoch kann das erfindungsgemäße Verfahren
durch entsprechende Wahl der Prognoseparameter, Genauigkeit des
Aktionsplanes sowie Tiefe der Modellierung beliebig erweitert und
weitergebildet werden. Beispielsweise können neben dem Straßenbelag
und dem Straßenzustand
auch Aufprallpunkte berück sichtigt
werden, die Kleidung eines Fußgängers, das
Wetter, die Straßenart
(Bundesstraße/Landstraße) usw.
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1 zeigt
einen Ablaufplan einer Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens.
Vorliegend wird eine Datenbank 1 verwendet, in der Realunfalldaten
einer großen
Zahl von realen Unfällen
gespeichert sind, die jeweils die Kollision eines Kraftfahrzeugs
mit einem Fußgänger betreffen.
Darin enthalten sind als Realunfalldaten für jeden Unfall beispielsweise
der MAIS-Wert, die Kollisionsgeschwindigkeit, die Bremsverzögerung,
der Bremsweg, die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs vor Eintritt
der Unfallsituation, der Straßenbelag und
der Straßenzustand.
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Aus
diesen Realunfalldaten wird nun zunächst in einem Schritt a des
Verfahrens eine Referenzfunktion bestimmt, vorliegend eine Verletzungs-Risiko-Funktion. Diese Verletzungs-Risiko-Funktion
beschreibt den Zusammenhang zwischen der Kollisionsgeschwindigkeit
und der Häufigkeitsverteilung
der MAIS-Werte. Die allgemein bekannte AIS-Skala wird durch die
folgende Tabelle dargestellt:
AIS-Wert | AIS-Verletzungsschwere |
1 | gering |
2 | ernsthaft |
3 | schwer |
4 | sehr
schwer |
5 | kritisch |
6 | maximal
(nicht behandelbar) |
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Im
erfindungsgemäßen Verfahren
ist nun beispielhaft vorgesehen, dass die MAIS-Werte von 0–1, 2–4 und 5–6 jeweils
zusammengefasst werden. Der MAIS-Wert ist jeweils der maximal vorkommende
AIS-Wert, das bedeutet, wenn eine Person am Kopf eine AIS-3-Verletzung
erleidet, an den Beinen eine AIS-2- und am Thorax eine AIS-5-Verletzung,
so ergibt sich ein MAIS-Wert von 5.
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Der
Zusammenhang zwischen Kollisionsgeschwindigkeit und Verletzungsschwere,
also MAIS-Intervall wie oben beschrieben, wird ermittelt, indem
zunächst
die relativen Häufigkeiten
der MAIS-Werte pro Kollisionsgeschwindigkeit über die jeweilige Kollisionsgeschwindigkeit
aufgetragen werden. Dies ist beispielhaft in dem Graphen der 2 dargestellt.
Darin ist auf der Abszisse die Kollisionsgeschwindigkeit aufgetragen, auf
der Ordinate die relative Häufigkeit.
Die mit Rauten markierten Punkte betreffen die MAIS-Werte 0–1, die mit
Kreisen markierten Punkte die MAIS-Werte 2–4 und die mit Dreiecken markierten
Punkte die MAIS-Werte 5–6.
Weiter ist nun im Schritt a vorgesehen, durch Interpolation der
jeweiligen Punktgruppen eine funktionale Abhängigkeit abzuleiten, die für jeden
Wert der Kollisionsgeschwindigkeit zugeordnete relative Häufigkeiten ergibt.
Dies geschieht vorliegend mittels eines Regressionsverfahrens, wobei
als Randbedingung zu beachten ist, dass die Summe der relativen
Häufigkeiten
immer 100% ergibt. Es ergeben sich schließlich die in 2 dargestellten
Funktionsverläufe,
wobei die durchgezogene Linie MAIS-Werten 0–1 entspricht, die gestrichelte Linie
den MAIS-Werten
2–4 und
die gepunktete Linie den MAIS-Werten 5–6. Der Graph gibt somit die
Aufteilung der Verletzungsschweren für die jeweilige Geschwindigkeit
an. Für
die eingezeichnete Kollisionsgeschwindigkeit VK kann somit abgelesen
werden, dass sich die Verletzungsschweren der in diesem Geschwindigkeitsbereich
verunfallten Fußgänger zu
20% auf eine MAIS 0–1-Verletzung,
zu 70% auf eine MAIS 2–4-Verletzung
und zu 10% auf eine MAIS 5–6-Verletzung
aufteilen. Über
die Verletzungs-Risiko-Funktion wird somit ein Zusammenhang zwischen
Kollisionsgeschwindigkeit und Verletzungsschwere hergestellt.
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In
einem weiteren Schritt b, vgl. wiederum 1, wird
sodann ein ein für
alle Unfälle
zu verwendender Aktionsplan erstellt. Der Aktionsplan beschreibt
den zeitlichen Ablauf von im Kraftfahrzeug erfolgenden Maßnahmen
zur Unfallvermeidung beziehungsweise Unfallfolgenminderung. Er gibt
demnach an, wann welche für den
Unfall relevante Maßnahme
im Kraftfahrzeug ergriffen wird. Dabei gehen zunächst Informationen 2 über das
vorausschauende Sicherheitssystem, Informationen 3 über das
Kraftfahrzeug an sich und Informationen 4 über einen
Fahrer ein. Zudem kann in einer anderen Ausfüh rungsform die konkrete Unfallsituation,
dargestellt über
die Unfalldaten der Datenbank 1, mit betrachtet werden.
Zur Erläuterung
des Aktionsplans sei auf die 3 und 4 verwiesen.
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3 zeigt
die Unfallsituation ohne das vorausschauende Sicherheitssystem,
wie es sich aus den Realunfalldaten eines beispielhaften Unfalls
ergibt. Eine dickere Linie 5 stellt dabei den Ereignisstrahl
dar. Der Kreis 6 markiert den Bremspunkt, also den Moment,
ab dem ein Bremsvorgang durch den Fahrer vorgenommen wird. Die Raute 7 stellt
den Zeitpunkt der Kollision dar. Bekannt aus den Realunfalldaten
sind der Bremsweg 8, die Bremsverzögerung 9 und die Ausgangsgeschwindigkeit 10.
Weiter bekannt ist die Kollisionsgeschwindigkeit, die zum Kollisionszeitpunkt 7 erreicht
wird. Ab dem Bremspunkt 6 sinkt die Ausgangsgeschwindigkeit,
wie bei der Linie 11 dargestellt ist. Zudem ist es nun
einfach, aus den Realunfalldaten auch die Bremszeit 12 zu
ermitteln.
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Diese
Situation wird in einem Kraftfahrzeug mit vorausschauendem Sicherheitssystem
und gegebenenfalls weiteren Fahrerassistenzsystemen durch Maßnahmen
zur Unfallvermeidung und/oder Unfallfolgenminderung verändert. Dies
ist beispielhaft in 4 dargestellt. Aus den Eigenschaften
der dem Sicherheitssystem zugeordneten Sensoren kann, beispielsweise
auf den Wege einer Simulation unter Verwendung der Realunfalldaten
für den
betrachteten Unfall, ermittelt werden, wann die potentiell gefährliche
Situation detektiert wird, idealerweise relativ zum Kollisionszeitpunkt.
Genauso ist es möglich,
wenn ein Aktionsplan für
alle Unfälle
verwendet werden soll, aus den Eigenschaften des Sicherheitssystems
alleine eine solche Zeit, beispielsweise 2 s, angenommen werden.
Diese in 4 als Vorwarnzeit 13 bezeichnete
Größe ist ganz
oben eingezeichnet. Allerdings gibt diese Vorwarnzeit noch nicht
wieder, wann tatsächlich
die Warnung erfolgt. Denn durch Datenverarbeitung, Datentransfer
und Berechnungen innerhalb des Sicherheitssystems beziehungsweise
Kraftfahrzeugs verbrauchte Zeit sowie die Zeit, die ein Warnmittel
benötigt,
um die Warnung tatsächlich
für den
Fahrer wahrnehmbar zu machen, muss ebenso beachtet werden. Diese
als Latenzzeit bezeichnete Zeit ist bei 14 dargestellt.
Der Warnzeitpunkt 15 liegt also um die Latenzzeit 14 nach
dem Detektionszeitpunkt 16. Nach Erhalt der Warnung zum
Warnzeitpunkt 15 wird der Fahrer des Kraftfahrzeugs nach
einer Reaktionszeit 17, die beispielsweise aus Fahrversuchen
ermittelt werden kann und fest vorgegeben ist, einen Bremsvorgang einleiten.
Dieser beginnt dementsprechend zu einem neuen Bremspunkt 18,
der zeitlich vor dem realen Bremspunkt 6 liegt. Daraus
resultiert ganz offensichtlich ein Zeitgewinn 19 sowie
ein Weggewinn 20 zum ursprünglichen Bremsweg 8.
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Daher
ergibt sich der Aktionsplan in dem dargestellten Beispiel zu einer
Warnung zum Warnzeitpunkt 15 und daraus folgend einem neuen
Bremspunkt 18, zu dem mit der Bremsung begonnen wird. Als
Bremsverzögerung
wird im vorliegenden Beispiel weiterhin die ursprüngliche
Bremsverzögerung 9 angenommen.
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Es
sei an dieser Stelle nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass über
dieses einfache Beispiel die Möglichkeiten
des vorliegenden Verfahrens nicht erschöpft sind, wie folgend noch
durch die Einbeziehung eines Bremsassistenzsystems dargestellt werden
soll. So ist es beispielsweise denkbar, dass das vorausschauende
Sicherheitssystem auch aktive Maßnahmen ergreift, beispielsweise
einen Ausweichvorgang oder einen selbst eingeleiteten Bremsvorgang,
die ebenso im Aktionsplan zu ihren jeweiligen Zeiten mit beachtet werden
können.
Jedwede Verfeinerung des Aktionsplans ist im vorliegenden Verfahren
möglich.
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In
einem Schritt c, 1, wird sodann aus dem Aktionsplan
für einen
betrachteten Unfall die Kollisionsgeschwindigkeit neu berechnet.
Dabei wird ein Modell zugrunde gelegt, das weitere Realunfalldaten
aus der Datenbank und gegebenenfalls die Anwesenheit weiterer Fahrerassistenzsysteme,
also Eigenschaften des Kraftfahrzeugs, berücksichtigt, so dies nicht bereits
bezüglich
des Aktionsplans geschehen ist. Daraus ergibt sich dann eine neue
Kollisionsgeschwindigkeit als Prognoseparameter, die im Übrigen auch
Null betragen kann, wenn das Fahrzeug zum Kollisionszeitpunkt oder
früher
zum Stillstand kommt, wie durch den Punkt 21 in 4 angedeutet.
Dann würde
der Unfall ganz verhindert werden.
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5 zeigt
nun die Möglichkeit
einer Einbeziehung eines Bremsassistenzsystems in das erfindungsgemäße Verfahren.
Dabei wird die mit BV bezeichnete reale Bremsverzögerung für den betrachteten
Unfall untersucht. Dabei wird das Bremsassistenzsystem so modelliert,
dass es bei Überschreitung
einer bestimmten Grenzbremsverzögerung
BV_GRENZ den Bremsvorgang zu einer idealen maximalen Bremsverzögerung BV_ID
verstärkt.
Liegt die Grenzverzögerung
BV darunter, so wird unverändert
die reale Bremsverzögerung BV übernommen.
Dies ist durch die Pfeile 22 und 23 in 5 illustriert.
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Die
ideale maximale Bremsverzögerung
BV_ID ergibt sich in Abhängigkeit
vom Straßenbelag
und vom Straßenzustand,
der ebenfalls aus den Realunfalldaten schlussgefolgert werden kann.
Dies ist beispielhaft in der folgenden Tabelle dargestellt, wobei
hier selbstverständlich
nicht alle vorhandenen oder möglichen
Kombinationen dargestellt sind.
Straßenbelag | Straßenzustand | BV_ID |
Asphalt | trocken | 8,8
m/s2 |
Asphalt | feucht | 8,0
m/s2 |
Asphalt | nass | 7,5
m/s2 |
Pflaster | trocken | 8,2
m/s2 |
Pflaster | feucht | 7,4
m/s2 |
Pflaster | nass | 6,8
m/s2 |
Beton | trocken | 10,0
m/s2 |
Beton | feucht | 9,0
m/s2 |
Beton | nass | 8,5
m/s2 |
Sand,
Kies | trocken | 5,8
m/s2 |
Sand,
Kies | feucht | 5,2
m/s2 |
Sand,
Kies | nass | 7,0
m/s2 |
Alle | Schnee | 4,1
m/s2 |
Alle | Eis | 2,0
m/s2 |
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Ein
speziell zu betrachtender Fall ist gegeben, wenn die Bremsverzögerung im
realen Fall gleich Null war, das bedeutet, der Fahrer überhaupt
nicht gebremst hat. Dann ist unbekannt, ob das Bremsassistenzsystem
angesprochen hätte,
da nicht bekannt ist, wie stark der Fahrer bremst. Hierfür kann im
Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens
eine eigene Bremsverzögerung
BV_IND ermittelt werden, die sich aus dem tatsächlichen Bremsverhalten von
Fahrern beispielsweise in einem durchgeführten Fahrversuch ergibt. Dabei wird
selbstverständlich
auch der Fahruntergrund berücksichtigt.
Dies ist bei Pfeil 24 in 5 dargestellt.
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Die
Ermittlung des Prognoseparameters, hier also der Kollisionsgeschwindigkeit,
sei im Folgenden anhand einiger Beispielunfälle nochmals klarer erläutert. Diese
Beispielunfälle
sind kurz in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst, worin V0
die Ausgangsgeschwindigkeit bezeichnet, BV die reale Bremsverzögerung,
WEGV den realen Bremsweg, VK die reale Kollisionsgeschwindigkeit,
MAIS die Verletzungsschwere, STR_EIG die Straßeneigenschaften, BV_GRENZ
die Grenzbremsverzögerung,
BV_ID die maximale Bremsverzögerung,
WEGV_GES den Bremsweg bei Verwendung des vorausschauenden Sicherheitssystems
und VK' die neu
ermittelte Kollisionsgeschwindigkeit, also den Prognoseparameter,
darstellt, dem der Realparameter VK zugeordnet ist.
Nr. | VO | BV | WEGV | VK | MAIS | STR_EIG | BV GRENZ | BV_ID | WEGV GES | VK' |
1 | 35 | 0 | 0 | 35 | 2 | Asphalt_feucht | 6 | 8 | 8,5 | 24 |
2 | 40 | 6 | 7 | 25 | 3 | Asphalt_nass | 6 | 7,5 | 9 | 0 |
3 | 46 | 5,5 | 4,5 | 39 | 3 | Asphalt_nass | 6 | 7,5 | 11,1 | 23 |
4 | 86 | 7,5 | 15 | 67 | 5 | Beton_feucht | 6 | 9 | 19,1 | 54 |
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Zunächst soll
der erste Unfall diskutiert werden. Es handelt sich um einen ungebremsten
Unfall, da BV = 0 und WEGV = 0 m. In diesem Fall wird unterstellt,
dass der Fahrer auf die Warnungen reagiert und der ursprünglich ungebremste
Unfall zu einem gebremsten Unfall wird. Dabei sind zwei Bremsungen
zu unterscheiden. Zum einen existiert der Fall, dass das Bremsassistenzsystem
ausgelöst
wird, wenn weiter unterstellt wird, dass der Fahrer durch die Warnung
so stark auf das Bremspedal tritt, dass er die Grenz bremsverzögerung von 6
m/s2 überschreitet
und somit die untergrundabhängige
maximale Bremsverzögerung
von 8 m/s2 erreicht. Zum zweiten kann unterstellt
werden, dass der Fahrer zu Bremsen beginnt, aber die Auslöseschwelle
des Bremsassistenzsystems nicht überschritten
wird. Diese unterschiedlichen Annahmen werden durch eine Parametrisierung
berücksichtigt,
welche sich aus Ergebnissen von Fahrversuchen ableiten, die in der
Literatur bereits vorhanden sind oder neu durchgeführt werden
müssen.
Daraus ergibt sich für
den Wert der in der Berechnung verwendeten Bremsverzögerung ein
Wert BV_IND, vgl. auch 5. Nun kann die neue Kollisionsgeschwindigkeit
VK' nach den bekannten
physikalischen Formeln ermittelt werden.
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Im
zweiten Unfall liegt eine Bremsung vor. Auch hier wird unterstellt,
dass der Fahrer auf die Warnung reagiert. Da es sich um einen gebremsten
Unfall handelt, verlängert
sich der ursprünglich
zur Verfügung
stehende Bremsweg, vorliegend von 7 Meter auf 9 Meter. Zudem ist
festzustellen, dass der Fahrer die Grenzbremsverzögerung überschreitet,
so dass im Modell auch das Bremsassistenzsystem auslöst. In diesem
Beispiel ergibt sich, dass der Unfall gänzlich verhindert wird, da
sich die neue Kollisionsgeschwindigkeit VK' zu 0 km/h ergibt. Dabei wurde als Bremsverzögerung die
maximal übertragbare
Bremsverzögerung,
die sich aus der Straßeneigenschaft
Asphalt, nass, ergibt, eingesetzt.
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Der
dritte Unfall stellt wiederum einen gebremsten Unfall dar, wobei
sich durch Reaktion des Fahrers auf die Warnung wiederum der Bremsweg
verlängert.
Allerdings wird die Grenzverzögerung
zu einer Auslösung
des Bremsassistenzsystem nicht erreicht, so dass die Bremsverzögerung des
realen Unfalls weiter verwendet wird.
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Der
vierte Beispielunfall verhält
sich analog zum zweiten Beispielunfall, nur dass hier durch die
Warnung und die Aktivierung des Bremsassistenten die Kollision nicht
verhindert wird, sondern lediglich eine Minderung der Kollisionsgeschwindigkeit
erfolgt.
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Im
erfindungsgemäßen Verfahren
ist nun vorgesehen, dass für
jeden in der Datenbank 1 enthaltenen Unfall eine neue Kollisionsgeschwindigkeit
VK' ermittelt wird.
Dies ist in 1 durch den Pfeil 25 dargestellt, der
bei unfallabhängigen
Aktionsplänen
zum Schritt b, sonst zum Schritt c führt. Auf diese Weise wird das
gesamte Datenpotential ausgenutzt und eine statistische Auswertung
der Verbesserung ermöglicht.
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Die
Bewertung des vorausschauenden Sicherheitssystems erfolgt dann in
Schritt d, ebenso 1. Dieser ergibt sich durch
den Vergleich der ermittelten Kollisionsgeschwindigkeiten mit den
realen Kollisionsgeschwindigkeiten beziehungsweise durch den Vergleich
abgeleiteter Größen. Nach
der Verarbeitung sämtlicher Unfälle der
Datenbank 1 ergibt sich zunächst eine Verteilung der Kollisionsgeschwindigkeiten,
wie beispielsweise der 6 entnommen werden kann. Dort
ist auf der Abszisse die Kollisionsgeschwindigkeit aufgetragen,
auf der Ordinate die relative Häufigkeit.
Die durchgezogene Linie symbolisiert die Verteilung der VK, die gestrichelte
Linie die Verteilung der VK'.
Offensichtlich ist es mit dem untersuchten vorausschauenden Sicherheitssystem
möglich,
die Kollisionsgeschwindigkeiten sichtlich zu erniedrigen.
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Im
vorliegenden Ausführungsbeispiel
ist jedoch insbesondere vorgesehen, auch für die neu ermittelten Kollisionsgeschwindigkeiten
die Verletzungsschweren zu ermitteln. Dazu wird die in Schritt a
ermittelte Verletzungs-Risiko-Funktion
verwendet. Das Ergebnis einer solchen Untersuchung kann beispielsweise
wie in der folgenden Tabelle dargestellt werden.
Verletzungsschwereintervall | VK
(Realunfalldaten) | VK' (Aktionsplan) | MAIS-Wertverschiebung | Verhinderte
Unfälle |
MAIS-Wert
0–1 | 41% | 50% | +9% | 12% |
MAIS-Wert
2–4 | 51% | 43% | –8% |
MAIS-Wert
5–6 | 8% | 7% | –1% |
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Darin
ist in der ersten Spalte aufgetragen, wie sich die Verletzungen
für die
Unfälle
in der Datenbank 1 verhalten. Es ist ersichtlich, dass
hier 41% der Unfälle
mit der Verletzungsschwere MAIS 0–1, 51% mit MAIS 2–4 und 8%
mit MAIS 5–6
erfolgt sind. Die zweite Spalte zeigt die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
prognostisch bestimmten Verletzungsschwereverteilungen bei verbautem
vorausschauenden Sicherheitssystem. Da durch das vorausschauende
Sicherheitssystem eine generelle Senkung der Kollisionsgeschwindigkeiten erreicht
wird, vgl. auch 6, und bei niedrigen Kollisionsgeschwindigkeiten
der Anteil an leichteren Verletzungen überwiegt, ergibt sich so eine
Zunahme an leichteren Verletzungen und eine Verlagerung der schwereren
Verletzungen in Richtung der leichten Verletzungen. Weiter ist ersichtlich,
dass in diesem Beispielsfall 12% der Unfälle gänzlich verhindert werden können.
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Diese
Tabelle kann auch als Balkendiagramm dargestellt werden, wie beispielsweise
in 7 gezeigt.
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Mit
dem erfindungsgemäßen Verfahren
ist es auch möglich,
mehrere unterschiedliche vorausschauende Sicherheitssysteme beziehungsweise
unterschiedliche Eigenschaften oder Anforderungen an ein und das
selbe vorausschauende Sicherheitssystem zu untersuchen, indem die
Schritte b bis d in 1 für diese unterschiedlichen Anforderungen,
also andere Aktionspläne,
nochmals wiederholt werden. Dies ist durch den Pfeil 26 in 1 dargestellt.